Die Petition wurde vom zuständigen Ausschuß als Material zur weiteren Bearbeitung an die Staatsregierung
BV. aus Hartenstein an den Landtag (AZ.: AV K 1559.12.2) wird die ungerechte Erhebung von Teilnehmerentgelten bei Betreibern privater Kabelanlagen kritisiert. In diesem Zusammenhang verweisen die Petenten auf den Artikel 38, Bay. Mediengesetz, der das Teilnehmerentgelt für den Betrieb von Kabelanlagen regelt. Es wird angemerkt, daß ein Artikel mit ähnlichem Inhalt in den Mediengesetzen der anderen Bundesländer nicht existiert.
Die Petition wurde vom zuständigen Ausschuß als Material zur weiteren Bearbeitung an die Staatsregierung überwiesen.
Ich frage die Staatsregierung:
1. Sind der Staatsregierung ähnliche Fälle des in der Petition geschilderten Sachverhalts bekannt? Welche?
2. Trifft es zu, dass in vergleichbaren Fällen in anderen Bundesländern keine Entgelte erhoben werden? Was soll die Gegenleistung für die erhobenen Teilnehmerentgelte sein, und ist dieses Teilnehmerentgelt eine Gebühr, ein Beitrag, eine Steuer oder um was für eine Abgabe handelt es sich?
3. Welche Initiativen hat die Staatsregierung in Kenntnis der als Material vorliegenden Petition ergriffen, um die vom zuständigen Ausschuß festgestellten Lücken im Mediengesetz zu schließen?
4. Setzt sich die Staatsregierung für die Streichung des § 38 ein?
5. Teilt die Staatsregierung die Ansicht, dass die Medienbetriebsgesellschaften aufgelöst werden sollten, da sie überflüssig sind und der unnötige Aufwand für die Medienbetriebsgesellschaften eingespart werden kann?
Antwort der Bayerischen Staatskanzlei
Zur schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Sophie Rieger und der Herren Abgeordneten Raimund Kamm/Johann Schammann vom 8. März 1995, mit der erneut die Petition der Fernsehinteressengemeinschaft Rupprechtstegen e.V. vom 6. Dezember 1993 aufgegriffen wird, darf ich vorausschicken, dass sich Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber in seiner Festansprache zum zehnjährigen Bestehen der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien am 29. März 1995 u.a. mit dem Thema Teilnehmerentgelte befaßt und es als ordnungspolitisches Ziel bezeichnet hat, dass Privatfunk nicht dauerhaft auf die Erhebung einer Art Sonderabgabe von einem Teil der Rundfunkteilnehmer angewiesen bleibt. Zu der Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
Zu 1: Außer der Fernseh-Interessengemeinschaft Rupprechtstegen e.V. haben sich weitere Antennengemeinschaften mit vergleichbaren Anliegen an den Landtag und zum Teil auch an die Staatsregierung gewandt. Es handelt sich dabei um die Fernseh-Interessengemeinschaft Hartmannshof-Weigendorf e.V. in Hartmannshof, die Antennengemeinschaft Tschiern in Tschiern, die Antennengemeinschaft Teuschnitz in Teuschnitz, die Antennengemeinschaft Gifting in Wilhelmsthal und die Antennengemeinschaft Lauenstein in Lauenstein. Neben den genannten gibt es aber eine große Zahl weiterer Antennengemeinschaften und Gemeinschaftsantennenanlagen in ganz Bayern, die teilnehmerentgeltpflichtig sind. Wie sich aus Art. 38 des Bayerischen Mediengesetzes ergibt, ist jeder Betreiber bzw. jede Betreibergemeinschaft einer privaten Kabelanlage oberhalb der Bagatellgrenze von 10 angeschlossenen Haushalten verpflichtet, mit der zuständigen Medienbetriebsgesellschaft eine Vereinbarung abzuschließen und das Teilnehmerentgelt zu zahlen. Nach der BLM-Funkanalyse 94 sind rund 5 % der bayerischen Haushalte das entspricht ca. 250 000 Wohneinheiten an gemeinschaftliche Satellitenempfangsanlagen angeschlossen.
