Ausweis eines Überschwemmungsgebietes im Teichhausgebiet "Am Silbach" in Laubach-Gonterskirchen

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. In § 13 HWG wird der Ausweis von Überschwemmungsgebieten gesetzlich begründet. Von den Bestimmungen dieses Gesetzes werden jedoch nach § 2 des gleichen Gesetzes Grundstücke, die zur Fischhaltung oder Fischzucht dienen, ausgenommen. Warum soll das Teichhausgebiet mit einer großen Zahl von genehmigten Fischteichen dennoch als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen werden?

Nach § 13 Abs. 1 Hessisches Wassergesetz (HWG) sind Gebiete, die bei Hochwasser überschwemmt oder durchflossen oder die für die Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden, durch Rechtsverordnung als Überschwemmungsgebiete festzustellen. Für die Abgrenzung der Überschwemmungsgebiete ist im Regelfall ein Hochwasserereignis zugrunde zu legen, mit dem statistisch einmal in hundert Jahren zu rechnen ist, also ein seltenes Hochwasserereignis mit hohem Wasserspiegelniveau.

§ 2 Abs. 2 HWG legt fest, dass Grundstücke, die zur Fischzucht oder Fischhaltung mit Wasser bespannt werden und mit einem Gewässer nicht oder nur künstlich verbunden sind, von den Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des HWG ausgenommen werden, sofern es sich um Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung handelt.

Ungeachtet der wasserwirtschaftlichen Bedeutung der Teichanlagen im Teichhausgebiet ist festzustellen, dass die Beantwortung der Frage, ob die Teichanlagen Bestandteil der Flächen nach § 13 Abs. 1 HWG sind oder nicht, im Hinblick auf die gesetzlichen Nutzungsbeschränkungen dieser Flächen (hierzu verweise ich auch auf die Antwort zu Frage 6) keinerlei praktische Relevanz hat.

Frage 2. Im Regionalplan Mittelhessen 2006 ist das Teichhausgebiet weder als Vorrangnoch als Vorbehaltsfläche für vorbeugenden Hochwasserschutz ausgewiesen. Die Wiesen zwischen Teichhausgebiet und dem Stadtteil Friedrichshütte sind jedoch im Regionalplan als Vorbehaltsgebiet ausgewiesen. Wieso weicht das in Planung befindliche Vorhaben in diesem Punkt von den Vorgaben des Regionalplans ab und aus welchen Gründen sollen in nicht dafür vorgesehenen Bereichen (Teichhausgebiet) Überschwemmungsgebietsflächen ausgewiesen werden, jedoch nicht im dafür vorgesehenen Vorbehaltsgebiet (Wiesen unterhalb Teichhausgebiet)?

Nach § 13 Abs. 3 HWG sind Überschwemmungsgebiete und Gebiete, die bei Versagen eines Deiches überschwemmt werden, in Raumor dnungs- und Bauleitplänen zu kennzeichnen.

Das Überschwemmungsgebiet der Horloff wurde im Rahmen der Ermittlung seiner Begrenzungen in zwei Bearbeitungsabschnitte aufgeteilt. Der erste Abschnitt beginnt an der Kreisgrenze Gießen/Wetteraukreis und endet an der Straßenbrücke Laubach-Ruppertsburg. Dieser Abschnitt war zur Zeit der Bearbeitung des Regionalplans Mittelhessen bekannt und wurde entsprechend der Regelung in § 13 Abs. 3 HWG gekennzeichnet.

Der zweite Abschnitt verläuft von der Straßenbrücke Laubach-Ruppertsburg bis zu einem Punkt östlich der Ortslage Gonterskirchen. Dieses Überschwemmungsgebiet ist noch nicht abschließend bearbeitet und konnte deswegen noch nicht in den Regionalplan übernommen werden.

Im vorliegenden Fall beruht die Ausweisung des "Vorbehaltsgebietes für den vorbeugenden Hochwasserschutz" zwischen Gonterskirchen und Friedrichshütte im Regionalplan-Entwurf Mittelhessen 2006 auf der Übernahme des im Regionalplan Mittelhessen 2001 festgelegten "Bereichs für den Schutz oberirdischer Gewässer" in der Aue des Silbachs.

Zu beachten ist, dass eine Ausweisung als "Vorbehaltsgebiet für den vorbeugenden Hochwasserschutz" im Regionalplan keine verbindliche rechtliche Wirkung im Hinblick auf die Nutzungsregelungen des WHG/HWG (hierzu verweise ich auch auf die Antwort zu Frage 6) entfaltet. Auch ergibt sich daraus keine verbindliche Vorgabe für die Abgrenzung eines Überschwemmungsgebiets (hierzu verweise ich auch auf die Antwort zu Frage 3).

Frage 3. Welche alternativen Planungen wurden ebenfalls geprüft und aus welchen Gründen nicht realisiert (Rückhaltemaßnahmen oberhalb von Gonterskirchen; Ausweis von Flächen unterhalb Teichhausgebiet)?

