Subvention

Plenarprotokolle 13/62 v. 06.11.96 Bayerischer Landtag · 13. Wahlperiode 4491 gekarrt zu werden, so dass man Tiertransporte, die vermeidbar sind, eigentlich in jedem Fall vermeiden sollte.

Nur was hilft ein so hehrer Vorsatz, wenn man ihn nicht unmittelbar umsetzt in knallhart anzuwendende Vorschriften? Und diese Vorschriften sind an vielen Ecken und Enden nicht so, dass wir die bestmögliche Lösung bekommen könnten.

Ich gehe einmal etwas ab von diesem Fall Triest, weil ich meine, Triest ist ein Fall, und er weist uns nur wieder darauf hin, während er uns eigentlich nicht nur darauf hinweisen sollte, jetzt einen Antrag zu stellen, sondern dieser eine Fall sollte uns darauf hinweisen, dass wir - was heißt wir, die Bayerische Staatsregierung - auf diesem Gebiet längst nicht genug getan haben. Es gibt nämlich viele Triests und immer wieder, und wenn wir auf diesen aktuellen Fall Triest reagieren wollen, können wir das nur, indem wir sagen: Sofort Schluß mit Tierlieferungen an diesen Hafen und nicht erst nach sechs Monaten.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Lödermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Was heißt: bringen wir nicht durch? Wer die Mehrheit hat, bringt alles durch. Und wenn wir wissen, wie es in Triest zugeht, kann man wirklich nicht sechs Monate warten und überprüfen.

Aber ich möchte noch ein weiteres Thema ansprechen, das jetzt vielleicht nicht so aktuell ist, das jedoch deutlich macht, dass es ungut ist, immer wieder auf aktuelle Situationen schnell mit einem Antrag zu reagieren und andere Themen auszulassen. Es geht mir um die Dauer von Tiertransporten. Ach, was war das für ein Kampf der SPD und auch der GRÜNEN, im Bayerischen Landtag zu sagen: Die Tiertransporte müssen nicht so lange dauern, und wir müssen sie in den Griff bekommen.

Wir haben uns dann hier gestritten, was besser ist, eine Kilometerbegrenzung oder eine zeitliche Begrenzung.

Inzwischen sind wir über Parteigrenzen hinweg der Meinung, das Praktikablere ist eine zeitliche Begrenzung vom Abschluß des Einsammelns an. Da sagt nun Bundesminister Borchert, er setzt sich jetzt für acht Stunden ein. In Europa hat man bereits einen 8-Stunden-Beschluß

- mit vielen europäischen Aufweichungen. Jede Nation hat die für ihre Bedürfnisse notwendigen Aufweichungen eingebracht, so dass die acht Stunden nichts wert sind.

Wenn man Tiertransporte vernünftig durchführen würde bis zu dem nächstgelegenen mit anderen Schlachthöfen im Wettbewerb stehenden Schlachthof, würden vier Stunden genügen, denn in vier Stunden können Sie alle Schlachthöfe in einem Umkreis von 200 Kilometern erreichen, und in einem solchen Umkreis liegen auch genügend viele Schlachthöfe, so dass Sie nicht zu einem Schlachthof der Konkurrenz fahren müssen.

Aber das Thema ist zur Zeit nicht aktuell; wir brauchten also einen Fernsehfilm, der zeigt, wie es auch in unserem Land den Tieren geht, die über weite Strecken bis zu einem entfernt gelegenen Schlachthof gefahren werden.

Dann reagiert vielleicht wieder jemand und sagt: Oh Gott, oh Gott, wie schrecklich, diese Tiertransporte. - Wenn wir einen solchen Fernsehfilm sehen.

Also, bitte, überlegen Sie auch einmal so ein etwas ferner gelegenes Thema, auf das wir nicht mit schrecklichen Bildern hingewiesen werden.

Das zweite ist dann die Kontrolle. In Triest jetzt Kontrolle zu verlangen, würde wohl bedeuten, die italienische Seele zu verändern. Und wenn Sie die italienische Seele oder die südländischen Seelen verändern wollen im Blick auf das Verhalten Tieren gegenüber, dann werden Sie nichts erreichen. Aus diesem Grund hat es keinen Sinn, verschärfte Kontrollen und striktes Einhalten der Transportvorschriften zu verlangen, sondern es hat nur einen Sinn, so zu reagieren, wie Südfleisch privat reagiert hat:

Wir verzichten - sagt Südfleisch - auf Lebendschlachtviehtransporte.

