Medizinische Versorgung der Frauen ­ Justizvollzugsanstalt Aichach

Medizinische Versorgung der Frauen ­ Justizvollzugsanstalt Aichach. Einschlägige Untersuchungen zeigen deutlich, dass Frauen und Männer entsprechend ihrem Rollenverhalten jeweils andere Konfliktlösungsmöglichkeiten suchen. Die von Frauen bevorzugten defensiven Lösungswege führen oft zu gesundheitlicher Beeinträchtigung. Diese Annahme müßte in der Frauenjustizvollzugsanstalt Aichach zu spezifischen Problemen führen. Diese reichen von der örtlichen medizinischen Versorgung bis zu einem erhöhten Personalaufwand durch Arztbesuche und stationärer Behandlung in Krankenhäusern.

Ich frage daher die Staatsregierung:

1. Wie ist die derzeitige medizinische Versorgung innerhalb der JVA Aichach ausgestattet und welche Planungen bestehen?

2. Sind alle beschlossenen und genehmigten Planstellen im Bereich der medizinischen Versorgung besetzt und wenn nicht, worin liegen die Ursachen und was wurde unternommen, um diesen Zustand zu ändern?

3. Wie viele Personen wurden im Jahre 1993 von der hausinternen medizinischen Abteilung behandelt (nach Frauen und Männern getrennt)?

4. Welchen Umfang nahm die medizinische Versorgung im Jahre 1993 außerhalb der JVA Aichach ein (nach Männern und Frauen getrennt)?

a) Wie viele Personen waren bei Arztbesuchen und stationären Behandlungen?

b) Welchen Umfang nahmen diese Arztbesuche und stationären Behandlungen zeitlich in Anspruch?

c) Wieviel JVA-Personal wurde durch Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte gebunden?

5. Wegen welcher Krankheiten (oder vermuteter Krankheiten) wurden die Behandlungen im Hause, bei Ärzten oder in Krankenhäusern durchgeführt (nach Männern und Frauen getrennt)? ­ Bitte Angabe der Häufigkeit in einer Rangfolge.

6. Welche Kosten (aufgeschlüsselt) sind durch die medizinische Versorgung entstanden, und wie hoch ist hierin der Anteil des gebundenen Personals?

7. Gibt es über diese Fragen hinaus erwähnenswerte Auffälligkeiten, z. B. Unterschiede entsprechend dem Alter der Frauen oder im Zusammenhang mit der Länge der Haftstrafe?

8. Bestehen von seiten der Staatsregierung Planungen im Bereich Oberbayern/Schwaben ein sogenanntes Gefängniskrankenhaus bzw. eigene Abteilungen in bestehenden Krankenhäusern einzurichten, um den Personalbedarf für die medizinische Betreuung zu verringern? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, bis wann und wo stünden diese Einrichtungen zur Verfügung?

9. Wurde im Zusammenhang mit der Erweiterung des Kreiskrankenhauses Augsburg verhandelt, um dort eine eigene JVA-Abteilung einzurichten? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, bis wann steht diese Einrichtung zur Verfügung, wieviel Personal wird dadurch gebunden und wieviel Personal wird im Vergleich zur jetzigen Praxis frei?

Antwort des Staatsministeriums der Justiz

Zu 1.: Die medizinische Versorgung ist in der Justizvollzugsanstalt Aichach wie folgt sichergestellt:

a) Räumliche Ausstattung

Für die ambulante und stationäre Versorgung der weiblichen Gefangenen ist eine Krankenabteilung (Krankenstation mit insgesamt 20 Krankenbetten, 2 Arztsprech- und Behandlungszimmer, 1 Zahnarztraum u.a.) eingerichtet.

Für die ambulante Behandlung von männlichen Gefangenen sind ein Arztsprech- und Behandlungszimmer sowie ein Zahnarztraum in der Männerabteilung vorhanden.

Im Rahmen einer Hochbaumaßnahme ist geplant, einen Neubau für die Mutter-Kind-Abteilung zu errichten und das gesamte Altgebäude, in dem bisher die Krankenabteilung und die Mutter-Kind-Abteilung untergebracht sind, für Zwecke der Krankenabteilung umzubauen und zu sanieren. Für die Teil-Baumaßnahme (Umbau und Sanierung der Krankenabteilung) sind Gesamtkosten in Höhe von 3.550.000 DM veranschlagt.

b) Personelle Ausstattung

In der Anstalt stehen für die ärztliche Versorgung der männlichen und weiblichen Gefangenen 2 hauptamtliche Ärztinnen, davon eine halbtags tätig, sowie 5 externe Fachärzte (Internistin, Nervenarzt, Frauenarzt, Augenarzt und Zahnarzt) als Konsiliarärzte zur Verfügung. In der Krankenabteilung sind derzeit 11 Krankenschwestern beschäftigt, davon 2 Halbtagskräfte. Der Justizvollzugsanstalt Aichach wurde darüber hinaus vor kurzem die Genehmigung erteilt, eine Krankenschwester als Aushilfskraft für die Dauer des Erziehungsurlaubs von zwei bisher bei der Justizvollzugsanstalt Aichach halbtags tätigen Krankenschwestern einzustellen.

Ferner ist geplant, baldmöglichst einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie auf einer der Justizvollzugsanstalt Aichach bereits im Frühjahr 1993 zugeteilten Halbtagsstelle einzustellen.

c) Medizinische Ausstattung Zusätzlich zu der für die Grundversorgung notwendigen medizinischen Ausstattung sind in der Anstalt ein EKGund ein Ultraschall-Gerät sowie ein kleines Labor mit entsprechender Ausstattung vorhanden.

