Ortsumgehung Rieneck, Landkreis Main-Spessart

Im unterfränkischen Städtchen Rieneck ist im Zuge der Staatsstraße 2303 zur drinend notwendigen Entlastung der historischen Altstadt eine Ortsumgehung geplant. Zur Amtsvariante gibt es, von einer Bürgerinitiative ins Gespräch gebracht, seit einiger Zeit die Forderung nach einer Tunnellösung.

Ich frage deshalb die Staatsregierung:

1. Welche Gesamtkosten wird die bislang favorisierte Ortsumgehung Rieneck verursachen und wie werden sie voraussichtlich finanziert (einschließlich Anbindung, Lärmschutz und aller Nebenkosten)?

2. Kosten in welcher Höhe werden voraussichtlich für die Stadt anfallen?

3. Wie lang wird die Straßentrasse insgesamt sein?

4. Gibt es für die von der Bürgerinitiative gewünschte Tunnellösung hinsichtlich der Führung, Länge (untertunnelter Teil und Freistrecke) und Kosten Voruntersuchungen, wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

5. Trifft es zu, dass bei der Tunnelvariante die Kommune als Baulastträger auftreten müßte und es hier allerdings nach dem Gemeindefinanzierungskonzept und aus der Mineral- und Kraftfahrzeugsteuer Zuschüsse von insgesamt 87 Prozent geben könnte?

6. Kosten in welcher Höhe würden bei dieser Variante voraussichtlich von der Stadt zu finanzieren sein?

7. Unter welchen Voraussetzungen würde nach Fertigstellung die Unterhaltungslast an den Staat übergehen können?

8. In welchem Jahr kann voraussichtlich mit dem Bau der Ortsumgehung begonnen werden und warum würde es bei der Tunnelvariante ggf. zu Verzögerungen kommen?

9. Welche Lösung wird warum für umweltverträglicher eingestuft?

Antwort des Staatsministeriums des Innern

Die Ortsdurchfahrt der Stadt Rieneck im Zuge der Staatsstraße 2303 führt auf einer relativ langen Strecke durch den als Straßendorf ausgebildeten südlichen Ortsteil. Im Anschluß daran verläuft die Straße in engen Kurven und schmalen Straßenräumen durch den historischen Ortskern. Dieser Abschnitt ist durch mehrere unübersichtliche Engstellen gekennzeichnet.

Wegen der Verkehrsbelastung von 5.024 Kfz/24 h (Verkehrszählung 1990) mit einem Lkw-Anteil von rund 9 % kommt es häufig zu Stauungen mit allen negativen Begleiterscheinungen wie Lärm- und Abgasemissionen, Gefährdung der Fußgänger und Radfahrer, sowie Beeinträchtigungen an der historischen Bausubstanz.

Eine Verbesserung der Verhältnisse kann nur durch eine Verlegung der Staatsstraße 2303 aus der Ortslage heraus erreicht werden.

Der Planungsraum für die Verlegung der Staatsstraße 2303 bei Rieneck muss aufgrund der vorhandenen Bebauung und der vorgegebenen Topographie als besonders schwierig bezeichnet werden. Nachdem das Planungsgebiet im Naturpark Spessart liegt, sind außerdem besondere Anforderungen aus naturschutzfachlicher Sicht zu berücksichtigen. Es muss insbesonders eine Minimierung von Eingriffen in die vorhandenen Biotope mit zum Teil überregionaler Bedeutung angestrebt werden.

Das Straßenbauamt Würzburg hat unter Beachtung dieser Randbedingungen eine Planungslösung erarbeitet, die auch auf die städtischen Belange abgestimmt und im Flächennutzungsplan der Stadt Rieneck enthalten ist. Derzeit wird die landesplanerische Überprüfung für die Verlegung der Staatsstraße 2303 bei Rieneck durchgeführt.

