Öffentliche Gelder zur Sanierung privater Baudenkmäler

Das sog. Rosenzweig-Haus in Mühlhausen, Ldkr. ist als erhaltenswertes Baudenkmal eingestuft, droht aber angesichts schwerer Schäden in der Bausubstanz einzustürzen. Lt. Angaben des Bürgermeisters seien öffentliche Fördermittel zwar in enormer Höhe versprochen worden, dann jedoch nie so recht geflossen. Der private Besitzer des lt. Kreisbaudirektor äußerst wertvollen Fachwerkbaus ist unauffindbar und kümmert sich nicht um das Haus.

Notdürftige Sicherungsarbeiten sind vom Landratsamt in Auftrag gegeben worden.

Aus diesem aktuellem Anlaß frage ich die Staatsregierung:

1. Welche Möglichkeiten zur finanziellen Förderung der Sanierung bzw. des Erhalts von Baudenkmälern durch natürliche oder juristische Personen oder Gebietskörperschaften bestehen derzeit und welche Bedingungen sind daran geknüpft? Wie schnell können die Hilfen jeweils tatsächlich wirksam werden, d.h. insbesondere: wann fließen die Gelder?

2. Hält die Staatsregierung die derzeit vorhandenen Hilfen, insbesondere für Baudenkmäler in Privatbesitz, für ausreichend? Ist die Einrichtung weiterer Hilfen vorgesehen?

3. Welche Handlungsmöglichkeiten, im besonderen der Kommunen und Kreise, sieht die Staatsregierung bei mangelnder Bereitschaft der Besitzer von Baudenkmälern, diese zwecks Erhalts zu sanieren bzw. unter Einsatz erheblicher öffentlicher Gelder sanieren zu lassen?

4. Sind Gelder der öffentlichen Hand, die ohne ausdrückliche Zustimmung des Besitzers in die Sicherung eines Baudenkmals investiert wurden, von diesen rückforderbar? Besteht insofern eine Verpflichtung des Besitzers zum Erhalt im Sinne etwa des Art. 14 Abs. 2 GG bzw. Art. 103 Abs. 2 BV?

5. Wann sind auch bei einem geschützten Baudenkmal Bedingungen gegeben, die einen Abriß des Gebäudes zulassen?

Antwort des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst

Bei dem sog. Rosenzweig-Haus in Mühlhausen, Landkreis Erlangen Höchstadt, Regierungsbezirk Mittelfranken, handelt es sich um ein Baudenkmal aus dem frühen 17. Jahrhundert mit Veränderungen des 18. Jahrhunderts. Damals erhielt das Gebäude sein heutiges Aussehen mit dem reichen Fachwerk und den malerischen Walmdächern. Im Inneren hat sich der ursprüngliche Grundriß erhalten. Ein breiter Mittelgang teilt das Gebäude in Haustiefe in einen Wohn- und einen Stallteil mit Zugang zu einem Keller und einer geradläufigen Treppe in das erste Obergeschoß. Dort befinden sich in Hausmitte eine noch gut erhaltende altdeutsche Küche mit offenem Rauchabzug, ferner eine Bohlenstube, die künstlerisch gefaßt ist, sowie ein stuckierter Raum. Der Dachstuhl, der als zweibödiger, liegender Stuhl mit Mittelunterzug auf Stützen mit geplatteten Kopfbändern ausgestaltet ist, wurde im 18. Jahrhundert giebelseitig abgewalmt. Insgesamt gesehen handelt es sich bei dem Rosenzweig-Haus um ein Baudenkmal von weit überdurchschnittlicher Bedeutung.

Wegen der herausragenden Bedeutung des Hauses bemühen sich die für Denkmalschutz und Denkmalpflege zuständigen Behörden seit Jahrzehnten, eine Instandsetzung durchzusetzen. Bereits mit Schreiben vom 16.04.1985 wurde gegenüber dem Landratsamt Erlangen-Höchstadt in seiner Eigenschaft als Untere Denkmalschutzbehörde zum Ausdruck gebracht, daß Mittel des vom Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst verwalteten Entschädigungsfonds zur Verfügung stehen, um eine fachlich angemessene Restaurierung zu ermöglichen. Alle Versuche der Behörden scheiterten aber an der fehlenden Bereitschaft der wechselnden ­ Eigentümer. Nach Mitteilung des Landesamts für Denkmalpflege ist der jetzige Besitzer des Gebäudes nicht auffindbar. Landratsamt und Landesamt für Denkmalpflege sahen sich deshalb gezwungen, eine Notsicherung durchzuführen. Diese wurde inzwischen mit Gesamtkosten von 33.350,00 DM abgeschlossen. Außerdem konnten die für eine fachgerechte Restaurierung notwendigen denkmalpflegerischen Voruntersuchungen zwischenzeitlich verwirklicht werden.

