Eigener Gleiskörper als Voraussetzung für staatliche Zuschüsse bei Investitionen für Straßenbahntrassen

Als Voraussetzung für die Gewährung staatlicher Zuschüsse nach dem Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungsgesetz und dem Finanzausgleichsgesetz zu Investitionen für den Neubau/Umbau von Straßenbahntrassen wird von den bewilligenden Stellen gefordert, dass die Trasse auf einer nur für die Straßenbahn reservierten Verkehrsfläche geführt wird, die von anderen Verkehrsteilnehmern (Kfz, Radverkehr, Fußgänger) nicht benutzt und nicht gequert werden kann.

(Eigener Gleiskörper).

Wird die Voraussetzung nicht gewährleistet, so gibt es keine staatlichen Zuschüsse ­ derzeit bis zu 80 % ­ und die Investition unterbleibt.

Diese Bestimmung dient grundsätzlich der ÖPNV-Beschleunigung sowie der Verkehrssicherheit und ist daher auch positiv zu bewerten. Soll jedoch eine Trasse im vorgegebenen Straßenraum unter dieser Vorgabe neu gebaut oder umgebaut werden, ergeben sich häufig außerordentliche Planungsschwierigkeiten. Es werden durch die exklusive Trasse für die Straßenbahn andere Verkehre (fließender und ruhender Kfz-Verkehr, Radverkehr, Fußgänger) verdrängt oder schwer beeinträchtigt, ohne dass im vorgegebenen Straßenraum oder in der Nähe hinreichende Ersatz- oder Ausgleichsmaßnahmen entwickelt werden können.

Es müßten daher in flexibler Anwendung der genannten Fördervoraussetzung auch Ausnahmen zugelassen werden, so daß eigene Gleiskörper der Straßenbahn teilweise, streckenweise und in bestimmten Situationen auch von anderen Vekehrsträgern genutzt und gequert werden können (z.B. Maximilianstraße München, Schönbornstraße Würzburg, Bahnhofstraße Augsburg).

Ich frage daher die Staatsregierung:

1. Wie ist die genaue Rechtslage bezüglich dieser Fördervoraussetzung (Rechtsquelle, Fundstelle, Wortlaut der einschlägigen Gesetze, Verordnungen und Erlasse)?

2. Lassen die Förderbestimmungen von der grundsätzlichen Voraussetzung des eigenen Gleiskörpers in bestimmten Fällen Ausnahmen zu (Rechtsquelle, Fundstelle, Wortlaut der einschlägigen Gesetze, Verordnungen und Erlasse)?

3. Wurden in den letzten Jahren die Förderbestimmungen enger gefaßt (ggf. früherer Wortlaut der entsprechenden Bestimmung), da z. B. der Umbau der Straßenbahntrasse in der Sanderstraße Würzburg mit staatlichen Zuschüssen gefördert wurde, obwohl die (gepflasterte, leicht erhöht geführte, durch niedrige Bordsteinkante abgesetzte) Straßenbahntrasse vom Kfz-Verkehr und vom Rad-Verkehr ausnahmsweise mitgenutzt werden und von Fußgängern durchgängig gequert werden kann?

4. Wird die Handhabung dieser Fördervoraussetzung im Einzelfall durch das zuständige Ministerium geprüft und gibt es Hinweise darauf, dass die Vorschrift von begutachtenden oder bewilligenden Stellen in Unterfranken vergleichsweise eng interpretiert und angewendet wird?

5. Welche Abteilung ist bei der Bezirksregierung und welches Ministerium ist auf Landesebene letztlich für die Prüfung der Fördervoraussetzung (Eigener Gleiskörper) zuständig?

6. Wenn z. B. die Straßenbahntrasse in der Münchner Maximilianstraße umgebaut werden müßte ­ etwa zur Anpassung an neue kunden- und behindertenfreundlichere Straßenbahnwagen ­ würde auch dort von staatlichen Zuschußgebern die Schaffung eines eigenen Gleiskörpers gefordert werden, der für Taxis, Radfahrer und gelegentlich den nicht benutzbar, für die Passanten nur an den ampelgesicherten Kreuzungen passierbar wäre und zudem das geschlossene Erscheinungsbild dieser Prachtstaße erheblich beeinträchtigen würde?

