Die GRÜNEN haben gegen diesen Beschluß gestimmt

Der Landtag beteiligt sich am Verfahren. Es wird die Abweisung der Klage beantragt. Zum Vertreter des Landtages wird der Abgeordnete Dr. Matschl bestellt.

Die GRÜNEN haben gegen diesen Beschluß gestimmt. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, dem Beschluß des Ausschusses beizutreten.

(Beifall bei der CSU und der SPD) Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Gibt es Wortmeldungen? - Ich sehe keine. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen auf

Drucksache 13/3120 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Gegenstimmen? - Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf: Tagesordnungspunkt 6

Abstimmung über Anträge, die nicht einzeln beraten werden

Ich stelle die in der Anlage aufgelisteten Anträge insgesamt zur Abstimmung.

(Siehe Anlage) Ausgenommen sind die Nummern 47 und 52 der Liste.

Über diese Anträge soll auf Wunsch der Fraktion der CSU gesondert abgestimmt werden. Ich rufe daher zuerst die Nummer 47 der Anlage auf.

Antrag der Abgeordneten Dr. Kempfler, Dr. Weiß, Hölzl und anderer (CSU) Innere Sicherheit; Abschiebungshaft bei ausländischen Straftätern während des Asylverfahrens (Drucksache 13/2500)

Ich eröffne zu diesem Punkt die allgemeine Aussprache.

Die Redezeit beträgt 15 Minuten pro Fraktion. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Welnhofer. Ich erteile Ihnen das Wort.

Welnhofer (CSU): Frau Präsidentin, Hohes Haus! Mit dem Antrag soll die Staatsregierung ersucht werden, auf eine Anderung des Asylverfahrensgesetzes hinzuwirken, um zu erreichen, dass ausländische Straftäter nicht aus der Abschiebehaft entlassen werden, wenn sie einen Asylantrag stellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hintergrund dieses Antrages ist der Fall Boro Matic, der bekanntlich vor einigen Monaten den aus dem Raum Regensburg stammenden Polizeibeamten Markus Jobst in einem Münchner U-Bahnhof erschossen hat. Hintergrund ist also der Fall Boro Matjc, der wegen dieser Vorgänge im Frühjahr 1995 für öffentliche Diskussion gesorgt hat. Mit dem Antrag soll die Möglichkeit eröffnet werden, ausländische Straftäter daran zu hindern, sich dem weiteren Vollzug der Abschiebungshaft dadurch entziehen zu können, dass sie einen Asylantrag stellen.

Meine Damen und Herren, zur Vorgeschichte kurz folgendes: Der Täter Boro Matic lebt seit 1979 in der Bundesrepublik Deutschland. Er kam damals im Rahmen des Familiennachzugs hierher. Seit 1988 hat er eine Aufenthaltsberechtigung. Im Jahre 1992 ist Matic vom Amtsgericht München wegen des Vergehens eines gemeinschaftlichen schweren Raubes und eines gemeinschaftlich versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. 1993 verurteilte dann das Landgericht Bamberg den Täter Matic unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts München zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und zwei Monaten wegen eines Vergehens des schweren Raubes und der gefährlichen Körperverletzung, des versuchten schweren Raubes und des Diebstahls. Noch während er die Strafhaft verbüßte, wurde Matic von der Landeshauptstadt München ausgewiesen, seine Abschiebung nach wurde angeordnet. Matic kam dann wegen einer günstigen Prognose vorzeitig frei.

