Unentgeltliche Jagdausübung durch pensionierte Bedienstete der Staatsforstverwaltung

Pensionierte Bedienstete der Bayerischen Staatsforstverwaltung erhalten nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis von der Bayerischen Staatsforstverwaltung das Recht zur unentgeltlichen Jagdausübung in der Weise, dass ihnen Pirschbezirke, gelegentlich auch Einzelabschüsse, in den Staatsjagden zugewiesen werden. Andere Bewerber um Jagdausübung in den Staatsjagden müssen sowohl für Pirschbezirke als auch für Einzelabschüsse erhebliche Beträge zahlen.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Ist vorstehender Sachverhalt richtig?

2. Wie wird vorstehende Ungleichbehandlung gerechtfertigt?

3. Nachdem bei dieser Vorgehensweise den pensionierten Bediensteten der Staatsforstverwaltung ein geldwerter Vorteil zu Lasten der Staatskasse gewährt wird: Wird dieser von den pensionierten Bediensteten versteuert?

Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Die o. g. Anfrage des Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer beantworte ich in Abstimmung mit dem Bayer.

Staatsministerium der Finanzen wie folgt:

1. Darstellung des Sachverhalts und Begründung der bestehenden Regelung (zu den Ziffern 1. und 2. der Anfrage):

Die zum 01.01.1996 in Kraft getretene Anweisung für die Verwaltung und die Bewirtschaftung der Staatsjagdreviere der Bayerischen Staatsforstverwaltung (Jagdnutzungsanweisung oder kurz JNA) enthält in Nummer 2.4 viertes Tiret die Regelung, wonach Beamte im Ruhestand sowie Rentner der Angestellten- und Arbeiterrentenversicherung, die unmittelbar vor ihrem Eintritt oder ihrer Versetzung in den Ruhestand oder in das Rentenverhältnis bei der Staatsforstverwaltung beschäftigt waren und zu diesem Zeitpunkt die Jagd in einem Verwaltungsre

Von Drucklegung der Anlage wird Abstand genommen, diese kann im LTA, Zi. 110 eingesehen werden. vier ausgeübt haben, unentgeltlich auf ihren Antrag an der Jagdausübung in den Verwaltungsrevieren, möglichst im Bereich ihres Wohnsitzes, beteiligt werden sollen.

Bei der Neufassung der JNA wurde auch die Regelung der unentgeltlichen Jagdausübung durch ehemalige Beschäftigte der Staatsforstverwaltung eingehend diskutiert und mit dem Staatsministerium der Finanzen und dem Bayerischen Obersten Rechnungshof abgestimmt.

Folgende Überlegungen und bisher gewonnene Erfahrungen sprechen für die bestehende Regelung:

Im Jagdjahr 1997/98 haben 434 ehemalige Beschäftigte der Bayerischen Staatsforstverwaltung von der Möglichkeit der unentgeltlichen Jagdausübung in einem Verwaltungsjagdrevier Gebrauch gemacht. Insgesamt wurde von diesem Personenkreis im Jagdjahr 1997/98 960

Stück Schalenwild erlegt. Dies entspricht ca. 2,5 % der gesamten Jagdstrecke (ohne Fallwild) in diesem Jagdjahr in der Verwaltungsjagd der Bayerischen Staatsforstverwaltung.

Im gleichen Zeitraum wurden von privaten Jägern 15 090 Stück Schalenwild in der unverpachteten Jagd der Bayerischen Staatsforstverwaltung erlegt. Dies entspricht knapp 38 % der gesamten Jagdstrecke (ohne Fallwild) im Jagdjahr 1997/98.

Mit rund 55 % des Gesamtabschusses (ohne Fallwild) wird der überwiegende Teil der Abschußerfüllung nach wie vor von den zur Jagdausübung verpflichteten aktiven Beschäftigten der Staatsforstverwaltung vorgenommen, und das nach Möglichkeit zusätzlich zur regelmäßigen Jahresarbeitszeit (s. a. Nr. 2.2.2 Abs. 2 JNA). Angesichts der Tatsache, dass aufgrund der beschlossenen Organisationsreform die Zahl der aktiven Beschäftigten der Staatsforstverwaltung zunehmend geringer wird und gleichzeitig bei fortschreitender, flächendeckender biologischer Automation der Waldverjüngung die Jagd auf Schalenwild sich immer schwieriger gestaltet, erscheint die bestmögliche Beteiligung erfahrener und bewährter Jäger an der Jagdausübung in den Verwaltungsjagdrevieren dringend geboten.

