Behördenabbau im Lahn-Dill-Kreis

Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und für Sport, dem Minister der Finanzen, dem Minister der Justiz, der Kultusministerin, dem Minister für Wissenschaft und Kunst, dem Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, dem Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie der Sozialministerin wie folgt:

Frage 1. Welche Behörden, die bis 1991 im Lahn-Dill-Kreis ansässig waren, sind in der Zeit von 1991 bis 1999 durch die rot-grüne Landesregierung aufgelöst worden?

Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz ist am 1. August 1992 die zum Amtsgericht Wetzlar gehörige Zweigstelle Braunfels aufgelöst worden.

Im Geschäftsbereich des Kultusministeriums ist eine Regionalstelle des Hessischen Landesinstituts für Pädagogik (HeLP) von Wetzlar nach Gießen verlegt worden.

Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung sind die Standorte der Straßenmeistereien in Herborn und Wetzlar zum 5. Oktober 1996 aufgelöst worden.

Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist durch die Neuorganisation der Umweltverwaltung im Jahre 1997 das Wasserwirtschaftsamt Dillenburg in das Regierungspräsidium Gießen eingegliedert worden. Im Bereich der Forstverwaltung ist im Rahmen der Forststrukturreform der Standort des Forstamts Waldsolms zum 1. Oktober 1997 aufgegeben und der Standort Wetzlar neu eingerichtet worden. Das Forstamt Dillenburg ist zum 1. Oktober 1998 aufgelöst worden.

In den übrigen Geschäftsbereichen fanden keine Auflösungen statt.

Frage 2. Welche Behörden sind darüber hinaus personell reduziert worden und in welcher Größenordnung?

Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Finanzen ist das Personal des Staatsbauamts Wetzlar von etwa 77 auf 47 Personen reduziert worden.

Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz wurde beim Amtsgericht Dillenburg zum 1. September 1997 eine halbe durch Ruhestandsversetzung frei gewordene Beamtenstelle des mittleren Justizdienstes entzogen und - im Rahmen der Konzentration der Mahnverfahren - beim Amtsgericht Hünfeld wieder besetzt. Die zweite Hälfte dieser Stelle ist indes mit Wirkung zum 1. Januar 1999 dem zum Insolvenzgericht für die Bezirke der Amtsgerichte Dillenburg, Herborn und Wetzlar bestimmten Amtsgericht Wetzlar wieder zur Verfügung gestellt worden. Darüber hinaus wurden beim Amtsgericht Herborn abgezogen zum 1. Januar 1995 eine Stelle der Vergütungsgruppe VII BAT (dafür jedoch zeitnah ein Ausgleich durch einen Beamten des mittleren Justizdienstes gestellt) und zum 1. Januar 1996 eine halbe Stelle der Vergütungsgruppe VII BAT. Beim Amtsgericht Wetzlar wurden zum 1. Januar 1996 und zum 1. Januar 1999 je eine Stelle der Vergütungsgruppe VII BAT abgezogen.

Generell ist ein direkter, mit vertretbarem Aufwand betriebener Vergleich von Stellenzuweisungen in den Jahren 1991 und 1999 - etwa mit dem Stichtag des 5. April - und eine Darstellung deren Entwicklung schwierig. So hatte beispielsweise im Geschäftsbereich der damaligen Ministerin für Jugend, Familie und Gesundheit das Staatliche Medizinal-, Lebensmittel- und Veterinäruntersuchungsamt Mittelhessen in Gießen eine gemeinsame Stellenzuweisung mit seiner Außenstelle in Dillenburg. Personal- und Stellenveränderungen, die ihre Ursache darin hatten, dass Kräfte ausschieden oder beurlaubt wurden oder ihre Arbeitszeit auf Antrag ermäßigt oder Teilzeitbeschäftigung bewilligt wurde, sind nicht erfasst worden.

Frage 3. Hat es ferner eine Behördenkonzentration durch Auflösung einzelner Standorte im Lahn-Dill-Kreis gegeben?

Wenn ja, konkret in welcher Form?

Im Geschäftsbereich des Kultusministeriums ist durch die Auflösung des Studienseminars Dillenburg im Juli 2002 und die Zusammenlegung der Studienseminare Limburg und Wetzlar eine "Behördenkonzentration" eingetreten; Limburg ist nun Außenstelle von Wetzlar. Personell war damit kein Abbau verbunden.

Aufgaben und Personal der aufgelösten Straßenmeistereien wurden im Rahmen der Reform des Unterhaltungs- und Betriebsdienstes der hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung auf die umliegenden Meistereien verteilt.

