Arsen im Trinkwasser und Entnahme von Tiefenwasser

Die ab 1996 geltenden neuen Arsen-Grenzwerte im Trinkwasser und Probebohrungen zur Erschließung und Nutzung von Tiefenwasser treten zunehmend ins kritische Licht der interessierten Öffentlichkeit.

Ich frage deshalb die Staatsregierung:

1. Bei welchen bayerischen Wasserversorgungsanlagen wird es aus heutiger Sicht ab 1996 zur Überschreitung des dann geltenden Arsen-Grenzwertes von 10 Mikrogramm pro Liter Wasser kommen (aufgegliedert nach Regierungsbezirken)?

2. Wie wird aus toxischer und gesundheitlicher Sicht Arsen im allgemeinen und eine Überschreitung des Grenzwertes im Trinkwasser im besonderen beurteilt?

3. Welche Finanzmittel müssen insgesamt und welche bei den am stärksten betroffenen Wasserversorgern voraussichtlich aufgewendet werden, um den neuen Arsengrenzwert einhalten zu können

a) Bayern insgesamt

b) Unterfranken?

4. In welchen Gebieten Bayerns, bzw. von welchen Fernwasserverbänden werden z.Zt. Probebohrungen zur Erschließung und Nutzung von Tiefenwasser (Grundwaser aus bis zu 250 Meter Tiefe) durchgeführt?

5. Warum werden diese Tiefenbohrungen durchgeführt, bzw. welche Gebiete/Kommunen sollen aus welchen Gründen ggf. dadurch mit Trinkwasser versorgt werden?

6. Wie werden aus wasserwirtschaftlicher Sicht u.a. die

­ Auswirkungen auf die Wasserversorgung nachfolgender Generationen

­ Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel

­ Auswirkungen auf die Kontamination tieferer Wasserschichten durch nachdrückendes belastetes Grundwasser durch das Anzapfen tieferer Grundwasserschichten beurteilt?

7. In welchem Umfang und aus welchen Gründen wird bereits jetzt wo Tiefenwasser gefördert?

Antwort des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen

Zu den örtlichen Detailfragen liegen uns keine aktuellen Erhebungen mit namentlicher Auflistung vor. Die Beantwortung dieser Fragen beruht deshalb auf der Grundlage der zum jetzigen Zeitpunkt vorhandenen landesweiten Angaben und Daten. Unter dieser Voraussetzung beantworte ich die schriftliche Anfrage im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit wie folgt:

Zu 1.: Die Anzahl der betroffenen Wasserfassungen und Wasserversorgungsunternehmen, bei denen der ab 1996 gültige Grenzwert von 10 µa. Wasserversorgungsunternehmen Arsen-Eliminierungsverfahren einsetzen müssen.

Zu 2.: Die Langzeitwirkungen anorganischer Arsenverbindungen betreffen Schädigungen peripherer Blutkapillargefäße und Nervenbahnen. Eine kanzerogene Wirkung dieser Verbindungen für den Menschen gilt aufgrund zahlreicher epidemiologischer Studien als nachgewiesen. Für die Wirkungen werden Schwellendosen angenommen. Eine Herabsetzung des Grenzwertes von 50 µ/l (EG-Trinkwasser-Richtlinie) bzw. 40 µ/l auf 10 µg/l bedeutet einen verbesserten vorsorgenden Gesundheitsschutz, wo hingegen ein Grenzwert von 50 µ/l nur einen Sicherheitsfaktor von etwa 10 einschließt. Bei der toxikologischen Bewertung ist zu berücksichtigen, dass bei der Aufbereitung Arsen-haltiger Trinkwässer drei-wertiges Arsen überwiegend in fünf-wertiges Arsen übergeführt wird, das wesentlich weniger toxisch ist. Der Grenzwertfestsetzung liegt die Annahme zugrunde, dass Arsen ausschließlich in der toxischeren dreiwertigen Form dem Körper zugeführt wird.

Zu 3.: Zu den Investitionskosten lassen sich keine generellen Angaben machen, da es mehrere Möglichkeiten gibt, den Arsengehalt zu senken und die Methodenwahl entsprechend den örtlichen Rahmenbedingungen erfolgen muß.

Die Zumischung von unbelastetem Wasser oder Auflassung der geogen belasteten Brunnen gegebenenfalls kombiniert mit einer Neuerschließung sind zwei Möglichkeiten, um den neuen Grenzwert für Arsen einzuhalten. Als aufbereitungstechnische Möglichkeit bietet sich die Fällung bzw. Flockung von Arsen durch Eisensalzdosierung an. Hier ist in der Praxis zwischen der Umrüstung einer bestehenden Aufbereitungsanlage und dem Neubau einer zusätzlichen Arseneliminierungsstufe zu unterscheiden.

