Alarmierung von Rettungsdienst und Notarzt unter Notruf 112

Die Verwendung von Zweitschriften würde einen hohen Aufwand erzeugen und trotz sog. faktischer Anonymisierung ein Reidentifizierungsrisiko möglicherweise nicht ausschließen, denn auch auf Zweitschriften werden nähere Umstände wie Diagnose, Gebührenordnungspositionen bzw. GOÄ-Nummern und der Behandlungstag festgehalten. Meine Anregung wird geprüft.

Alarmierung von Rettungsdienst und Notarzt unter Notruf 112

Im letzten Tätigkeitsbericht hatte ich das Problem dargestellt, dass in Gebieten, in denen keine ständig besetzten Einsatzzentralen der Feuerwehr existieren, eine Alarmierung von Rettungsdienst oder Notarzt über Notruf 112 bei Polizeidienststellen eingeht. Die Vollzugspolizisten, die den Anruf entgegennehmen, sind nach den gesetzlichen Bestimmungen PAG) verpflichtet, den Anruf nicht nur an Rettungsdienst oder Notarzt weiterzuleiten, sondern auch ggf. strafverfolgend oder zur Gefahrenabwehr tätig zu werden. In diesen Gebieten macht es die Organisation des Notrufs 112 den Bürgern praktisch unmöglich, sich über diese Notrufnummer vertraulich ausschließlich an Rettungsdienst oder Notarzt zu wenden.

Wie ich inzwischen erfahren habe, besteht voraussichtlich in nächster Zeit keine Möglichkeit, hier eine organisatorische Verbesserung durch Trennung der Bereiche vorzunehmen. Wer vermeiden möchte, dass sein Notruf über Nr. 112 bei der Polizei aufläuft, muss die bayernweit verfügbare Rufnummer 19222 (ggf. mit Vorwahlnummer) wählen, die unmittelbar bei den ständig besetzten Rettungsleitstellen eingeht.

Angesichts dieser Situation halte ich es für erforderlich, in den oben genannten Gebieten die Bevölkerung darüber zu unterrichten, dass alle Anrufe über Notruf 112 bei der Polizei auflaufen (nicht nur die Anrufe über Nr.110) und daß eine unmittelbare Benachrichtigung von Notarzt oder Rettungsdienst ohne Einschaltung der Polizei nur über Nummer 19222 (ggf. mit Vorwahlnummer) möglich ist.

Leider konnte ich das Staatsministerium des Innern nicht von der Notwendigkeit eines solchen Hinweises an die Bevölkerung in den betreffenden Gebieten überzeugen.

Das Ministerium ist der Ansicht, dem Bürger werde es in aller Regel und in akuten Notsituationen völlig gleichgültig sein, ob die Polizei den Notruf entgegen nimmt oder eine andere Organisation.

Ich werde das geschilderte Problem im Auge behalten und darüber wieder berichten, sobald sich ein Anlaß ergibt.

Chipkarten im Gesundheitswesen

Nach § 291 des 5. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) stellen die gesetzlichen Krankenkassen spätestens bis zum 1. Januar 1995 für jeden Versicherten eine Krankenversichertenkarte aus, die den bisherigen Krankenschein ersetzt. In § 291 Abs. Die gesetzliche Festlegung des Inhalts schließt aus, dass auf der gleichen Karte weitere Daten auf freiwilliger Basis gespeichert werden. Der Grund dafür ist, dass der Versicherte verpflichtet ist, die Karte beim Arzt und anderen Behandlungen vorzuzeigen. Er kann nicht nach freier Entscheidung bestimmen, wer den Karteninhalt liest und verwendet (siehe auch 14. TB 1992, Nr. 3.3, Seite 16).

Von verschiedener Seite wird nun immer wieder ins Gespräch gebracht, auf freiwilliger Basis weitere Daten auf anderen Chipkarten zu speichern, um sie jederzeit verfügbar zu haben, so z. B. Gesundheitskarten oder Servicekarten, Notfallkarten, A-Cards und. Die Anschaffung der Karten und Verwendung ist zwar grundsätzlich freiwillig. Manche (außerbayerische) Krankenkassen wollen aber solche Karten einführen und bei Verwendung der Karte Vorteile in Aussicht stellen. Die Freiwilligkeit kann sich dadurch relativieren.