Zur Vermeidung von Abschiebungshaft hat er angegeben, seiner Ausreisepflicht freiwillig nachzukommen und es nicht auf die Abschiebung ankommen zu lassen. Er bat aber um Aufschub, um einige Tage lang seine persönlichen Angelegenheiten regeln zu können. Unter Regelung der persönlichen Angelegenheiten verstand er offenbar, unterzutauchen, was er auch getan hat. Er konnte jedoch später wieder aufgegriffen und festgenommen werden, kam wegen illegalen Aufenthalts zunächst in Untersuchungshaft, wurde dann aber nach Einstellung des Verfahrens wegen illegalen Aufenthalts aus der Untersuchungshaft entlassen und in Abschiebungshaft genommen, weil die Pflicht zur Ausreise fortbestand. Dann ist ihm eingefallen, dass er politisch verfolgt sei, und er hat einen Asylantrag gestellt. Aus diesem Grunde kam er aus der Abschiebungshaft frei und hat alsbald den uns allen bekannten Mord an dem Polizisten Markus Jobst verübt.

Meine Damen und Herren, es wäre dazu nicht gekommen, wenn der Täter Boro Matic nicht, wie es bei der gegenwärtigen Rechtslage jedenfalls aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wohl erforderlich gewesen ist, wegen Stellung des Asylantrags aus der Abschiebungshaft entlassen worden wäre.

Wir seitens der CSU-Fraktion sind jedenfalls der Auffassung, dass diese Rechtslage unerträglich ist. Es geht nicht an, jemanden wegen eines Asylantrags, den er unter solchen Umständen und nach einer solchen Vorgeschichte stellt, aus der Abschiebungshaft zu entlassen.

Wohlgemerkt, es geht nicht etwa darum, dass jemand abgeschoben werden soll, bevor über seinen Asylantrag entschieden ist. Das steht nicht zur Debatte, aber es muß auch nicht sein, dass jemand aus der Abschiebungshaft zunächst entlassen wird, weil er einen Asylantrag stellt, dann aber wieder in Abschiebungshaft genommen wird, wenn einige Zeit später, wie hier auch geschehen, sein

Asylantrag vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge abgelehnt wird. Für diese Zwischenzeit vorläufig in Abschiebungshaft zu bleiben, ist zumutbar und richtig, und nur das wollen wir mit diesem Antrag erreichen. Ich kann überhaupt nicht verstehen, daß darüber gestritten wird.

(Beifall bei der CSU) Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Bevor ich die Frau Kollegin Hirschmann aufrufe, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es sinnvoll wäre, wenn wir diesen Teil des Tagesordnungspunktes noch vor 20. Uhr abstimmen könnten. Ich bitte also, sich bei der Redezeit darauf einzustellen. Sonst müßten wir diesen Punkt morgen noch einmal aufrufen. Bitte, Frau Kollegin.

Frau Hirschmann (SPD): Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Es ist sicherlich bedauerlich - und dahinter steht die SPD auch voll -, wenn hier ein Polizist ermordet worden ist. Wenn ich aber jetzt dem Ansinnen nachgehe, das Sie hier eben dargelegt haben und mit der Gesetzesänderung wollen, dass nämlich Ausländer, die in Abschiebungshaft sind, keinen Asylantrag mehr stellen können, so sage ich - und dahinter steht auch die SPD-Fraktion -, dass dies nicht notwendig ist, weil die §§ 51 und 52 des Ausländergesetzes eigentlich schon dazu dienen, dies tun zu können. Deshalb stellen wir auch in Abrede, daß über die bereits bestehende Gesetzeslage hinaus noch einmal eine Verschärfung eintreten muß.

Nun komme ich zu dem Fall Matic. Hierbei sehen wir es auch anders, insbesondere ich. Die Ausländerbehörde der Landeshauptstadt München hätte vorher schon Möglichkeiten gehabt, diesen Ausländer auszuweisen. Ich finde es nicht gut, dass Sie jetzt aus diesem Fehlverhalten der Ausländerbehörde, so nenne ich es einmal, politisches Kapital schlagen wollen. Denn das wollen Sie letzten Endes mit diesem Antrag. Das wollten auch Sie eben, Herr Welnhofer, mit Ihrer Aussage.

