Satz 1 KHGG NRW verpflichtet an der Bewältigung von Großschadensereignissen mitzuwirken

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Der verunfallte Mitarbeiter der Firma Ureneo wurde insgesamt viermal verlegt.

Diese Verlegungen sind medizinisch begründbar. Grundsätzlich sieht der Notfallplan der Firma Ureneo eine sofortige Einweisung in das Uniklinikum Münster als spezialisierte Einrichtung für Strahlenunfälle vor, sofern der Allgemeinzustand des Patienten eine Verlegungszeit von mindestens 45 Minuten zulässt. Die somatischen Beschwerden des Patienten erforderten eine medizinische Erstversorgung des Patienten im nächstgelegenen Krankenhaus, mithin das st. Antonius-Krankenhaus in Gronau. Um eine Isolation zu ermöglichen, wurde der Patient zügig in das Pius-Krankenhaus verlegt. Noch am Abend wurde der Patient zur weiteren Beobachtung und Untersuchung in die Uniklinik Münster verbracht. Um hinreichend differenzierte Messungen und Untersuchungen durchführen zu können, wurde letztlich der Patient in die nuklearmedizinische Abteilung der Universitätsklinik Düsseldorf nach Jülich verlegt.

Jedes Krankenhaus ist unabhängig von seinen Fachabteilungen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KHGG NRW verpflichtet, an der Bewältigung von Großschadensereignissen mitzuwirken. Dies schließt die medizinische Versorgung von kontaminierten Personen ein. Zur medizinischen Erstversorgung und Durchführung einer Dekontamination ist jedes Krankenhaus geeignet.

Abhängig von der Strahlendosis und der daraus resultierenden somatischen Schäden ist vom behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin zu entscheiden, ob eine Behandlung in einer spezialisierten Strahleneinrichtung notwendig ist.

Jedes Krankenhaus ist weiterhin verpflichtet, Einsatz- und Alarmpläne aufzustellen, sie mit der zuständigen Behörde abzustimmen und sie in angemessenen Abständen zu erproben. Diese Einsatz- und Alarmpläne liegen bei den Krankenhäusern und dem Träger des Rettungsdienstes im Kreis Borken vor. Die vorliegenden Pläne waren zum Zeitpunkt des Ereignisses jedoch nicht auf eine radioaktive nukleare Gefahrenlage spezialisiert, obschon die Firma Ureneo im Versorgungsgebiet ansässig ist.

Anlässlich des meldepflichtigen Ereignisses im Januar stimmen sich der zuständige Träger des Rettungsdienstes, das nächstgelegene St. und die Firma Urenco zur Erstellung von Notfallplänen bei einer nuklearen Gefahrenlage derzeit ab. Niedergelassene Ärzte, sonstige medizinische Fachberufe und alle umliegenden Krankenhäuser in Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst und der Firma Urenco sind aktuell zu einer Informationsveranstaltung mit Fachreferenten zur Durchführung des Strahlenschutzes in der Region eingeladen.

Die internen Notfallpläne der Firma Urenco werden regelmäßig aktualisiert und u.a. bei Genehmigungsverfahren den aufsichtführenden Behörden vorgelegt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das St. Antonius Krankenhaus als nächstliegendes Krankenhaus als Ansprechpartner genannt wird, auch wenn es keine spezialisierte Einrichtung für eine Behandlung eines Strahlenunfalls ist. Dies gilt ebenso für das Lukas-Krankenhaus in Gronau, welches auch als geriatrische Fachabteilung und somit einem Teilgebiet der Inneren Medizin gemäß KHGG NRW bei der Bewältigung von Großschadensereignissen mitzuwirken hat.

Richtigerweise wird das Universitätsklinikum Münster als Behandlungszentrum für Strahlenverunfallte genannt. Als ermächtigte Ärzte gemäß Strahlenschutzverordnung werden Ansprechpartner in Kliniken und werksmedizinischen Einrichtungen genannt, die aufgrund ihrer Funktion entsprechend weitergebildetes Personal vorhalten müssen. Eine Sicherstellung und Erreichbarkeit der Funktion ist damit gewährleistet und liegt nicht in der Nennung einer Person begründet.

Das Innenministerium des Landes NRW hat zu der Frage, welche Notfallpläne in Bezug auf die Urananreicherungsanlage Gronau vorhanden sind und welchen Kenntnisstand die zuständige Bezirksregierung in Bezug auf diese Pläne hat, wie folgt ausgeführt: Der Bezirksregierung Münster liegen folgende Unterlagen vor: Betrieblicher Notfallschutzplan der UAG (Stand 12/2009)

- Orts- und Objektpläne der UAG Flucht- und Rettungswegpläne der UAG

- Bau- und Genehmigungsunterlagen gem. der Auflagen Neubau Urananreicherungsanlage Gronau Anlage 2 (Feed- und Tailslager)

- Gefahrenabwehrplan des Kreises Borken (Stand 11/2008)

- Sonderschutzplan Urananreicherungsanlage Gronau des Kreises Borken (Stand 09/2009) Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Bezirksregierung Münster alle Unterlagen mit dem jeweils aktuellen Stand zur Verfügung stehen und die Pläne regelmäßig aktualisiert und fortgeschrieben werden.

Freisetzungsmechanismus

Die betroffenen Anlagen- und Systemkomponenten sowie das Behälterventil zeigten keine Hinweise auf Funktionsbeeinträchtigungen, so dass als mögliche technische Ereignisursachen sich eine Reaktion des im Behälter befindlichen UF6 mit (Luft-)Feuchtigkeit, eine Verblockung des Ventils und eine Verblockung des GANAbsaugsystems weitgehend ausschließen lassen. Aufgrund bisher nicht erforderlicher Ablaufprotokolle zu den betrieblichen Vorgängen Belüftung und Vorbereitung zur Inneninspektion ist ein Handhabungsfehler nicht nachzuweisen.

Der Freisetzungsmechanismus konnte noch nicht aufgeklärt werden. Die Betreiberin Urenco 0 vermutet als mögliches Freisetzungsszenario eine Reaktion von UF6 mit Eisenoxid-Partikeln und anschließendem Druckaufbau über eine längere Zeit.

Hiernach ist ein Teil der in dem Behälter noch vorhandenen Restmenge an Uranhexafluorid auf Grund des herrschenden Behälterinnendruckes und der Temperatur in den gasförmigen Zustand übergegangen. Gegenüber dem Normalluftdruck wurde ein leichter Überdruck von rund 50 mbar in dem Behälter erzeugt. Dieser Überdruck war an dem verwendeten Manometer nicht ablesbar.

Nach der Demontage des Mess- und Steuerluft- und GAN-Absaugsystems bei geöffnetem Behälterventil wurde der Druckausgleich zwischen Behälter und Außenluft hergestellt und das Uran in den Raum freigesetzt.