Tagesordnungspunkt

Besetzung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Wiederwahl und Neuwahl von berufsrichterlichen Mitgliedern sowie Wahl des ersten Stellvertreters der Präsidentin

Ich gebe das Wahlergebnis der bereits gestern abend durchgeführten Richterwahlen bekannt. Es waren drei Personen zu wählen, so dass mit einem Stimmzettel praktisch drei Wahlgänge durchzuführen waren.

Bei der ersten Wahl entfielen auf Herrn Dr. Johann Wittmann 82 Stimmen. Enthalten haben sich 46 Abgeordnete.

Unverändert abgegeben wurden 14 Stimmzettel, die nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung als nicht abgegeben gelten.

Bei der zweiten Wahl entfielen auf Herrn Dr. Hans-Jürgen Zimniok 78 Stimmen und auf seinen Gegenkandidaten, Herrn Eckart Stevens-Bartol, 63 Stimmen. Unverändert abgegeben wurde ein Stimmzettel.

Beim dritten Wahlgang wurden für Herrn Dr. Paul Theuersbacher 137 Stimmen abgegeben. Ein Abgeordneter hat sich der Stimme enthalten. Unverändert abgegeben wurden 4 Stimmzettel.

Ich stelle fest, dass der Bayerische Landtag Herrn Dr. Johann Wittmann als berufsrichterliches Mitglied und als ersten Vertreter der Präsidentin des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes gewählt hat. Außerdem hat der Landtag Herrn Dr. Hans-Jürgen Zimniok und Herrn Dr. Paul Theuersbacher zu berufsrichterlichen Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes gewählt.

Nun rufe ich auf:

Tagesordnungspunkt 19

Abstimmung über Anträge, die nicht einzeln beraten werden

Ich stelle die in der Anlage aufgelisteten Anträge insgesamt zur Abstimmung; (Siehe Anlage 1) ausgenommen ist die Nummer 68 der Liste, die auf Antrag der Fraktion der CSU zusammen mit dem Tagesordnungspunkt 28 behandelt wird

Die Fraktion der CSU hat abweichend von der vorgesehenen Regelung, nach der über die Anträge in der Fassung des letztbehandelnden bzw. des federführenden Ausschusses abgestimmt wird, beantragt, folgende hiervon abweichende Fassungen der mitberatenden Ausschüsse zugrunde zu legen: Listennummer 27 - da geht es um die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Jugoslawien -: Zustimmung entsprechend den Empfehlungen der Ausschüsse für Eingaben und Beschwerden sowie für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik; Listennummer 30 - Weiterentwicklung der Kindergartenbetreuung in Bayern, speziell Hortbereich -: Zustimmung mit der Maßgabe, dass nach den Worten zu prüfen die Worte ob und eingefügt werden entsprechend den Empfehlungen des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen; Listennummer 34- ebenfalls Kinderbetreuung, und zwar flexible Nutzung der Nachmittagskapazitäten - : Zustimmung mit der Maßgabe, dass nach dem Wort Grundschule das Wort dringend gestrichen wird entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen; Listennummer 60 - Rent-a-Kindergarten -: Ablehnung entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit; Listennummer 69 - Meister-BAföG -: Zustimmung mit der Maßgabe, dass in Absatz 2 in der Einleitung das Wort soll durch die Worte sollte soweit wie möglich ersetzt wird und im zweiten Spiegelstrich nach dem Wort Landwirtschaft die Worte sowie der sozialpädagogischen und sozialpflegerischen Berufe eingefügt werden. Das ist die vom Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgesehene Fassung, allerdings ohne die zum vierten Spiegelstrich vorgeschlagene Änderung; Listennummer 103 - Budgetierung beim Straßenbauamt und Forstamt -: Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Anderungen entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und For-sten.

Die Voten der Ausschüsse zu den übrigen Anträgen liegen Ihnen vor.

Besteht damit Einverständnis, dass ich - soweit von der Fraktion der CSU beantragt - die Empfehlungen der mitberatenden Ausschüsse, im übrigen das Votum der letztbehandelnden bzw. federführenden Ausschüsse der Abstimmung zugrunde lege? - Ich höre keinen Widerspruch.

Wer also hinsichtlich der Listennummern 27, 30, 34, 60, 69 und 103 - ich habe sie zuvor stichwortartig genannt seinem Abstimmungsverhalten bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion in den genannten mitberatenden Ausschüssen in den übrigen Fällen dem entsprechenden Abstimmungsverhalten in den letztbehandel nden bzw. federführenden Ausschüssen beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Wir kommen jetzt zur gemeinsamen Berichterstattung und Aussprache über die Tagesordnungspunkte 20 und 21.

Bevor ich diese Tagesordnungspunkte im vollen Wortlaut aufrufe, weise ich darauf hin, dass die SPD zum nächsten Tagesordnungspunkt 22 namentliche Abstimmung beantragt hat. Ich mache deswegen darauf aufmerksam, weil wir eine Frist von einer Viertelstunde zwischen Antragstellung und Abstimmung einhalten wollen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 20

Antrag der Abgeordneten Maget und andere und Fraktion (SPD) Keine namentliche AIDS-Meldepflicht (Drucksache 13/213)

Tagesordnungspunkt 21

Antrag der Abgeordneten Dr. Gröber, Dr. Zimmermann, Kobler und andere und Fraktion (CSU) Novellierung des Bundesseuchengesetzes (Drucksache 13/407)

Über die Beratungen des Antrages auf Drucksache 13/213

- das ist der Tagesordnungpunkt 20 - im Ausschuß für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit, Drucksache 13/1531, berichtet Herr Kollege Loew. Oder wollen Sie darauf verzichten, Herr Kollege?

