Antrag zur Änderung des Sexualstrafrechts

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, über den Bundesrat nachfolgenden Gesetzentwurf zur Anderung des Sexualstrafrechts einzubringen: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts A) Problem

Die Straftatbestände der Vergewaltigung (§177 der sexuellen Nötigung (§178 und des sexuellen Mißbrauchs Widerstandsunfähiger (§179 beziehen sich in der geltenden Fassung des Strafgesetzbuches auf den außerehelichen Beischlaf und außereheliche sexuelle Handlungen. Entsprechende Tathandlungen innerhalb der Ehe werden nicht erfaßt. Die geltende Fassung von § 177 und § 178 hat dazu geführt, dass Freisprüche vom Vorwurf der Vergewaltigung oder der sexuellen Nötigung in Fällen erfolgt sind, in denen der Täter keine physische Kraft entfaltet hat, um den körperlichen Widerstand des Opfers zu brechen, das Opfer aber nur deshalb auf Widerstand verzichtete, weil es sich in einer hilflosen Lage befand. Unter den Begriff der Vergewaltigung im Sinne des § 177 fällt bislang allein der vaginale Sexualverkehr, nicht aber die anale und die orale Penetration, die das sexuelle Selbstbestimmungsrecht in gleicher Weise verletzen.

B) Lösung:

Der Anwendungsbereich der §§ 177 bis 179 wird auf Tathandlungen innerhalb der Ehe ausgedehnt. Allerdings erhält das Gericht die Möglichkeit, dem Interesse an der Aufrechterhaltung ehelicher oder eheähnlicher Bindungen dadurch Rechnung zu tragen, dass es die Strafe mildert oder von Strafe absieht.

Durch Einfügung des Tatbestandsmerkmals unter Ausnutzung einer hilflosen Lage wird die Strafbarkeitslücke, die durch die enge Auslegung des Gewaltbegriffs in § 177 durch die Rechtsprechung entstanden ist, geschlossen. Die Einfügung einer neuen Legaldefinition in § 184 c stellt dem Begriff Beischlaf, den analen und oralen Geschlechtsverkehr gleich. Dies hat in Verbindung mit der Umformulierung von § 177 Abs. 1 - zudem zur Folge, daß Männer in den Schutzbereich § 177 einbezogen werden.

C) Alternativen Beibehaltung des gegenwärtigen unbefriedigenden Rechtszustandes.

D) Kosten Keine.

Änderung des Sexualstrafrechts - §§ 177 bis 179, 184 c Artikel 1

Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 1987 (BGBl. I S.945 S. 1160), zuletzt geändert durch, wird wie folgt geändert:

1. Die §§ 177 bis 179 erhalten folgende Fassung: §177

Vergewaltigung:

(1) Wer eine andere Person mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer hilflosen Lage zum Beischlaf mit ihm oder einer dritten Person nötigt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe mildern oder von Strafe absehen, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung ehelicher oder eheähnlicher Bindungen zwischen dem Opfer und dem Täter geboten ist.

§ 178

Sexuelle Nötigung:

(1) Wer eine andere Person mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer hilflosen Lage nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder einer dritten Person an sich zu dulden oder an dem Täter oder einer dritten Person vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.

(4) § 1 77 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 179

Sexueller Mißbrauch Widerstandsunfähiger:

(1) Wer eine andere Person, die

1. wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit zum Widerstand unfähig ist oder

2. körperlich widerstandsunfähig ist, dadurch mißbraucht, dass er unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von dem Opfer vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wird die Tat durch Mißbrauch einer anderen Person zum Beischlaf begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) § 177 Abs. 4 gilt entsprechend.

