Gewährung von Akteneinsicht

Zweifelsfällen durch den Staatsanwalt klargestellt werden sollte, wer richtiger Adressat der Mitteilung ist.

Gewährung von Akteneinsicht:

Auch die Gewährung von Akteneinsicht ist bisher nur zum Teil in der Strafprozeßordnung geregelt. Gesetzlich ungeregelt ist nach wie vor die Akteneinsicht durch Personen und Behörden, die am Strafverfahren nicht beteiligt sind. Die Entscheidung über die Gewährung der Akteneinsicht erfolgt hier auf der Grundlage der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren. Diese setzen voraus, daß der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme besitzt und sonstige Bedenken nicht bestehen.

Bei einer Reihe von Ermittlungsverfahren habe ich die Rechtmäßigkeit der Gewährung von Akteneinsicht überprüft. Anlaß zu Beanstandungen bestand nicht.

Allerdings bin ich bei der Kontrolle der Akteneinsicht einer AOK als Sozialversicherungsträger, die aufgrund übergegangenen Rechts das Bestehen von Ansprüchen gegen den Schädiger ihrer Versicherten prüfen wollte, auf ein besonderes Problem gestoßen. Der AOK war der komplette Ermittlungsvorgang übersandt worden, in dem mehrere Strafverfahren verbunden waren, obwohl das für die Gewährung der Akteinsicht erforderliche berechtigte Interesse der AOK nur für die Straftat vorlag, die zur Schädigung der Versicherten geführt hatte.

Im konkreten Fall lag dem Beschuldigten zunächst nur eine Körperverletzung zur Last, auf die die AOK die Prüfung von Schadensersatzansprüchen stützte. Das Ermittlungsverfahren wurde, da die Geschädigte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte, gemäß §170 Abs. 2 eingestellt. Später zeigte die Geschädigte den Beschuldigten auch wegen eines nachfolgenden Sexualdelikts an. Sie machte nunmehr auch hinsichtlich der früheren Körperverletzung Zeugenangaben. Däs bereits eingestellte Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung wurde sodann wieder aufgenommen, zur neuen Anzeige hinzuverbunden und zur gleichen Akte genommen.

Die Verbindung von Strafverfahren zur sachentsprechenden Strafverfolgung ist ein häufiger Vorgang. Davon können auch eine Vielzahl von Einzelstraftaten (z.B. bei Serienstraftaten) betroffen sein. Ich verkenne nicht, dass die Entscheidung, welche Aktenteile vom berechtigten Interesse des Antragstellers umfaßt sind, für den sachbearbeitenden Staatsanwalt eine erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung darstellen würde. Das gleiche gilt für die Geschäftsstelle, die die Akten trennen müßte. Hinzu kommt, dass sich einzelne Aktenbestandteile (z.B. Mitteilungen der Polizei, Protokolle über Zeugenaussagen, staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Entscheidungen) auf mehrere Straftaten beziehen können.

Ich habe als Lösungsansatz vorgeschlagen, dass die Akteneinsicht grundsätzlich nur auf den konkreten Vorgang, für dessen Kenntnisnahme durch den Antragsteller ein berechtigtes Interesse vorliege, sowie auf die (vollständigen) Entscheidungen von Staatsanwaltschaft und Gericht beschränkt werden sollte, soweit eine entsprechende Aktentrennung mit zumutbarem Aufwand möglich ist. Hierzu habe ich das Justizministerium um Prüfung gebeten. Im konkreten Strafverfahren, das Anlaß zur Prüfung gegeben hatte, wäre eine solche Aktentrennung hinsichtlich der einzelnen Tatvorwürfe wegen ihrer engen Verbindung allerdings nicht möglich gewesen.

7.3.2.3Anwendung des EDV-Systems COWISTRA

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft nutzt die Wirtschaftsabteilung bisher nur zwei Anwendungsmöglichkeiten von COWISTRA: So werden Mitteilungen über die Abgabe eidesstattlicher Versicherungen und Mitteilungen in Konkursverfahren nach Verfügung des Oberstaatsanwalts in die Datei aufgenommen. Erfaßt werden der Name bzw. die Firma, der/die Geschäftsführer und der Grund der Speicherung. Die Vorgänge werden beobachtet und bei Bestehen eines Anfangsverdachts in das (Register für Strafsachen) eingetragen.

Gegen diesen Einsatz von COWISTRA habe ich keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Da die Anwendung erst seit etwa 6 Monaten bei der Behörde wieder eingesetzt wird, lagen löschungsreife Vorgänge noch nicht vor, so daß die Beachtung der Löschungsfristen einer späteren Prüfung vorbehalten bleibt.

