In der Sekundarstufe I sind Versetzungsentscheidungen in allen Bildungsgängen nur in den Jahrgängen 7 bis 10 vorgesehen

Eltern zu jedem Zeitpunkt im Schuljahr die Entscheidungsmöglichkeit, dass der Schüler oder die Schülerin den nachfolgenden Jahrgang besucht. Diese Entscheidung bedarf der Zustimmung des Schulleiters.

Die Grundschulen arbeiten an schulinternen Förderkonzepten. Bestandteil dieser Konzepte ist, durch Fördermaßnahmen in der Schule auf die Minimierung der Wiederholerrate in der Grundschule hinzuwirken. Die Evaluation dieser Maßnahmen ist bis zum Ende des laufenden Schuljahres vorgesehen.

In der Sekundarstufe I sind Versetzungsentscheidungen in allen Bildungsgängen nur in den Jahrgängen 7 bis 10 vorgesehen. Schülerinnen und Schüler der Sonderschulen und der Gesamtschulen rücken bereits jetzt ohne Versetzungsentscheidung in die nächste Jahrgangsstufe vor.

Seit dem Schuljahr 1999/2000 wird in Bremer Schulen in allen Bildungsgängen der Jahrgangsstufen 8 bis 10 nichtversetzten Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit der Nachversetzung über eine Nachprüfung angeboten.

Die in der Ländervergleichsuntersuchung ermittelten Daten über Bremen hinsichtlich Klassenwiederholungen und Abstieg in eine andere Schulform sind Anlass, die Wirksamkeit im Kontext der allgemeinen Lernkultur und der regelmäßigen Teilnahme am Unterricht zu überprüfen. Neben Schleswig Holstein hat Bremen die höchste Wiederholerquote. Die Pisa-E-Studie führt dazu aus, ...dass das Ausmaß des institutionell definierten Schulversagens ­ und das heißt auch: das Ausmaß der strukturbedingten Demütigungen ­ hier ganz besonders hoch ist. In beiden Ländern sind mehr als die Hälfte der 15-Jährigen im Verlauf ihrer Schulzeit einmal ausgegliedert worden.....kommt es bei mehr als der Hälfte zu schulischen Misserfolgen, die für sie selbst ebenso wir für ihre Eltern schwer zu verkraften sind. (S. 209 f.). Der Senat geht davon aus, dass dieser gravierende negative Sachverhalt mit häufig langfristigen Wirkungen nur durch eine grundlegende Veränderung der Lehr- und Lernkultur und des Schul- und Unterrichtsklimas sowie eines Bewusstseinsprozesses bei allen Beteiligten verändert werden kann und muss. Dies folgt auch aus der Tatsache, dass die Nichtversetzungsquoten in den einzelnen Schulstandorten unabhängig von der Sozialstruktur der Schülerschaft von Jahrgang zu Jahrgang und von Klasse zu Klasse erheblich voneinander abweichen.

Administrative Regelungen, wie die Abschaffung des Sitzenbleibens, lösen solche Veränderungsprozesse nicht von selbst aus und lösen diese Probleme somit nicht, es ist vielmehr ein umfassender pädagogischer Erneuerungsprozess und Diskurs erforderlich, bei dem alle Beteiligten in den Schulen einbezogen werden müssen.

In diesem Zusammenhang können dann neue Regelungen und gezielte, begleitend überprüfte Förderangebote dazu beitragen, die Wiederholer-, Abstufungs-, Abbrecher- und Schulvermeiderquoten zu senken. Hierzu sollen erfolgsbasierte Kontrakte mit den Schulen vereinbart werden.

3. Beabsichtigt der Senat, zügig Ganztagsschulen in der Primarstufe und der Sekundarstufe I in allen Stadtteilen für alle Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schulen einzuführen? Bis wann soll der Aufbau abgeschlossen sein?

Mit Beginn des Schuljahres 2002/03 werden in einem ersten Schritt bereits an sieben Schulzentren des Sekundarbereichs I Ganztagsangebote gemacht, die nach der Definition der KMK als offene Ganztagsschule zu bezeichnen sind.