2. § 184 c wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt: (2) Als Beischlaf im Sinne dieses Abschnittes gilt auch oraler und analer Geschlechtsverkehr. Artikel 2

Inkrafttreten:

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeines:

1. Die geltende Fassung der §§ 177 bis 179 trägt den Erfordernissen eines umfassenden Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung nicht hinreichend Rechnung. Nach der gegenwärtigen Rechtslage können Vergewaltigung und sexuelle Nötigung der Ehefrau lediglich im Rahmen der §§ 223 ff., 240 als Körperverletzung und/oder Nötigung bestraft werden, während die im Strafrahmen deutlich schärferen Strafbestimmungen der §§177 if. ausschließlich Delikte außerhalb der Ehe betreffen. Für diese Ungleichbehandlung besteht nach heutiger Auffassung keine Berechtigung. Die sexuelle Selbstbestimmung ist vielmehr auch innerhalb der Ehe mit entsprechenden Strafnormen zu schützen. Eine Ausdehnung des Abschnittes Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, auf den Bereich der Ehe ist deshalb geboten.

Dem steht auch nicht die Überlegung entgegen, der eheliche Intimbereich müsse staatlichen Eingriffen weitgehend verschlossen bleiben. Schon jetzt ist der Staat insoweit aufgrund des Offizialdeliktes der Nötigung nach § 240 ggf. zum Einschreiten berechtigt und verpflichtet.

Für die Erweiterung der §§ 177 bis 179 besteht ein unabweisbares praktisches Bedürfnis. Die Einbeziehung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung auch dann, wenn diese innerhalb der Ehe geschehen, ist eine überfällige Folge aus der Veränderung der Stellung der Frau innerhalb der Ehe. Es besteht kein vertretbarer sachlicher Grund zur Ungleichbehandlung der sexuellen Gewalt in der Ehe mit der außerehelichen Gewaltanwendung. Im Gegenteil gibt es gewichtige Argumente gegen die Verfassungsmäßigkeit der noch geltenden §§ 177 ff. Das Recht der Frau auf sexuelle Selbstbestimmung ist unteilbar; es ist außerhalb der Ehe, innerhalb der Ehe sowie im Rahmen eheähnlicher Beziehungen zu schützen.

Der vorliegende Entwurf geht davon aus, dass der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung in der Ehe angemessen dadurch gewährleistet wird, daß in den §§ 177 bis 179 die Beschränkung auf außereheliche Tatbestände entfällt, dass es aber dem Gericht ermöglicht wird, die Strafe zu mildern oder ganz von ihr abzusehen, wenn dies im Interesse enger Beziehungen zwischen dem Opfer und dem Täter geboten ist.

Damit wird erreicht, dass in Fällen einer Versöhnung der Partner von einer straflechtlichen Sanktion und damit einer weiteren Belastung der Beziehung abgesehen bzw. die Strafe gemildert werden kann. Diese Regelung darf jedoch nicht dazu führen, dass im Falle ehelicher oder eheähnlieber Beziehungen in der Regel von Strafe abgesehen wird. da ansonsten die Ausweitung der Strafbarkeit der Vergewaltigung auf den ehelichen Bereich und damit die 7ielsetzung des Gesetzes unterlaufen würde.

Da der Entwurf gerade zum Ziel hat, die Vergewaltigung in der Ehe und diejenige außerhalb der Ehe gleichzustellen, kann sich die Milderungsmöglichkeit nicht auf das Interesse an der Aufrechterhaltung ehelicher Beziehungen beschränken. Auch bei anderen engen Bindungen kann ein Interesse an einer Strafmilderung oder einem Absehen von Strafe bestehen. Für die Einbeziehung eheähnlicher Beziehungen spricht darüber hinaus die Veränderung der gesellschaftlichen Realität, in der derartige Partnerschaften eine immer größere Rolle spielen. Im Gesetzgebungsverfahren wird zu prüfen sein, ob die Bestimmung über eheliche und eheähnliche Verhältnisse hinaus auf andere Partnerschaften ausgedehnt werden soll.