Zu 2.: Mit Ausnahme der Halbtagsstelle für einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und der erst kürzlich zur Besetzung mit einer Aushilfskraft genehmigten Stelle für eine Krankenschwester sind derzeit sämtliche der Justizvollzugsanstalt Aichach zugeteilten Planstellen für Arzte und Krankenschwestern besetzt. Nachdem die 1993 zur Verfügung gestellte Halbtagsstelle für einen Arzt zunächst mangels geeigneter Bewerber nicht besetzt werden konnte, hat sich nunmehr ein Facharzt für Psychiatrie und Neurologie beworben, der voraussichtlich Anfang 1996 seinen Dienst antreten wird. Der Bewerber hat sich darüber hinaus bereit erklärt, für die Übergangszeit bis zu seinem Dienstantritt einmal wöchentlich ganztags die Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Aichach fachärztlich zu betreuen.

Zu 3.: Im Jahre 1993 wurden folgende hausinterne medizinische Behandlungen durchgeführt:

a) Weibliche Gefangene

In der Krankenabteilung wurden 485 Patienten (insgesamt 3.365 Pflegetage) stationär versorgt. Ferner wurden ca. 700 Zugangsuntersuchungen durchgeführt. Darüber hinaus wurden durchschnittlich 130 Personen pro Woche während der Arztsprechstunden behandelt und ca. 25

Personen pro Tag ambulant durch die Krankenschwestern versorgt.

b) Männliche Gefangene

Bei ca. 450 Gefangenen wurde eine Zugangsuntersuchung durchgeführt. Darüber hinaus wurden durchschnittlich 15 Personen pro Woche während der Arztsprechstunden behandelt und ca. 12 Personen pro Tag ambulant von einer Krankenschwester versorgt.

Zu 4. a): Im Jahr 1993 war bei 91 Frauen und 12 Männern eine stationäre Behandlung in externen Krankenhäusern erforderlich. Ferner wurden 971 weibliche und 133 männliche Gefangene zu externen Arzten zur ambulanten Untersuchung und Behandlung ausgeführt.

Zu 4. b): Im Jahr 1993 war während der stationären Behandlung in externen Krankenhäusern bei 29 weiblichen Gefangenen eine Bewachung durch Bedienstete mit einem Zeitaufwand von insgesamt ca. 1.600 Stunden erforderlich. Männliche Gefangene mußten im Jahr 1993 bei der stationären Behandlung nicht bewacht werden.

Die Ausführungen weiblicher Gefangener zu externen Ärzten führten zu einem Zeitaufwand der Bediensteten von insgesamt ca. 1.400 Stunden, die Ausführungen männlicher Gefangener zu insgesamt ca. 400 Stunden.

Die Bewachungen bei stationären Behandlungen und die Austührungen zu externen Ärzten erforderten zusätzlich ca. 600 Kraftfahrerstunden.

Zu 4. c): Für die Bewachung während der stationären Behandlung sowie für die Ausführungen zu ambulanten Arztbesuchen wurden im Jahr 1993 ständig durchschnittlich 2 Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdienstes und ferner ein Kraftfahrer für ca. 75 Tage im Jahr gebunden.

Zu 5: Hierzu liegen keine statistischen Aufzeichnungen vor.

Häufig erforderlich waren Ausführungen zu Chirurgen, Orthopäden und Hautärzten. Bei stationären Aufenthalten von Gefangenen standen Drogen- und Alkoholentzugsbehandlungen im Vordergrund.

Zu 6: 68.000 DM. Für einen in der Laufbahn des einfachen Dienstes beschäftigten Kraftfahrer fallen jährlich Personalkosten in Höhe von ca. 61.200 DM an. Das für Krankenhausbewachungen und für Ausführungen zu ambulanten Arztbesuchen im Jahr 1993 gebundene Personal hat danach Personalkosten in Höhe von ca. 159.000 DM verursacht. Die Personaldurchschnittskosten für eine ganztags beschäftigte Ärztin belaufen sich auf ca. 122.000,- DM pro Jahr, für eine ganztags tätige Krankenschwester auf jährlich ca. 68.500,­ DM.

Zu 7: In den letzten Jahren war ein Ansteigen psychisch auffälliger weiblicher Gefangener feststellbar. Um die psychiatrische und neurologische Versorgung der Gefangenen auch künftig voll zu gewährleisten, ist die Einstellung eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie beabsichtigt (siehe zu 2).

Zu 8: Das Staatsministerium der Justiz beabsichtigt, im Rahmen einer Hochbaumaßnahme die in Teilbereichen landesweit zuständige Krankenabteilung in der Justizvollzugsanstalt München zu erweitern sowie umfassend zu sanieren und zu modernisieren. Im Voranschlag für den Doppelhaushalt 1995/1996 sind bereits entsprechende Mittel für die Erstellung der Haushaltsunterlage-Bau enthalten. Zu welchem Zeitpunkt die Einrichtung tatsächlich zur Verfügung steht, kann erst nach Abschluß der umfangreichen und komplexen Planungsarbeiten beurteilt werden.

Zu 9: Im Hinblick auf das unter Ziffer 8 genannte Vorhaben in der Justizvollzugsanstalt München und die gemäß Ziffer 1 Buchstabe a geplante Erweitung der Krankenabteilung in der Justizvollzugsanstalt Aichach wurden mit dem Kreiskrankenhaus Aichach (gemeint ist wohl dieses Kreiskrankenhaus, da es in Augsburg ein solches Krankenhaus nicht gibt) keine Verhandlungen über die Einrichtung einer eigenen Krankenabteilung für Gefangene der Justizvollzugsanstalt Aichach geführt.

Drucksache 13/223 Bayerischer Landtag 13.