Regelung

Zu Art. 18a Abs. 12 GO (Mehrheit beim Bürgerentscheid, Doppeltes Ja mit Stichfrage):

Bisher gab es keine gesetzliche Regelung des Doppelten Ja's mit Stichfrage, jedoch wurde dieses Prinzip in der Praxis häufig angewendet und in kommunalen Satzungen geregelt. Eine gesetzlich verbindliche Regelung in der Gemeindeordnung ist nötig geworden, um sicherzustellen, dass bei Bürgerentscheiden immer ein eindeutiges Ergebnis herauskommt. Es gab mehrere Fälle, wo Gemeinderäte bewußt keine Stichfrage auf dem Stimmzettel stellten, in der Hoffnung, dass die zwei gegenläufigen Vorlagen jeweils die Mehrheit der Stimmen erhalten, sich damit gegenseitig aufheben und letztlich der Gemeinderat anstelle der Bürgerinnen und Bürger entscheiden kann (siehe z. B. Kempten, Mering und Wertingen).

Das Abstimmungsverfahren darf aber nicht Opfer strategischer Überlegungen werden. In jedem Fall muss ein eindeutiges Ergebnis herauskommen. Jede Vorlage kann für sich angenommen oder abgelehnt werden. Für den Fall der gleichzeitigen Annahme mehrerer Vorlagen, können die Abstimmungsberechtigten in einer Stichfrage entscheiden, welche dann gelten soll. Falls sowohl der Bürgerbegehren 1 (Fußgängerzone) als auch der Bürgerbegehren 2 (Verkehrsberuhigung) von der Mehrheit der Abstimmenden angenommen wird: Soll das Bürgerbegehren 1 (Fußgängerzone) oder das Bürgerbegehren 2 (Verkehrsberuhigung) gelten? Stichfrage:

Für den Fall, dass zwei oder gar alle drei Vorlagen mehrheitlich gegenüber der bisherigen Ordnung angenommen werden sollten:

Alle Fragen können unabhängig voneinander beantwortet werden.

Werden alle Vorlagen in den Hauptfragen verworfen, so bleibt die bisherige Ordnung in Kraft.

Soweit nur eine Vorlage in den Hauptfragen den Status quo besiegt, tritt diese in Kraft.

Trifft dies für mehrere Vorlagen zu, so entscheiden die von den Stimmbürgern geltend gemachten Präferenzen in der Stichfrage.

Die Präferenzordnungen der Stichfragen werden so ausgewertet, dass die Stimmabgabe in die Ja/Nein-Sprache umgesetzt wird. Bewertet z. B. ein Stimmbürger das Volksbegehren 2 höher als das Volksbegehren 1, so erhält das Volksbegehren 2 in der direkten Gegenüberstellung mit dem Volksbegehren 1 eine Stimme.

Zu Art. 18a Abs. 13 GO (Anspruch auf Umsetzung des Bürgerentscheides)

Durch das Klagerecht der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens auf Umsetzung des Bürgerentscheides wird eine Rechtslücke geschlossen. Wenn die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister einen Gemeinderatsbeschluß nicht umsetzt, so hat der Gemeinderat die Möglichkeit, Klage beim Verwaltungsgericht zu erheben. Wenn aber ein Bürgerentscheid nicht umgesetzt wird, so ist bislang in Bayern umstritten, ob die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf Umsetzung eines Bürgerentscheids haben. Die Rechtsprechung in Baden-Württemberg (VGH Mannheim, Urteil vom 14.11.1974, Az: I 453/74) hat diesen Anspruch bestätigt.

Drucksache 14/98 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode

Deshalb sollen die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens eine Klagemöglichkeit erhalten. Dieser Anspruch auf Umsetzung des Bürgerentscheids gilt nicht mehr, wenn der Bürgerentscheid durch einen ordentlichen Beschluß in einem weiteren Bürgerentscheid oder vom Gemeinderat nach Ablauf der Bindungswirkung aufgehoben wird.

Zu Art. 18a Abs. 14 GO (Bindungswirkung, Übernahme des Bürgerbegehrens):

Auch für den Fall, dass der Gemeinderat ein Bürgerbegehren übernimmt und damit der Bürgerentscheid entfällt, soll die Bindungswirkung nach Absatz 11 wirken. Bislang war unklar, ob es möglich ist, dass ein Gemeinderat nur zur Vermeidung der Bindungswirkung ein Bürgerbegehren übernehmen und kurze Zeit darauf seinen Beschluß wieder rückgängig und die vom Bürgerbegehren kritisierte Maßnahme umsetzen kann.

