Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerberinnen und -bewerber in Aschaffenburg

Vor dem Hintergrund des Hungerstreiks in der zentralen Anlaufstelle für Asylbewerberinnen und -bewerber in Aschaffenburg am 17. /18.01. 95, frage ich die Staatsregierung:

1. Aus welchem Grund ist die zentrale Anlaufstelle in Aschaffenburg

a) mit einem Zaun umgeben?

b) Wie muss dieser Zaun beschaffen sein?

c) Warum ist der Stacheldraht nach außen und nach innen gerichtet?

2. Wie wird üblicherweise die Essensversorgung in den anderen bayerischen Aufnahmeeinrichtungen sichergestellt und bei welchen Einrichtungen trifft das entsprechend zu?

a) Durch Essenspakete?

b) Durch Essensgutscheine?

c) Durch Bargeld?

3. a) Was enthalten die Essenspakete (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) in der zentralen Anlaufstelle in Aschaffenburg?

b) Wird differenziert nach Kultur und Religion?

c) Wird differenziert nach Erwachsenen und Kindern?

d) Wird differenziert nach Gesunden und Kranken?

4. Von welchen Firmen und zu welchem Preis pro Stück werden die Essenspakete geliefert?

5. Welche Gründe gibt es für die Essenspakete und gegen die Ausgabe von Essensgutscheinen oder Bargeld?

6. Wie sind

a) der Besuch von Verwandten, Bekannten und Freunden,

b) von der Medien,

c) die ärztliche Versorgung in der Aufnahmeeinrichtung geregelt?

7. Besteht die Möglichkeit für Kinder von Asylbewerberinnen und -bewerbern

a) den Kindergarten,

b) eine Schule zu besuchen?

c) Gibt es dafür finanzielle Hilfen?

8. a) Welche Betreuungsorganisationen haben Zugang zur Aufnahmeeinrichtung?

b) Werden Hausordnung und andere Informationen in der jeweiligen Landessprache verbreitet?

Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit

Zu 1.: a) Aus welchem Grund ist die zentrale Anlaufstelle (gemeint: Aufnahmeeinrichtung) in Aschaffenburg mit einem Zaun umgeben?

Die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in Aschaffenburg ist mit einem Zaun umgeben, um neben der notwendigen Grundstücksbegrenzung die in der Aufnahmeeinrichtung lebenden Personen vor Übergriffen von außen zu schützen und um einen unkontrollierten Zuund Abgang zu verhindern.

b) Wie muss dieser Zaun beschaffen sein?

Die Beschaffenheit des Zaunes beruht auf Empfehlungen der Sicherheitsbehörden und auf Forderungen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Der Zaun muss so beschaffen sein, dass Unbefugte nach Möglichkeit daran gehindert werden, das Gelände der Aufnahmeeinrichtung außerhalb der Zugangskontrolle zu betreten oder auf dem gleichen Wege zu verlassen.

c) Warum ist der Stacheldraht nach außen und nach innen gerichtet?

Der Stacheldraht ist nach außen und innen gerichtet, um Unbefugte daran zu hindern, das Gelände der Aufnahmeeinrichtung über den Zaun hinweg sowohl zu betreten als auch wieder zu verlassen. Erfahrungsgemäß pflegen Personen, die einen Zaun zu unrechtmäßigem Tun überklettern, das so betretene Gelände auf dem gleichen Wege und nicht über die Ausgangskontrolle zu verlassen.

Durch den nach außen wie nach innen gerichteten Stacheldraht soll eine rasche Flucht unrechtmäßig eingedrungener Personen ebenso erschwert werden wie das Eindringen.

Zu 2.: Wie wird üblicherweise die Essensversorgung in den anderen bayerischen Aufnahmeeinrichtungen sichergestellt und bei welchen Einrichtungen trifft das entsprechend zu?

a) Durch Essenspakete?

b) Durch Essensgutscheine?

c) Durch Bargeld?

Es trifft Buchstabe a) zu.

Die Essensversorgung von Asylbegehrenden erfolgt im ersten Jahr ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entsprechend dem Sachleistungsprinzip nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes durch die Ausgabe von Essenspaketen. Dies ist in allen bayerischen Aufnahmeeinrichtungen, ausgenommen in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf, wo eine Großküche in Betrieb ist, der Fall. Da der Aufenthalt von Asylbegehrenden in einer Aufnahmeeinrichtung stets in den Zeitraum fällt, der im ersten Jahr des Aufenthalts im Bundesgebiet liegt, kommt die Ausgabe von Essensgutscheinen oder Bargeld in einer Aufnahmeeinrichtung nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Betracht.

Zu 3.: a) Was enthalten die Essenspakete (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) in der zentralen Anlaufstelle (gemeint: in der Aufnahmeeinrichtung) in Aschaffenburg?

Die Essenspakete, die in der Aufnahmeeinrichtung Aschaffenburg täglich ausgegeben werden, enthalten Frühstück, Mittagessen und Abendessen nach einem Speiseplan. Die Verpflegung enthält die nach ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen erforderlichen Nahrungsmengen in einer sachgerechten Zusammensetzung.

b) Wird differenziert nach Kultur und Religion?

Der Inhalt der Essenspakete differenziert nach Kultur und Religion der Asylbegehrenden. Insbesondere wird nur bei entsprechendem Verlangen Schweinefleisch ausgegeben.

c) Wird differenziert nach Erwachsenen und Kindern?

