Ein häufiger Fall ist die Sperrung des rechten Fahrstreifens stromaufwärts von Einfahrbereichen

Variable Fahrstreifenzuteilung

Im Bereich von Knotenpunkten können Knotenbeeinflussungsanlagen eingesetzt werden, die je nach Verkehrsaufkommen einzelne Fahrstreifen unterschiedlichen Strömen zuweisen können.

Ein häufiger Fall ist die Sperrung des rechten Fahrstreifens stromaufwärts von Einfahrbereichen. Dadurch können die einfahrenden Fahrzeuge ohne Verflechtungsvorgang zügig und sicher auf die Autobahn auffahren. Dies erhöht die Kapazität der Einfahrt und wirkt sich positiv auf die Verkehrssicherheit in der Einfahrt aus. Die variable Fahrstreifenzuteilung kann auch im Zuge der Netzbeeinflussung (substitutive Wechselwegweisung, vgl. Abschnitt 3.2.2) realisiert werden. Voraussetzung für den Einsatz einer variablen Fahrstreifenzuteilung ist, dass sich das Verhältnis der Verkehrsstrombelastungen auf der Hauptfahrbahn und in der Einfahrt im Tagesverlauf ändert. Bei einer gleichzeitig hohen Auslastung der zusammenführenden Fahrbahnen bietet die variable Fahrstreifenzuteilung keine Vorteile.

Datenerfassung

Für die zielgerichtete Verkehrssteuerung ist die Kenntnis der aktuellen Verkehrslage im Straßennetz von entscheidender Bedeutung. Der Verkehrsablauf im nordrhein-westfälischen Autobahnnetz wird an derzeit rund 2.500 Querschnitten durch ortsfeste Detektoren erfasst. Eine weitere Verdichtung und Ergänzung der Verkehrserfassung auf Autobahnen ist vorgesehen.

Zusätzlich soli die Verkehrserfassung auch im nachgeordneten Netz ausgebaut werden, um u.a. die Verfügbarkeit von Umleitungsstrecken prüfen zu können.

Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 wurden im Zuge des PPP-Projektes RUHRPILOT rund 500 zusätzliche Detektoren zur Fahrzeugdetektion installiert (RUHRPILOT, 2006). Diese mit Solarstrom betriebenen Detektoren wurden zum Teil auch auf Bundes- und Landesstraßen installiert.

Anhand der Informationen der Detektoren werden über das Internetportal RUHRPILOT auf den aktuellen Verkehrsdaten basierende Routenempfehlungen angezeigt. Zusätzlich zu den Verkehrsinformationen zeigt das Portal auch mögliche ÖPNV-Verbindungen und Parkplätze an.

Durch neue Technologien und die zunehmende Verbreitung von mobilen Endgeräten in den Fahrzeugen ergeben sich in Zukunft neue Wege der Verkehrserfassung. Anstelle lokal erfasster Verkehrsdaten werden dabei fahrzeugseitig erfasste Daten verwendet, um ein möglichst detailliertes Bild der Verkehrslage zu erhalten. Beispiele für diese neuen Technologien sind:

Floating Phone Data (FPD) / Floating Traveler Data (FTD): Die Berechnung der Position eines Fahrzeugs erfolgt anhand der Ab- und Anmeldungen von Mobiltelefonen an den Mobilfunkzellen. Für die Positionsbestimmung sind keine weiteren Endgeräte im Fahrzeug notwendig. Aufgrund der recht einfachen und ungenauen Positionsbestimmung eignet sich diese Art der Verkehrserfassung vorrangig für die Erfassung von Reisezeiten auf Autobahnen (KRAMPE, 2007; SGHLAIGH, 2009).

Floating Gar Data (FGD): Im Gegensatz zu den FPD-Daten wird bei den FGD-Daten zusätzlich die über ein GPS-Modul bestimmte Position des Fahrzeugs übertragen. Die Positionsbestimmung ist sehr genau, jedoch ist der technische Aufwand aufgrund der benötigten fahrzeugseitigen Ausstattung (GPS-Modul, Telefon, Endgerät) sehr hoch.