Der Entwurf verzichtet bewußt darauf, die §§ 177 ff. ganz oder teilweise (beschränkt auf den Bereich der Ehe) als Antragsdelikte zu fassen. Für die grundsätzliche Beibehaltung als Offizialdelikt spricht zunächst das Gesetzessystem. Wenn die §§177 ff. für Angehörige als Antragsdelikte ausgestaltet würden, gäbe es keinen überzeugenden Grund mehr. die Verfolgung von Raub- und Tötungsdelikten zum Nachteil von Angehörigen nicht von einem Strafantrag abhängig zu machen. Schwerwiegender ist indessen, daß eine Ausgestaltung als Antragsdelikt eher die Gefahr in sich birgt, daß eskalierende Repressionen ermöglicht werden. Zumindest liegt es nahe, dass ein Antragsrecht als Handelsobjekt im Scheidungsverfahren mißbraucht würde. Außerdem werden persönliche Konflikte in der Anfangsphase nach der Tat. in der die Beteiligten nur schwer zu einer direkten Verständigung fähig sind, durch die Verfahrensherrschaft staatlicher Stellen eher neutralisiert.

2. Nach früherer Auffassung ist als Grund für die besondere Heraushebung der Vergewaltigung aus dem Bereich gewaltsamer sexueller Handlungen die Gefahr kriminell erzwungener und damit ungewünschter Schwangerschaften zu sehen. welche unter Umständen auch zu einem Schwangerschaftsabbruch führen können. So stellt etwa der Bundesgerichtshof im Rahmen der Abgrenzung des Tatbestandes die Nichtehelichkeit einer Schwangerschaft in den Mittelpunkt seiner Überlegungen (vgl. BGHSt 16, 175 {). In Übereinstimmung hiermit umfaßt der Begriff des Beischlafs lediglich die vaginale Penetration.

Diese Eingrenzung ist unangemessen eng und überholt. Die besondere Heraushebung der Vergewaltigung gemäß § 177 aus dem Bereich der sexuellen Nötigung nach § 1 78 findet ihre Begründung in der brutalen Erniedrigung des Opfers. Diese Überlegung führt zu der Notwendigkeit, auch andere Sexualpraktiken in den Tatbestand des § 177 einzubeziehen. soweit mit ihnen ein gleiches Maß an Demütigung und Erniedrigung verbunden ist. Im Hinblick auf hier mögliche Praktiken ist eine klare Tatbestandsbeschreibung eines in diesem Sinne ausgeweiteten § 177 nicht einfach. Unter Berücksichtigung des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots erscheint es jedenfalls sachgerecht und rechtlich unbedenklich, der vaginalen Penetration auch die anale und die orale Penetration gleichzusetzen.

Diese Begehungsformen greifen in das sexuelle Selbstbestimmungsrecht des Opfers in ebenso schwerwiegender Weise ein wie die vaginale Penetration. Um den Tatbestand des § 177 nicht zu überfrachten, empfiehlt es sich, die geplante Ausweitung durch Schaffung einer neuen Definitionsnorm im Rahmen des § 184 c herbeizuführen, welche dem Beischlaf auch die Fälle der analen und oralen Penetration gleichstellt.

Mit dieser Ausweitung verliert der Tatbestand des § 177 zugleich seinen bislang geschlechtsspezifischen Charakter. Opfer einer analen oder oralen Penetration können auch Männer sein. Die neue Legaldefinition und die Verwendung des Begriffs eine andere Person in § 177 Abs. 1 führen dazu, dass solche Fälle in den Tatbestand der Vergewaltigung einbezogen werden. Die Ausweitung des § 184 c berührt auch die Straftatbestände der §§ 176 Abs. 3 Nr.1 und 182 Diese Folge ist sachgerecht und beabsichtigt.

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wird zu erwägen sein, ob auch andere Fälle der Penetration - beispielsweise mit Gegenständen -, die gleichfalls schwerwiegende Eingriffe in die sexuelle Selbstbestimmung darstellen und häufig zu schweren Gesundheitsschäden des Opfers führen, in die Legaldefiinition einbezogen werden sollen.