Warum ist das ein Verzicht? Ein Verzicht ist es deshalb, weil bei den Lebendschlachtviehtransporten ins nichteuropäische Ausland, ins Nicht-EU-Ausland, Prämien für den Export von Fleisch aus unserem Überschußmarkt gezahlt werden, und zwar nach Gewicht. Beim lebenden Vieh sind eben viele Dinge dabei, die der Mensch nicht essen kann, die aber beim Export subventioniert werden. Deswegen ist es ein Unding, Lebendviehtransporte für den Transporteur, für den Verkäufer jeweils günstiger zu machen und besser zu subventionieren als die Vermarktung von bei uns geschlachtetem Fleisch.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nun einmal eine dieser Regeln. Es wären zwei Dinge notwendig. Zu dem ersten, was ich gesagt habe, zu der Transportdauerbegrenzung auf vier Stunden, sind Sie von der CSU überhaupt nicht bereit. Es wäre aber ungeheuer wichtig. Das zweite wäre, knallhart zu formulieren - nicht etwa wie Sie von der CSU in Ihrem Antrag: Grundsätzlich soll der Transport von Fleisch dem Transport von lebenden Tieren vorgezogen werden. Das ist nämlich ein Satz, den ich in der Presseerklärung des Landwirtschaftsministers wiederfinde.

Ich finde es einfach schon vom Stil her nicht gut, wenn die Formulierung eines Parlamentsantrages grammatikalisch und Wort für Wort mit dem Text einer Presseerklärung aus einem Ministerium übereinstimmt. Das ist nicht gut, und Sie können sich denken, dass auch der Inhalt dann nicht gut wird, wenn Parlamentsanträge und Presseerklärungen identisch sind. So eine Presseerklärung mag gut sein, wenn drinsteht, grundsätzlich soll es so sein. Aber dann muß man im Parlament eben auch die Handhabe dazu bieten und sagen: Wie kommen wir zu diesem Grundsatz?

Das macht die CSU in ihrem Antrag nicht. Deswegen kommen wir auf das zurück, was wir 1993 beantragt haben, und 1994 wurde auf SPD-Antrag beschlossen solche Dinge dauern sehr lange; offensichtlich fehlen wieder die Fernsehbilder -: Die Staatsregierung wird aufgefordert, beim Bund und bei der EU darauf hinzuwirken, dass die bevorzugte Förderung von Lebendschlachtviehtransporten durch die EU - gemeint ist: gegenüber den totvermarkteten - eingestellt wird. Das haben wir 1994 in diesem Parlament einstimmig beschlossen.

1996 brauchen manche hier im Landtag nochmals einen Fernsehfilm, um zu sagen: Oh Gott, jetzt müssen wir etwas tun. - Und dann sagt der Landwirtschaftsminister in seiner Presseerklärung, für den Fall, dass es auf Dauer nicht gelingt, die Probleme des Tierschutzes in den Griff zu bekommen, plädiere er - Bocklet - für eine Streichung aller Prämien für Lebendtiertransporte.

Also, wer jetzt noch nicht den Beweis hat - und zwar im Hinblick auf die Zeit von 1993, nämlich der Antragstellung durch die SPD, bis 1996, bis es nämlich dem letzten Dummkopf nach dem Fernsehfilm aufgegangen ist -, daß die Probleme des Tierschutzes nicht in den Griff zu bekommen sind, der muss wohl sagen: auf Dauer. Dieser Beweis ist geliefert, und wir können nicht mehr war-ten.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen wollen wir mit unserem Antrag jetzt und sofort entschieden haben: Die Staatsregierung wird aufgefordert, beim Bund und der EU darauf hinzuwirken, dass alle Prämien und Exporterstattungen für Lebendschlachtviehtransporte eingestellt werden. (Beifall bei der SPD) Exporterstattungen gibt es für Transporte über die EUAußengrenzen hinaus, also genau für Exporte in die Länder, in denen ein anderes Bewußtsein den Tieren gegenüber besteht und in denen die große Gefahr herrscht, dass weiterhin Tiermißhandlungen stattfinden. Sie werden aber doch einen Italiener in Triest verstehen, der den Deutschen entgegenhält und sagt: Ja, sagt mal, weshalb schimpft ihr eigentlich gegen Lebendviehtransporte, wenn eure Regierung einem Transporteur oder Exporteur für das Wegschicken eines lebenden Tieres mehr bezahlt als für die Verschickung von Fleisch? Das muß dann geradezu ein Anreiz sein.