Zu Art. 18a Abs. 15 GO (Fairneßgebot):

Im Falle eines Bürgerbegehrens und eines Ratsreferendums war nach der bisherigen Regelung eine Bevorzugung der Position des Gemeinderates möglich. Ein Beispiel: Für das Bürgerbegehren konnte die Initiative des Begehrens eine Seite veröffentlichen, der Gemeinderat ebenfalls eine Seite. Für das Ratsreferendum konnte die Initiative nicht veröffentlichen, der Gemeinderat jedoch eine Seite. Dieser erhielt damit doppelt so viel von öffentlichen Geldern finanzierten Darstellungsraum. Diese Ungleichheit wird nun behoben. Unabhängig davon, ob ein oder mehrere Bürgerentscheide zum gleichen Thema, die Auffassungen der Initiatoren und des Gemeinderates dürfen in Veröffentlichungen der Gemeinde nur in gleichem Umfang dargestellt werden.

Zu Art. 18a Abs. 16 GO (Bekanntmachung des Ergebnisses): Entspricht der bisherigen Regelung.

Zu Art. 18a Absatz 17 GO (Bürgerentscheide in Verwaltungsgemeinschaften) :

Dieser neue Absatz 17 ist notwendig, da die Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften ihre Entscheidungskompetenz für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises an die Verwaltungsgemeinschaft abgegeben haben, Bürgerentscheide zu diesen Fragen aber ermöglicht werden. Ohne die Einführung von Bürgerentscheiden in Verwaltungsgemeinschaften könnten die Bürgerinnen und Bürger von Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft nicht über Fragen der Verkehrsberuhigung entscheiden, während allen anderen Bürgerinnen und Bürgern dies möglich wäre. Durch diesen Absatz wird also Rechtsgleichheit hergestellt, in der Praxis wird diese Regelung aber kaum Bedeutung haben.

Zu § 3: Änderung der Bayerischen Landkreisordnung

Die Begründung zur Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung gilt entsprechend. Es wurden dieselben Gesetzesänderungen vorgenommen.

Zu Art. 25a Abs. 5 Satz 3 und 4 (Unterschriftenlisten nach Gemeinden getrennt):

Damit die Gültigkeit von Unterschriften leichter überprüft werden kann, wird an die Vertreterinnen und Vertreter eines Bürgerbegehrens die Anforderung gestellt, dass sie die Unterschriften nach Gemeinden getrennt sammeln.

Zu Art. 25a Abs. 16 (Mitwirkung der Gemeinden):

Mit diesem neuen Artikel wird die bislang strittige Frage, ob die Gemeinden bei der Überprüfung von Kreisbürgerbegehren und der Durchführung von Kreisbürgerentscheiden mitwirken müssen, verbindlich entschieden, so dass nicht mehr auf die bisher angebotenen Hilfskonstruktionen (Amtshilfevereinbarungen) zurückgegriffen werden muß.

Zu Art. 25a Abs. 17 (Gemeindeinitiierter Bürgerentscheid):

Der bisherige Absatz 7 wird Absatz 17.

Zu § 4: Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes

Zu Art. 9a

Zur Kostenersparnis wird das Verbot, Bürgerentscheide gleichzeitig mit anderen Wahlen und Abstimmungen durchzuführen, gestrichen. Nach der bisherigen Regelung ist es zwar möglich, dass das Innenministerium das Verbot aufhebt, dies geschieht jedoch in der Regel nicht. Der Münchner Stadtrat wollte mit einem fast einstimmigen Beschluß z.B. 1996 den Tunnel-Bürgerentscheid mit der Kommunalwahl zusammenlegen. Das Innenministerium sprach keine Verbotsaufhebung aus, übernahm aber auch die zusätzlichen Kosten der Stadt München für die Organisation eines zweiten Urnenganges nicht.

In der Schweiz ist es üblich, dass mehrere Abstimmungen auf einen Urnengang gelegt werden. Dies hat sich dort bewährt.

Das bisherige Verbot der Zusammenlegung von Bürgerentscheiden mit anderen Abstimmungen wird mit dem Argument der Verhinderung einer einseitigen Wahlbeeinflußung begründet. Dieses Argument überzeugt jedoch nicht. Erstens können die Bürgerinnen und Bürger die Abstimmung über eine Sachfrage von einer Wahl unterscheiden. Zweitens, wenn im Vorfeld einer Wahl ein Bürgerbegehren stattfindet, Seite 12 Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/98 so wird dadurch immer die öffentliche Diskussion beeinflußt, unabhängig davon, ob die Abstimmung nun zusammen oder zeitlich getrennt stattfindet. Im Fall München wurde z. B. vor der Stadtratswahl in größerem Ausmaß über den Sinn und Unsinn von Tunnelbauten diskutiert als vor dem eigentlichen Bürgerentscheid zwei Monate später.