(Loew (SPD): Ich verzichte!)

- Sie verzichten darauf.

Ebenso werden wir auf den Bericht über die Beratungen des Antrages auf Drucksache 13/407- das ist Tagesordnungspunkt 21 - im Ausschuß für Sozial-, Gesundheitsund Familienpolitik, Drucksache 13/954, verzichten. Diese Berichterstattung sollte ursprünglich Herr Gabsteiger übernehmen.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit pro Fraktion beträgt 20 Minuten. Wortmeldungen? - Herr Dr. Gröber. Bitte, Herr Kollege Dr. Gröber.

Dr. Gröber (CSU): Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Hier liegen zwei Anträge zur Beratung vor, die folgende Vorgeschichte haben. Die CSU hat in ihrem Arbeitskreis für Gesundheits- und Sozialpolitik über die AIDS-Politik diskutiert. Es gab verschiedene Berichte in der Presse darüber. Die SPD hat dies zum Anlaß genommen, um eine Festschreibung des Begriffes Keine namentliche AIDS-Meldepflicht, und zwar ohne

Wenn und Aber, in einem Antrag zu postulieren.

Wir haben darüber in sehr sachlicher Form im Sozialpolitischen Ausschuß diskutiert. Als CSU-Fraktion haben wir klargestellt, dass eine solche Formulierung ohne Wenn und Aber für die Zukunft nicht akzeptabel sei. Wir sind der Meinung, dass eine Krankheit, die in Entwicklung ist, auch im Hinblick auf Seuchenbehandlung bzw. Vorbeugung laufend überprüfbar sein muss und dass gegebenenfalls Maßnahmen auch fortgeschrieben werden müssen. Um in der Öffentlichkeit keine Verunsicherung herbeizuführen, haben wir gegenüber der SPD signalisiert, dass wir ihrem Antrag zust!mmen aber in der nächsten Sitzung einen Anderungsantrag einbringen werden, aus dem klipp und klar hervorgeht, dass wir der Auffassung sind, dass das Bundes-Seuchengesetz geändert werden muss und in diesem Zusammenhang krankheitsbezogen auch die Meldepflicht für AIDS neu überprüft werden muß. Das heißt nicht, dass wir eine Meldepflicht haben wollen. Wir wollen aber eine Regelung dahin gehend, dass eine Überprüfung möglich ist, ob zum Beispiel ausreichend gesichert ist, dass unmittelbare Kontaktpersonen von HIVInfizierten geschützt sind.

Ich möchte betonen, dass diese Forderung von uns nicht aus dem luftleeren Raum kommt. Ich verweise darauf, daß die neuesten Berichte der Weltgesundheitsorganisation weltweit verheerende Zahlen und Prognosen aufzeigen.

AIDS ist nach Feststellung der eine Pandemie, die sich in gigantischer Form ausbreitet. Allein in den letzten zehn Monaten des Jahres 1994 wurden 3 Millionen Menschen auf der mit HIV neu infiziert. 1994 war damit eine Zuwachsrate von 60 Prozent bei den HIV-Infektionen zu verzeichnen. 1994 hatten bereits über 17 Millionen Menschen das HIV-Virus, das erst vor elf Jahren entdeckt worden ist, in sich getragen. Noch vor sieben Jahren hat es in Asien kaum HIV-Infektionen gegeben. Heutzutage sind dort bereits 2,5 Millionen Menschen infiziert. In Thailand hat sich die Anzahl der Infizierten seit 1990 verzehnfacht. In Chiang Rai, einer Region in Nordthailand, sind 20 Prozent der jungen Männer und 8 Prozent der jungen Frauen bereits infiziert. Bei 10 Millionen HIV-Infizierten in Afrika kommen auf 11 bis 12 Frauen zehn Männer. Es handelt sich bei den Frauen nicht um Prostituierte. Die Frauen wurden vielmehr von ihren Partnern infiziert. In Uganda ist AIDS für die Hälfte aller Todesfälle verantwortlich. Neun von zehn Menschen unter 35 Jahren sterben dort an AIDS.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich betone: AIDS ist keine Krankheit, die zur Folge haben muß, daß man Vorwürfe gegen die Betroffenen erhebt. Die Aussage, AIDS sei eine Krankheit, die man sich hole, nicht aber eine solche, die man bekomme, ist längst überholt. Wir warnen davor, Menschen, die erkrankt sind, durch Moralisieren abseits zu stellen. Gleichzeitig stellen wir fest, dass es dringend erforderlich ist, dass eine krankheitsbezogene Überprüfung der Vorgänge, die eine Überwachung ermöglichen, laufend erfolgt. Ich bedaure es

- dabei stehe ich nicht allein, sondern diese Meinung wird auch von einer Abgeordneten der SPD im Deutschen Bundestag geteilt -, dass die Krankheit AIDS ebenso wie andere wichtige Krankheiten, zum Beispiel Hepatitis C, bis heute vom Bundes-Seuchengesetz nicht erfaßt wird. Ich bin froh darüber, dass auch das Gesundheitsministerium in Bonn, wahrscheinlich ausgelöst durch eine Pressemeldung vom Mai 1995, diese Problematik mittlerweile erkannt hat.