Erhalt wertvoller historischer Jurahäuser im Altmühljura

Der Erhalt wertvoller historischer Jurahäuser im Altmühljura wurde in den letzten Jahren immer mehr zu einem kulturpolitischen Thema. Durch das besondere Engagement des Jurahausvereins Eichstätt konnten wertvolle Objekte gerettet werden. Dennoch klagt dieser Verein nun massiv (vgl. DK vom 9.6.1995) über die Staatsregierung, nachdem das zuständige: Kultusministerium die Liste der geschützten Baudenkmäler für abgeschlossen erklärt hat.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass damit der Erhalt vieler weiterer Jurahäuser nicht mehr möglich sein wird?

2. Unter welchen konkreten Bedingungen wäre die Staatsregierung bereit, diese Liste wieder zu öffnen und ggf. sie nachzubessern?

3. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass es einem Rechtsbruch gleichkommt, die Eintragung eines Hauses in die Denkmalliste von der Zustimmung des Eigentümers abhängig zu machen bzw. wie begründet die Staatsregierung ihre Rechtsauffassung?

4. Wie beurteilt die Staatsregierung rückblickend die bisherige mühevolle Arbeit des Jurahausvereins, kann sie sich meiner Meinung anschließen, dass ohne das Engagement dieses Vereins unsere Landschaft ärmer wäre, und auf welche Weise ist die Staatsregierung bereit, die Arbeit dieses Vereins zu unterstützen?

5. Ist die Staatsregierung bereit, dem Jurahausverein den gesamten Text der internen Anweisung an das Landesamt für Denkmalpflege zur Verfügung zu stellen?

Antwort des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst

Der Beantwortung darf ich als Vorbemerkung vorausschicken, dass die der schriftlichen Anfrage zugrundeliegende Behauptung des Jurahausvereins, das Kultusministerium habe die Liste der geschützten Baudenkmäler für abgeschlossen erklärt, nicht zutrifft.

Nach Art. 1 Abs. 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes sind Denkmäler von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt; nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 sollen die Baudenkmäler und Bodendenkmäler nachrichtlich in ein Verzeichnis (Denkmalliste) aufgenommen werden. Für die Denkmaleigenschaft eines Objekts ist nach bayerischem Recht somit allein maßgeblich, ob es die im Denkmalschutzgesetz hierfür genannten Voraussetzungen erfüllt oder nicht. Die Eintragung des betreffenden Objekts in die Denkmalliste hat demgegenüber keine rechtsbegründende Bedeutung, sondern nur nachrichtliche Funktion.

Die Denkmalliste kann daher nicht für abgeschlossen erklärt werden; das Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst hat dies auch nicht getan.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die gestellten Fragen im einzelnen wie folgt:

Zu 1.: Soweit Jurahäuser Denkmaleigenschaft haben, werden sie rechtlich behandelt wie andere Baudenkmäler auch, d.h. nach Maßgabe der Schutzbestimmungen des Denkmalschutzgesetzes wird im Einzelfall jeweils angestrebt, ihren Erhalt zu sichern. Um erhaltungswilligen Eigentümern bei einer denkmalgerechten Instandsetzung und Revitalisierung gefährdeter Jurahäuser bestmögliche Unterstützung gewähren zu können, hat der Landkreis Eichstätt mit seinem im Jahr 1980 ins Leben gerufenen Jurahaus-Sonderprogramm, an dem sich auch der Bezirk Oberbayern und der Freistaat Bayern durch das Landesamt für Denkmalpflege finanziell beteiligen, die Förderung von Altmühl-Jurabauten bereits sehr frühzeitig zu einem Schwerpunkt seines Engagements im kulturellen Bereich gemacht. Mit Hilfe dieses Förderprogramms konnte bisher die Sanierung und Restaurierung von 74 landschaftstypischen Baudenkmälern im Raum Eichstätt bezuschußt werden; weitere 57 Baudenkmäler sind in die Förderliste aufgenommen worden.

Allerdings erreichen nach Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege nicht alle Altmühl-Jurabauten den Qualitätsstandard, den das Denkmalschutzgesetz für die Denkmaleigenschaft voraussetzt. In bezug auf diejenigen Objekte, denen aufgrund dessen keine Denkmaleigenschaft zugesprochen werden kann, besteht nach dem Denkmalschutzgesetz auch keine rechtliche Handhabe, Abbrüche oder Veränderungen zu verhindern.

Zu 2.: Die Denkmalliste ist nicht geschlossen; auf die Ausführungen in der Vorbemerkung kann insoweit Bezug genommen werden.

Tatsächlich wird die Denkmalliste vielmehr auch im Landkreis Eichstätt ständig fortgeschrieben. Erst kürzlich wurde etwa in der Gemeinde Mörnsheim wieder ein Anwesen in die Denkmalliste nachgetragen. Derzeit umfaßt die Denkmalliste im Landkreis Eichstätt mehr als 480 Baudenkmäler, wobei sakrale Bauten und ensemblegeschützte Bereiche nicht eingerechnet sind.

Zu 3.: Die Denkmaleigenschaft eines Objekts ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes aus seiner Bedeutung für die Allgemeinheit; die Eintragung in die Denkmalliste oder die Zustimmung des Eigentümers zur Listeneintragung ist hierfür rechtlich nicht erforderlich.

Zu beachten ist allerdings, dass von den Denkmallisten, die vom Rechtsverkehr zu Recht als Orientierungshilfen angesehen werden, Rechtsscheinwirkungen ausgehen: Ein Eigentümer, Investor oder Kaufinteressent soll sich bei einem Blick in die der Öffentlichkeit zugänglichen Denkmallisten einen Überblick verschaffen können, in bezug auf welche Objekte er grundsätzlich mit denkmalpflegerischen Erhaltungsforderungen zu rechnen hat und in bezug auf welche Objekte dies aller Voraussicht nach nicht der Fall sein wird.