Wir als Parlamentarier oder Politiker sind doch aufgerufen, die politischen Entscheidungen, die wir treffen, so zu treffen, dass wir nicht diejenigen Dinge, die wir vermeiden wollen, die wir verhindern wollen, auch noch durch Geldprämien unterstützen. Das ist doch das Verrückteste, was es gibt. Überhaupt: Die Diskussion erscheint mir total verrückt. Da gibt es Herren, die manchmal sagen: Den Parlamentariern fehlten die Voraussetzungen, um überhaupt politisch tätig zu sein, weil sie nicht denken können oder so etwas. Aber mir erscheint das wirklich verrückt.

Wieso diskutieren wir darüber, dass Tierschutz sein muß, aber bezahlen noch das, was wir verhindern wollen, mit einer hohen Prämie?

(Beifall bei der SPD)

Die CSU konkretisiert oder grenzt Bocklets auf Dauer auf sechs Monate ein. Sollte dies binnen sechs Monaten, nämlich die Kontrollen in Triest, nicht erreicht werden, sind alle bayerischen Veterinärämter anzuweisen, keine Transportbescheinigungen für Lebendviehtransporte über den Exporthafen Triest auszustellen.

Ich bitte Sie, doch noch einmal darüber nachzudenken.

Grundsätzlich den Export von Fleisch dem Export von Lebendtieren vorzuziehen, reicht nicht aus. Wenn Sie das haben wollen, müssen Sie unserem Antrag zusätzlich zustimmen, damit wir klarmachen: Wir wollen jetzt das erreichen, was selbst der Landwirtschaftsminister als notwendig erkannt hat, wenn es auf Dauer nicht gelingt.

Ich möchte noch einmal daran erinnern: Der Hinweis und die Beschlußlage des Bayerischen Landtages vor drei Jahren, dass es so nicht weitergehen könne, und ein grausliger Fernsehfilm dürfen wohl den Beweis geliefert haben, dass es auf Dauer nicht gelungen ist, die Tierschutzprobleme in den Griff zu bekommen. Deswegen ist unser Antrag so dringend notwendig.

(Beifall bei der SPD) Erster Vizepräsident Hiersemann: Das Wort hat Herr Abgeordneter Kiesel.

Kiesel (CSU)(vom Redner nicht autorisiert): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, die Emotionen wieder etwas herauszunehmen und auf den Weg der Sachlichkeit zurückzukehren.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Lödermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

- Hören Sie doch erst zu, was ich sage. Ich sage vorab:

Wenn hinsichtlich der Tiertransporte all das zutrifft, was in der ZDF-Sendung Frontal gezeigt wurde, dann ist das skandalös und muss von uns allen natürlich abgelehnt und abgestellt werden. Das sage ich ganz deutlich. Solche Vorgänge und Zustände sind durch nichts zu rechtfertigen.

Das ist die Meinung der CSU.

Wir bemühen uns in vielfältiger Weise, Vertrauen bei den Verbrauchern zurückzugewinnen.

(Zurufe von der SPD: Aber!)

Hier wird durch verantwortungsloses Handeln einiger Geschäftemacher Vertrauen verspielt. Ich lege die Betonung auf einiger; denn es ist in der Tat nicht alles so, wie es in diesem Film gezeigt wurde. Man muss ganz einfach auch erkennen, dass es Viehtransporteure gibt, die ordentlich handeln, denen man trotz scharfer Kontrollen nicht nachweisen kann, dass sie irgendwo gegen das Tierschutzgesetz verstoßen haben. Diese werden aber über einen Kamm geschoren. Auch in dieser Sendung wurde zum Beispiel ein Viehtransporteur aus meinem Stimmkreis gezeigt, bei dem mittlerweile das Telephon nicht mehr stillsteht, der sogar Morddrohungen erhalten hat, der nachweislich mehrfach kontrolliert wurde, bei dem es in diesem Bereich nie Beanstandungen gab. Man schert über einen Kamm. Sein Lkw wurde in der Sendung mit Namensschild gezeigt; es wurde aber nicht darauf hingewiesen, dass bei dieser Kontrolle nichts gefunden wurde, dass alles ordnungsgemäß war, dass alles auch mit Plenarprotokolle 13/62 v. 06.11.96 Bayerischer Landtag · 13. Wahlperiode 4493 dem Tierschutz und mit den Auflagen vereinbar war. Man muß sagen: Hier wird nicht objektiv berichtet; hier wird wissentlich emotional berichtet. Das verurteile ich in diesem Falle.