In der Primarstufe beginnen zwei Grundschulen ebenfalls im Schuljahr 2002/03 mit einem ganztägigen Angebot, wobei es sich teilweise um eine inhaltlich und organisatorische Weiterentwicklung der seit 1990 bestehenden Betreuungsprojekte an Schulen handelt.

Der Senat beabsichtigt, diese Angebote in einem Stufenplan weiter auszubauen.

Ganztagsangebote im Primar- und Sekundarstufe-I-Bereich können Benachteiligungen vermindern und neue Fördermöglichkeiten auch für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler eröffnen.

Dazu wird der Senator für Bildung und Wissenschaft gemeinsam mit dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales ein gemeinsames Projekt entwickeln und einen Umsetzungs- und Zeitplan vorlegen. Ziel des Senats ist es, mittelfristig für Eltern, die dies wünschen, in erreichbarer Nähe ein ganztägiges Schulangebot zu machen.

4. Plant der Senat eine Reform der Didaktik und Methodik des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts an den Bremer Schulen ­ auch unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechterdifferenz? Wenn ja, mit welchen Mitteln?

Der Senat hat bereits in den letzen Jahren wiederholt betont und durch entsprechende Maßnahmen verdeutlicht, das der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht eine stärkere Orientierung an den gegenwärtigen und künftigen Anforderungen des Lebens erfahren muss. Die mathematischen und naturwissenschaftlichen Konzepte bilden eine Grundlage für das Lernen auch in nach- und außerschulischen Situationen.

Die Weiterentwicklung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts orientiert sich an der Expertise der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung von 1997 Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts, die auch Grundlage für das gleichlautende BLK-Modellversuchsprogramms SINUS ist, an dem sich Bremen seit 1998 beteiligt.

Grundpositionen der Expertise:

- Vermittlung von Orientierungswissen als sichere Grundlage des Weiterlernens,

- geänderte Aufgabenkultur: Aufgaben lassen verschiedene Lösungswege zu und sind auf unterschiedlichem Niveau zu bearbeiten,

- kumulatives Lernen ­ Inhalte werden wiederholt in verschiedenen Zusammenhängen erarbeitet,

- spezielle Förderung von Jungen und Mädchen.

Im Zentrum der Umorientierung steht für den Bereich Mathematik, dass der Unterricht nicht allein der Vermittlung mathematischer Sätze und Verfahren dient.

Vielmehr muss ein verständnisvoller Umgang mit Mathematik eingeübt werden, der mathematische Begriffe als Werkzeuge in unterschiedlichen Kontexten einsetzbar macht.

Für den naturwissenschaftlichen Bereich steht im Zentrum der Maßnahmen die Sicherung der Kontinuität des naturwissenschaftlichen Unterrichts von der Stundentafel sowie von Lehrplänen und Unterrichtsinhalten her. Der kontinuierliche Kompetenzzuwachs wird auf drei Ebenen abgesichert:

- Der Unterricht in den Naturwissenschaften wird bereits in der Grundschule vorbereitet und kontinuierlich in der Sekundarstufe I fortgeführt.

- Die neuen curricularen Vorgaben (Lehrpläne und Unterrichtsinhalte) bauen systematisch aufeinander auf und ermöglichen die Entwicklung und das Verständnis der grundlegenden naturwissenschaftlichen Begriffe und Konzepte in vielfältigen Kontexten.

- In der Unterrichtsgestaltung wird den Schülerinnen und Schülern der Raum zu einem verständnisvollen Lernen gegeben.

Die Entwicklungen greifen damit die Analyse auf, die auf der Grundlage der TIMS-Studie zur Verbesserung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts angefertigt worden sind. Ihre Aussagen beziehen sich auch auf die in den Pisa-Ergebnissen festgestellten Defizite.

In zahlreichen größer und kleiner angelegten Projekten wurden Konzepte und Materialien zur speziellen Förderung von Mädchen und jungen Frauen im mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht entwickelt. Neben einem zeitweise geschlechtsgetrennten Unterricht wurden weitere Möglichkeiten entwickelt, den Unterricht so am Interesse der Mädchen zu orientieren, dass ihr Interesse und ihre Lernerfolge gefördert werden, ohne das Lernen der Jungen zu beeinträchtigen.

