Sammel und Massenpetitionen

Foren könnte ein enormer Druck auf die Abgeordneten in der Art ausgeübt werden, sich bei einer hohen Zahl von Mitzeichnungen der jeweiligen Öffentlichen Petition schon allein aus diesem Grund nicht gegen dieses Anliegen zu stellen. Es wird jedoch auch in der Literatur angenommen, dass dieser von Sammelpetitionen allgemein ausgehende Druck auf die Abgeordneten verfassungsgemäß ist, da Art. 17 GG gerade das gemeinsame Petitionieren von Personengruppen vorsehe.

d) Verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Petitionsarten

Mit Blick auf Art. 17 GG, wonach gleicher Zugang zum Parlament gewährt wird, wird in der Diskussion teilweise eine an der besonderen Verfahrensausgestaltung, insbesondere an der Anhörungspflicht festgemachte Ungleichbehandlung der Sammel- und Massenpetitionen gegenüber Individualpetitionen ins Feld geführt. So dürfe die unterschiedliche Ausgestaltung der Verfahren nicht der Art sein, dass Petenten, die in Massen auftreten, einen Einfluss auf das Verfahren der Volksvertretung hätten, die anderen, weniger populären Individualpetitionen verwehrt würde.

Die Unterschiede im Verfahren werden insoweit als Privilegierung der Sammel- und Massenpetitionen angesehen, welche ohne verfassungsgesetzliche Grundlage verfassungswidrig sei bzw. zumindest einfachgesetzlich3 geregelt werden müsse, die aber jedenfalls wegen der enorm hohen Grundrechtsrelevanz31 nicht bloß auf der Ebene der Geschäftsordnung des Bundestages geregelt werden könne.

e) Fehlende Einklagbarkeit

Das Verfahren zur Öffentlichen Petition ist im Bundestag auf Geschäftsordnungsebene geregelt. Dieser Art der Regelung kommt keine Außenwirkung zu; sie wirkt als Organisationsrecht bloß binnenrechtlich und statuiert für den Bürger keine subjektiven Rechte. Der Bürger kann deshalb im Falle nicht oder fehlerhaft bearbeiteter elektronischer Eingaben einen Anspruch auf Einhaltung dieser Vorschriften nur mittelbar unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG geltend machen. Diese teilweise als Rechtlosstellung3 bezeichnete Situation könnte in Bezug auf die normale Online-Petition noch als in der Praxis wenig relevant angesehen werden, da hier regelmäßig die Möglichkeit besteht, nochmalig eine schriftliche Version der Petition einzureichen und diese meist kostengünstig und nicht fristgebunden ist. Doch liegt auch hierin ein zeitlicher Nachteil, der jedenfalls als eine Beeinträchtigung des Rechts aus Art. 17 GG angesehen werden kann.33 Zudem stellt sich in Hinblick auf die Öffentliche Petition ein entscheidender Unterschied zur normalen Online-Petition dar, nämlich die Fristgebundenheit der Mitzeichnungsmöglichkeit. Hierdurch wirkt sich der zeitliche Nachteil auch praktisch nachteilig aus.

In der Literatur wird die Frage aufgeworfen, inwieweit für Nordrhein-Westfalen überhaupt Bedarf bestehe an der Einführung Öffentlicher Petitionen. So wird mit Blick auf Art. 67 a ff. der Landesverfassung angeführt, dass die Möglichkeit einer Beteiligung des Volkes in Form einer qualifizierten Massenpetition34 bereits bestehe. Eine andere Ansicht argumentiert in entgegengesetzter Richtung und sieht die Einführung der Volksinitiative in Art. 67 NRW für überflüssig an, da bereits ein ausgeprägtes Petitionswesen bestanden habe.