Zu 2.: Das nach Art. 38 zu entrichtende Teilnehmerentgelt gibt es in dieser Form nur in Bayern. Es wurde mit Inkrafttreten des Medienerprobungs- und -entwicklungsgesetzes (MEG) eingeführt. Es diente von Anfang an der Finanzierung der Arbeit der Kabelgesellschaften (jetzt: Medienbetriebsgesellschaften) sowie der Finanzierung solcher Kabelrundfunkprogramme, deren Finanzierung allein aus dem Werbemarkt nicht möglich war. Der Kabelkunde erhält als Gegenleistung das um die Programme der Art. 2729 und Art. 40 vergrößerte Angebot, das entweder von den Medienbetriebsgesellschaften direkt organisiert und von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) genehmigt wird oder aufgrund entsprechender Genehmigungen der BLM in Bayern weiter verbreitet werden kann. Das Teilnehmerentgelt ist aber auch ein Äquivalent für den höheren Kontrollaufwand bei der BLM und den ihr nachgeordneten Medienbetriebsgesellschaften, den der Betrieb eines Kabelnetzes mit Satellitenempfangsanlage gegenüber einer Kabelanlage mit terrestrischem Antennenempfang auslöst. Die BLM hat darüber zu wachen, dass in den in Bayern betriebenen Kabelanlagen nur solche Programme eingespeist werden, die den gesetzlichen Vorschriften insbesondere auch den Jugendschutzbestimmungen entsprechen. Sie muß auch sicherstellen, dass bei Programmen, die nicht im Sinne des Art. 39 ortsüblich terrestrisch empfangen werden können, die Bestimmungen des Art. 40 eingehalten werden. Hierzu muss sie die gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsverfahren durchführen, die Weiterverbreitungsanträge prüfen und über sie entscheiden. Nach Art. 41 wacht sie außerdem über die Kanalbelegung und die Belegungsreihenfolge in Kabelanlagen. Bei diesen Aufgaben bedient sie sich der Mithilfe der Medienbetriebsgesellschaften, zu deren Aufgaben es nach Art. 23 Abs. 2 gehört, die Landeszentrale bei ihren gesetzlichen Aufgaben zu unterstützen. Deshalb ist es nicht unbillig, den Kabelnetzbetreiber bzw. den Kabelkunden zur Finanzierung des Organisations- und Kontrollaufwandes für private Kabel-Rundfunkanlagen in Bayern heranzuziehen.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 11. Juli 1991 (Vf 5-VII-90) festgestellt, daß es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn derjenige, der das vergrößerte Angebot des Breitbandkabels nutzen will, darüber zuvor eine Entgeltvereinbarung schließen muß. Zur Rechtsnatur des Teilnehmerentgelts hat der Verfassungsgerichtshof keine Feststellungen getroffen. Im Hinblick darauf, dass das Teilnehmerentgelt der Mitfinanzierung der aus Art. 111 a Abs. 2 Satz 1 Bayerische Verfassung abgeleiteten öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Landeszentrale und der Medienbetriebsgesellschaften dient, kann es aber als gebührenähnlich angesehen werden, wenn es im übrigen auch mit der durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erhobenen Rundfunkgebühr nicht vergleichbar ist.
Zu 3.: Aus dem der Staatskanzlei vorliegenden Beschluß des Ausschusses für kulturpolitische Fragen vom 2. März 1994 geht hervor, dass die Staatsregierung gebeten wird, die Problematik bei einer Fortschreibung des Bayerischen Mediengesetzes und der Teilnehmerentgeltsatzung aufzugreifen. Eine solche Fortschreibung ist bisher nicht erfolgt.
