Immobilie

3 1 Vorbemerkung

Mit Schreiben vom 06.07.2010 hat der Landesrechnungshof NRW (LRH) sowohl dem Finanzministerium (FM) als auch dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) seine Prüfungsmitteilungen (PM) zum Ankauf des Schlosses Kellenberg zur Stellungnahme zugeleitet. Am 19.07.2010 hat das zuständige Mitglied des LRH beim Landeskriminalamt NRW (LKA) eine Anzeige nach § 12 Korruptionsbekämpfungsgesetz erstattet.

Aufgrund der Stellungnahme des FM vom 25.08.2010 und des BLB NRW vom 31.08.2010 zu den PM war eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich. Die vom LRH daraufhin im Februar 2011 durchgeführten örtlichen Erhebungen führten zu ergänzenden Feststellungen, die der LRH in seine Entscheidung vom 02.03.2011 gegenüber dem FM und BLB NRW aufgenommen hat. Der Schriftwechsel dauert an.

2 Wesentliche Prüfungsergebnisse

Der BLB NRW erwarb Anfang 2009 die Kernanlage des Schlosses Kellenberg für einen Kaufpreis von 2 Mio. und weitere Grundstücke im Umfeld des Schlosses für 1,1 Mio. Die Hauptburg des Schlosses wurde 1992 durch einen Brand teilweise stark zerstört und ist seitdem unbewohnbar.

Zum Zeitpunkt des Erwerbs lag dem BLB NRW kein konkretes Konzept für die Nutzung des Schlosses und der umliegenden Grundstücke vor. Auch im März 2011 ist nach wie vor unklar, welcher landesspezifischen Nutzung Schloss Kellenberg zukünftig zugeführt werden soll.

Der bereits vor einer Wertermittlung zwischen dem BLB NRW und dem Verkäufer abgesprochene Kaufpreis für die Kernanlage in Höhe von 2 Mio. ist nach Auffassung des LRH nicht gerechtfertigt.

Die vom BLB NRW an das Competence Center Sachverständigenwesen des Landesbetriebes Straßenbau.NRW für die Wertermittlung von Schloss Kellenberg in Auftrag gegebenen zwei Gutachten beinhalten deutlich von einander abweichende Verkehrswerte, obwohl es sich um ein und denselben Auftragsgegenstand handelt. Es ist unklar, welches der beiden taggleichen Gutachten gelten soll. Die Wertermittlungen der beiden Gutachten wurden vom BLB NRW maßgeblich beeinflusst.

Den Kaufpreis für die im weiteren Umfeld des Schlosses angekauften Grundstücke in Höhe von 1,1 Mio. zahlte der BLB NRW - ohne ein Wertgutachten einzuholen - größtenteils auf der Basis von Baulandpreisen. Nach den Feststellungen des LRH sind diese Flächen jedoch kein Bauland, sondern als Wald- und Grünfläche innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes ausgewiesen. Sie haben lediglich einen Verkehrswert von rund 0,1 Mio.

Der BLB NRW schrieb in seiner Halbjahresbilanz 2009 die Anschaffungskosten für die Grundstücke und Gebäude des Schlosses Kellenberg nur vier Monate nach deren Aktivierung außerplanmäßig auf 1 ab.

Der Verwaltungsrat des BLB NRW wurde über die Grundstückankäufe nachträglich unterrichtet. Der LRH hält eine Änderung dieser üblichen Praxis und ggf. auch der dafür geltenden Rechtsvorschriften für dringend erforderlich.

Der BLB NRW hat dem LRH bei seinen ersten örtlichen Erhebungen die Unterlagen, die mit der Prüfung im Zusammenhang stehen, nicht vollständig vorgelegt und damit gegen § 95 LHO verstoßen.

