Einsatz von Insektiziden in öffentlichen Gebäuden und Versorgungseinrichtungen in Bayern

Welche gesetzlichen Bestimmungen gelten für die praktische Ausübung der gewerblichen Schädlingsbekämpfung?

3. Welche Kennzeichnungs- und Dosierungsvorschriften bestehen?

a) Müssen die Maßnahmen mit einer Zeitfrist vorangemeldet werden?

4. Nach welchen Kriterien werden Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen veranlaßt, bzw. wie und ab wann werden speziell Säugetiere und Vögel, in Hinblick auf das Tierschutzgesetz, als Schädlinge definiert?

a) Wie werden die Köder ausgebracht und wo werden diese installiert?

b) Welche gesetzlichen Vorschriften gelten hierfür und wer kontrolliert deren Einhaltung?

5. Welche chemischen Bekämpfungsmittel für Säugetiere (außer Nagern),Vögel und Insekten werden in Bayern eingesetzt?

6. Wie sieht die Staatsregierung den Wasser- bzw Trinkwasserschutz und die Auflagen der Gefahrstoffverordnung, Anhang V, Nr. 6, in bezug auf das ausgebrachte Gift und nicht auffindbare, kontaminierte Tierkadaver (Nahrungskette) garantiert?

a) Wer beseitigt die Tierkadaver und wie werden diese entsorgt (Tierkörperbeseitigungsgesetz)?

8. Bemüht sich die Staatsregierung um die Entwicklung von Alternativen zur chemischen Schädlingsbekämpfung?

Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit

Die schriftliche Anfrage beantworte ich unter Beteiligung der Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen wie folgt:

Zu 1.: Gewerbliche Schädlingsbekämpfer, die sehr giftige, giftige und gesundheitsschädliche Stoffe und Zubereitungen anwenden, müssen sachkundig sein. Nach Anhang V Nr. 6.3.2. Abs. 5 der Gefahrstoffverordnung ist sachkundig, wer

1. die Prüfung gemäß der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluß Geprüfter Schädlingsbekämpfer/Geprüfte Schädlingsbekämpferin vom 19. 03. 1984 (BGBl. I S. 468) in der jeweils gültigen Fassung oder

2. die Prüfung zum Gehilfen oder Meister für Schädlingsbekämpfung nach nicht mehr geltendem Recht in den alten Bundesländern oder nach dem Recht der ehemaligen DDR abgelegt oder

3. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften nachweislich eine vergleichbare Sachkunde erworben hat.

Sachkundig ist auch, wer eine Prüfung abgelegt oder eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, die von der zuständigen Behörde als den Prüfungen nach den o.g. Ziffern 1 mit 3 gleichwertig anerkannt worden ist. Beschränkt sich die vorgesehene Schädlingsbekämpfung auf bestimmte Anwendungsbereiche, ist sachkundig auch, wer eine Prüfung abgelegt oder eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, die von der zuständigen Behörde für diese Tätigkeiten als geeignet anerkannt worden ist.

Zu 1. a):

Die Zahl der registrierten gewerblichen Schädlingsbekämpfer bzw. Für die Schädlingsbekämpfung mit Begasungsmitteln verlangen die Technischen Regeln für Gefahrstoffe Begasungen (TRGS 512), dass vor Beginn der Begasung Warntafeln mit Gefahrensymbol und -bezeichnung des verwendeten Begasungsmittels und andere zweckdienliche Angaben anzubringen sind. Darüber hinaus fordert der Entwurf der Technischen Regeln für Gefahrstoffe Schädlingsbekämpfung mit sehr giftigen, giftigen und gesundheitsschädlichen Stoffen und Zubereitungen (TRGS 523), dass bei Schädlingbekämpfungsmaßnahmen, bei denen der Schädlingsbekämpfer nicht während der gesamten Dauer am Einsatzort anwesend ist, durch Hinweiszettel mit sachdienlichen Angaben auf die laufende Schädlingsbekämpfung aufmerksam zu machen ist.

Angaben zur Dosierung sind vorgeschrieben für Pflanzenschutzmittel nach dem Pflanzenschutzgesetz.

