Wohnen

Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrheln-Westfalen

Der Minister Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verehr!\,!)Y!,G des Landes Nordrhein-Westfalen, 40190 Düsseldorf ; i\/:;i,;i;;:E.

Dieser ist dem Schreiben beigefügt.

Ich bitte Sie, den Bericht den Mitgliedern des AWME weiterzuleiten. Daher sind auch Kraftwerksneubauten als privatwirtschaftliche Investitionen anzusehen, deren Erfolg oder Misserfolg dem Investor zuzurechnen ist. Allerdings versorgen Kraftwerke die Bevölkerung und Industrie mit Energie, so dass der Staat aus Gründen der Versorgungssicherheit Probleme in diesem Bereich im Blick halten muss. Ferner bedürfen sowohl der Neubau von Kraftwerken, als auch ihr Betrieb staatlicher Genehmigungen, insbesondere im Bereich des Umwelt- und Arbeitsschutzes, deren Einhaltung der Staat zu überwachen hat.

Die Landesregierung verfügt über keine eigenen Informationen zur Problematik des Einsatzes von T24-Stahl bei Kraftwerksbauten, sondern kann an dieser Stelle nur die Auskünfte der Betreiber der betroffenen, aktuell im Bau befindlichen Kraftwerke wiedergeben.

In Nordrhein-Westfalen sind derzeit sieben Steinkohlekraftwerke im Bau befindlich: in Duisburg-Walsum (Block 10) der Steag in Grevenbroich-Neurath 2 und 3) der RWE Power AG, in Hamm-Uentrop (Westfalen 0 und Westfalen E) der RWE Power AG, in Datteln (Datteln EON AG und in Lünen der Trianel

Davon sind bzw. werden bis auf das Trianel-Kraftwerk in Lünen alle vorgenannten Kraftwerke unter Einsatz des sogenannten T24-Stahls errichtet. Dieser Stahl wird im Bereich des Dampfkessels eingesetzt und verfügt über hohe Festigkeitseigenschaften und große Temperaturbeständigkeit, um letztlich den vom Anlagenbetreiber gewünschten hohen Wirkungsgrad zu erzielen.

Duisburg-Walsum Bezüglich des Kraftwerksneubaus Walsum 10 in Duisburg teilte der Betreiber mit, dass nach Abschluss der Errichtung des Dampferzeugers der Kessel gebeizt und anschließend im Frühjahr 2010 der Erprobungsbetrieb aufgenommen wurde. Während des Erprobungsbetriebs seien erhebliche Undichtigkeiten im Verdampferbereich des Kessels aufgetreten. Die Undichtigkeiten betrafen ausschließlich den Bereich, in dem der Werkstoff T24 (auch genannt) eingesetzt wurde. Im Rahmen eines umfangreichen Reparaturkonzeptes seien rund 3.000 Schweißnähte erneuert worden. Eine erneute Beizung wurde nicht vorgenommen. Der Erprobungsbetrieb wurde in der 2. Aprilwoche 2011 wieder aufgenommen. Anfang Mai 2011 sei dieser Erprobungsbetrieb abgebrochen worden. Grund waren erneute Undichtigkeiten im Verdampferteil des Kessels. Nach einer intensiven Untersuchung seien an rund 500 Schweißnähten Undichtigkeiten festgestellt worden. Die Schäden seien im bereits reparierten Bereich im Verdampfer aufgetreten und beträfen den Werkstoff T24. Die Untersuchungen der defekten Schweißnähte hätten erneut die typischen Schadensbilder der (wasserstoffinduzierten) Spannungsrisskorrosion1 gezeigt. Die1 Bauteile erfahren im Betrieb charakteristische Beanspruchungen. Deshalb werden Werkstoffe mit ausreichenden Eigenschaften verwendet. Durch ungünstige Bedingungen kann jedoch der Werkstoff örtlich so überlastet werden, dass das Bauteil versagt. Im Fall der wasserstoffinduzierten Spannungsrisskorrosion wird die Überbeanspruchung durch die Bildung von Wasserstoffgas während des Beizses Schadensbild setzt das gleichzeitige Auftreten hoher Spannungen im verwendeten Material, eines auf wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion empfindlichen Materials (hier T24-Stahl) und von elementarem Wasserstoff voraus. Die bisherige Reparatur und die zusätzlich ergriffenen Maßnahmen hätten damit nicht den gewünschten Erfolg gezeigt.

Eine abschließende Aussage zu den Ursachen der Schäden in Walsum 10 ist nach Auffassung des Betreibers derzeit nicht möglich. Eine der Ursachen für das Auftreten der Spannungsrisskorrosion könne das Beizen sein, aber auch andere Ursachen werden nicht ausgeschlossen.

Im Bauprojekt Walsum 10 sei daher ein Austausch des in Teilen des Kessels verwendeten Werkstoffes T24 gegen den bereits seit vielen Jahren genutzten Kesselwerkstoff T12 (auch genannt) beabsichtigt. Hierfür sei u. a. eine detaillierte technische Planung erforderlich, die derzeit noch nicht abgeschlossen sei.

Der Betreiber geht davon aus, dass auch nach dem Umbau eines Teilbereiches des Kessels ein Wirkungsgrad von mindestens 45 Prozent erreichen werden kann. Abschließende Aussagen seien erst nach Abschluss der Detailplanung möglich.

