AVV Rahmen-Überwachung

Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen wie folgt: Frage: Welche Auswirkungen hat die vom Bundesministerium für Verbraucherschutz erlassene Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) Rahmen-Überwachung auf den Vollzug der Lebensmittelüberwachung in Hessen?

Der durch die Bundesregierung vorgelegte Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung (AVV-RÜb) hat zum Ziel, die amtliche Überwachung nach lebensmittelrechtlichen und weinrechtlichen Vorschriften bundeseinheitlich zu regeln.

Der Bundesrat hat am 24. September 2004 beschlossen, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift nach Maßgabe zahlreicher Änderungen zuzustimmen.

Die Änderungen bezweckten, den sich aus der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ergebenden erheblichen Verwaltungs- und Kostenaufwand für die Länder zu reduzieren. Daher hat die Landesregierung den Änderungen zugestimmt, die AVV-RÜb jedoch insgesamt abgelehnt.

Bisher hat sich das Verwaltungshandeln der Bundesländer hinsichtlich der amtlichen Lebensmittelüberwachung auf Basis einer Entschließung des Bundesrats (Drucks. 150/92) manifestiert.

Die AVV-RÜb soll der Umsetzung und Konkretisierung der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz ("Kontrollverordnung"), die am 20. Mai 2004 in Kraft getreten ist und ab dem 1. Januar 2006 gilt, dienen.

In dieser neuen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift sollen nach Maßgabe der BR-Drucks. 427/04 unter anderem geregelt werden:

- Allgemeine Anforderungen an die Überwachung lebensmittelrechtlicher/weinrechtlicher Vorschriften,

- Grundsätze für die amtliche Betriebsprüfung sowie die amtliche Probenentnahme und -untersuchung,

- ein bundesweiter Überwachungsplan,

- Überwachungsprogramme der Länder,

- die Beauftragung nicht amtlicher Prüflaboratorien,

- die Ein- und Ausfuhrüberwachung,

- der Informationsaustausch.

An kostenträchtigen Vorgaben sind hierbei zu nennen:

- Einführung von Qualitätsmanagementsystemen in der Vollzugsverwaltung der amtlichen Lebensmittelüberwachung,

- die Einstufung der zu überwachenden Betriebe in Risikokategorien,

- eine Kontrolle der Betriebe entsprechend ihrer Einstufung in Risikokategorien in der Regel im Abstand von drei Jahren,

- die Vorgabe, mindestens fünf Lebensmittelproben, 0,5 Proben von Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen bezogen auf je 1.000 Einwohner zu untersuchen; für Hessen bedeutet dies etwa 33.000 Proben;

- die Installation eines bundesweiten Überwachungsplanes sowie eines zusätzlichen Überwachungsprogramms der Länder mit jeweils 0,15 und höchstens 0,45 Proben je 1.000 Einwohner,

- das Erfordernis, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Überwachungs- und Untersuchungskonzepte vorlegen zu müssen,

- das Erfordernis, Ergebnisse der Untersuchungstätigkeiten und Inspektionen jährlich bis zum 1. Mai an das Bundesamt mitteilen zu müssen.

Insgesamt ist auch nach einer Änderung der zunächst durch die Bundesregierung vorgelegten Fassung der AVV-RÜb im Vollzugsbereich mit Mehrkosten von etwa 1,2 Mio., für den Bereich Probenentnahme und Untersuchung mit einem Mehrbedarf von etwa 3,1 Mio. zu rechnen.

Die vermehrten Kosten im Vollzugsbereich resultieren dabei im Wesentlichen aus den Vorgaben der EU-Kontrollverordnung. Die ca. 3,1 Mio. Mehrkosten in den oben genannten Bereichen entstehen jedoch allein durch die Umsetzung der AVV-RÜb und beruhen nicht auf zwingenden EU-Vorgaben.

Unabhängig von den Anforderungen der AVV-RÜb hat Hessen im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des vorbeugenden Verbraucherschutzes im Vorgriff auf die Umsetzung der VO (EG) 882/2004, im Gegensatz zu den anderen Bundesländern, bereits ein Qualitäts-Management-System aufgebaut. Es wurden dafür schon erhebliche materielle Vorleistungen erbracht und ein QM-System im Bereich der amtlichen Lebensmittelüberwachung installiert, welches seit Januar 2004 in Kraft gesetzt und auch bereits erfolgreich intern auditiert worden ist.

Mit diesem System übernimmt Hessen auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle und dokumentiert auch den Stellenwert, der seitens der Landesregierung dem vorbeugenden Verbraucherschutz beigemessen wird. Orientiert an den gesetzlichen Vorgaben werden die Überwachungsaufgaben in Hessen gut, schnell, kostengünstig und landeseinheitlich in einer vorab definierten Qualität erledigt. Andere Bundesländer, wie z. B. Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, haben bereits angekündigt, das hessische System übernehmen zu wollen.

Weiterhin plant Hessen, bis Sommer 2005 eine integrierte Softwarelösung für die Veterinärverwaltung, insbesondere für die amtliche Lebensmittelüberwachung, einzuführen, die zu einer wesentlichen Arbeitserleichterung und Verbesserung der Kontrolltätigkeit führen wird. Mit diesem IT-System wird die risikoorientierte Beurteilung der zu überwachenden Lebensmittelbetriebe zur Festlegung der Kontrollfrequenz durchgeführt sowie die gezielte Probenentnahme nach dem Flaschenhalsprinzip in Abhängigkeit von dem jeweiligen potenziellen Risiko ermittelt. Dies wird zu einer Bündelung der vorhandenen Kapazitäten und zu einem effektiven Kontrolleinsatz führen.

Im Untersuchungsbereich sollen durch eine länderübergreifende Kooperation Synergieeffekte erreicht werden. Entsprechende Gespräche wurden mit Rheinland-Pfalz und dem Saarland geführt. Punktuell ist dies in Hessen schon in der Vergangenheit verwirklicht worden, indem z. B. die am Standort Wiesbaden des SUAH vorhandene Kompetenz für Nitrofuranuntersuchungen in Geflügel den Ländern Hamburg und Bremen zur Verfügung gestellt wurde.

Diese Darstellungen zeigen, dass Hessen, unabhängig von den Anforderungen einer AVV-Rüb und der EU-Kontrollverordnung, bereits erhebliche Anstrengungen im vorbeugenden Verbraucherschutz geleistet hat, und macht gleichzeitig auch den Stellenwert deutlich, den die Landesregierung dem Bereich Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit einräumt. Es ist das erklärte Ziel der Landesregierung, ein hohes Schutzniveau der menschlichen Gesundheit und der Verbraucherinteressen im Lebensmittel- und Futtermittelbereich zu gewährleisten unter Berücksichtigung der Produktvielfalt einschließlich auch traditioneller, landestypischer Erzeugnisse.

Zusätzliche Anforderungen durch eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift werden daher durch die Landesregierung sowohl hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen, wie aber vor allem aufgrund der auf der geltenden und ausreichenden Rechtsgrundlage bereits ergriffenen Maßnahmen kritisch gesehen.