Im Strafverfahren besteht nach inzwischen völlig gesicherter Auffassung kein Bankgeheimnis

Wie schätzt und rechtfertigt die Landesregierung die Gefährdung des gesetzlich bestimmten Bankgeheimnisses durch die Kontodatenabfragen ein?

Im Strafverfahren besteht nach inzwischen völlig gesicherter Auffassung kein Bankgeheimnis. Dies gilt auch für das Steuerstrafverfahren. Die rechtliche Grundlage des Bankgeheimnisses ist allein zivilrechtlicher Natur.

Das "Bankgeheimnis" wird zumeist durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute geregelt. Es handelt sich um eine wesentliche (zivilrechtliche) Vertragspflicht der Kreditinstitute gegenüber ihren Kunden.

Sie besteht aus einer Verschwiegenheitspflicht gegenüber den Kunden einerseits und dem Auskunftsverweigerungsrecht gegenüber beliebigen Dritten andererseits.

Dieses besondere Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden beachtet § 30a AO. Die Finanzbehörden haben nach § 30a Abs. 1 AO bei der Ermittlung steuerlicher Sachverhalte auf dieses Vertrauensverhältnis besonders Rücksicht zu nehmen.

Gleichwohl ist das "Bankgeheimnis" gegenüber einer Finanzbehörde nicht prinzipiell geschützt. Die Finanzämter können nach § 30a Abs. 5 AO zur Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen auch Kreditinstitute und deren Mitarbeiter um Auskunft ersuchen. Dabei gilt im Besteuerungsverfahren das Prinzip, dass Dritte erst dann herangezogen werden sollen, wenn Ermittlungen beim Steuerpflichtigen selbst nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen (§§ 30a Abs. 5, 93 Abs. 1 AO).

Ist ein Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit eingeleitet, sieht §30a Abs. 5 AO keine Verpflichtung zur Erstbefragung des Steuerpflichtigen vor.

Insofern stehen die Kontenabrufe nach § 93 Abs. 7 und 8 AO bzw. § 24c Abs. 3 KWG dem Schutz des "Bankgeheimnisses" nach § 30a AO nicht entgegen.

Frage 7. In wie weit sieht die Landesregierung in Bezug auf diese Zugriffsmöglichkeiten (gesetzgeberischen) Handlungsbedarf?

Ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf für die das strafrechtliche Ermittlungsverfahren betreffenden Regelungen wird nicht gesehen, insbesondere nicht im Sinne einer Einschränkung der derzeit geltenden Gesetzesvorschriften, deren Verfassungsmäßigkeit im Übrigen außer Frage steht.

Auch im steuer(straf)rechtlichen Bereich wird seitens der hessischen Landesregierung hinsichtlich der genannten Zugriffsmöglichkeiten derzeit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf gesehen. § 30a AO wurde durch die Gesetzgebung der letzten Jahre nicht verändert. Das "Bankgeheimnis" gegenüber den Finanzbehörden besteht somit unverändert fort (vgl. Antworten zu Frage 5 und 6). Wiesbaden, 16. November 2007

Jürgen Banzer Anlage

§ 93 Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen

Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. 2

Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. 3

Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. 2

Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen.

Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. 2

Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. 2

Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. 3 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. 2

Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. 3

Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden.

Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

Die Finanzbehörde kann bei den Kreditinstituten über das Bundeszentralamt für Steuern einzelne Daten aus den nach § 93b Abs. 1 zu führenden Dateien abrufen, wenn dies zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

Die für die Verwaltung

1. der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,

2. der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,

3. der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,

4. der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz und

5. des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz zuständigen Behörden dürfen das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 bezeichneten Daten abzurufen, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an den Betroffenen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Abs. 1 bezeichneten Daten nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(9) [3] 1

Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist der Betroffene auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. 2

Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist der Betroffene vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. 3

Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit 1. sie die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Ersuchenden liegenden Aufgaben gefährden würden, 2. sie die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würden oder 3. die Tatsache des Kontenabrufs nach einer Rechtsvorschrift oder seinem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden muss und deswegen das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss; § 19 Abs. 5 und 6 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 1970) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.