Der Inhalt der Essenspakete differenziert nach Erwachsenen und Kindern. Außerdem erhalten Kinder bis zum Alter von zwei Jahren spezielle Babynahrung.

d) Wird differenziert nach Gesunden und Kranken?

Der Inhalt der Essenspakete differenziert nach Gesunden und Kranken. Nach Vorlage eines ärztlichen Attestes wird entsprechende Diät- bzw. Krankenkost ausgegeben.

Zu 4.: Von welchen Firmen und zu welchem Preis pro Stück werden die Essenspakete geliefert?

Die Essenspakete, die in der Aufnahmeeinrichtung Aschaffenburg täglich verabreicht werden, werden von der Firma Weigl ausgeliefert und verteilt. Der Preis der Essenspakete differiert je nach der Zusammenstellung der den an der Essensverpflegung Teilnehmenden zur Verfügung gestellten Essenspakete.

Zu 5.: Welche Gründe gibt es für die Essenspakete und gegen die Ausgabe von Essensgutscheinen oder Bargeld?

Asylbegehrende erhalten im ersten Jahr ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland die Grundleistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes Nach dieser Bestimmung wird der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts durch Sachleistungen gedeckt. Da der Aufenthalt im Bundesgebiet für Asylbegehrende regelmäßig in einer Aufnahmeeinrichtung beginnt und dort weniger als ein Jahr dauert, ist die Ausgabe von Wertgutscheinen ­ ggf. ausgenommen bei Kleidung ­ oder Bargeld in einer Aufnahmeeinrichtung nicht möglich.

Nur bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen erlaubt das Gesetz ausnahmsweise die Aushändigung von Wertgutscheinen bzw. Geldleistungen anstelle der Sachleistung auch für den notwendigen Bedarf an Ernährung (§ 3 Abs. 2 für Asylbegehrende, deren Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht länger als ein Jahr beträgt.

Zu 6.: Wie sind:

a) der Besuch von Verwandten, Bekannten und Freunden,

Ein Besuch von Verwandten, Bekannten und Freunden ist möglich, wenn vorher eine Erlaubnis bei der Verwaltung der Aufnahmeeinrichtung beantragt und erteilt wurde.

b) von Vertreterinnen der Medien, Personen, die nachweisen können, dass sie für die Medien tätig sind, wird mit Zustimmung der Pressestelle der Regierung von Unterfranken der Zutritt zur Aufnahmeeinrichtung Aschaffenburg ermöglicht.

c) die ärztliche Versorgung in der Aufnahmeeinrichtung geregelt?

Die umfassende ärztliche Versorgung ist gewährleistet.

Eine Erstuntersuchung führt das Gesundheitsamt Aschaffenburg innerhalb der Aufnahmeeinrichtung durch. Im übrigen haben die Asylbegehrenden im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes Anspruch auf ärztliche Versorgung. Bei Bedarf machen Ärzte und Ärztinnen Hausbesuche. In Notfällen wird die Rettungsleitstelle verständigt.

Zu 7.: Besteht die Möglichkeit für Kinder von Asylbewerberinnen:

a) den Kindergarten,

Die Kinderbetreuung ist in der Aufnahmeeinrichtung Aschaffenburg durch die Wohlfahrtsverbände vor Ort

(Caritas und Diakonisches Werk) gesichert. Es besteht ein Kindergartenbetrieb auf ehrenamtlicher Basis. Betreut werden alle Kinder von Asylbegehrenden, die in der Aufnahmeeinrichtung wohnen.

b) eine Schule zu besuchen?

Kinder von Asylbegehrenden sind nicht schulpflichtig, solange diese zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes verpflichtet sind. Der Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung ist nicht auf längere Dauer angelegt.

Alle Kinder der Aufnahmeeinrichtung Aschaffenburg, die sich in üblicherweise schulpflichtigem Alter befinden, besuchen jedoch mit Zustimmung des Schulamtes Förderklassen in der Hefner-Alteneck-Schule sowie in der Schönbergschule. Nachmittags erteilen pensionierte Lehrkräfte in der Aufnahmeeinrichtung kostenlos Nachhilfeunterricht.

c) Gibt es dafür finanzielle Hilfen?

Da für die Kinder, die in der Aufnahmeeinrichtung wohnen, keine Schulpflicht besteht, werden Aufwendungen für den freiwilligen Besuch der Förderklassen nicht übernommen. Die Gewährung von finanziellen Hilfen hierfür ist nicht möglich. Soweit Kosten für den Schulbedarf anfallen, werden sie entweder unter bestimmten Voraussetzungen nach § 6 vom Landkreis übernommen oder von den Wohlfahrtsverbänden (Caritas und Diakonisches Werk) getragen.

Zu 8.: a) Welche Betreuungsorganisationen haben Zugang zur Aufnahmeeinrichtung?

Die Asylbegehrenden in der Aufnahmeeinrichtung Aschaffenburg werden von den Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonisches Werk betreut. Diese Betreuungsorganisationen haben daher Zugang zur Aufnahmeeinrichtung.

b) Werden Hausordnung und andere Informationen in der jeweiligen Landessprache verbreitet?

Sowohl die Hausordnung als auch alle sonstigen Informationen werden den Asylbegehrenden grundsätzlich in deren jeweiliger Landessprache zur Verfügung gestellt.