Daneben wird die Datenbankfunktion Gläubigeranfragen von den Sachverständigen und der Buchhaltungsfachkraft der Wirtschaftsabteilung genutzt. Damit können Gläubigeraufstellungen bearbeitet, Anschreiben an Gläubiger erfaßt und Fragebogen erstellt werden. Derzeit sind dort ca. 20 Verfahren gespeichert, das älteste aus dem Jahr 1988.

Nach der Freigabe des Programmsystems COWISTRA sind die im Rahmen von Ermittlungsverfahren gespeicherten Daten nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens zu löschen. Eine Überprüfung ergab, dass auch personenbezogene Daten aus Ermittlungsverfahren gespeichert sind, die bereits vor längerer Zeit abgeschlossen waren. Die Staatsanwaltschaft hat mir mitgeteilt, dass die Daten dieser Verfahren mittlerweile gelöscht worden sind und die Datenlöschung im Bereich des Programms COWISTRA durch Dienstanweisung geregelt wird.

Kontrolle einer Justizvollzugsanstalt

Wie schon im Jahre 1993 habe ich auch im Berichtszeitraum eine datenschutzrechtliche Prüfung einer Justizvollzugsanstalt durchgeführt. Als erfreuliches Ergebnis konnte ich feststellen, dass die Justizvollzugsanstalt dem Datenschutz einen hohen Stellenwert beimißt. Gravierende datenschutzrechtliche Mängel konnte ich nicht feststellen.

Folgende Feststellungen sind von allgemeiner Bedeutung:

Drucksache 13/390Bayerischer Landtag 13. 64

Gefangenenpersonalakten Mein besonderes Augenmerk galt auch diesmal dem Zugriff auf die Gefangenenpersonalakten. Wie bei den bisher von mir geprüften Justizvollzugsanstalten haben auch in dieser Anstalt alle Vollzugsbediensteten Zugriff auf die Gefangenenpersonalakten aller Gefangenen. Bei Entnahme der Akte verbleibt ein sogenanntes Fehlblatt in der Registratur, in dem der Name des Gefangenen, der Name des die Akte entnehmenden Bediensteten, der Entnahmezweck, das Datum und die Unterschrift des Entnehmenden anzugeben sind. Dieses Fehlblatt wird nach Rückgabe der Akte entfernt, so dass keine Dokumentation darüber gewährleistet ist, wer die Akte eingesehen hat.

Bereits in der Vergangenheit habe ich gefordert, die Einsichtnahme in Gefangenenpersonalakten auf den Umfang zu beschränken, der zur jeweiligen Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Eine Beschränkung der Zugriffsberechtigung auf bestimmte mit dem Gefangenen befaßte Vollzugsbedienstete hat sich allerdings in der Praxis als nicht durchführbar gezeigt. Auch wenn Stationsbeamten bestimmte Gefangene fest zugewiesen sind, so können doch im Einzelfall auch andere Vollzugsbeamte ein rechtmäßiges Informationsinteresse besitzen. So wird beispielsweise der Nachtdienst nach Auskunft der Anstalt von ständig wechselnden Vollzugsbediensteten verrichtet.

Auch diesen Bediensteten muss es im Interesse der Anstaltssicherheit möglich sein, sich etwa über besonders fremd-, flucht- oder selbstgefährliche Gefangene durch Beiziehung der Akten zu unterrichten.

Umso wichtiger erscheint es mir - um einem eventuellen Mißbrauch vorzubeugen -, die Einsichtnahme bzw. Entnahme der Gefangenenpersonalakten schriftlich zu dokumentieren. Damit dürfte kein unzumutbarer Verwaltungsaufwand verbunden sein, zumal das bereits jetzt bei Entnahme der Gefangenenpersonalakten hinterlegte Fehlblatt nur um Einsichtnahmen ergänzt und für eine spätere Überprüfung des Zugriffs auf die Akte aufbewahrt werden müßte. Hierzu habe ich das Staatsministerium der Justiz um Stellungnahme gebeten. Dieses hat eine Dokumentation der Einsichtnahme/Entnahme von Akten abgelehnt, da damit ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Ich werde die Angelegenheit weiter verfolgen.

Auskünfte an Vollstreckungsgläubiger

Entsprechend meinen Feststellungen im 15. Tätigkeitsbericht (Ziff. 6.9.2.3) habe ich nochmals überprüft, ob und welche Auskünfte über Gefangene an Gläubiger erteilt werden. In der geprüften Justizvollzugsanstalt besteht hierüber eine Dienstanweisung aus dem Jahre 1987, in der u.a. folgendes bestimmt ist:

- Der Auskunftssuchende hat das berechtigte Interesse an der Auskunft zu belegen.