Zu den Fragen selbst wird vermerkt:

Zu 1.: Die geschätzten Gesamtkosten (Bau- und Grunderwerbskosten) der vom Straßenbauamt Würzburg geplanten Trasse betragen ca. 20 Mio. DM. Maßnahmenträger ist der Freistaat Bayern als Baulastträger für die Staatsstraße 2303. Die geplante Ortsumgehung ist im

5. Ausbauplan für die Staatsstraßen teils in der 2. Dringlichkeit enthalten, teils dem Weiteren Bedarf zugeordnet.

Über den Finanzierungszeitraum lassen sich derzeit wegen der nicht vordringlichen Einstufung keine konkreten Angaben machen.

Zu 2.: Für die Stadt Rieneck fallen unter Zugrundelegung des derzeitigen Planungsstandes für die Verlegungsmaßnahme selbst keine Kosten an. Inwieweit Kosten für Leitungsanpassungen o.ä. aufgrund vorhandener vertraglicher Regelungen durch die Stadt Rieneck zu tragen sind, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.

Zu 3.: Die Streckenlänge der bauamtlichen Trasse beträgt 2,3 km.

Zu 4.: Für die Ortsumgehung Rieneck wurde auch eine Tunnelvariante (Trassenführung der Bürgerinitiative) untersucht. Die Streckenlänge beträgt ca. 2,450 km, wobei der Tunnel eine Länge von 350 ­ 400 m aufweist. Die Gesamtkosten der Tunnellösung werden auf rund 32 Mio. DM geschätzt.

Zu 5 bis 7.: Nein, dies trifft nicht zu. Baulastträger für Projekte an Staatsstraßen ist der Freistaat Bayern ­ Straßenbauverwaltung ­.

Zu 8. a):

Im Hinblick auf die unter Punkt 1 genannten Einstufung der Maßnahme in den aktuellen Ausbauplan für die Staatsstraßen können derzeit keine konkreten zeitlichen Aussagen zum Baubeginn gemacht werden.

Zu 8. b):

Im Zuge der landesplanerischen Abstimmung wurde zur Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf Natur und Landschaft vom Planungsbüro Cochet + Schwarz, Esslingen, eine Umweltverträglichkeitsstudie erstellt. Sie erfaßt und bewertet die Auswirkungen auf die im Untersuchungsraum maßgeblichen Flächenfunktionen. Gemäß den Ergebnissen dieser Studie ist die vom Bauamt zur landesplanerischen Abstimmung vorgelegte Trasse im Sinngrund als günstige Lösung anzusehen.

Die Tunnellösung hat gegenüber dieser Lösung deutliche Nachteile. Hier sind insbesondere folgende negative Auswirkungen auf den Naturhaushalt zu nennen:

­ Verlust von Biotopstrukturen und Landschaftselementen in bislang wenig bzw. nicht belastete Bereiche am nördlichen Tunnelausgang.

­ Zerschneidung ausgedehnter Habitate (Lebensräume) gefährdeter Tiere (wiesenbrütende Vogelarten) und Pflanzen (Schachblume u.a.) in der Sinntalaue; dadurch auftretende Barriere- und Trennwirkungen können zum Rückgang der für den Naturraum bedeutenden Arten führen.

­ Störungen des Landschaftsbildes und Beeinträchtigung der Erholungseignung des Freiraumes Sinntalaue durch Lärmeinträge, Barriere- und visuelle Störwirkungen durch technische Bauwerke (Dämme, Brücken, Straßenkörper); dadurch Bedeutungsverlust für die Naherholungsnutzung.

Bei der Abwägung der Trassen ist aber auch die Verkehrswirksamkeit und damit die Entlastungsfunktion der geplanten Umgehung zu würdigen. Hier hat die Bauamtstraße durch die direkte Anbindung des Baugebietes Schnellhof und der Altstadt eindeutige Vorteile. Bei der Tunnellösung ist ein Anschluß in Ortsmitte nicht möglich, weshalb trotz der wesentlich höheren Kosten nur eine unzureichende Entlastung vom überwiegend auf der Staatsstraße befindlichen Ziel- und Quellverkehr eintreten würde.