3. Die bisherige Tatbestandsfassung hat dazu geführt, dass Freisprüche wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung erfolgt sind, wenn der Täter keine physische Kraft entfaltet hat, um den körperlichen Widerstand des Opfers zu brechen. Während die Rechtsprechung zur Nötigung bei § 240 von einem vergeistigten Gewaltbegriff ausgeht, ist bei § 177 und § 178 eine körperliche Kraftanwendung erforderlich, die von dem Opfer als ein nicht nur seelischer, sondern auch körperlicher Zwang empfunden wird (BGH 1985, 71; 1981,218,BGHSt23, 126).

Die typische Zwangssituation des Opfers sexueller Gewalt wird dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Viele Frauen lassen aus Angst vor den Folgen einer eigenen Gegenwehr oder angesichts der hilflosen Lage, in der sie sich befinden, den Geschlechtsverkehr über sich ergehen. Dieses Verhalten entspricht im übrigen auch kriminalpolizeilichen Empfehlungen, weil die Opfer sich durch Gegenwehr einer Todesgefahr aussetzen würden.

Die bestehende Rechtslage ist rechtspolitisch nicht vertretbar. Für den Schutz des sexuellen Selbstbestimmungsrechtes kann es nicht darauf ankommen, auf welche Weise der entgegenstehende Wille des Opfers gebrochen wird. Aus diesem Grunde sind die Tatbestände der §§ 177 und 178 dahin gehend zu erweitern, dass sie auch Fälle erfassen.

Drucksache 13/543Bayerischer Landtag 13. 4 in denen eine Person unter Ausnutzung ihrer hilflosen Lage zum Beischlaf genötigt wird. Dabei ist es unerheblich, ob der Täter das Opfer selbst in diese Lage gebracht hat oder das Opfer sich bereits in einer solchen Lage befunden hat. Der Begriff der Nötigung beinhaltet den Bruch des Willens des Opfers. Allerdings verlangt auch die Neufassung. dass sich der Willensbruch nach außen manifestiert hat.

Nur unter dieser Voraussetzung ist die Norm praktikabel.

Das vom Entwurf verwendete Tatbestandsmerkmal unter Ausnutzung einer hilflosen Lage ist dem Strafgesetzbuch bereits n § 237 bekannt.

Nach der Rechtsprechung ist eine solche Lage nicht erst dann gegeben, wenn objektiv keine Verteidigungs- oder Ausweichmöglichkeit mehr besteht, sondern schon dann, wenn die Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten der Frau in einem Maße vermindert sind, daß sie dem ungehemmten Einfluß des Täters preisgegeben ist (vgl. BGHSt 24, 93). Der Täter muss die entstandene Situation bewußt dazu einsetzen, den Widerstand der Frau zu überwinden, wozu keine Gewaltsausübung erforderlich ist. Es genügt, wenn die Frau angesichts ihrer hilflosen Lage eine Verteidigung für sinnlos hält (vgl. BGHSt 1,201).

4. Der Entwurf sieht davon ab, weitere Eingriffe in die Systematik der §§ 177 ff. vorzunehmen. Er lässt insbesondere die Strafdrohungen und den Deliktcharakter unverändert. Vergewaltigung bleibt mit einer Mindesstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht und damit Verbrechenstatbestand, Dies ist auch nach der Einbeziehung des ehelichen Bereichs rechtspolitisch vertretbar, da § 177 Abs. 2 und § 178 Abs. 2 eine Strafmilderung in minder schweren Fällen ermöglichen und der Entwurf in §177 Abs. 4, § 178 Abs. 4 und § 179 Abs. 3 außerdem die Möglichkeiten weiterer Strafmilderung sowie des Absehens von Strafe vorsieht. Geprüft werden sollte allerdings, ob die Möglichkeiten des Abscheus von Strafe und der Strafmilderung, die der Entwurf im Interesse der Aufrechterhaltung der ehelichen und eheähnlichen Bindungen vorsieht, auf andere enge Lebensbeziehungen auszudehnen sind.

Untersucht werden sollte darüber hinaus, inwieweit im Bereich der §§177 0 insbesondere in Fällen der Begehung in der Ehe, eine therapeutische Behandlung des Täters neben einer Strafverbüßung von Nutzen sein kann.