- Der Entlassungszeitpunkt wird nur dann mitgeteilt, falls er innerhalb des nächsten Monats liegt, in den übrigen Fällen wird lediglich die Inhaftierung bestätigt.

- Als Entlassungsanschrift wird nur der Ort angegeben, im übrigen wird der Gläubiger auf die zuständigen Meldebehörden verwiesen.

Ergänzend wurde die Festlegung getroffen, dass die Anstalt Auskünfte nur dann erteilt, wenn das Geburtsdatum des betroffenen Gefangenen vom Auskunftssuchenden mitgeteilt wird.

In Zweifelsfällen wird nach Angaben der Anstalt beim Gefangenen mittels eines Formblatts angefragt, ob er mit der Erteilung der gewünschten Auskunft einverstanden ist.

Dieses Verfahren berücksichtigt in angemessener Weise die datenschutzrechtlichen Belange des Gefangenen. Eine stichprobenartige Überprüfung der erteilten Auskünfte ergab, dass in einem Falle auch das Entlassungsdatum und die vollständige Entlassungsanschrift eines bereits entlassenen Gefangenen an eine Gläubigerbank mitgeteilt wurde. Die Mitteilung von Daten eines bereits entlassenen Gefangenen, halte ich in diesem Umfang für bedenklich.

Dies gilt insbesondere für die Mitteilung der Wohnanschrift, nach der der ehemalige Gefangene entlassen wurde. Der Gläubiger sollte an die Meldebehörden verwiesen werden, da die Justizvollzugsanstalt für Auskünfte über den Gefangenen nach dessen Entlassung aus der Anstalt grundsätzlich nicht mehr zuständig ist.

Vorstehende Problematik war auch Gegenstand einer Eingabe von einer anderen Justizvollzugsanstalt. Die dortige Praxis gibt zu Bemerkungen Anlaß (siehe Ziff. 7.9.1).

Anstaltsführungen

Nach Auskunft der Justizvollzugsanstalt finden derzeit entgegen früherer Praxis - nur noch Führungen für Gruppen mit berufsspezifischen Interessen (etwa für Richter, Staatsanwälte, Schöffen usw.) statt. Für allgemein Interessierte, wie etwa Schulklassen, fänden Vorträge, bei denen auch Lichtbilder gezeigt würden, statt. Wolle man eine Zelle besichtigen, werde der betroffene Gefangene zuvor gefragt, ob er mit der Besichtigung einverstanden sei.

Zu diesem Zeitpunkt stehe die Besuchergruppe aber bereits vor der Zellentüre.

Ich habe gegenüber der Justizvollzugsanstalt folgenden Verbesserungsvorschlag gemacht:

Wird der Gefangene erst in dem Moment, in dem die Besuchergruppe bereits vor seiner Zellentüre steht, gefragt, ob er gegen eine Besichtigung seiner Zelle etwas einzuwenden habe, so kann er unter einem nicht unerheblichen psychologischen Druck stehen, sich einer Besichtigung nicht zu widersetzen. Der betroffene Gefangene sollte deshalb bereits einige Zeit vor Beginn der Besichtigung gefragt werden. Im übrigen sollten die Gefangenen bei Anstaltsbesichtigungen im Rahmen des Möglichen vorab darüber in Kenntnis gesetzt werden, wann und in welchem

Drucksache 13/390 Seite 65Bayerischer Landtag 13. Wahlperiode Bereich der Anstalt Führungen stattfinden, so dass es ihnen möglich ist, sich der Besichtigung tatsächlich zu entziehen.

Offene Versendung von Abgabenachrichten im Strafverfahren

Ein Bürger hat sich an mich gewandt und mir in Ablichtung eine Abgabenachricht übersandt, mit der ihm die Abgabe seiner Strafanzeige durch ein bayerisches Amtsgericht an eine bayerische Staatsanwaltschaft mitgeteilt wird. Aus der Abgabenachricht, die als Postkarte ohne Umschlag zur Post gegeben wurde, ergibt sich neben dem Aktenzeichen des Verfahrens, dass es sich um eine Strafanzeige handelt, wer Beschuldigter ist und wer die Anzeige erstattet hat.

Ich habe das Amtsgericht um Stellungnahme gebeten, weshalb die Abgabenachricht trotz der darin enthaltenen sensiblen personenbezogenen Daten als Postkarte und nicht im verschlossenen Umschlag an den Anzeigeerstatter versandt wurde. Darüber hinaus habe ich das Staatsministerium der Justiz von dem Vorgang in Kenntnis gesetzt.