(Beifall bei der CSU)

Ich wollte das nur einfügen, um ganz einfach festzustellen, daß nicht alles objektiv ist, was man sagt. Wir Landwirte pflegen unsere Tiere und gehen mit den Tieren verantwortungsbewußt um. Das gleiche verlangen wir vom Tiertransporteur.

Erster Vizepräsident Hiersemann: Herr Kollege Kiesel, Entschuldigung. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Lödermann?

Kiesel (CSU): Nein, später vielleicht.

Für Bilder, wie sie das Fernsehen nun schon wiederholt gezeigt hat, darf es in der Zukunft keinen Anlaß mehr geben. Das sage ich auch für meine Fraktion, weil wir alles daransetzen wollen, um das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen. Wir sind für den Tierschutz.

Wir in Bayern sind aber auch darauf angewiesen, dass wir Tiere überregional absetzen können. Wir haben bei den Rindern 22 Prozent Selbstversorgung. Auch das möchte ich einmal deutlich sagen. Hier geht es auch um Existenzen. Wenn wir immer von Standorten und sonstigem sprechen, dann muss man auch davon reden, daß wir gut daran tun, wenn wir auch künftig überregional absetzen können.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Lödermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

- Lesen Sie doch unseren Antrag. Da werden jetzt Behauptungen aufgestellt, dass unser Antrag von einer Presseerklärung des Staatsministeriums abgeschrieben sei. Ich habe mir erst vorhin die Presseerklärung besorgt, nachdem ich gehört habe, dass es zu diesem Sachverhalt eine Presseerklärung gibt. Da steht dies tatsächlich einigermaßen wortgleich. Aber es ist doch nicht schlimm, wenn zwischen dem Staatsministerium der CSU-Fraktion, die schließlich auch die Staatsregierung stellt, Übereinstimmungen zustande kommen. Was ist daran schlimm? Das möchte ich einmal wissen.

(Beifall bei der CSU - Unruhe bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier steht ganz deutlich, dass wir die Schlachtung vor Ort vorziehen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir ziehen den Export von Fleisch dem Lebendtransport vor. An die Adresse der GRÜNEN muss ich den Appell richten: Bei Ihrer sonstigen Toleranz müssen Sie sich auch irgendwann damit beschäftigen, dass bei anderen Religionen wie zum Beispiel dem Islam beispielsweise die Schächtung stattfinden muß. (Zuruf der Frau Abgeordneten Lödermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Überlegen Sie, ob man bei uns vielleicht nicht die Schächtung zulassen kann; denn dann kann man vielleicht die gesamte Problematik per Fleischtransport regulieren. Das wäre doch ein Vorteil. So werden die Tiere vielleicht gequält, weil der Transport unnatürlich ist - das ist eine ganz klare Geschichte. Da könnten Sie mit Sicherheit etwas für den Tierschutz tun. Sie sollten also hier nicht nur einfach emotional diskutieren, sondern dann auch auf den Sachverhalt eingehen.

Erster Vizepräsident Hiersemann: Herr Kollege Kiesel, Frau Kollegin Lödermann möchte eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Kiesel (CSU): Bitte.

Erster Vizepräsident Hiersemann: Bitte, Frau Kollegin Lödermann.

Frau Lödermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Kiesel, ist Ihnen bekannt, dass sowohl das Judentum als auch der Islam - dazu gibt es eine ganze Reihe von Gutachten, auch von Universitäten - nicht zwingend das betäubungslose Schächten festschreiben?

(Miller (CSU): Sie machen es aber!) Erster Vizepräsident Hiersemann: Herr Kollege Kiesel.

Kiesel (CSU): Das ist mir schon bekannt, aber das wird halt in weiten Bereichen so gehandhabt. Man sagt, die Betäubung sei nicht mit der Religion zu vereinbaren. Das ist das Emotionale auch bei diesen Ländern. Sie sind doch sonst so tolerant; da muss man das auch zugestehen. Ihr seid nicht glaubwürdig, wenn ihr das so darlegt.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Lödermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

- Das ist aber tatsächlich so.

(Frau Renate Schmidt (SPD): So eine flache Rede habe ich schon lange nicht mehr gehört!) Erster Vizepräsident Hiersemann: Überwiegend hat der Herr Kollege Kiesel das Wort. Bitte sehr.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Man darf aber sagen, dass man so eine flache Rede noch nie gehört hat!) Kiesel (CSU): Man kann nur an die Verbraucher appellieren - ich meine jetzt sowohl die bayerischen Verbraucher als auch die Verbraucher außerhalb Bayerns -, daß sie noch mehr als bisher Rindfleisch mit bayerischem