Zur strikten Trennung zwischen gesetzlicher Krankenversichertenkarte und den verschiedenen Arten freiwilliger Gesundheitskarten hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 9./10. März 1994 einen Beschluß gefaßt. Er ist in der Anlage zu diesem Tätigkeitsbericht abgedruckt.

Eine Nachfrage bei den zuständigen Verbänden der bayerischen Krankenkassen hat bisher keinen Hinweis darauf erbracht, dass in Bayern von den gesetzlichen Krankenkassen derartige freiwillige Gesundheitskarten geplant sind.

Anzumerken ist noch, dass von Journalisten gelegentlich kritisiert wird, dass auf der gesetzlichen Krankenversichertenkarte keine zusätzlichen Gesundheitsdaten gespeichert werden dürfen. Bei solcher Kritik wird regelmäßig die Verpflichtung des Versicherten übersehen, die Karte mit den Krankenscheindaten jedem vorzulegen, in dessen Behandlung er sich begibt. Der Versicherte sollte aber nicht gezwungen sein, durch die Kombination von Pflicht-Angaben mit zusätzlichen freiwilligen Krankheitsdaten auf einer einzigen Karte bei deren Vorlage auch Angaben über seinen Gesundheitszustand bekannt zu

Drucksache 13/390Bayerischer Landtag 13. 22 geben. Dies sollte seiner freien Entscheidung überlassen bleiben. Der Ausschluß des Speicherus von Gesundheitsdaten auf der gesetzlichen Krankenversichertenkarte dient dem Selbstbestimmungsrecht des Versicherten.

3. Sozialbehörden:

Änderung von Rechtsvorschriften:

Aus meiner Sicht ist auf zwei wichtige Änderungen hinzuweisen:

Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches 2. vom 13.6.

Im Berichtszeitraum ist das vom Bundestag verabschiedet worden und hinsichtlich maßgeblicher datenschutzrechtlicher Bestimmungen am 1.7.1994 in Kraft getreten. In der Neufassung des 2. Kapitels des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) wurde eine Verweisung auf Vorschriften des BDSG weitestgehend vermieden. Die wesentlichen Bestimmungen, so auch die Begriffsdefinitionen des BDSG wurden in den Text des SGB übernommen. Der Leser hat nun einen weitgehend geschlossenen Gesetzestext zur Verfügung.

Den Regelungen im 2. Kapitel des SGB X, die sich im wesentlichen mit dem Schutz der Sozialdaten vor unbefugten Übermittlungen befassen, wurden die Begriffsdefinitionen sowie Vorschriften über die Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung vorangestellt.

Laut amtlicher Begründung verfolgte der Gesetzgeber dabei eine enge Anlehnung an das BDSG, insbesondere bei der Festlegung der Zweckbindung der Datenverwendung. SGB-spezifische Übermittlungsregelungen (früher Offenbarungsbefugnisse) behielten ihre jeweiligen Paragraphenziffern und entsprechen überwiegend den bisherigen Regelungen. Unterschiede zum BDSG resultieren aus den speziellen Gegebenheiten des Sozialleistungsrechts. Neu im SGB X eingefügt wurde eine Vorschrift über die Einrichtung automatisierter Abrufverfahren.

Abgerundet wird das 2. Kapitel des SGB X durch die Vorschriften über die besonderen Rechte der Betroffenen, über einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch des Betroffenen bei unzulässiger oder unrichtiger automatisierter Sozialdatenverarbeitung sowie durch Straf- und Bußgeldvorschriften.

Die Neufassung von § 35 SGB 1 und des 2. Kapitels des SGB X erforderte eine Anpassung der datenschutzrechtlichen Vorschriften in den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuches. Ferner wurden im SGB V Ergänzungen angebracht, deren Notwendigkeit sich aus der Praxis der Krankenversicherung ergeben hat.

Eine Vielzahl von Änderungen ist bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Sozialbehörden zu beachten. Sie darzustellen würde den Rahmen dieses Berichts jedoch sprengen. Eine zusammenfassende Darstellung wichtiger Änderungen kann beim Landesbeauftragten für den Datenschutz angefordert werden.

Vollzugsbekanntmachung zum Bayer. Datenschutzgesetz Behördlicher Datenschutzbeauftragter, Anlagen und Verfahrensverzeichnis

In der Neufassung der Vollzugsbekanntmachung zum Bayer. Datenschutzgesetz sind Regelungen über die Einrichtung behördlicher Datenschutzbeauftragter enthalten. Den Gemeinden, Gemeindeverbänden und sonstigen der Aufsicht des Freistaats Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind die Vorschriften der Vollzugsbekanntmachung zur Anwendung empfohlen. Für die Sozialversicherungsträger und ihre Verbände kann sich eine Verpflichtung zur Bestellung von behördlichen Datenschutzbeauftragten aus § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 36 BDSG ergeben Nr.3.1).