Das Justizministerium hat mir auf der Grundlage eines Berichts des Direktors des Amtsgerichts mitgeteilt, daß Abgabenachrichten grundsätzlich im verschlossenen Briefumschlag versandt würden. Im vorliegenden Falle habe es sich um ein Versehen des Vertreters des zuständigen Beamten gehandelt. Da die Eingabe jedoch über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben könne, sei sie zum Anlaß genommen worden, die nachgeordneten Behörden darauf hinzuweisen, dass Abgabenachrichten, in denen personenbezogene Daten enthalten sind, aus Datenschutzgründen im verschlossenen Umschlag zu versenden sind.

Das datenschutzrechtlich erforderliche wurde damit veranlaßt.

Bereits in meinem 15. Tätigkeitsbericht (Ziffer 6.8.4) habe ich mich dagegen ausgesprochen, dass bei Einstellung eines Verfahrens gegen Erfüllung einer Geldauflage zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung regelmäßig in Kauf genommen wird, dass die gemeinnützige Einrichtung nicht nur von dem Strafverfahren, sondern auch von der Person des Beschuldigten Kenntnis erlangt.

Das Staatsministerium der Justiz hält diese Datenübermittlung weiterhin unter Berufung auf § 153 a Abs. 1 Nr. 2 für gerechtfertigt. Sofern der Beschuldigte der Verfahrenseinstellung zustimme, rechne er auch mit einer Bekanntgabe seines Namens an den Zahlungsempfänger, so dass von seinem Einverständnis zur Datenübermittlung ausgegangen werden könne.

Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Auch die Justizverwaltungen selbst sehen hier einen Handlungsbedarf und wollen die bisherige Praxis durch eine Gesetzesänderung absichern.

Zur datenschutzkonformen Lösung des Problems wurden von den Beauftragten für den Datenschutz im wesentlichen zwei Modelle diskutiert:

Zum einen die sogenannte Pool-Lösung, die offensichtlich bereits von der Freien Hansestadt Bremen praktiziert und auch von einem Teil der Datenschutzbeauftragten befürwortet wird. Danach sollen Zahlungen des Betroffenen an die Gerichtskasse erfolgen und von dort aus die summenmäßig zusammengefaßten Beträge an die jeweiligen gemeinnützigen Organisationen weitergeleitet werden. Wegen des nicht unerheblichen zusätzlichen Aufwands für die Justizbehörden habe ich Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität dieser Lösung.

Ich habe mich deshalb für eine Lösung ausgesprochen, die es dem Beschuldigten freistellt, seinen Namen auf dem Zahlungsbeleg gegenüber der gemeinnützigen Einrichtung anzugeben oder nicht. Schwierigkeiten, die dadurch auftreten können, dass der Beleg für den Zahlungsempfänger nur noch das staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Aktenzeichen trägt und durch Verschreiben oder Zahlendreher Unklarheiten entstehen, sollten durch Rückfragen mit zumutbarem Aufwand beseitigt werden können.

In meiner Auffassung werde ich auch durch die bisherige Praxis bekräftigt. So weist das Justizministerium darauf hin, dass es dem Betroffenen freistehe, eigene Überweisungsformulare zu verwenden und diese so auszufüllen, wie er es für richtig hält. Auch Überweisungsformulare, die von den gemeinnützigen Einrichtungen oder von Staatsanwaltschaft und Gericht zur Verfügung gestellt werden, enthalten noch keine Eintragungen personenbezogener Daten. Eingetragen sind allenfalls die zuständige Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht, das Aktenzeichen und die Tatsache, dass es sich um eine Geldauflage handelt. Die übrigen Eintragungen, also insbesondere seinen Namen und seine Anschrift nimmt der Beschuldigte selbst vor, so daß er es in der Hand hat, ob er dem Zahlungsempfänger seinen Namen mitteilt oder nicht.

Ich meine, dass damit den datenschutzrechtlichen Anforderungen Rechnung getragen wird.

Der Datenschutzbeauftragte eines anderen Landes hat mir mitgeteilt, dass das Innenministerium seines Landes beabsichtige, bei Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten - soweit vorhanden - bereits mit der Anhörung des Fahrzeughalters ein Lichtbild des Fahrzeugführers zu übersenden. Dies solle aus Gründen der Verfahrensökonomie und nicht zuletzt zur Verringerung der Einsprüche im Bußgeldverfahren geschehen.