Das Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst vertritt daher die Auffassung, dass bei der Fortschreibung der Denkmallisten auch Vertrauensschutzgesichtspunkte eine Rolle spielen sollten: Soll etwa in bezug auf ein Objekt, das bisher nicht in der Denkmalliste erfaßt war und infolgedessen auch nicht als Denkmal behandelt worden ist, über zwanzig Jahre nach Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes die Denkmaleigenschaft und damit das öffentliche Erhaltungsinteresse nachträglich erst dann entdeckt werden, wenn die Gebäudeeigentümer ­ in der aus ihrer Sicht naheliegenden Annahme, sie hätten insofern freie Hand ­ bereits konkrete bauliche Veränderungen geplant haben, so müssen hierfür gewichtige Gründe vorliegen.

Das Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst macht eine Fortschreibung der Denkmallisten daher zwar nicht von der Zustimmung der Eigentümer abhängig, stellt an einen Listennachtrag aber besondere Begründungserfordernisse insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, sofern die betroffenen Eigentümer hiergegen substantiierte Einwendungen erhoben haben.

Hierdurch sollen bereits getroffene Dispositionen geschützt werden, wenn die Denkmalwürdigkeit eines Anwesens erst nachträglich entdeckt worden ist. Ist von vorneherein absehbar, dass aus Vertrauensschutzgesichtspunkten die Erhaltung von erst nachträglich als denkmalwürdig angesehenen Objekten gegen den Willen der Betroffenen nicht durchsetzbar sein wird, soll nach Auffassung des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst auch bereits von vorneherein von einem Listennachtrag abgesehen werden, der sonst in Kürze ohnehin wieder rückgängig gemacht werden müßte.

Zu 4.: Der Erhalt bedeutender Jurahäuser in der sie prägenden Landschaft ist nicht nur ein Anliegen des am 4. Mai 1984 gegründeten Vereins zur Förderung und Pflege von Altmühl-Jurabauten, der sich 1995 in Jurahausverein umbenannt hat. Zu erinnern ist insoweit insbesondere auch an die Anstrengungen des Landkreises Eichstätt im Rahmen seines Jurahaus-Sonderprogramms, das bereits vor der Gründung des Jurahausvereins ins Leben gerufen worden ist und in den vergangenen Jahren maßgeblich zum Erhalt gefährdeter Altmühl-Jurabauten beigetragen hat.

Nach der Gründung des Jurahausvereins hatte sich mit den für Denkmalschutz und Denkmalpflege zuständigen Stellen im Raum Eichstätt zunächst eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit entwickelt. So traf etwa der frühere 1. Vorsitzende des Jurahausvereins, Dr. Alois Stingl, in der Broschüre. Das Altmühl-Jurahaus in bezug auf das Jurahaus-Sonderprogramm des Landkreises Eichstätt folgende Feststellung: Der Landkreis Eichstätt, der Bezirk Oberbayern und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege haben ein beispielhaftes Programm zur Erhaltung besonders charakteristischen Jurahäuser ins Leben gerufen, das hier viel helfen kann. Umgekehrt hatte die vom Jurahausverein geleistete Überzeugungsarbeit sicher auch dazu beigetragen, in der Bevölkerung die Kenntnisse über und die Wertschätzung von landschaftstypischen Bauformen zu erhöhen und bei Eigentümern die Bereitschaft zu stärken, Instandsetzungen und Revitalisierungen von Altmühl-Jurabauten in Angriff zu nehmen.

Bedauerlicherweise hat sich dieses zunächst sehr kooperative Verhältnis in der Folge jedoch nicht spannungsfrei entwickelt. Unter der aktuellen Führung hat der Jurahausverein gegen staatliche Stellen, namentlich gegen den Landrat des Landkreises Eichstätt und seine Mitarbeiter, in der Presse immer wieder in massiver und polemischer Weise Vorwürfe erhoben, die einer näheren Nachprüfung nicht standhalten konnten. Diese Vorgehensweise des Vereins hat auch in der Bevölkerung teilweise zu Verunsicherung und Beunruhigung geführt. Als Folge des eingeschlagenen Kurses sind Polarisierungen und Verhärtungen der unterschiedlichen Positionen festzustellen, die es den staatlichen Stellen im Einzelfall erschweren, mit den Eigentümern alter Jurahäuser einvernehmliche Lösungen für mögliche Sanierungen und spätere Nutzungen der Gebäude zu erarbeiten. Die Verdienste des Vereins insbesondere durch das persönliche Engagement verschiedener Mitglieder, die bei der Restaurierung denkmalgeschützter Gebäude Vorbildliches geleistet haben, werden durch diese Entwicklung deutlich relativiert.

Zu 5.: Bei den vom Jurahausverein in entstellender Weise zitierten internen Anweisungen an das Landesamt für Denkmalpflege handelt es sich um Reaktionen des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst auf konkrete Einzelfälle, in denen die Sachbehandlung des Landesamts für Denkmalpflege aus der Sicht des Ministeriums klarstel lende Hinweise erforderlich gemacht hat; diese Einzelfälle betreffen jedoch keine Altmühl-Jurabauten.

Die zur Fortschreibung der Denkmallisten vom Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst allgemein vertretene Rechtsauffassung ist der Beantwortung der vorliegenden schriftlichen Anfrage zu entnehmen; für eine ergänzende Übermittlung internen Schriftverkehrs mit dem Landesamt für Denkmalpflege besteht aus hiesiger Sicht keine Veranlassung.