Nach Art. 27 des Bayer. Datenschutzgesetzes haben bayerische öffentliche Stellen ein Anlagen- und Verfahrensverzeichnis für die automatisierten Verfahren aufzubauen. In das Verfahrensverzeichnis sind auch die automatisierten Verfahren aufzunehmen, mit denen Sozialdaten nach dem Sozialgesetzbuch verarbeitet werden. Sozialversicherungsträger und ihre Verbände führen das Anlagen- und Verfahrensverzeichnis nach Art. 18 Abs. 2 und 3 BDSG (§ 81 Abs. 4 Sätze 1 und 3 SGB X). Eine Meldung zum Datenschutzregister beim Landesbeauftragten für den Datenschutz ist im Hinblick auf § 81 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB X nunmehr auch für bayerische Sozialleistungsträger nicht mehr erforderlich Nr.5.1). In das Anlagenverzeichnis sind auch die eingesetzten Datenverarbeitungsanlagen aufzunehmen, mit denen Sozialdaten nach dem Sozialgesetzbuch verarbeitet werden Nr. 5.2).

Nach dem Bayer. Datenschutzgesetz ist die Führung eines Datenschutzregisters beim Landesbeauftragten für den Datenschutz seit 1.8.1993 nicht mehr vorgesehen.

Gesetzliche Krankenversicherung

Datenübermittlung von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns an Krankenkassen fallbezogen, nicht versichertenbezogen

Das Sozialgesetzbuch sieht im 5. Buch, das die Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung enthält (SGB V), in § 295 Abs. 2 vor, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen die erforderlichen Angaben über die von den Ärzten abgerechneten Leistungen den Krankenkassen fallbezogen, nicht versichertenbezogen übermitteln.

Nach Abs. 3 der Vorschrift vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Bunde svereinigungen in Verträgen das Nähere über Einzelheiten des Datenträgeraustausches.

Drucksache 13/390 Seite 23Bayerischer Landtag 13. Wahlperiode

Im Zuge der noch laufenden datenschutzrechtlichen Überprüfung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) wurde ein solcher Vertrag festgestellt, nach dessen § 11 Abs. 2 und 4 für einen Übergangszeitraum eine Datenübermittlung auf einem Papierausdruck nicht nur fallbezogen, sondern durch Hinzufügung von Name, Vorname, Geburtsdatum bzw. Versichertennummer auch versichertenbezogen durchgeführt werden soll. Darüber hinaus sollen nach § 4 Abs. 3 des Vertrages die versichertenbezogenen Behandlungsausweise bei konventionell abrechnenden Ärzten - im Gegensatz zu den mit EDVabrechnenden Ärzten - weiterhin in einer Sortierung von der KVB an die Krankenkassen übermittelt werden, die der Krankenkasse eine versichertenbezogene Zuordnung von zunächst nur fallbezogen übermittelten Abrechnungsdaten ermöglicht.

Bei der datenschutzrechtlichen Prüfung wurde festgestellt, daß auch bereits vor Abschluß des genannten Vertrages in der vorgenannten Weise versichertenbezogene Daten an die gesetzlichen Krankenkassen übermittelt wurden.

Da somit entgegen § 295 Abs. 2 SGB V den Krankenkassen auf Papierausdruck für die ambulanten Behandlungen Name bzw. Versichertennummer, Geburtsdatum und alle abgerechneten Leistungsdaten mit Diagnosen übermittelt werden, habe ich die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, sowie die Bayerischen Landesverbände der Ortskrankenkassen, der Betriebskrankenkassen und der Innungskrankenkassen zur Stellungnahme aufgefordert und um Vorschläge für Maßnahmen gebeten, mit denen auch für die Dauer des in dem Vertrag vorgesehenen Übergangszeitraums der mit der Regelung in § 295 Abs. 2 SGB V bezweckte Effekt der nur fallbezogenen und nicht versichertenbezogenen Übermittlung sichergestellt werden kann. Ich habe insbesondere vorgeschlagen, auf dem Papierausdruck den Ausdruck des Namens des Versicherten zu unterlassen und allenfalls die Versichertennummer anzugeben und bei KVB und Krankenkassen durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß die personenbezogenen Krankheitsdaten nicht in einer gegen § 295 Abs. 2 SGB V verstoßenden Weise zur Kenntnis genommen oder genutzt werden.