Ein weiteres - das habe ich auch im Ausschuß für Rechtsund Verfassungsfragen gesagt und betone es hier -: Wenn es so kommen würde, wie Sie es wollen, dann hat das zum Ziel, dass junge Ausländer abgeschoben werden und daß dahinter weder die Caritas noch andere Wohlfahrtsverbände, die tagtäglich mit dem Problem dieser jungen straffällig gewordenen Ausländer zu tun haben, stehen.

Wir stimmen diesem Antrag, den Sie heute vorlegen, nicht zu, weil dadurch wieder eines erreicht wird - ich denke, dies ist auch Ihre Absicht -: nicht, Integration zu fördern und bereits gültiges Ausländerrecht anzuwenden, sondern erneut einen politischen Konflikt in diese schwierige Situation hineinzubringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die unveränderte Annahme des Antrags.

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Es ist so beschlossen.

Ich rufe auf: Tagesordnungspunkt 52

Antrag der Abgeordneten Alois Glück, Welnhofer, Jetz und anderer und Fraktion (CSU) § 166 Strafgesetzbuch Verbesserung des Schutzes gegen die Beschimpfung religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen (Drucksache 13/2594)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Die Redezeit würde 15 Minuten pro Fraktion betragen. Wortmeldungen?

- Herr Kollege Schade. - Wer hat sich zuerst gemeldet? Herr Kollege Welnhofer, dann haben Sie das Wort.

Welnhofer (CSU): Frau Präsidentin, ich hätte natürlich Herrn Kollegen Dr. Schade gern den Vortritt gelassen, aber nachdem ein CSU-Antrag aufgerufen ist, erscheint mir das nicht sehr sinnvoll.

Meine Damen und Herren, mit dem Antrag soll der Schutz gegen die Beschimpfung religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen verbessert werden. Hintergrund des Antrages ist, dass im Sommer dieses Jahres die GRÜNEN mit der Forderung nach ersatzloser Streichung von § 166 des Strafgesetzbuches in die Öffentlichkeit traten.

Diese Vorschrift regelt in ihrer gegenwärtigen Form, daß sich strafbar macht, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Obwohl die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht voraussetzt, dass der öffentliche Friede tatsächlich gestört wird, sondern bereits die Geeignetheit für eine Störung ausreichen läßt, wurde der Anwendungsbereich der Norm durch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören nach unserer Überzeugung in einer Weise eingeengt, die den Schutz religiöser oder weltanschaulicher Überzeugungen nicht mehr ausreichend gewährleistet.

Vor dem Hintergrund, dass die Angriffe auf christliche Bekenntnisse an Schärfe und Intensität zunehmen, wie besonders die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit zeigen, muss die Strafvorschrift nach Überzeugung der CSU verändert werden. Strafbar soll unserer Meinung nach in Zukunft sein, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer beschimpft.

Wir sind der Überzeugung, dass das gegenwärtige zusätzliche Erfordernis Störung des öffentlichen Friedens fehl am Platz ist. Es muss ein äusreichender Ehrenschutz für religiöse Bekenntnisse und ihre Angehörigen auch dann gewährleistet sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der öffentliche Friede - noch - nicht bedroht ist.

Meine Damen und Herren, ich nenne Ihnen jetzt zwei Beispiele, die ich ganz unerträglich finde. Da kommt ein Schmutzblatt aus Berlin mit einer Meldung, die den gekreuzigten Jesus Christus als Balkensepp bezeichnet.

Ich finde, wenn so etwas sanktionslos bleibt, dann ist dies unerträglich.

(Beifall bei der CSU)

Da kommt ein anderes Schmutzblatt, meine Damen und Herren, namens Konkret und bringt auf der Titelseite den Bayerischen Ministerpräsidenten - aber nicht um ihn geht es hier - als Gekreuzigten im Zusammenhang mit der Debatte um das Kruzifix-Urteil in diesem Hause. Auch das finde ich - nicht wegen Stoiber, sondern wegen der Verwendung des Kreuzes - unerträglich; derartiges darf nicht sanktionslos bleiben.