In der Praxis sind zu unterscheiden, die Umrüstung einer bestehenden Aufbereitungsanlage oder der Neubau einer zusätzlichen Arseneliminierungsstufe. Für kleinere Anlagen mit einem Durchsatz von 0,1 bis 0,5 Mio. m3/a sind etwa folgende Kosten zu veranschlagen:

­ Umbau ca. 0,5 bis 1,0 Mio. DM

­ Neubau über 1,0 Mio. DM

Im Fall des Neubaues einer Arsen-Entfernungsstufe sind eine Dosieranlage, ein Mischer, ein Zweischichtfilter mit entsprechenden Aggregaten und Bohrungen und die Errichtung eines Gebäudes erforderlich. In diesem Fall ergeben sich für eine mittelgroße Aufbereitungsanlage (Durchsatz 100.000 ­ 500.000 m3/a) Bau- und Anlagenkosten von mindestens 1 Mio. DM.

Unter der Annahme, dass von den o.a. 40 ­ 51 bayernweit betroffenen Wasserversorgungsunternehmen die Mehrzahl aufbereitungstechnische Maßnahmen ergreifen muß und dass diese Maßnahmen je zur Hälfte durch Umrüsten bzw. Neubau durchgeführt werden, ergeben sich bayernweit Kosten in der Größenordnung von 50 Mio. DM.

In Unterfranken liegen die Kosten für die Aufbereitung bei 2 Wasserversorgungsunternehmen bei ca. 6,5 Mio. DM.

Zu 4.: Eine Erhebung aller laufenden Tiefbohrungen zur Förderung von Trinkwasser liegt nicht vor. Folgende aktuelle Tiefenbohrungen (über 100 m) sind jedoch bekannt:

Die Reckenberggruppe (Mittelfranken) erschloß in Arberg mit 9 Brunnen den Keupersandstein.

Die Fernwasserversorgung Franken (Mittelfranken) plant in Uehlfeld noch 2 Brunnen in den Blasensandstein abzuteufen (Tiefe ca. 60 m). Ebenso plant sie im vorhandenen Erschließungsgebiet Volkach/Astheim (Unterfranken) zu dem bestehenden Tiefbrunnen noch 2 weitere in den Muschelkalk zu bohren.

Die Fernwasserversorgung Mittelmain (Unterfranken) beabsichtigt, im bestehenden Erschließungsgebiet Erlach-Süd einen weiteren Brunnen im Buntsandstein niederzubringen (Tiefe ca. 100­120 m).

Die Rhön-Maintal-Gruppe (Unterfranken) hat in Waldberg ein Grundwassererkundungsgebiet des Freistaats Bayern durch 5 Brunnen erschlossen und beabsichtigt, das Grundwasser des Buntsandsteines zu nutzen. In Poppenhausen will sie ferner das Grundwasser im Muschelkalk durch 3 zusätzliche Tiefbrunnen nutzen (Tiefe ca. 100 ­120 m).

Die Stadt Würzburg ist dabei, die nicht schützbare Bahnhofsquelle durch Tiefbohrungen im Muschelkalk zu ersetzen.

Zu 5.: Die Erschließung des tieferen Grundwassers ist in Nordbayern üblich und in den o.a. Fällen notwendig, weil außer im Maintal kaum ergiebige oberflächennahe Grundwasservorkommen vorhanden sind. Die zusätzlichen Erschließungen haben verschiedene Gründe:

­ Deckung des gestiegenen Wasserbedarfes,

­ Vergleichmäßigung der Entnahme und damit zur Schonung der Grundwasservorkommen,

­ Ersatz nicht schützbarer Wassererschließungen,

­ Überbrückung von Hochwasserzeiten, in denen die Flachbrunnen im Maintal überschwemmt und damit zeitweise nicht nutzbar sind.

Die erschlossenen Tiefenwässer werden in der nächsten Umgebung zur Wasserversorgung verwendet und nicht über größere Entfernungen in andere Regionen transportiert.

Zu 6.: Wenn die Tiefenwasservorräte nicht übernutzt und gleichzeitig Sanierungsmaßnahmen im oberflächennahen Grundwasser durchgeführt werden, hat die Tiefenwasserentnahme keine nachteiligen Auswirkungen auf den überörtlichen Grundwasserspiegel und auf die Wasserqualität tieferer Wasserschichten. Um nachteilige Auswirkungen auf die Wasserversorgung nachfolgender Generationen auszuschließen, sind die Tiefbrunnen vor allem im Bereich der Stockwerkstrennung zum Tiefenwasser jedoch sehr sorgfältig auszuführen und dauerhaft abzudichten.

Zu 7.: Der Anteil der Tiefenwassernutzung hat für Trinkwasserzwecke und für Heilzwecke (Thermalwasser) und zur Getränkeherstellung zugenommen. Statistisch auswertbare Mengenangaben liegen nicht vor.

Seite 2 Bayerischer Landtag 13.