Zu 3. a):

Für die gewerbliche Schädlingsbekämpfung gelten nach Anhang V Nrn. 6.3.2 und 6.4.2 folgende Anzeigefristen:

­ Wer Schädlingsbekämpfungen mit sehr giftigen, giftigen und gesundheitsschädlichen Stoffen und Zubereitungen, sowie Zubereitungen, bei denen die genannten Stoffe und Zubereitungen freigesetzt werden, durchführen oder nach mehr als einjähriger Unterbrechung wieder aufnehmen will, hat dies mindestens sechs Wochen vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen.

­ Die Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Gemeinschaftseinrichtungen, insbesondere Schulen, Kindertagesstätten und Krankenhäusern ist der zuständigen Behörde schriftlich, in der Regel 14 Tage vor Beginn der Durchführung dieser Tätigkeit unter Angabe des Umfangs, der Anwendung, des Mitteleinsatzes, Ausbringungsverfahrens und der vorgesehenen Schutzmaßnahmen mitzuteilen.

Zu 4.: Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass aus der Sicht des Natur- und Artenschutzes alle Tierarten Bestandteil des Naturhaushalts sind und es deshalb keine Aufteilung in Nützlinge oder Schädlinge gibt. Deshalb unterscheidet auch das Naturschutzrecht bei allen Tierarten nur zwischen besonders geschützten Tierarten (in der Regel gefährdete Arten) und sonstigen Tierarten (vgl. § 20 a und § 20 e Soweit es sich um besonders geschützte Tierarten handelt, gelten grundsätzlich u. a. Zugriffs-, vor allem Tötungsverbote (vgl. § 20 f Ausnahmen hiervon können dann zugelassen werden, soweit dies zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- und sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden erforderlich ist (vgl. § 20 g Abs. 6 Für sonstige Tierarten gilt der allgemeine Schutz des Art. 16

§ 20 d wonach Tiere nicht unnötig (= ohne vernünftigen Grund) getötet werden dürfen.

Je nach der konkreten Situation können also auch notwendige Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen solche Eingriffe erforderlich machen, wobei die maßgeblichen naturschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten sind.

Das Tierschutzgesetz enthält ebenfalls keine Definition von Tieren als Schädlinge. Vermindernde Eingriffe in Säugetierund Vogel-Populationen haben sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Tierschutzgesetzes am vernünftigen Grund zu orientieren.

Im wesentlichen werden folgende Gründe geltend gemacht:

1. eine von den betreffenden Arten ausgehende gesundheitliche Gefährdung des Menschen oder seiner Nutztiere,

2. durch sie verursachte Schäden verschiedenster Art,

3. eine Gefährdung des Verkehrs,

4. eine Beeinträchtigung anderer, vor allem bestandsbedrohter freilebender Tiere oder Pflanzen,

5. eine von ihnen ausgehende erhebliche Belästigung,

6. Reduzierung der zu Schaden gehenden jagdbaren Arten.

Ein im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums 1991 erstelltes umfangreiches Gutachten über Maßnahmen zur Verminderung überhandnehmender freilebender Säuge

tiere und Vögel. Bestandsaufnahme, Berechtigung und tierschutzrechtliche Bewertung dient im Einzelfall als Entscheidungshilfe. Darin wird für alle derzeit von Verminderungsmaßnahmen betroffenen Arten auf die Ökologie der Tierart, auf Gründe für Abwehr- und Verminderungsmaßnahmen und Alternativen zur Verminderung, auf die Verminderungsmethoden sowie Umwelt-, Artenschutz- und Tierschutzaspekte eingegangen und eine abschließende Bewertung getroffen.

Zu 4. a):

Die Ausbringung der Köder ist abhängig von der zu vermindernden Tierart sowie der jeweiligen Örtlichkeit.

Zu 4. b):

Die geltenden gesetzlichen Vorschriften sind der Antwort zu Frage Nr. 2 zu entnehmen.

Kontrollen erfolgen, soweit möglich und erforderlich, durch die für den Vollzug der einzelnen Gesetzesvorschriften zuständigen Behörden.

Zu 5.: Den Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit liegen keine Angaben darüber vor, welche chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel in Bayern im einzelnen eingesetzt werden. Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen sind zwar nach Anhang V Nrn. 6.3.2 Abs. 2 und unter Angabe der hierfür vorgesehenen Schädlingsbekämpfungsmittel anzuzeigen (vgl. hierzu Antwort zu Nr. 3. a); zur Vermeidung eines unangemessenen Verwaltungsaufwands wurde jedoch davon abgesehen, diese Angaben bei den Kreisverwaltungsbehörden abzufragen.