Bei der Feststellung von Überschwemmungsgebieten handelt es sich nicht um eine Planung; dementsprechend waren und sind auch keine Planungsalternativen zu prüfen. Es handelt sich lediglich um die fachtechnisch zu ermittelnde Fläche am Gewässer, die bei Hochwasser überflutet wird und die gemäß HWG durch Rechtsverordnung verbindlich gemacht wird. Ein Planungsermessen für die Abgrenzung der Gebiete besteht somit nicht.

Ungeachtet dessen haben die Kommunen im Einzugsgebiet der Horloff ein Hochwasserschutzkonzept erstellen lassen. Diese Planung, die von der aus den Überschwemmungsgebietskarten abzuleitenden Hochwassergefahr ausgeht, im Übrigen aber völlig unabhängig von der Feststellung von Überschwemmungsgebieten zu sehen ist, sieht auch im Einzugsgebiet der oberen Horloff Maßnahmen zur Verminderung der Hochwassergefährdung der von Hochwasser betroffenen Siedlungsgebiete vor. Die Federführung der mit Landesmitteln geförderten Planung liegt bei der Stadt Hungen.

Frage 4. Die Planunterlagen zum Überschwemmungsgebiet Teichhausgebiet zeigen wesentliche, das Gelände prägende Merkmale nicht auf (große Anzahl von Fischteichen und großflächige Aufschüttungen). Hierdurch werden entscheidungsrelevante Tatsachen nicht dargestellt. Wieso unterbleibt der entsprechende Ausweis?

Die Überschwemmungsgebiete geben die flächenmäßige Ausbreitung des Hochwassers mit einer dem Talgefälle folgenden bestimmten Wasserspiegellage wieder, wobei die bestehende Talstruktur mit allen hydraulisch relevanten Geländemerkmalen angehalten wird. In dem Teichhausgebiet liegen nahezu alle Teichanlagen, die in der Talaue der Horloff angelegt wurden, auf einem Niveau unterhalb des Wasserspiegels des Hochwassers, das für die Bemessung des Überschwemmungsgebietes zugrunde gelegt wurde. Im Hochwasserfall haben die Teiche deswegen keinen Einfluss auf die Festlegung der Überschwemmungsgebietsgrenze, auch wenn einzelne Teichdämme bei Hochwasser nicht überflutet werden. Dammbauwerke, Aufschüttungen oder sonstige Anlagen, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, aber bei der Ermittlung der Überschwemmungsgebietsfläche keine Berücksichtigung gefunden haben, sind der zuständigen Oberen Wasserbehörde beim Regierungspräsidium Gießen nicht bekannt.

Frage 5. Wurden die Brückendurchlässe im Bereich Gonterskirchen in die Hochwasserplanung mit einbezogen, hier besonders die Straßenbrücke in der Ortsmitte?

Wenn nein, warum nicht?

Sämtliche Kreuzungsbauwerke über die Horloff wurden in die hydraulischen Berechnungen der Wasserspiegellagen einbezogen. Somit ist die Wirkung der Kreuzungsbauwerke auf die Lage der Überschwemmungsgebietsgrenzen in jedem Fall berücksichtigt.

Frage 6. Welche konkreten Einschränkungen und Auflagen aus allgemeinrechtlicher-, naturschutzrechtlicher-, wasserrechtlicher, abwasserrechtlicher, baurechtlicherund haftungsmäßiger Sicht sind zu erwarten?

Die konkreten Einschränkungen und Auflagen in Überschwemmungsgebieten ergeben sich aus § 31b WHG sowie den §§ 13, 14, 15 und 16 HWG. In Überschwemmungsgebieten ist vornehmlich an die Beschränkung der baulichen Nutzung zu denken. Darüber hinaus sind das Lagern von Stoffen, die die Wasserqualität gefährden, auf dem Boden sowie die Umwandlung von Grün- in Ackerland verboten; das Anlegen, Erweitern oder Beseitigen von Baum- und Strauchpflanzungen im Außenbereich ist beschränkt.

Frage 7. Ist in Zukunft eine Verlängerung der Genehmigungen für die Fischteiche weiterhin ohne weiteres möglich oder muss mit einschränkenden Auflagen gerechnet werden, gegebenenfalls sogar mit Rückbau zur Schaffung von zurzeit nicht vorhandenem Retentionsraum erfolgen?

Aus der Feststellung der Überschwemmungsgebiete sind Sachverhalte, die den Weiterbetrieb der bestehenden, wasserrechtlich zugelassenen Teichanlagen in Frage stellen, nicht ableitbar.

Die Feststellung der Überschwemmungsgebiete könnte zu der Erkenntnis führen, dass der der Standsicherheitsberechnung für die Teichanlagen seinerzeit zugrunde gelegte größte Hochwasserstand der Horloff nicht den tatsächlich anzunehmenden Verhältnissen entspricht und eine Überprüfung angezeigt ist. Dieses Überprüfungserfordernis leitet sich aber nicht aus der Feststellung der Überschwemmungsgebiete ab, sondern aus den neueren Erkenntnissen zur statischen Beanspruchung der Teichbauwerke infolge von Hochwasser.