Ich bat die Vorgenannten auch mitzuteilen, welche Daten auf welche Art (Papierausdruck) versichertenbezogen zwischen KVB und Krankenkassen übermittelt werden sollen, sowie zu erläutern, wozu der Versichertenbezug genutzt werden solle und welchen Sinn die Nutzung des Versichertenbezuges während der im Vertragsentwurf vorgesehen Übergangszeit habe, wenn er anschließend auch nach dem Vertragsentwurf entfallen solle. Ich wies darauf hin, dass eine datenschutzrechtliche Beanstandung vorbereitet werde.

Der AOK-Landesverband Bayern legte dar, dass der geplante Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erarbeitet worden sei und diese Verbände somit auch für den Inhalt des Vertrages grundsätzlich verantwortlich seien. Sinn der Übergangsregelung des Vertragsentwurfes sei, durch einen Papierausdruck die zu Beginn der Umstellung vom manuellen auf das maschinelle Abrechnungsverfahren notwendigen technischen Voraussetzungen flächendeckend zu schaffen und bestehende Unsicherheiten in den Programmen durch entsprechende Prüfungen abklären zu können.

Mit Schreiben vom 14.11.1994 habe ich dann die Verstöße gegen § 295 Abs. 2 SGB V beanstandet. Die Beanstandung bezieht sich auf die versichertenbezogene Übermittlung der Abrechnungsdaten auf Papierausdrucken durch die KVB an die gesetzlichen Krankenkassen vor Vertragsabschluß und auf die im Vertragsentwurf vorgesehene, gegen § 295 Abs. 2 SGB V verstoßende Übergangsregelung (s.o.).

Nicht beanstandet wurde die versichertenbezogene Datenübermittlung, soweit das SGB abweichend vom grundsätzlichen Verbot des § 295 Abs. 2 SGB V eine versichertenbezogene Übermittlung in besonderen Fällen zuläßt, wie z. B. die Übermittlung identifizierender Daten der Versicherten zur Prüfung der Leistungspflicht oder von Leistungsdaten für Stichproben, Einzelfallprüfungen oder Erstattungsansprüche gegen andere Leistungsträger oder Dritte.

Ich ging davon aus, dass es sich bei der bereits praktizierten Datenübermittlung wie bei dem im Datenaustausch-vertrag vorgesehenen Verfahren um zeitlich befristete Übergangsmaßnahmen handelt, die die Umstellung auf das automatisierte Abrechnungsverfahren absichern sollen.

Deshalb habe ich trotz Beanstandung davon abgesehen, die sofortige Einstellung dieser versichertenbezogenen Datenübermittlung auf Papierausdrucken zu fordern, wenn jeweils die KVB ihre Bundesvereinigung und die Bayerischen Krankenkassenverbände ihre Bundesverbände auffordern, im Vertrag eine gesetzeskonforme Lösung vorzusehen. Zu beachten ist nämlich, dass durch den zwischen den genannten Bundesstellen zu schließenden Vertrag eine Bindungswirkung eintritt, die die bayerischen Kassen daran hindert, ein anderes Verfahren einzuführen, als es im Vertrag vorgesehen ist. Ob diese Bindungswirkung durch den Verstoß gegen § 295 Abs. 2 SGB V insoweit aufgehoben wird, steht nicht mit hinreichender Sicherheit fest. Es ist deshalb vordringlich, den Vertrag bereits für den Übergangszeitraum gesetzeskonform zu gestalten. KVB und Bayerische Kassenverbände müssen aber gegen ein gesetzeswidriges Verfahren deutlich remonstrieren.

Von den Bayerischen Krankenkassen habe ich gefordert, soweit von der KVB wahrend des Übergangszeitraums Leistungsdaten mit Diagnosen versichertenbezogen übermittelt werden, diese auf Seite der Kassen so zu verarbeiten und zu nutzen, dass die mit § 295 Abs. 2 SGB V gesetzlich vorgesehene Wirkung erhalten bleibt, d.h. den Versichertenbezug, soweit nicht gesetzlich zugelassen, nicht zu nutzen und kein versichertenbezogenes Leistungskonto über ambulante Leistungen aufzubauen.