b) Medienwirksamkeit als Privileg, erhöhte politische Durchschlagskraft und Transparenz Teilweise wird die Veröffentlichung der Öffentlichen Petition im Internet insoweit als Privileg angesehen als damit eine erhöhte Publizität einhergeht, welche durch die Möglichkeit der Mitzeichnung ein politisches Druckpotential37 eröffne und dies letztlich eine intensivierte politische Durchschlagskraft bedeuten könne. Betrachtet man die Gründe, weswegen Einreicher den Weg der Öffentlichen Petition wählen, so sind auch hier die Erwartungen an eine erhöhte Wirksamkeit zu finden. Eine Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), worin unter anderem der Modellversuch Öffentliche Petitionen beim Deutschen Bundestag untersucht wurde, ergab, dass 90 % der hierzu befragten Petenten Öffentlicher Petitionen, sich eine stärkere Berücksichtigung ihres Anliegens erhoffen; 73 % gaben als Grund für die Wahl der Öffentlichen Petition an, damit die größte Aufmerksamkeit erzielen zu können. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu bemerken, dass die seitens des TAB befragten Abgeordneten angaben, Öffentliche Petitionen gerade nicht bevorzugt behandeln zu wollen und sie ihrerseits die Anzahl an Mitzeichnungen als mehr oder weniger unbedeutend für die Behandlung und Beurteilung der jeweiligen Petition ansähen.4o. Die Erwartungen an erhöhte Transparenz und Öffentlichkeit parlamentarischer Prozesse ist nach Ansicht der Studie des TAB grundsätzlich erfüllt worden. So würden erstmals Petitionstext, Angaben zu Petenten und Mitzeichnern sowie Informationen zum Stand der Bearbeitung durch den Petitionsausschuss der Öffentlichkeit im Internet zur Verfügung gestellt.

c) Erreichen anderer sozialer Schichten

Es stellt sich außerdem die Frage, ob durch die Einführung der Öffentlichen Petition andere Personengruppen erreicht werden können. Nach der Studie des TAB lässt sich feststellen, dass mit Öffentlichen Petitionen bestimmte Bevölkerungsgruppen besser erreicht werden als mit traditionellen Petitionen. In einem Vergleich der Einreicher traditioneller und öffentlicher Petitionen stellte sich heraus, dass Letztere deutlich jünger sind, ein höheres Ausbildungsniveau aufweisen, der Anteil der Selbstständigen und der Auszubildenden, Schüler, Studenten und Zivil- bzw. Grundwehrdienstleistender höher ist. Hingegen besteht kein Unterschied hinsichtlich der Erfahrenheit in der Nutzung des Internets zwischen den beiden Sowohl die traditionellen als auch die Petenten Öffentlicher Petitionen sind überdurchschnittlich erfahren in der Nutzung des Internets. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass sich Petenten generell deutlich vom Durschnitt der Bevölkerung unterscheiden (männlich, gut ausgebildet, politisch aktiv, überdurchschnittlich häufig amtlich festgestellte Behinderung) und nicht einem repräsentativen Durchschnitt der Bevölkerung entsprechen (Frauen und Niedrigqualifizierte sind stark unterrepräsentiert). Andere, signifikant unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen werden nach der Studie des TAB auch durch Öffentliche Petitionen nicht erreicht.

d) Auswertung und Nutzung eines Diskussionsforums

Bisher erfolgt auf Bundesebene keine Auswertung des Diskussionsforums, so dass sich die Frage stellt, welchen Nutzen das Diskussionsforum derzeit hat und welchen es haben könnte. Die Studie des TAB hat hinsichtlich der Qualität des Diskussionsforums ergeben, dass ca. die Hälfte der Diskussionsbeiträge von vielseitiger und differenzierter Art sind und insgesamt % der Diskussionen ganz überwiegend sachlich verlaufen.

Dennoch wird es nur von einer Minderheit der Abgeordneten intensiv genutzt.

Diese empfanden es jedoch als nützlich für ein besseres Verständnis der Thematik. Insgesamt unterscheiden sich die Erwartungen der Abgeordneten und die der Einreicher der Öffentlichen Petitionen an das Diskussionsforum sehr. So sehen die Abgeordneten insgesamt den Zweck des Forums nicht darin, einen direkten Kontakt zwischen Politik und Bürger herzustellen.

Hierin sehen aber 52 % der Einreicher Öffentlicher Petitionen den Zweck desselben.

Ein Teil der Abgeordneten sieht das Forum sogar ausschließlich als für die interessierte Öffentlichkeit bestimmt an, wohingegen ein anderer Teil dem Forum zumindest eine unterstützende Funktion bei der Entscheidung über die Petition beimisst.

Insbesondere die Mitarbeiter der Abgeordneten äußerten im Rahmen der Befragung durch den TAB, dass es ein demokratisches Gebot sei, die im Forum geäußerten Argumente in den Entscheidungsprozess einfließen zu lassen, sonst könne der Verdacht entstehen, das Forum habe eine rein symbolische Funktion.