Im Anhang II Nr. 2.4 ist eine Liste mit zirka zweihundert Wirkstoffen aufgeführt, die als Schädlingsbekämpfungsmittel gebräuchlich sind.

Zur Bekämpfung von Schadinsekten sind von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz sowie dem Umweltbundesamt zur Anwendung in Deutschland zur Zeit 234 Präparate (Stand:12.06.1995) zugelassen.

Nach Angabe des Landesverbands Bayern des Deutschen Schädlingsbekämpferverbands dürften in Bayern keine chemischen Bekämpfungsmittel gegen Vögel eingesetzt werden.

Im übrigen wird auf die Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 27.06.1995 auf die schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Elisabeth Köhler vom 28.11. betreffend den Einsatz von Insektiziden in öffentlichen Gebäuden und Versorgungseinrichtungen in Bayern verwiesen.

Zu 6.: Nach Anhang V Nr. 6.3.1 ist die Schädlingsbekämpfung so durchzuführen, dass Mensch und Umwelt nicht gefährdet werden.

Aufgrund der punktuellen Anwendung und Darreichungsform (Köder usw.) sind bei Beachten der Anwendungsvorschriften in der Regel keine Auswirkungen auf Grund- und Trinkwasser zu erwarten, auch nicht über nichtauffindbare kontaminierte Tierkadaver. Soweit sich die Mittel nicht bereits im Tierkörper umwandeln, schützen Abbauvorgänge in der belebten Bodenzone das Grundwasser. Eine Anwendung direkt im Wasser kommt ohnehin nicht in Frage.

Auswirkungen auf die menschliche Nahrungskette sind nicht zu befürchten, da Aasfresser (z.B. Fuchs) keine Glieder dieser Kette sind.

Zu 6. a): Tierkörper sind gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen (Tierkörperbeseitigungsgesetz ­ so zu beseitigen, daß

1. die Gesundheit von Mensch und Tier nicht durch Erreger übertragbarer Krankheiten oder toxischer Stoffe gefährdet,

2. Gewässer, Boden und Futtermittel durch Erreger übertragbarer Krankheiten oder toxischer Stoffe nicht verunreinigt,

3. schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des nicht herbeigeführt,

4. die öffentliche Sicherheit und Ordnung sonst nicht gefährdet oder gestört werden.

Gemäß § 5 Abs. 1 sind auch Tierkörper von Schädlingen in Tierkörperbeseitigungsanstalten zu beseitigen, soweit es zur Wahrung des Grundsatzes des § 3 erforderlich ist und die zuständige Behörde dies anordnet. Dies kann z. B. bei einem großen, durch Massenerkrankungen oder durch besondere Natureinwirkungen bedingten Anfall von Schädlingskadavern der Fall sein. In diesem Fall sind die Kreisverwaltungsbehörden Beseitigungspflichtige im Sinne des § 4 Abs. 1 und haben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 die Tierkörper unverzüglich abzuholen.

In allen übrigen Fällen unterliegt die Beseitigung von Schädlingskadavern ­ sofern eine Beseitigung aufgrund der Tiergröße überhaupt möglich und erforderlich ist ­ den Bestimmungen der Abfallbeseitigung.

(Eine Frage Nr. 7 wurde nicht gestellt.)

Zu 8.: Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fördert seit dem Jahre 1989 den biologischen Pflanzenschutz durch Vergabe und Unterstützung von einschlägigen Forschungvorhaben sowie die Beratung der Praxis beim Einsatz von Nützlingen. Im Jahre 1992 wurde das Forschungsvorhaben Biologischer Pflanzenschutz im Gemüsebau im Rahmen des Umweltgerechten Pflanzenbaus, Forschungsschwerpunkt: biologische Bekämpfung von Schadorganismen mit einer Laufzeit von vier Jahren vergeben.

Der Einsatzumfang des biologischen Pflanzenschutzes in bayerischen Praxisbetrieben kann der beiliegenden Zusammenstellung entnommen werden. Die entsprechenden Beratungsunterlagen werden von der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenschutz erstellt.