5. Der Entwurf steht im Kontext eines weltweiten Reformprozesses. der die strafrechtliche Frage der Vergewaltigung in der Ehe als Teilaspekt eines sich wandelnden Ehe- und Frauenbildes und seines Einflusses auf die geltende Rechtskultur versteht. Das Freiburger für ausländisches und internationales Strafrecht ist in einer vergleichenden Untersuchung der wichtigsten Rechtskreise zu dem Ergebnis gekommen, daß in keinem der untersuchten Rechtskreise eine Bewegung zu einem geringeren Schutz der Ehefrau gegenüber der Vergewaltigung in der Ehe festzustellen ist, während in vielen Ländern aktuelle Bestrebungen zur Verstärkung des strafrechtlichen Schutzes der Ehefrau bestellten (Gutachten zum Aktenzeichen 062-2975-4 des ehemaligen Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, Jürgen Meyer). Die besonders lebendige Reformbewegung in den Vereinigten Staaten von Amerika hat dazu geführt, dass dort inzwischen in einer deutlichen Mehrheit der Bundesstaaten auch marital rape mit Strafe bedroht ist (vgl. Barbara Pactow, Vergewaltigung in der Ehe. Eine strafrechtsvergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Vereinigten Staaten von Amerika, Freiburg i.Br. 1987).

B. Zu den einzelnen Vorschriften:

1. Zu Artikel 1 Nr. 1 §§ 177 bis 179:

a) Durch Streichung des Wortes .außerehelich in den §§ 177 bis 179 wird der Anwendungsbereich der Vorschriften auf den ehelichen Bereich ausgedehnt. Ferner wird durch Verwendung des Begriffes eine andere Person dem Anliegen einer geschlechtsneutralen Bezeichnung Rechnung getragen und zudem klargestellt, dass auch Männer Opfer der genannten Del;kte sein können.

b) In den §§ 177 bis 179 wird jeweils die Möglichkeit der Strafmilderung und des Abscheus von Strafe im Interesse der Aufrechterhaltung enger partuerschaftlieher Bindungen zwischen dem Opfer und dein Täter gcschaffen. Schon im Hinblick auf langjährige und zeitraubendc Erinnerungsverfahren sind Fälle denkbar, in denen im Zeitpunkt der llauptverhand. lung ein Einvernehmen zwischen Täter und Frau wiederhergestellt und begründet ist. Gleichwohl sind auch derartige Verfahren in betreiben, da es sich um Offizialdelikte handelt. Es liegt jedoch auch im Interesse des Opfers, wenn in diesen Fällen dem Gericht die Möglichkeit geboten wird, die Strafe zu mildern und eine zur Bewährung auszusetzende Freiheitsstrafe zu verhängen oder überhaupt von Strafe absehen zu können.

c) Durch Einführung des Tatbestandsmcrkmals unter Ausnutzung einer hilflosen Lage in §177 und §178 wird die rcchtspolitisch nicht hinnehmbare Strafbarkeitslücke geschlossen, die durch die enge Auslegung des Gewaltbegriffs in diesen Vorschriften entstanden ist.

2. Zu Artikel 1 Nr.2 §184 c

Die gebotene Ausweitung des Tatbestandes des §177 hinsichtlich der Tatmodalitäten der analen und oralen Penetration erfolgt im Rahmen der Definitionsnorm des § 184 c Hierdurch werden dem Begriff des Beischlafs Tatausführungen gleichgestellt, denen eine ebenso schwerwiegende erniedrigen-dc und persönlichkeitsschädlichc Wirkung zukommt. Da diese Legaldefinition für den gesamten 13. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches gilt, erfahren auch die Tatbestände des §176 Abs. 3 Nr. 1 und des §182 eine entsprechende Ausweitung.

Diese Konsequenz ist geboten, da hier in gleicher Weise in die Persönlichkeit und Würde Dritter eingegriffen wird.

3. Zu Artikel 2 (Inkrafttreten):

Die Gesetzesänderung kann sofort in Kraft treten. Eines besonderen Vorlaufs bedarf die Praxis nicht.