Wie o. a. Zahlen belegen, bemüht sich die Staatsforstverwaltung intensiv, private Jäger an der Jagdausübung zu beteiligen. Um einen spürbaren Beitrag zur Abschußerfüllung leisten zu können, müssen diese Jäger entsprechend befähigt und passioniert sein. Eine weitere Steigerung des Anteils privater Jäger erscheint im Hinblick darauf aber aufgrund der bisher gewonnenen Erfahrungen kaum noch möglich.

Um so mehr ist deshalb der Beitrag der ehemaligen Beschäftigten zur Unterstützung der aktiven Forstbeamten für die Schaffung eines ausgewogenen Wald-Wild-Verhältnisses zur Erzielung strukturreicher, standortangepaßter Mischbestände zu begrüßen. Diese Personengruppe hat sich teilweise über Jahrzehnte mit viel Engagement erfolgreich am Jagdbetrieb beteiligt. Eine differenzierte Behandlung von privaten Jägern und ehemaligen Beschäftigten der Staatsforstverwaltung erscheint daher aus den o. g. Gründen gerechtfertigt.

Da in der momentanen Situation das Engagement der privaten Jäger nicht ausreicht, das dann entstehende Vakuum zu füllen, ist mit negativen Auswirkungen hinsichtlich der Belastung der aktiven Forstbeamten und der Erreichung anspruchsvoller waldbaulicher Vorstellungen mit vertretbarem Einsatz von Haushaltsmitteln im Bereich Waldschutzkosten gegen Wild zu rechnen. Der Aufwand für den Jagdbetrieb und für den Waldschutz gegen Wildschäden müßten daher entsprechend gesteigert werden, um die waldbaulichen Ziele nicht zu gefährden.

Angesichts der Ergebnisse des forstlichen Gutachtens zur Situation der Waldverjüngung 1997, die eine ansteigende Verbißbelastung auch im Staatswald feststellen, müssen alle Anstrengungen unternommen werden, dieser Entwicklung entgegenzusteuern.

2. Bewertung der unentgeltlichen Jagdausübung als geldwerten Vorteil und Versteuerung ­ Einkommensteuerliche Gesichtspunkte (zu Ziffer 3. der Anfrage):

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) gehören sämtliche Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Des weiteren ist es unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Arbeitslohn sind somit alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis veranlaßt sind.

Nach diesem sich aus § 19 Abs. 1 ergebenden Arbeitslohnbegriff gehören die bei den ehemaligen Beschäftigten aus der unentgeltlichen Jagdausübung anfallenden Vorteile zum Arbeitslohn. Die Vorteile stellen Belegschaftsrabatte dar, deren steuerliche Erfassung in § 8 Abs. 3 gesondert geregelt ist. Maßgebend für die Bewertung von Waren und Dienstleistungen im weitesten Sinne, die der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer (auch seine früheren) abgibt oder erbringt, ohne dass er sie überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer herstellt oder erbringt, sind danach die um 4 v. H. geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber an fremde Letztverbraucher im allgemeinen Geschäftsverkehr leistet.

Die sich nach Abzug der von den begünstigten Arbeitnehmern gegebenenfalls gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie für den jeweiligen (früheren) Arbeitnehmer insgesamt 2 400 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Aus der unentgeltlichen Jagdausübung bei einem ehemaligen Beschäftigten der Staatsforstverwaltung wäre deshalb erst dann ein steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen, wenn die entsprechende Jagdausübung durch einen privaten Jäger der Staatsforstverwaltung Einnahmen von mehr als 2 500 DM (Freibetrag + Endpreisabschlag) im Kalenderjahr erbracht hätte. Gemäß Anlage 3 Nr. 2 der Jagdnutzungsanweisung beträgt das Entgelt für die Jagderlaubnis bis drei Monate 400 DM und für jeden weiteren angefangenen Monat 100 DM. Ein Jagderlaubnisschein für eine zwölfmonatige Laufzeit würde somit einen privaten Jäger 1 300 DM kosten. Das Forstamt kann bei der Erteilung der Jagderlaubnis zwar das Entgelt je nach den örtlichen Gegebenheiten erhöhen, eine Erhöhung bis zu einem Betrag von 2 500 DM wurde bisher jedoch noch von keinem Forstamt vorgenommen.

Die unentgeltliche Jagdausübung durch ehemalige Beschäftigte der Bayerischen Staatsforstverwaltung führt somit ­ wie auch ein in der Privatwirtschaft in dieser Höhe eingeräumter Belegschaftsrabatt ­ nicht zu einem steuerpflichtigen geldwerten Vorteil.