Aktenzeichen 3132 E Z 17511z bei Antwort bitte angeben Bearbeiterin Frau Wernerus Telefon 0211

J07.2011) in 120facher Ausfertigung zur Weiterleitung an die Mitglieder des Rechtsausschusses. Grundlage der Darstellung sind Berichte des Präsidenten des Landgerichts Wuppertal / der Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf und des Leitenden Oberstaatsanwalts in Wuppertal / Generalstaatsanwalts in Düsseldorf.

I. Am 10.06.2011 (Freitag) wurde dem Pressesprecher des Landgerichts Wuppertal durch einen Journalisten darüber berichtet, dass ein Richter des Amtsgerichts Solingen in einem Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung am 28.04.2010 ein Urteil gesprochen, bislang aber die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht abgesetzt habe. Der Direktor des Amtsgerichts Solingen wurde unverzügli9h über den Verdacht in Kenntnis gesetzt. Er berichtete dem Präsidenten des Landgerichts noch am 10.06.2011 und ergänzend am 16.06.2011 über die Hintergründe und Ergebnisse eines Gesprächs mit dem Richter und einer IT-gestützten Recherche etwaiger weiterer Fristüberschreitungen im Dezernat des zuständigen Richters. Auf dieser Grundlage forderte der Präsident des Landgerichts Wuppertal bei dem Direktor des Amtsgerichts Solingen zehn Verfahrensakten an, von denen nachfolgend - überwiegend in der 26. Kalenderwoche - acht bei ihm eingegangen sind.

Die Überprüfung dieser acht Verfahrensaktenhat Folgendes ergeben:

In dem anlassgebenden Strafverfahren, in dem der Geschädigte als Nebenkläger zugelassen wurde, wurde der Angeklagte in der Hauptverhandlung am 28.04. wegen gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewäh-. rung ausgesetzt wurde. Binnen Wochenfrist legte der Verteidiger des Angeklagten bei dem Amtsgericht Solingen Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein. Das mit Gründen versehene Urteil gelangte am 25.05.2011 zur Geschäftsstelle. Die Frist des § 275 Abs. 1 S.2 wonach das Urteil spätestens fünf Wochen nach Verkündung zu den Akten zu bringen war, war bereits am 02.06.2010 abgelaufen. Zwischenzeitliche Sachstandsanfragen der Staatsanwaltschaft Wuppertal wurden - soweit ersichtlich nicht beantwortet. Die Akte ging sodann am 27.05.2011 wieder bei der 1 von 3 schaft Wuppertal ein. Die Zustellung des Urteils an den Verteidiger und an den Nebenklägervertreter erfolgte sodann am 30.05.2011.

Auch in zwei Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde die Überschreitung der zwingenden gesetzlichen Urteilsfrist (um gut einen Monat bzw. knapp fünf Monate) festgestellt. Den Verfahren lag der Vorwurf des unzulässigen Überholens und Missachtens der Vorfahrt bzw. der Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage zugrunde.

In beiden Fällen hat der Richter trotz Eingang einer Rechtsmittelschrift die Entscheidungen nicht rechtzeitig abgefasst. Im zweiten Fall blieb eine Sachstandsanfrage der Staatsanwaltschaft - soweit ersichtlich - unbeantwortet. In dem ersten der genannten Verfahren wurde der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen, in dem zweiten Fall wurde die Rechtsbeschwerde zurückgenommen.

In fünf weiteren Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde festgestellt, dass der Richter die Verfahren nach der Durchführung der Hauptverhandlungstermine nicht mehr hinreichend gefördert hat. Gegen zwingende Fristen zur Urteilsabsetzung wurde nicht verstoßen. Die Versäumnisse blieben ohne verfahrensrechtliche Folgen. In zwei dieser Verfahren blieben Sachstandsanfragen der Staatsanwaltschaft - soweit ersichtlich - unbeantwortet.

11.

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat - wie der Leitende Oberstaatsanwalt berichtet aus Anlass des im Solinger Tageblatts in der Ausgabe vom 25. Juni 2011 unter der Überschrift Skandal um Strafrichter erschienenen Zeitungsartikels gegen den betreffenden Richter des Amtsgerichts Solingen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt und Rechtsbeugung eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft prüft darüber hinaus zurzeit weitere von dem Richter bearbeitete Verfahren auf etwaige strafrechtlich relevante Versäumnisse.

Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat dafür Sorge getragen, dass diese Prüfung zeitnah abgeschlossen wird. Im Anschluss wird der Generalstaatsanwalt entscheiden, ob gemäß § 145 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes ein anderer Leitender Oberstaatsanwalt seines Geschäftsbereichs mit der Wahrnehmung der Amtsverrichtungen der Staatsanwaltschaft beauftragt werden soll.

111.

Aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse hat der Präsident des Landgerichts Wuppertal als der unmittelbare Dienstvorgesetzte des Richters einen dienstaufsichtsrechtlichen Vorgang angelegt und das Erforderliche veranlasst.

Soweit es in einem am 25.06.2011 im Solinger Tageblatt erschienenen Zeitungsartikel heißt, der Präsident des Landgerichts Wuppertal habe schon zum damaligen Zeitpunkt ein Disziplinarverfahren gegen den zuständigen Abteilungsrichter eingeleitet, ist diese Darstellung falsch und beruht auf der Fehlinterpretation des anfragenden Journalisten, dem erklärt wurde, die in Rede stehenden Vorgänge würden derzeit überprüft und gegebenenfalls würde das in dienstrechtlicher Hinsicht Erforderliche veranlasst. Dem Journalisten gegenüber wurde diese Aussage klargestellt.

Die betroffene Abteilung des Amtsgerichts Solingen wird in Kürze einer Sondergeschäftsprüfung unterzogen, um festzustellen, ob es weitere Versäumnisse gegeben hat. Die Prüfung des unmittelbaren Dienstvorgesetzten ist noch nich,t abgeschlossen, zu den Hintergründen und Motiven des Richters liegen bislang keine gesicherten Erkenntnisse vor. Weitere Angaben zum Sachstand während der laufenden dienstrechtlichen Prüfung sind schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Die Frage, ob die verspäteten Urteilsbegründungen Methode hatten und aus welchen Gründen es zu den Versäumnissen gekommen ist, vermag ich daher derzeit nicht zu beantworten.