Im Rahmen der Neuorganisation der Umweltverwaltung durch das Gesetz vom 15. Juli 1997 wurden beim Regierungspräsidium Gießen zwei Abteilungen "Staatliches Umweltamt", davon eine mit Sitz in Wetzlar, eingerichtet. Die Abteilung "Staatliches Umweltamt", Wetzlar, entstand durch die Eingliederung der folgenden, ehemals eigenständigen Dienststellen und Behörden:

- Wasserwirtschaftsamt Dillenburg,

- Außenstelle Hadamar des Staatlichen Amtes für Immissions- und Strahlenschutz in Wiesbaden,

- Bergamt Weilburg.

Frage 4. Wer hat für die jeweiligen Maßnahmen die politische Verantwortung getragen?

Die politische Verantwortung trägt gemäß Artikel 102 der Verfassung des Landes Hessen grundsätzlich der jeweilige Minister für den ihm anvertrauten Geschäftszweig.

Frage 5. Von wann stammt das so genannte Suchan-Papier genau?

Der "Bericht des Staatssekretärsausschusses zur Personalkostenreduzierung und Strukturreform des öffentlichen Dienstes", das so genannte SuchanPapier (im Folgenden der "Bericht"), datiert vom 17. Juli 1997.

Frage 6. Welche zentralen Aussagen hat dieses Papier zum Thema Personalabbau quantitativ, finanziell und regional gemacht?

Der Bericht umfasst 91 Seiten zuzüglich 17 Seiten Anlagen. Daher ist eine Wertung dessen, was davon "zentrale Aussagen" seien und was nicht, schwierig. Hochgerechnet wurden die Personalausgaben einschließlich der Versorgungslasten vom Jahr 1995 bis zum Jahr 2020. Daraus ergibt sich bei unveränderter Lage der Dinge - nicht monetär, sondern in Stellen ausgedrückt - eine Abbaurate von circa 1.332 Stellen per annum, die sich allerdings in dem Maße reduzieren ließe, indem es gelänge, durch Kosten dämpfende Maßnahmen bei den Beschäftigten und Versorgungsempfängerinnen und -empfängern einzusparen. Finanziell wird unter anderem vorgeschlagen, das 13. Monatsgehalt ("Weihnachtsgeld") im Beamten- und Tarifbereich als leistungsorientierte Sonderzuwendung schrittweise um insgesamt 30 v.H. zu reduzieren und gleichzeitig Urlaubsgeld unter Belassung eines Mindestbetrages für die unteren Besoldungsgruppen, die bislang ein erhöhtes Urlaubsgeld erhielten, zu streichen, alternativ für den Fall, dass das Urlaubsgeld nicht gestrichen würde, das 13. Monatsgehalt im Beamten- und Tarifbereich stufenweise um bis zu 50 v.H. zu reduzieren. Festgestellt wird, dass sich die Zahl der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger (Ruhegehaltsempfän gerinnen bzw. -empfänger und Hinterbliebene) im Land Hessen bis zum Jahr 2020 etwa verdoppeln wird.

Spezifische Aussagen zum regionalen Personalabbau enthält der Bericht nicht.

Frage 7. Was war die Zielsetzung dieses Papiers?

Ziel des Berichts war es, im politischen Bereich die Sensibilität dafür zu wecken, dass die Personalkosten nachhaltig und dauerhaft zu verringern sind, wenn dem Land überhaupt noch Spielraum für Investitionen und andere zukunftsichernden Maßnahmen verbleiben soll.

Frage 8. Was ist davon wo und wie konkret umgesetzt worden?

Die Vorschläge aus dem Bericht wurden von der damaligen Landesregierung zunächst im Wesentlichen nicht angegangen. Die jetzige Landesregierung hat dagegen bei ihren Überlegungen zum Maßnahmepaket "Operation Sichere Zukunft" die Ansätze im Bericht zur Streichung bzw. Reduzierung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes sowie zur Arbeitszeiterhöhung angenommen und umgesetzt. Der Bericht enthält darüber hinaus sehr allgemein gehaltene Aussagen zur Notwendigkeit einer Aufgaben- sowie Organisationskritik und fordert insoweit eine Institutionalisierung. Die Landesregierung hat diese Gedanken aufgenommen und mit der Einrichtung der Abteilung "Verwaltungsreform" in der Staatskanzlei bereits im Jahre 1999 zu einem Bestandteil ihrer Regierungsarbeit gemacht. Durch den Beschluss "Sichere Zukunft durch Standortstrukturreform" vom 22. Dezember 2003 ist darüber hinaus die beispielsweise für Flurbereinigungsverwaltung, Forstverwaltung, Katasterämter und Staatsbauverwaltung empfohlene Überprüfung eingeleitet worden.