Extended Floating Gar Data (XFGD): Aufbauend auf den GPS-gestützten FGD-Daten werden weitere Information des Fahrzeugs (ABS, ASR, ESP, Regensensor, Temperatur) übermittelt. Die Technik ermöglicht Aussagen über Wettereinflüsse (z.B. Glatteis) sowie exakte Verkehrswarnungen (BREITENBERGER e.a., 2004).

Verkehrszentrale

In der Verkehrszentrale werden die Verkehrsinformationen aus dem Straßennetz erfasst, analysiert und in Steuerungsentscheidungen und Verkehrsmanagementstrategien umgesetzt.

Bei Bedarf kann die Verkehrszentrale geeignete Maßnahmen im Fall von Störungen einleiten und die Verkehrsteilnehmer sowie andere betroffene Akteure informieren.

Die Verkehrsrechnerzentrale hat nach MARZ (1999) folgende Aufgaben:

Datenhaltung, u.a. zur Systemoptimierung,

Steuerung von Netzbeeinflussungsanlagen,

Betriebsüberwachung des Gesamtsystems,

Manuelle Eingriffsmöglichkeiten in Beeinflussungsanlagen, .

Koordinierung der Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen (Gesamtübersicht),

Bereitstellung und Vermittlung von Informationen an andere Systemteilnehmer (andere VRZ, UZ, Bedienstationen) und Überwachung der Kommunikation zu diesen,

Verbindung zu Dritten (z. B. Landesmeldestelle),

Grundversorgung aller angeschlossenen Verkehrsbeeinflussungsanlagen,

Parametrierung aller angeschlossenen Verkehrsbeeinflussungsanlagen,

Auswertung für verschiedene Zwecke (z.B. verkehrstechnische Optimierungen).

In Nordrhein-Westfalen werden die Aufgaben der Verkehrszentrale für das Fernstraßennetz derzeit durch zwei Verkehrsrechnerzentralen (Recklinghausen und Leverkusen) sowie zwei Verkehrsleitzentralen (Arnsberg und Köln) wahrgenommen. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie (KREUZBERG, KIRSCHFINK, 2009) wurde empfohlen, eine integrierte Verkehrszentrale einzurichten, um die Effizienz und Qualität des Verkehrsmanagements durch eine organisatorische und räumliche Bündelung der Aufgabenwahrnehmung zu erhöhen. Gemäß Beschluss der Landesregierung vom 20.04.2010 soll die Errichtung einer integrierten Verkehrszentrale für ganz Nordrhein-Westfalen im Landesbetrieb Straßenbau NRW unter Einbeziehung der bislang von allen Bezirksregierungen wahrgenommenen straßenverkehrsbehördlichen Zuständigkeiten für Bundesautobahnen umgesetzt werden. Vergleichbare integrierte Verkehrszentralen für Autobahnen sind bereits im Land Hessen sowie in den Regionen Nord- und Südbayern in Betrieb.

Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen

Geschwindigkeitsbeschränkungen Beschränkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit können nach § 45 angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine besondere Gefahrenlage besteht. Bei hohen Verkehrsstärken kann eine Geschwindigkeitsbeschränkung zur Harmonisierung des Verkehrsablaufs beitragen und dadurch die Kapazität beeinflussen. Analog zur Wirkung von Streckenbeeinflussungsanlagen (vgl. Abschnitt 3.2.3) betrifft der Effekt der Harmonisierung des Verkehrsablaufs dabei in erster Linie die Verringerung der Varianz der Kapazität, die diesbezügliche Wirkung stationärer Geschwindigkeitsbeschränkungen (Ble:chbeschilderung) ist j~doch geringer ausgeprägt als bei verkehrsabhängig gesteuerten Streckenbeeinflussungsanlagen (vgl. GEISTEFELDT, 2009). Darüber hinaus ist zu berücksichtigten, dass die Harmonisierungswirkung in starkem Maße von der Akzeptanz der Geschwindigkeitsbeschränkung unter. den Verkehrsteilnehmern abhängt. Eine erzwungene Erhöhung der Akzeptanz durch eine lokale Geschwindigkeitsüberwachung ist dabei eher kontraproduktiv, da durch die Reaktion der

