Teilnahme des Herrn Ministerialdirigenten Kurt Miehler an einem Seminar beim Deutschen Anwaltsinstitut

Ich beziehe mich auf den Artikel der Abendzeitung vom 27. Juni 1995 auf Seite 2 mit der Überschrift: Tips vom Amt für Zwicks Anwälte und frage die Staatsregierung:

1. Trifft es zu, dass am vergangenen Wochenende ein Seminar des Deutschen Anwaltsinstitutes im Hotel Vier Jahreszeiten stattgefunden hat, das unter dem Motto stand: Wenn der Steuerfahnder und der Staatsanwalt kommt und Herr Ministerialdirigent Kurt Miehler dort als Referent aufgetreten ist?

2. Wurde der Finanzminister vom Ministerialdirigenten Kurt Miehler vorher über diesen Sachverhalt informiert?

3. Glaubt die Staatsregierung, dass Ministerialdirigent Kurt Miehler auf dieser Veranstaltung mit einem wissenschaftlichen Vortrag aufgetreten ist, der als Privatangelegenheit zu werten ist, oder teilt die Staatsregierung vielmehr meine Meinung, dass Herr Ministerialdirigent Kurt Miehler als Experte in Steuerfragen heiße Tips gegeben hat, wie man Steuerzahlungen gegenüber dem Staat minimieren kann, was ja auch erwartet worden ist?

4. Hält die Staatsregierung es für zumutbar, dass der frühere Leiter der Steuerabteilung des Finanzministeriums sein Expertenwissen dazu verwendet, um mit heißen Tips die Steuereingänge zu mindern oder teilt die Staatsregierung meine Meinung, dass ein solches Verhalten geradezu schizophren ist?

5. Ist der Staatsregierung bekannt, welches Honorar Herr Ministerialdirigent Kurt Miehler für seine zur Steuerminderung sicher wertvollen Tips von den Veranstaltern erhalten hat?

6. Teilt die Staatsregierung meine Meinung, dass Herr Ministerialdirigent Kurt Miehler sofort geschaßt werden müßte, bzw. welche Maßnahmen sieht die Staatsregierung vor, einen solchen Mann kaltzustellen?

Antwort des Staatsministeriums der Finanzen

Zu 1.: Das Deutsche Anwaltsinstitut hat vom 16. bis 17. Juni 1995 eine Tagung für Rechtsanwälte, Steuerberater u.ä. Berufsgruppen zu Fragen des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts durchgeführt. Schwerpunkt der Tagung war das Thema Die Überlegungen des Unternehmens bei Begegnung mit Steuerfahndung und Staatsanwalt. Herr Ministerialdirigent Dr. Kurt Miehler hat bei dieser Veranstaltung einen Fachvortrag gehalten, der sich insbesondere mit Fragen des materiellen Steuerstrafrechts sowie des Steuerverfahrens nach der Abgabenordnung befaßt hat.

Zu 2.: Nein. Gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 4 des Bayer. Beamtengesetzes ist die Vortragstätigkeit eines Beamten genehmigungsfrei. Sie ist auch nicht anzeigepflichtig. Da Herr Ministerialdirigent Dr. Miehler die genehmigungsfreie Vortragstätigkeit während seines Urlaubs ausgeübt hat, war er nicht verpflichtet, seinen Dienstvorgesetzten vorher darüber zu informieren.

Zu 3.: Herr Ministerialdirigent Dr. Miehler ist aufgrund seiner früheren Tätigkeit in der Steuerabteilung ein Experte in Steuerfragen. Er wurde deshalb vom Deutschen Anwaltsinstitut bereits im Januar 1995 gebeten, einen Fachvortrag auf diesem Gebiet zu halten. Gegenstand des Vortrages waren verfahrensrechtliche Grundprobleme und materiell-rechtliche Fragen des Steuerstrafrechts unter Einbeziehung der neueren Rechtsprechung und der geltenden Verwaltungspraxis, die dem Zuhörerkreis in abstrakter Form vermittelt wurden. Es kann daher keine Rede davon sein, dass Herr Ministerialdirigent Dr. Miehler heiße Tips gegeben habe, wie Steuerzahlungen vermindert werden können. Das Verhalten des Beamten ist deshalb nicht zu beanstanden.

Zu 4.: Es ist durchaus üblich, dass Referenten, Abteilungsleiter, Staatsanwälte oder Richter aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes beim Deutschen Anwaltsinstitut und anderen vergleichbaren Instituten als Referenten auftreten, um interessierte Fachkreise im Sinne einer offenen und bürgerfreundlichen Verwaltung über die neueste Entwicklung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts und deren Anwendung durch die Verwaltung zu informieren. Es fällt daher nicht aus dem Rahmen, wenn ein Beamter auf dem Gebiet des Steuerrechtes einen informatorischen Vortrag hält. Die Unterstellung in der Frage, die abstrakte Vermittlung der geltenden Rechtslage sei geeignet, die Steuereingänge zu mindern, kann die Staatsregierung nicht nachvollziehen und wird daher entschieden zurückgewiesen.

Zu 5.: Da die Vortragstätigkeit eine genehmigungsfreie Nebentätigkeit darstellt, besteht für den Beamten keine Verpflichtung, dem Dienstvorgesetzten die Höhe der für diese Nebentätigkeit erhaltenen Vergütung mitzuteilen. Die Höhe des Honorars, das Herr Ministerialdirigent Dr. Miehler für seinen Vortrag erhalten hat, ist deshalb der Staatsregierung nicht bekannt.

Zu 6.: Der schon aus der Wortwahl zu entnehmende diffamierende Charakter dieser Fragestellung wird von der Staatsregierung energisch zurückgewiesen. Da Herr Ministerialdirigent Dr. Miehler nicht gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat, sind disziplinarrechtliche oder sonstige dienstrechtliche Maßnahmen nicht veranlaßt.