Rente

Darüber hinaus sind Schulungen der Fachbediensteten der Kreise und kreisfreien Städte sowohl des mittleren und des gehobenen Dienstes, aber auch für nicht übergeleitetes neues Personal der Kommunen durchgeführt worden.

Zur weiteren, engeren fachlichen Begleitung des Reformprozesses und der Fachaufsicht wurde in der Fachabteilung des ehemaligen MAGS eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die es sich im Zusammenwirken mit der Bezirksregierung Münster zur Aufgabe gemacht hatte, alle 54 neue Aufgabenträger vor Ort zu besuchen. Diese Besuche dienten in erster Linie dazu, sich ein eigenständiges Bild von den Verfahrensabläufen zu machen, sich auszutauschen, sich unterrichten zu lassen, aber auch um zu erkunden, welche Beratungs- und Unterstützungsbedarfe zur weiteren fachlichen Aufgabenerfüllungen notwendig sind.

Im Rahmen der Fachaufsicht haben Dienstbesprechungen mit denjenigen Aufgabenträgern stattgefunden, die auffällige Abweichungen in der Entscheidungspraxis vom Landesdurchschnitt aufwiesen. Zur Unterstützung der kommunalen Selbststeuerung erhalten alle Kommunen seit November 2008 ihre statistischen Zahlen und Bearbeitungswerte; allerdings auf Wunsch der kommunalen Spitzenverbände nur die jeweiligen Einzelergebnisse und den Landesdurchschnitt, nicht aber die Werte aller Kommunen.

Auswirkungen im Fall einer Umwandlung in Selbstverwaltungsaufgaben Entfällt die Fachaufsicht mit Widerspruchsbearbeitung, entstehen folgende Konsequenzen:

Jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt muss eigene Kapazitäten für die bislang von der Fachaufsicht zentral erledigten Aufgaben vorhalten.

Vor Ort entsteht ein deutlich größerer Personalbedarf für die bisherigen zentral wahrgenommenen Aufgaben vor allem wegen der prozessleitenden Funktion der Widerspruchsbearbeitung.

Die Quantität des übergehenden Personals des Landes reicht nicht aus, um angemessenes fachliches Know-how vor Ort aufzubauen.

Zentrale IT-Steuerung und Produktbetreuung stehen nicht mehr zur Verfügung. Synergieeffekte und eine gemeinsame Strategie zur Effizienzsteigerung entfallen, weil die enge Verzahnung von Fachaufsicht, Widerspruchsbearbeitung, Produktbetreuung und IT-Steuerung aufgegeben werden muss.

Die finanziellen Lasten des Landes steigen infolge der Konnexitätsregelung an.

Die Maßnahmen der zentralen Fachaufsicht zum Zwecke der einheitlichen Rechtsanwendung können nicht weiter geführt werden.

1.6 Fazit

Die Entscheidung des Gesetzgebers, den Kommunen das Feststellungsverfahren nach dem SGB IX als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung und nicht als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe zu übertragen, hat sich als sachgerecht erwiesen.

Die bisherigen Erfahrungen mit der kommunalen Aufgabenwahrnehmung sprechen dafür, zur Qualitätssicherung und weiteren Steigerung der Effizienz eine qualifizierte Fachaufsicht beizubehalten. Nur so kann die Bearbeitung sämtlicher Verfahren im Rahmen des Schwerbehindertenrechts weiterhin eng begleitet und eine landeseinheitliche Rechtsanwendung dauerhaft gesichert werden. Eine landeseinheitliche Rechtsanwendung bleibt Voraussetzung, um etwaige regionale Unterschiede in der Bearbeitungs- und Entscheidungspraxis dauerhaft aufzuheben und Qualitätsstandards zu sichern, die der Aufgabenverantwortung des Landes bei Umsetzung von Bundesrecht in einem Rechtsbereich mit einer Vielzahl von Verwaltungsverfahren und damit erheblichen finanziellen Auswirkungen Rechnung trägt. Weil Ausgaben- und Aufgabenverantwortung bei Entscheidungen im Feststellungsverfahren nach dem 2. Teil des SGB IX auseinander fallen, reicht die bloße Rechtsaufsicht im Falle der Umwandlung in eine pflichtige kommunale Selbstverwaltungsaufgabe derzeit nicht aus, um mögliche Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und ihnen effektiv entgegenwirken zu können. Das Land wird die Erfahrungen mit der Aufgabenwahrnehmung als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung nach einem angemessenen Zeitraum erneut auswerten.