Es wird gebeten, eine sachliche Antwort auf diese Frage nicht wegen angeblich hypothetischer Fragestellung zu verweigern, sondern die Frage beispielhaft inhaltlich zu beantworten.

Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie

Zu 1.: Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden können nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28, Januar 1988 (BGBl I S. 100), zuletzt geändert durch Art. 6 Abs. 107 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378) gewährt werden. Nach § 2 Abs. l Nr. 2 Buchst. a GVFG können die Länder durch Zuwendungen fördern: Bau oder Ausbau von Verkehrswegen der Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen sowie Bahnen besonderer Bauart, soweit sie dem öffentlichen Personennahverkehr dienen und auf besonderem Bahnkörper geführt werden.

Die Definition des besonderen Bahnkörpers ist in § 16 Abs. 6 Satz 1 der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung BOStrab) vom 11. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2648) geregelt. Diese Bestimmung lautet: Besondere Bahnkörper liegen im Verkehrsraum öffentlicher Straßen, sind jedoch vom übrigen Verkehr durch Bordsteine, Leitplanken, Hecken, Baumreihen oder andere ortsfeste Hindernisse getrennt.

Zu 2.: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz sieht keine Ausnahmeregelungen vor.

Zu 3.: Nein. Das Vorhandensein eines besonderen Bahnkörpers ist seit Inkrafttreten des GVFG im Jahre 1972 zwingende Fördervoraussetzung. Welche der in der BOStrab genannten Abgrenzungsmöglichkeiten den örtlichen Gegebenheiten am besten entspricht, kommt auf den jeweiligen Einzelfall an.

Die Bordsteinhöhe ist in der BOStrab nicht festgelegt. Üblicherweise wird ein 14 cm hoher Randstein verlangt. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse in der Sanderstraße (Straßenbreite, Zulieferverkehr, mehrere querende Einfahrten) wurde bei der Antragsprüfung einer Abgrenzung durch einen 10 cm hohen Rundbordstein zugestimmt.

Zu 4.: Das Vorliegen der Fördervoraussetzungen wird von der Bezirksregierung in einem Prüfvermerk bestätigt. Dieser Prüfvermerk ist Voraussetzung für die Programmaufnahme durch das Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie. Die zweckentsprechende Verwendung der Finanzhilfen wird von der Bezirksregierung im Zuge der Prüfung des Verwendungsnachweises festgestellt. Es gibt keine Hinweise darauf, dass in Unterfranken Anträge strenger geprüft werden als in den übrigen bayerischen Regierungsbezirken.

Zu 5.: Federführend bei der Regierung von Unterfranken ist das Referat 230. Fachressort innerhalb der Staatsregierung ist das Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie.

Zu 6.: Wie unter Nr. 1 ausgeführt, können Zuwendungen nur für den Bau oder Ausbau von Straßenbahnanlagen auf besonderem Bahnkörper gewährt werden. Dies würde auch für die Maximilianstraße in München gelten, da, wie unter Nr. 2 festgestellt, Ausnahmen nicht möglich sind.

Im übrigen fordern die staatlichen Zuschußgeber nicht die Schaffung eines besonderen Bahnkörpers, sondern die Kommunen versuchen nach Möglichkeit, besondere Bahnkörper anzulegen, um so in den Genuß von Fördermitteln zu gelangen. Es ist den Städten unbenommen, ohne staatliche Förderung Straßenbahnanlagen im Straßenraum zu errichten, wie dies auch gelegentlich geschieht. Die Regelung der Verkehrsverhältnisse fällt in die kommunale Planungshoheit.

Die staatlichen Stellen prüfen lediglich, ob die gesetzlichen Fördervoraussetzungen vorliegen.