Kooperation von Förderschulen und allgemeinen Schulen

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die sonderpädagogischen Fördermaßnahmen in Hessen?

In Hessen sind sonderpädagogische Fördermaßnahmen in einem ausdifferenzierten System nach Förderschwerpunkten (Lernen, Sprache, Sehen, Hören, soziale und emotionale Entwicklung, geistige Entwicklung, Kranke, körperliche und motorische Entwicklung) und Förderorten (Förderschulen, ambulante Förderung, präventive Förderung, (teil-)kooperative Förderung sowie gemeinsamer Unterricht) etabliert. Auf dieser Grundlage ist es möglich, Schülerinnen und Schülern mit besonderem und sonderpädagogischem Förderbedarf in Hessen eine jeweils variable Form sonderpädagogischer Unterstützung anzubieten, die der Situation des einzelnen Kindes oder der/des Jugendlichen gerecht werden kann. Insbesondere im Bereich der Prävention sonderpädagogischen Förderbedarfs werden zurzeit mehr als 15.000 Schülerinnen und Schüler der allgemeinen Schulen (im Schuljahr 2004/2005)

- ausgehend von den sonderpädagogischen Beratungs- und Förderzentren beraten und gefördert. Des Weiteren werden 10.915 Schülerinnen und Schüler in Sprachheilklassen oder von Sprachheilklassen an Grundschulen ausgehend sowie 3.203 Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Förderung durch Kleinklassen für Erziehungshilfe an allgemeinen Schulen sonderpädagogisch unterstützt (Schuljahr 2003/2004). Schließlich besuchen 3.030 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf den gemeinsamen Unterricht an einer allgemeinen Schule (Schuljahr 2004/2005).

Frage 2. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf zu einer Verbesserung der Kooperation von Förderschulen und allgemeinen Schulen in Hessen?

Wenn ja, welche Maßnahmen wird sie ergreifen?

Wenn nein, warum nicht?

Die Kooperation von Förderschulen und allgemeinen Schulen in Hessen ist weitgehend ausgebaut und regional in Arbeitskreisen, Netzwerken und ähnlichen Formen - insbesondere in Fragen der Prävention, der Zusammenarbeit mit den integrativen vorschulischen Einrichtungen, der Rückführung in die allgemeine Schule und des Übergangs in die Berufs- und Arbeitswelt organisiert und im Hessischen Schulgesetz sowie in der Verordnung über sonderpädagogische Förderung grundgelegt. Handlungsbedarf besteht daher nicht.

Frage 3. Wie steht die Landesregierung zur Einrichtung von so genannten "Außenklassen" für Schülerinnen und Schüler der Förderschulen an allgemeinen Schulen nach baden-württembergischem Vorbild?

An Außenklassen in Baden-Württemberg als "Außenstellen" einer Förderschule werden in der Regel 5 Schülerinnen und Schüler mit einer Behinderung unterrichtet. Ihr zugeordnet ist eine Partnerklasse mit reduzierter Schülerzahl (in der Regel 20). Beide Klassen können gemeinsamen Unterricht nach den jeweils bestehenden schulinternen Möglichkeiten durchführen. Mit Stand 2003 wurden dort 170 Außenklassen eingerichtet, an denen 850 SchüEingegangen am 28. Juni 2005 · Ausgegeben am 14. Juli 2005 ler mit Behinderungen teilnahmen. Im gleichen Zeitraum (Schuljahr 2002/2003) wurden in Hessen im gemeinsamen Unterricht, das heißt im Klassenverband, 2.827 Schülerinnen und Schüler gefördert.

Auch in Hessen gibt es über den gemeinsamen Unterricht hinaus Formen der Kooperation zwischen Förderschule und allgemeiner Schule. Diese kooperativen Formen sind regional unterschiedlich ausgeprägt und reichen von Förderschulabteilungen, Förderschulzweigen und Klassen an allgemeinen Schulen bis hin zu Partnerklassen, die regelmäßig im Rahmen von Unterrichtsprojekten zusammenkommen. Zum Beispiel im Schulamtsbezirk Bergstraße/Odenwald sind kooperative Formen - auch im Bereich der Schulorganisation - häufig anzutreffen, teils unter Verzicht auf eigenständig ausgebaute Förderschulen. Der Hintergrund dieser Schulentwicklungsplanung liegt neben der geringeren Bevölkerungsdichte gegenüber städtischen Bereichen auch in einer Ausrichtung auf das kooperative und gemeinsame Lernen.

Frage 4. Wie bewertet die Landesregierung das pädagogische Konzept dieser Außenklassen?

Außenklassen können eine Ergänzung sonderpädagogischer Organisationsformen sein, vor allem dann, wenn Möglichkeiten des gemeinsamen Unterrichts ausgeschöpft sind oder Räumlichkeiten an unterschiedlichen Standorten genutzt werden sollen. Sie erfüllen jedoch nicht in ausgeprägtem Maße den Anspruch der Eltern auf gemeinsamen Unterricht entsprechend der Rechtslage in Hessen, da sie fachlich gesehen lediglich als Form der Teilintegration behinderter und nicht behinderter Kinder und Jugendlicher zu werten sind. Behinderte und nicht behinderte Schülerinnen und Schüler befinden sich zwar auf dem gleichen Grundstück, können jedoch organisatorisch und im Unterricht auch weitgehend getrennt bleiben.

Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Rahmenbedingungen in Hessen für die Einführung von Außenklassen?

Entsprechend den örtlichen Gegebenheiten und Erfordernissen können die Schulträger im Schulentwicklungsplan, der der Zustimmung des Hessischen Kultusministeriums bedarf, die Errichtung von Förderschulabteilungen, -zweigen oder -klassen an allgemeinen Schulen beschließen. Diese Organisationsformen erhalten für ihr schulisches, sonderpädagogisches Angebot eine Lehrerausstattung nach den gleichen Kriterien wie die entsprechenden eigenständigen Förderschulen.

Frage 6. Wird die Landesregierung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einrichtung von Außenklassen in Hessen schaffen?

Wenn nein, warum nicht?

Die Notwendigkeit der Schaffung von gesetzlichen Voraussetzungen für die Errichtung von Außenklassen nach dem baden-württembergischen Modell wird in Hessen nicht gesehen, da die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen die Bildung von Abteilungen, Zweigen und Klassen an allgemeinen Schulen als Formen der Kooperation von Förderschule und allgemeiner Schule bereits ermöglichen. Zudem verfügt Hessen über ein ausgebautes System an präventiven und ambulanten Einrichtungen, wie die sonderpädagogischen Beratungs- und Förderzentren, die Kleinklassen für Erziehungshilfe und die Sprachheilklassen, deren Beratungs- und Förderarbeit sich auf eine enge Zusammenarbeit und Kooperation von Förderschulen, sonderpädagogischen Unterstützungssystemen und allgemeinen Schulen gründet. Des Weiteren ist der gemeinsame Unterricht in Hessen als besonders kooperative und integrative Form der Zusammenarbeit von sonderpädagogischen und allgemeinpädagogischen Ansätzen ein stabiler und bewährter Baustein der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Zurzeit (Schuljahr 2003/2004) werden fast 10 v.H. der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Hessen im gemeinsamen Unterricht gefördert.