Ausgangslage

Der BLB NRW erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 27.01.2009 die Liegenschaft Schloss Kellenberg in Jülich-Barmen von einem privaten Eigentümer. Für das Schloss einschließlich umliegender Grundstücke1

- im Weiteren als Kernanlage bezeichnet zahlte der BLB NRW einen Kaufpreis von 2 Mio. Zugleich erwarb er im Umfeld des Schlosses unbebaute Grundstücke2 für 1,1 Mio. Die Lage der Grundstücke ist aus der Anlage ersichtlich.

Schloss Kellenberg ist ein Wasserschloss aus dem 15. und 16. Jahrhundert, das unter Denkmalschutz steht. Es besteht im Wesentlichen aus einer Haupt- und einer Vorburg.

Es handelt sich um die Grundstücke Gemarkung Jülich - Barmen Flur 4 Flurstück 15; Flur 10 Flurstücke 119, 503, 504, 505; Flur 14 Flurstücke 36. 42 und 47 (Teilfläche).

Es handelt sich um die Grundstücke Gemarkung Jülich - Barmen Flur 3 Flurstück 114; Flur 4 Flurstück 77; Flur 14 Flurstück 251. Die Hauptburg wurde im Jahre 1992 durch einen Brand stark zerstört und ist seitdem unbewohnbar. Die Vorburg wird als Lager, Werkstatt und zu Wohnzwecken genutzt und ist zum Teil zugunsten eines Mitglieds der früheren Eigentümerfamilie mit einem Wohnrecht belastet.

Dem Ankauf der Liegenschaft Kellenberg liegt ein Letter of Intent des Rektors der Fachhochschule (FH) Aachen vom 12.01.2009 sowie ein Schreiben der BLB Niederlassung (NL) Aachen vom 20.01.2009 zugrunde.

In dem Letter of Intent wird ausgeführt, dass die FH Aachen plane, die Liegenschaft Kellenberg nach Aus- und Umbau gemeinsam mit der Musikhochschule Köln, der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und dem Forschungszentrum Jülich als ein zentrales repräsentatives Bildungszentrum für Tagungen und Seminare einschließlich Unterkunft und Restauration zu nutzen. Auch betriebliche Fortbildungsaktivitäten und gemeinsame Veranstaltungen von Hochschulen und Unternehmen seien dort beabsichtigt. Der Betrieb solle an einen Pächter auslagert werden, z. B. an das Forschungszentrum Jülich oder an einen Hoteibetreiber. Zur großen Attraktivität des Betreibens trage neben der Nachfrage aus den genannten Institutionen auch die fehlende Unterkunftskapazität der gesamten Region im Standardbereich drei Sterne und mehr bei.

Vor diesem Hintergrund und den Überlegungen, den zeitgemäßen Erhalt eines herausragenden Denkmals zu dokumentieren, die Entwicklung der Region zu befördern und den Hochschulstandort bzw. die Hochschulregion zu stärken, bat die NL Aachen den BLB NRW mit Schreiben vom 20.01.2009 um einen kurzfristigen Erwerb von Gut Kellenberg. Dabei machte sie darauf aufmerksam, dass prozesstechnisch.. es leider noch nie gelungen sei, die Hochschulen zu einem solch frühen Zeitpunkt - vor detaillierter Planungsabstimmung - zu einer verbindlichen Mietzusage zu bewegen.

Mit E-Mail vom 23.01.2009 forderte der Geschäftsbereich Eigentumsmanagement des BLB NRW von der NL Aachen eine Begründung, warum mit dem Kauf nicht gewartet werden kann, bis die Planung soweit detailliert abgestimmt ist, dass wir ein Mietangebot machen könnten, das die FH Aachen dann annehmen kann, bevor der BLB NRW ins Risiko geht, eine denkmalgeschützte, nicht weiterverwendbare Immobilie zu erwerben.

Die NL Aachen antwortete mit E-Mail vom selben Tage, dass der BLB NRW das Projekt seit 2006 beackert. Wenn der BLB NRW nicht den Kaufvertrag abschließe, sei der Vertrag tot.