Da der gegenwärtige Eigentümer z.Zt. nicht auffindbar ist, kann mit der Instandsetzung des Gebäudes nicht begonnen werden. Der Beginn ist im Augenblick aber nach Mitteilung des Landesamts für Denkmalpflege im Hinblick auf die durchgeführte Notsicherung nicht vordringlich. Angesichts der Bedeutung des Gebäudes werden Landratsamt und Landesamt für Denkmalpflege die Angelegenheit aber im Auge behalten und auf eine Instandsetzung im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen und finanziellen Mittel hinwirken.

Der Bayerische Gesetzgeber ist beim Erlaß des Denkmalschutzgesetzes, entsprechend dem Grundsatz der Subsidiarität, davon ausgegangen, dass die Primärverantwortung für die Baudenkmäler dem jeweiligen Eigentümer obliegt.

Nach vorsichtiger Schätzung des Landesamts für Denkmalpflege befinden sich etwa drei Viertel der 110.000 registrierten Baudenkmäler in Privathand. Mit der Entscheidung des Gesetzgebers, die Primärverantwortung für die Baudenkmäler den jeweiligen Eigentümern aufzuerlegen, kommt also den Privaten für den Bestand des gebauten historischen Erbes in Bayern überragende praktische Bedeutung zu. Oft ziehen die Instandhaltung und die Instandsetzung von Baudenkmälern Kosten nach sich, die weit über den üblichen Bauunterhalt hinausgehen. Nicht selten steht auch der Instandsetzungsaufwand in einem Mißverhältnis zum wirtschaftlichen Nutzungswert für den Eigentümer. Die öffentliche Hand versucht, sich hieraus ergebenden Komplikationen bei der Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen an Baudenkmälern dadurch wirksam zu begegnen, dass sie direkte Hilfen, also Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen, sowie indirekte Hilfen, also Steuererleichterungen, gewährt.

Letztere richten sich nach §§ 7 i, l0 f, 10 g und 11 b des Einkommensteuergesetzes. Da sich die schriftliche Anfrage ersichtlich auf die direkten Hilfen bezieht, konzentrieren sich die nachfolgenden Antworten auf diese.

Zu 1.: Direkte Finanzhilfen für die Instandsetzung von Baudenkmälern in Privatbesitz werden insbesondere vom Staat und seinen verschiedenen Behörden, den kommunalen Gebietskörperschaften, also den Gemeinden, Landkreisen und Bezirken und schließlich in Einzelfällen auch durch Stiftungen, z.B. die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Bonn oder die Messerschmitt-Stiftung in München, gegeben.

Die Zuwendungen werden in allererster Linie zur Sicherung und Instandsetzung von Baudenkmälern gewährt, nicht aber für den laufenden Bauunterhalt. Stets sind die Zuwendungen vor der Durchführung der Maßnahme zu beantragen. In allen Fällen müssen die geplanten Vorhaben mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als der staatlichen Fachbehörde für Denkmalschutz und Denkmalpflege vor ihrer Durchführung abgestimmt sein.

Die Höhe der Zuwendungen richtet sich, abgesehen von den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln, nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebende Kriterien sind vor allem die wirtschaftliche Lage des Eigentümers, die Bedeutung des zu schützenden Denkmals bzw. der durchzuführenden Maßnahme und die Höhe des denkmalpflegerischen Mehraufwands. Unter diesem versteht man die durch die Denkmaleigenschaft bedingten, über den normalen Bauunterhalt eines vergleichbaren, nicht unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes hinausgehenden Aufwendungen. Er ist stets Teil der Gesamtkosten einer Baumaßnahme, und zwar der Teil, der dem Eigentümer ein Sonderopfer auferlegt.