Die Staatskanzlei hat jedoch den Beschluß des kulturpolitischen Ausschusses mit Schreiben vom 6. Mai 1994 der für den Vollzug des Bayerischen Mediengesetzes zuständigen Bayerischen Landeszentrale für neue Medien übermittelt mit der Bitte zu prüfen, inwieweit dem Anliegen ohne Gesetzesänderung durch eine Änderung der Teilnehmerentgeltsatzung Rechnung getragen werden kann. Zu diesem Schreiben hat die BLM nach Befassung ihrer zuständigen Gremien am 25. Oktober 1994 Stellung genommen. Darin führte sie aus, dass sich aus ihrer Sicht kein sachliches Abgrenzungskriterium finden läßt, das rechtfertigen könnte, private Antennengemeinschaften gegenüber anderen privaten Kabelanlagen-Betreibern, größeren Hausverteilanlagen mit Satelliten-Empfang und Einzelkunden der Telekom anders zu behandeln. Auch bei den sogenannten Alt-Antennengemeinschaften, die durch Satellitenschüsseln nachträglich technisch aufgerüstet wurden, gäbe es keinen Grund, diese Anlagen anders zu behandeln als Neuanlagen, die den gleichen technischen Standard besitzen und die gleichen Programme weiterverbreiten.
Diese Auffassung hat die BLM inzwischen relativiert. Nach erneuter Befassung ihres Verwaltungsrats hält dieser nun in der Teilnehmerentgeltsatzung Regelungen für möglich, nach denen in begründeten Einzelfällen die jeweils zuständige Medienbetriebsgesellchaft Ermäßigungen oder den vollen Wegfall des zu entrichtenden Teilnehmerentgelts gewähren kann. Ansatzpunkt hierfür könnte sein, dass die Antennengemeinschaft eigene strukturelle Investitionen getätigt hat. Eine entsprechende Änderung der Teilnehmerentgeltsatzung wird derzeit von der BLM vorbereitet.
Zu 4.: Das Teilnehmerentgelt ist derzeit noch eine Finanzierungsgrundlage für solche Kabelrundfunkprogramme, deren Finanzierung allein aus dem Werbemarkt nicht oder noch nicht möglich ist. Das sind vor allem die noch im Aufbau befindlichen lokalen und regionalen Fernsehprogramme mit hohen Nachrichten- und Informationsanteilen, wie sie inzwischen an vielen Orten in Bayern entstanden sind, Minderheitenprogramme wie zum Beispiel das Programm Behinderte in den Medien und spezielle bayerisch geprägte kulturelle Programmangebote wie zum Beispiel Unser kleines Theater.
Die weitere wirtschaftliche Konsolidierung des lokalen Rundfunks in Bayern könnte aber künftig derzeit noch gebundene Fördergelder bei der Landeszentrale freisetzen, so daß in absehbarer Zeit der Verzicht auf das Teilnehmerentgelt möglich erscheint.
Ein Verzicht auf das Teilnehmerentgelt hätte aber auch Auswirkung auf die Finanzierung der Medienbetriebsgesellschaften. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen.
Zu 5.: Die Medienbetriebsgesellschaften waren in der schwierigen Anfangsphase der neuen Medien wichtig, um die Rundfunkentwicklung in allen Landesteilen den jeweiligen örtlichen Bedingungen entsprechend voranzutreiben. Ohne ihre Hilfe und ihren Sachverstand wäre es nicht gelungen, die flächendeckende Verbreitung privater Rundfunkangebote in Bayern so rasch zu verwirklichen.
Mit der weiteren Konsolidierung der Rundfunklandschaft in Bayern nimmt aber die Bedeutung der Medienbetriebsgesellschaften soweit sie als Funktionsträger für die öffentlich-rechtliche Landeszentrale dienen ab. Deshalb werden auch sie nicht auf Dauer aus dem gebührenähnlichen Teilnehmerentgelt finanziert werden können. Damit müssen sie aber nicht abgeschafft werden. Es würde genügen, sie aus den aus dem derzeit noch abzuleitenden Rechten und Pflichten zu entlassen. Damit wäre nicht ausgeschlossen, daß sie auch weiterhin auf privatwirtschaftlicher Basis sinnvolle Aufgabe im Medienbereich wahrnehmen können.