Rückbauforderungen in Bezug auf bestehende legale Anlagen zur Schaffung von Retentionsraum werden mit einer Überschwemmungsgebietsfeststellung grundsätzlich nicht begründet.

Frage 8. Bleibt es bei den Genehmigungen für die Pflanzenkläranlagen und Trinkwasserbrunnen, oder werden diese widerrufen, oder dürfen diese nur unter großen Auflagen weiter bestehen?

Im Bereich der Überschwemmungsgebiete an der Horloff befinden sich 20

Pflanzenkläranlagen, für die in den Jahren 1999 bis 2002 wasserrechtliche Zulassungen erteilt wurden. Da für die Grundstücke entlang der Horloff eine Hochwassergefährdung zu erkennen war, wurde im Rahmen der wasserrechtlichen Zulassung für die Pflanzenkläranlagen auf den betroffenen Grundstücken bestimmt, dass die besonderen Grund- und Hochwasserverhältnisse bei der Bauausführung zu beachten sind. So sind z. B. in hochwassergefährdeten Bereichen wasserdichte Schachtabdeckungen zu verwenden.

Die Betreiber der betroffenen Pflanzenkläranlagen wurden bei der Zulassung zudem darauf hingewiesen, dass noch keine gesicherten Daten zu den Hochwasserabflussverhältnissen vorlägen und dass deswegen gegebene nfalls zu einem späteren Zeitpunkt Anpassungsmaßnahmen erforderlich würden.

Ob sich für einzelne Anlagen oder Anlagenteile unter Berücksichtigung der maßgebenden Wasserspiegellage bei Hochwasser ein Erfordernis zur Durchführung von Anpassungsmaßnahmen ergibt, muss im Einzelfall geprüft werden. Erkenntnisse hierüber liegen nicht vor.

Hinsichtlich des Gefahrenpotenziales wird das Hauptaugenmerk auf die Hochwassersicherheit der Abwassersammelgruben zu legen sein. Eine kurzzeitige Überstauung der Schilfbeete erscheint - zumal Hochwasserabflussbereiche mit erhöhter Erosionsgefährdung nicht zu erwarten sind - weitgehend unproblematisch.

Die Überschwemmungsgebietsermittlung liefert lediglich eine Grundlage für die weitergehende Beurteilung der Anlagensicherheit. Die Überschwemmungsgefährdung ist jedoch unabhängig von der rechtwirksamen Feststellung des Überschwemmungsgebietes gegeben.

Hinsichtlich der Trinkwasserbrunnen ist festzustellen, dass wegen der unmittelbaren Nähe zu Abwasserbehandlungsanlagen obligatorisch der Einbau von Entkeimungsanlagen vorgenommen worden war. Die Notwendigkeit von weitergehenden, aus der Feststellung der Überschwemmungsgebiete resultierenden Auflagen, ist nicht erkennbar. Dies gilt auch für den Weiterbetrieb der Pflanzenkläranlagen und der Trinkwasserbrunnen.

Frage 9. Was bedeutet der Begriff "Bestandsschutz" für den Wiederaufbau vollständig zerstörter Gebäude?

Sind Ersatzbauten, Erweiterungen und Wiederaufbau im Rahmen des Bebauungsplanes und vorheriger Genehmigungen ohne weiteres möglich?

Beim Bestandsschutz geht es um die Frage, wie mit baulichen Anlagen zu verfahren ist, die gemäß den rechtlichen Vorschriften, wie sie zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage bestanden, errichtet wurden, aber durch Gesetzesänderung heute nicht mehr errichtet werden dürften, weil sie gegen gültiges Bau- oder Wasserrecht verstoßen würden.

Die Ausweisung eines Überschwemmungsgebietes in einem Bereich, der mit einem Bebauungsplan überplant ist, ist rechtlich zulässig.

Die durch den Bebauungsplan gegebenen Baurechte können durch das Überschwemmungsgebiet auch gewisse Einschränkungen erfahren.

Für den Wiederaufbau bzw. die Erweiterung zerstörter Gebäude im Bereich von Überschwemmungsgebieten sind Sonderregelungen in WHG und HWG nicht enthalten. Die Beschränkungen und Befreiungsvoraussetzungen der §§14 und 15 HWG sowie ergänzende Vorgaben aus den § 31b WHG gelten grundsätzlich. In Abhängigkeit von der Situation des Einzelfalls ist zu entscheiden, ob im Rahmen der Prüfung Voraussetzungen für die Erteilung der Befreiung der bisherige Bestand Berücksichtigung finden kann. (z.B. "unbillige Härte" i. S. § 15 Satz 1 Nr. 3 HWG).

Das geplante Bauvorhaben darf dabei jedoch nur eine Nutzung verwirklichen, die der Bebauungsplan zulässt.

Der am 17. Juni 1999 als Satzung beschlossene und am 8. Juli 1999 in Kraft getretene Bebauungsplan setzt ein Sondergebiet "Wochenendhausgebiet" fest. Die überbaubaren Bereiche sind festgelegt. Die Errichtung baulicher Anlagen ist ausschließlich gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans und entsprechend den oben genannten wasserrechtlichen Bestimmungen zulässig.