Folgende öffentliche Fördermittel stehen im Bereich von Denkmalschutz und Denkmalpflege für die Instandsetzung von Baudenkmälern in Privatbesitz zur Verfügung:

­ Gewährung von Zuschüssen durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, Hofgraben 4, 80333 München, verfügt jährlich über etwa 30 Mio. DM, die für Instandsetzungen an Baudenkmälern eingesetzt werden dürfen, die sich nicht im Eigentum des Staates befinden. Die Zuwendungen werden auf Antrag gewährt. Antragsformulare gibt es bei den Unteren Denkmalschutzbehörden. Diese beraten die Eigentümer als Antragsteller. Sie nehmen die Anträge entgegen und äußern sich zu dem Antrag gegenüber dem Landesamt für Denkmalpflege. Jedem Antrag sind eine Beschreibung der geplanten Maßnahme, ein Kostenvoranschlag und ein Finanzierungsplan beizugeben.

­ Zuschüsse und Darlehen aus dem vom Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst verwalteten Entschädigungsfonds

Sind Kosten für Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen an Baudenkmälern für einen Eigentümer wirtschaftlich unzumutbar hoch, oder erfolgen aus Gründen von Denkmalschutz und Denkmalpflege Eingriffe, die enteignend wirken, kann eine Förderung aus dem vom Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst verwalteten Entschädigungsfonds in Frage kommen. Bei diesem handelt es sich um ein Sondervermögen des Staates, das zu gleichen Teilen von den Gemeinden und vom Staat finanziell ausgestattet wird.

Zur Zeit beträgt die Ausstattung jährlich 40 Mio. DM. Grundsätzlich wird jedem Eigentümer die Erhaltung seines Denkmals zugemutet. Ist ausnahmsweise die Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit überschritten, springt der Staat, im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten, unterstützend ein. Beurteilt wird vorher nicht nur das Verhältnis zwischen dem voraussichtlichen Aufwand und dem möglichen wirtschaftlichen Ertrag. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers sowie seine sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen sind entscheidungserheblich. Der Eigentümer muss seine wirtschaftlichen Verhältnisse mit Einkommens- und Vermögensteuerbescheiden offenbaren, wenn er Hilfe aus dem Entschädigungsfonds beanspruchen möchte.

Aus dem Entschädigungsfonds werden Zuschüsse und Darlehen gegeben. Die Darlehen werden zur Zeit mit durchschnittlich zwei Prozent verzinst. Sie werden in der Regel innerhalb von 20 Jahren amortisiert.

Wird eine Bezuschussung von DM 500.000 oder mehr gewährt, sichert der Staat die denkmalpflegerischen Belange rechtlich ab: Der Eigentümer muss sich damit einverstanden erklären, dass eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen wird. Durch sie wird der Eigentümer verpflichtet, einen Abbruch des Baudenkmals zu unterlassen und Änderungen nur mit vorheriger Zustimmung des Landesamts für Denkmalpflege vorzunehmen.

­ Zuschüsse der Gebietskörperschaften Ähnlich wie beim Landesamt für Denkmalpflege können bei den Gemeinden, Landkreisen und Bezirken Zuschüsse für die Instandsetzung von Baudenkmälern beantragt werden. Die Anträge sind auf Formblättern zu stellen, die bei den Verwaltungen der Gemeinden, Landkreise und

Bezirke angefordert werden können. Die Gewährung der finanziellen Leistungen erfolgt nach den Richtlinien, die sich die Gebietskörperschaften selbst geben.

­ Darüber hinaus kommen nicht wenige Instandsetzungsmaßnahmen in den Genuß von Förderungen aus anderen Programmen der öffentlichen Hände, die nicht spezifisch auf den Denkmalschutz und die Denkmalpflege ausgerichtet sind. Zu nennen sind hier insbesondere das Städtebauförderungsprogramm, Mittel nach dem zweiten Wohnungsbaugesetz sowie nach dem Dorferneuerungsprogramm.

Für alle Fälle gilt: Mit der Restaurierungsmaßnahme darf grundsätzlich erst nach der Bewilligung der Zuwendung oder der Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn begonnen werden.

Mit dem Erlaß der Bewilligungsbescheide stehen die Zuwendungen zur Verfügung. Soweit die Bewilligungsbescheide im Rahmen von Verpflichtungsermächtigungen zu Lasten künftiger Haushaltsjahre ergehen, stehen die Mittel erst dann zur Verfügung, wenn das Haushaltsjahr begonnen hat, zu dessen Lasten sie bereitgestellt worden sind. In der praktischen Baudenkmalpflege kommt der letzteren Bewilligungsart erhebliche Bedeutung zu. Mit ihr kann wirtschaftliche Sicherheit auch bei längerfristigen Maßnahmen gewährt werden.