Verkehrsteilnehmer (abruptes Abbremsen) lokale Störungen im Verkehrsfluss induziert werden können. Hoch belastete Autobahnabschnitte in Ballungsräumen weisen häufig auch ohne Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung bereits ein reduziertes Geschwindigkeitsniveau auf, so dass durch eine Geschwindigkeitsbeschränkung kein zusätzlicher Effekt erzielt werden kann. Geschwindigkeitsbeschränkungen eignen sich daher - unabhängig von den straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen an ihre Anordnung - nicht als Maßnahme zur Vermeidung von Staus. Von Bedeutung ist allenfalls die mittelbare Wirkung von stationären Geschwindigkeitsbeschränkungen auf das Staugeschehen durch die Vermeidung von Unfällen auf kritischen Streckenabschnitten.

Lkw-Überholverbote Lkw-Überholverbote sollten nach nur auf Straßet:l mit erheblichem und schnellem Fahrverkehr dort aufgestellt werden, wo der reibungslose Verkehrsablauf das erfordert. LkwÜberholverbote werden regelmäßig im Bereich von Steigungs- und Gefällstrecken sowie in Tunnelstrecken angeordnet, auf denen Lastkraftwagen nicht zügig überholen können oder wo durch Überholungen von Lkw besondere Gefahren für den fließenden Verkehr entstehen können.

Die Auswirkungen von Lkw-Überholverboten auf den Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit auf Autobahnen wurden von BRILON, DREWS (1996) empirisch analysiert. Sie ermittelten unter Berücksichtigung der Zeit- und Betriebskosten einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen von Lkw-Überholverboten ab einer Gesamtverkehrsstärke von 2.000 Kfz/h. Die Betrachtung des Unfallgeschehens ergab keine eindeutigen Veränderungen. Lediglich im Bereich von Fahr- streifenreduktionen, Autobahnkreuzen, Steigungs- und Gefällestrecken oder Strecken mit überproportionaler Unfallbeteiligung von Lkw konnte ein Sicherheitsgewinn durch Lkw-Überholverbote ermittelt werden.

KELLERMANN (2002) bestätigte die Verkehrsstärke von 2.000 Kfz/h, ab der ein Lkw-Überholverbot sinnvoll ist, und empfahl eine Anordnung in Abhängigkeit vom Auslastungsgrad (Wechselverkehrszeichen oder Beschilderung mit Einschränkung des Zeitbereichs). Während aus einem Lkw-Überholverbot für den Schwerverkehr nur ein geringfügiger Rückgang der mittleren Fahrtzeiten resultiert, kann der Pkw-Verkehr eine deutliche Verbesserung der Fahrtzeiten erreichen. Ähnliche Ergebnisse wurden in einer umfangreichen Simulationsstudie von BRILON, HARDING (2007) ermittelt.

Auswirkungen von Lkw-Überholverboten auf die Stauentstehung auf Autobahnen wurden in den vorgenannten Studien nicht explizit untersucht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass durch ein Verbot von Lkw-Überholungen Störungen des Verkehrsablaufs bei hohen Verkehrsstärken vermieden werden. In Nordrhein-Westfalen werden Lkw-Überholverbote auf Autobahnen konsequent entsprechend den o.g. Einsatzempfehlungen angeordnet, um den Verkehrsablauf zu verbessern und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Markierung und Wegweisung

Insbesondere im Bereich komplexer Autobahnknotenpunkte kann durch eine Anpassung der Fahrstreifenmarkierung und der wegweisenden Beschilderung, ggf. in Verbindung mit einer Umsortierung des Verkehrsraums, unter Umständen eine Verbesserung des Verkehrsablaufs erreicht werden. Der finanzielle und zeitliche Aufwand für solche Maßnahmen ist meist sehr gering, da in der Regel keine baulichen Veränderungen erforderlich sind.