Die Ergebnisse und Erfahrungen der Schulen aus Bremen und den übrigen Bundesländern, die am BLK-Modellversuchsprogramm SINUS teilnehmen (Laufzeit bis März 2003), werden den übrigen Schulen zur Verfügung gestellt (Materialien, Beratung und Unterstützung in fachdidaktischen Fragen) und in die Fortbildungsangebote des LIS einbezogen.

5. Beabsichtigt der Senat eine grundlegende Reform der Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung?

Plant der Senat insbesondere,

a) die Lehrerausbildung mit größeren Praxisanteilen sowie mehr Ausbildungselementen in empirischen Erziehungswissenschaften, pädagogischer Psychologie, Diagnostik und Therapie sowie Fachdidaktik und -methodik zu profilieren und dabei die fachliche Spezialisierung zu reduzieren?

Die Diskussion über die Anforderungen, die sich aus den Pisa-Ergebnissen für den Bereich der Lehrerausbildung ergeben, wird in allen Bundesländern vor dem Hintergrund der Empfehlungen der von der KMK eingesetzten Kommission zu den Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland (sog. Terhart-Kommission) geführt. In der Folge hat Prof. Dr. E. Terhart im Auftrag der Kultusministerkonferenz eine Expertise Standards für die Lehrerbildung erarbeitet, die Grundlage für eine möglichst breit angelegte, systematische Evaluation der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung sein können. Die KMK hat dazu bereits ein Verfahren zur Durchführung eines länderübergreifenden Evaluationsprojekts beschlossen.

Der Senat begrüßt ausdrücklich, dass die KMK an der Untersuchung der OECD Attracting, Developing and Retaining Effective Teachers (sog. Pisa-Studie für Lehrer) teilnehmen will.

Vor diesem Hintergrund ist auch die bisherige Struktur der bremischen Lehrerausbildung zu überprüfen. Eine Lenkungsgruppe Lehrerbildung, in der Vertreterinnen/Vertreter der Behörde, des Landesinstituts für Schule und der Universität vertreten sind, hat Schwerpunkte der Prüfung und Überarbeitung zu folgenden Themen festgelegt und hierzu bereits Konzepte erarbeitet:

- Kerncurriculum Erziehungswissenschaft unter Einbeziehung von Diagnosekompetenz;

- Praxisbezug in der Ausbildung, insbesondere bezogen auf das Halbjahrespraktikum und in diesem Zusammenhang Entwicklung eines Modells Ausbildungsschulen;

- Berufseingangsphase;

- Konkretisierung von Standards für die Lehrerbildung.

Die einzuleitenden Schritte sollen von vornherein einer Qualitätskontrolle im Rahmen von Evaluation unterzogen werden, wofür ebenfalls ein Konzept erarbeitet wird.

Zu den genannten Reformen gehört das im Jahr 2001 eingeführte Halbjahrespraktikum, das als wesentliches Element einer verbesserten Praxisorientierung aller Lehramtsstudierenden dient. Die Resultate der wissenschaftlichen Evaluation des ersten Durchlaufs des Praktikums, die zu Beginn des Wintersemesters 2002/03 erwartet werden, sollen in die Diskussion über die Implementierung weiterer, das Studium begleitender Praxisanteile einbezogen werden.

Im Rahmen der Forschungsplanung soll in Bremen ein Schwerpunkt der empirischen Lehr- und Lernforschung aufgebaut werden.

Diese Ansatzpunkte für eine inhaltliche Reform des Lehramtsstudiums sind nicht ohne Auswirkung auf die Hochschulgesamtplanung und werden in diesem Zusammenhang mit der Universität eingehend diskutiert. Ziel ist dabei die Vorlage eines aufeinander abgestimmten Maßnahmenpakets für die Lehrerausbildung, dessen Umsetzung ab 2003 vorgesehen ist.