Grevenbroich-Neurath

Die RWE Power AG als Betreiberin des Braunkohlenkraftwerks Neurath Block G (auch 2 genannt) teilte mit, dass aufgrund der allgemeinen Erkenntnisse über den Stahl T24 von Februar bis April diesen Jahres zunächst aufwändige Maßnahmen zur Minderung des Risikos einer Schädigung durch wasserstoffinduzierte Spannungskorrosion umgesetzt wurden. Genannt wurden hier

- Modifizierung des Beizprozesses

- Optimierung der chemischen Zusammensetzung des Kesselspeisewassers

- Optimierung der Anfahrprozedur

- Wärmebehandlung des Dampferzeugers Sodann begann der Betreiber zunächst mit dem Vorwärmen von Block G und danach mit dem Probetrieb unter Einsatz von Öl und Braunkohle.

Nach Angaben der Betreiberin wurde der Block G bislang 1.200 Stunden betrieben, wobei keine erkennbaren Schäden aufgrund von wasserstoffinduzierter Spannungsrisskorrosion festgestellt wurden. Seit Beginn des Probebetriebs wurden ca. 120.

Megawattstunden (MWh) in das elektrische Netz eingespeist. Derzeit ist der Probebetrieb unterbrochen, da nach Angaben der Betreiberin an den Kesselwänden Schäden durch Dehnungsbehinderungen aufgetreten sind. Nach Abschluss der hierfür erforderlichen Reparaturarbeiten, für die ein Monat vorgesehen ist, soll der Probebetrieb in Block G fortgesetzt werden und dann in den Regelbetrieb übergehen.

Die Betreiberin teifte ferner mit, dass sie aufgrund der Erkenntnisse über mögliche Probleme mit dem T24-Stahl frühzeitig Vorkehrungen gegen die wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion getroffen habe. Deshalb wurden Vorkehrungen zum Abbau der Spannungen sowie zur Minimierung des Wasserstoffs getroffen. Insbesondere wurde das Verfahren zum sog. Beizen der geschweißten Anlagenteile modifiziert. prozesses ausgelöst. Das notwendige Eindringen von elementarem Wasserstoff wird erst durch das Aufweiten des Werkstoffgitters infolge von Spannungen ermöglicht

Die Betreiberin geht davon aus, dass die der Genehmigung zu Grunde liegenden Wirkungsgrade erreicht werden können.

Hamm-Uentrop

Beim Bau der beiden Blöcke des Steinkohlenkraftwerks Hamm, bei dem ebenfalls der T24-Stahl verwendet wurde, sind nach Angaben der Betreiberin, der RWE Power AG, die Erkenntnisse aus dem Bau des Kraftwerks Walsum 10 und dem Bau des Kraftwerks Neurath ausgewertet worden. Die beim Kraftwerk Neurath gesammelten Erfahrungen zur Schadensvorbeugung wurden auch beim Bau dieses Kraftwerks umgesetzt.

Sowohl bei der inzwischen weitgehend abgeschlossenen Fertigung der Bauteile aus dem Werkstoff T24 als auch bei der derzeit laufenden Montage auf der Baustelle werde besonderes Augenmerk auf die qualitätsgerechte Ausführung der Arbeiten gelegt. Das Ziel dabei sei sowohl die Vermeidung von Ausführungsfehlern die zu späteren Schäden führen könnten als auch die möglichst weitgehende Reduzierung von Spannungen. Zusätzlich würden die Vorbereitungen getroffen, die in Neurath realisierten Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung von Spannungen bzw. zur Minimierung des Wasserstoffs sowie zum weiteren Abbau von Spannungen auch in Hamm umzusetzen.

Datteln

Die E.ON AG teilte für das Neubauprojekt Datteln IV mit, dass dort bisher noch keine Schäden bekannt geworden sind. Das Unternehmen weist darauf hin, das dort zwar ebenfalls der Stahl T24 verwendet worden ist, die Anlage jedoch in ihrer Bauweise erhebliche Unterschiede zum Kraftwerk Walsum 10 - auch im Hinblick auf die Einsatzgebiete des - aufweise. Das Unternehmen arbeitet nach eigenen Angaben aufgrund der bereits bekannten Problematik eng mit dem Hersteller des Dampferzeugers zusammen und führt auch eigene Untersuchungen durch. Dabei gelte es insbesondere, die Randbedingungen einzugrenzen, unter denen Schäden auftreten können.

lünen

Die Betreiberin Trianel teilte telefonisch mit, dass in ihrem Projekt auf die Verwendung von T24-Stahl verzichtet worden sei, sie könnte sich daher zu den Problemen nicht äußern.

Genehmigungsverfahren - allgemein

Soweit durch die vorliegenden Probleme eine Änderung eines Kraftwerksneubaus erforderlich wird, ist zu beurteilen, ob diese Änderung eines Genehmigungsverfahrens bedarf. Ein Änderungsgenehmigungsverfahren ist dann erforderlich, wenn der Betreiber beabsichtigt, in einer für das Umweltrecht relevanten Weise von der erteilten Genehmigung abzuweichen.

Bleibt die Neukonzeption innerhalb des Rahmens, den die Genehmigung setzt, so ist kein Änderungsgenehmigungsverfahren erforderlich. Entscheidend ist damit die Frage, welche konkreten Vorgaben die jeweilige Genehmigung trifft und zum zweiten die Frage, welche technischen Modifikationen der Betreiber plant. Insoweit ist eine pauschale Aussage nicht möglich, sondern eine Prüfung durch die zuständigen Genehmigungsbehörden, hier die Bezirksregierungen, im Detail erforderlich.