(Beifall bei der CSU)

Wir werden nicht ablassen, darauf hinzuweisen, dass das unerträglich ist und nach unserer Überzeugung geändert werden muß. (Beifall bei der CSU) Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schade. Bitte.

Dr. Schade (SPD): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der gesamte Antrag steht im Schlepptau der Kruzifix-Diskussion. Das ist auch aus der Stellungnahme des Herrn Kollegen Welnhofer deutlich geworden

Ich habe manchmal das Gefühl, dass Sie am liebsten eine spezifische Beleidigungsklage gegen das Bundesverfassungsgericht selber einreichen wollten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das aber überspannt den Bogen doch bei weitem.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Antrag ist ein alter Hut. Er ist 1988 bereits einmal in den Bundesrat eingebracht worden und wurde dort abgelehnt, weil die Bundesländer der Auffassung sind, dass der jetzige Schutz der Öffentlichkeit ausreichend sei.

Wir müssen uns einfach vor Augen halten, dass wir hier ein Spannungsfeld haben: Auf der einen Seite die durchaus berechtigten Interessen der Kirchen oder auch Weltanschauungsgemeinschaften, auf der anderen Seite eben das verfassungsrechtlich verbürgte Recht der Meinungsfreiheit. Die Gerichte urteilen genau in diesem Spannungsfeld. Das heißt, sie müssen beiden Seiten in irgendeiner Weise gerecht werden.

(Welnhofer (CSU): Das tun sie nicht!)

- Ja, das sagen Sie. Aber ich meine, die Gerichte legen hoffentlich - Herr Welnhofer, das werden Sie nicht bestreiten - die Gesetze grundrechtskonform aus. Wenn Sie das bestreiten wollen, dann sollen Sie hier sehr laut und deutlich sagen, dass Sie Artikel 4 unseres Grundgesetzes abgeändert haben wollen. Aber er besteht nun einmal, und ich habe in dieser Beziehung Vertrauen in unsere Gerichte.

(Welnhofer (CSU): Das ist kein Obergrundrecht!)

Es muss auch so sein, dass wir in dieser Gesellschaft etwas aushalten können. Ich darf nur einmal daran erinnern, daß natürlich auch Scientology kommen und als Weltanschauungsgemeinschaft oder als Kirche, wie sie sich selbst bezeichnet, dann Verfahren en masse vom Zaume brechen könnte, was sie sowieso schon tut, wenn wir eine Art spezifischer Beleidigungsklage hätten statt nur einer Klage, wenn der öffentliche Friede gestört sein könnte. Ich bitte Sie doch, die Kirche im Dorf zu lassen (Welnhofer (CSU): Das müssen gerade Sie sagen!) und nicht eine Verschärfung dieser Bestimmungen mit der Folge von Gerichtsverfahren unendlicher Zahl, eingeleitet von dieser oder jener Gemeinschaft, zuzulassen.

Ich möchte allerdings auch klarstellen, dass unsere Fraktion nicht der Auffassung ist, wie sie die GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen oder jüngst auch im Bundestag geäußert haben, dass der § 166 des Strafgesetzbuches ersatzlos abgeschafft werden soll. Vielmehr wollen wir hier den meiner Meinung nach goldenen Mittelweg gehen. Ich bitte deswegen, den Antrag abzulehnen.

(Zu rufe von der CSU: Schade!) Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Rieger. Bitte.

Frau Rieger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben über diesen Antrag im Ausschuß ausführlich gesprochen, und ich kann mich dem, was Herr Schade gesagt hat, voll anschließen.

(Dr. Weiß (CSU): Kein Wunder!)

- Das kann ich mir vorstellen, dass Sie sich nicht wundem Ich bin aber auch bereit, darüber zu diskutieren, den § 166 des Strafgesetzbuches zu streichen. Denn eines ist offensichtlich: dass die Kirchen davon am wenigsten Gebrauch machen und sehr offen der Meinung sind, daß der Paragraph in dieser Form nicht unbedingt erhalten bleiben muß. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zurufe von der CSU)