Zu 2.: Die Anträge auf Bereitstellung von Zuwendungen durch das Landesamt für Denkmalpflege bzw. aus dem Entschädigungsfonds durch das Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst übersteigen bei weitem die jährlich zur Verfügung stehenden Mittel. Nicht allen Anträgen kann deshalb, insbesondere in der beantragten Höhe, Rechnung getragen werden. Die Bereitstellung von mehr Fördermitteln für die Instandsetzung von Baudenkmälern in Privathand wäre deshalb wünschenswert. Sie ist jedoch, angesichts der sonstigen Verpflichtigungen der öffentlichen Haushalte, zur Zeit nicht realisierbar. Eine über das bestehende Instrumentarium hinausgehende Einrichtung weiterer Hilfen ist zur Zeit nicht vorgesehen.

Zu 3.: In der Regel gelingt es, die Eigentümer von bedeutenden, instandsetzungsbedürftigen Baudenkmälern davon zu überzeugen, dass Reparaturmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Gemeinden, Untere Denkmalschutzbehörden und sonst beteiligte Behörden helfen hierbei zusammen. In besonders schwierigen Fällen, bei denen komplizierte Mischfinanzierungen aufgebaut werden müssen, stehen auch die Mitarbeiter des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst in seiner Eigenschaft als Oberste Denkmalschutzbehörde zur Verfügung. Sollte eine Einigung nicht erzielt werden können, eine Instandsetzung aber unumgänglich sein, besteht die Möglichkeit der Ersatzvornahme nach den einschlägigen Bestimmungen des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes. Die Unteren Denkmalschutzbehörden übernehmen in diesen Fällen die Projektträgerschaft. Sie führen also die notwendigen Maßnahmen durch. Die hierfür erforderlichen Mittel werden vom Landesamt für Denkmalpflege bzw. vom Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst bereitgestellt.

Zu 4.: Nach Kenntnis des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst sind bislang keine Gelder der öffentlichen Hand ohne ausdrückliche Zustimmung des Besitzers in die Sicherung eines Baudenkmals investiert worden. Die Frage der Rückforderung unter diesem Aspekt hat sich also nicht gestellt. In der baudenkmalpflegerischen Praxis dürfte sie auch kaum vorkommen. Im Rahmen von Ersatzvornahmen werden stets nur die für den Erhalt eines Baudenkmals dringendst erforderlichen Reparaturen durchgeführt. Durchweg handelt es sich um Notsicherungsmaßnahmen. Diese bewegen sich in einem finanziellen Rahmen, der bei einer einvernehmlichen Instandsetzung durch die Gewährung von Zuschüssen abgedeckt würde. Zur Sicherung der Investitionen der öffentlichen Hand in solchen Fällen stehen die im Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz festgelegten Möglichkeiten zur Verfügung. Hierzu zählt beispielsweise auch die Eintragung einer Zwangshypothek im Grundbuch. Von einer solchen Moglichkeit ist nach hiesiger Kenntnis in Bayern bislang nicht Gebrauch gemacht worden. Die Pflicht zum Erhalt eines Baudenkmals richtet sich im übrigen unmittelbar nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz. Diese Pflicht besteht unabhängig von der Investition öffentlicher Mittel in Instandsetzungsmaßnahmen.

Zu 5.: Beabsichtigt der Eigentümer eines Baudenkmals, dieses abzubrechen, muss er hierfür eine Erlaubnis nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz beantragenh. Entscheidungsberechtigt ist die jeweils zuständige Untere Denkmalschutzbehörde. Sie muss vorher das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege als Fachbehörde anhören. Im Rahmen der zu treffenden Entscheidung ist eine Güterabwägung vorzunehmen. Wirtschaftliche Interessen des Eigentümers sind mit solchen der Öffentlichkeit an der Erhaltung des Gebäudes abzuwägen. Nicht selten muss einem Abbruchantrag stattgegeben werden, wenn ein Baudenkmal so erhebliche bauliche Mängel aufweist, dass eine Rettung, auch bei großem finanziellen Aufwand, nicht mehr möglich ist. Die zu treffenden Entscheidungen sind stets einzelfallbezogen. Allgemeine Bedingungen, die einen Abriß des Gebäudes zulassen, gibt es nicht.