Der Entwurf für die Neufassung des Eingliederungsgesetzes sieht insoweit eine Berichtspflicht der fachlich zuständigen obersten Landesbehörde gegenüber dem Landtag bis zum 31. Dezember 2015 vor.

Zu diesem Komplex haben die Kommunalen Spitzenverbände bisher noch keine Stellungnahme abgegeben.

2. Aufgabenbereich Soziales Entschädigungsrecht

2. 1 Ausgangslage

Bis zum 31.12.2007 wurden die Aufgaben nach dem Sozialen Entschädigungsrecht auf örtlicher Ebene von den 11 Versorgungsämtern als untere staatliche Landesbehörden im Sinne des Landesorganisationsgesetzes wahrgenommen.

Die unmittelbare Dienst- und Fachaufsicht lag - nach Auflösung des ehemaligen Landesversorgungsamtes NRW als Landesoberbehörde zum 01.01.2001 - bei der Bezirksregierung Münster. Diese Funktion wurde dort in einer eigenen Organisationseinheit (Abteilung 10) mit landesweiter Zuständigkeit erledigt. Das dama- 46lige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein Westfalen hatte die Funktion der obersten Dienst- und Fachaufsicht.

Durch das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen - Eingliederungsgesetz - (Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007) sind die Versorgungsämter im Zuge der Verwaltungsstrukturreform zum 31.12.2007 aufgelöst und die dort bislang wahrgenommenen Aufgaben nach dem Sozialen Entschädigungsrecht zum 01.01.2008 auf die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe übertragen worden (§ 4 Abs. 1 Eingliederungsgesetz). Die Aufsichtsfunktion der Bezirksregierung Münster ist mit der Aufgabenübertragung entfallen (Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Eingliederung von Landesoberbehörden und unteren Landesbehörden in die Bezirksregierungen). Die Fachaufsicht liegt seitdem ausschließlich bei der obersten Landesbehörde, dem Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (bis 14.07.2010: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales) des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Eingliederungsgesetz).

Die nach einer bundesrechtlichen Zuständigkeitsverordnung den Landesversorgungsämtern vorbehaltenen Aufgaben (u.a. Kuren, Kapitalabfindungen, Regress) sind mit der Landesverordnung über die Zuständigkeiten im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts vom 18.12.2007 SER) weiterhin der Bezirksregierung Münster zugewiesen worden (§ 1 der SER). Darüber hinaus erfolgt dort die Produktbetreuung sowie die Qualitätssicherung des IT-Fachverfahrens.

Die Landschaftsverbände nehmen die Aufgaben nach dem Sozialen Entschädigungsrecht als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Eingliederungsgesetz). Nach der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 des Ein.gliederungsgesetzes soll bis zum 31.10.2010 eine Evaluation zur Klärung der Frage erfolgen, ob die Aufgaben zukünftig als Selbstverwaltungsaufgaben den Landschaftsverbänden übertragen werden können.

Relevante Kennziffern und Entwicklungen

Derzeit (Stand: 31.12.2009) erhalten noch rund 66.000 Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen monatlich laufende Rentenzahlungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht; bei der Aufgabenübernahme durch die Landschaftsverbände (Stand: 31.12.2007) waren es knapp 83.000. Das Antragsvolumen nach dem Opferentschädigungsgesetz liegt unverändert bei rund 6000 Anträgen pro Jahr.