Medienfonds

Welche Filmproduktionen wurden 1997/1998 in welcher Höhe und welche Projekte sollen mit dem Medienfond in Höhe von 200 Millionen DM gefördert werden?

Welche Rolle und welche Aufgaben übernimmt die Bavaria für diesen Fond?

Wie viele dieser Medienfonds gibt es im Zuständigkeitsbereich der bayerischen Finanzämter und welches Investitionsvolumen wurde in den letzten Jahren aufgebracht?

2. In welcher Höhe über- oder unterschreiten die aufgebrachten Investitionen die gewährten Steuergutschriften? (Ergänzend bitte eine Gegenüberstellung der einzelnen Fondseinzahlungen zu den gewährten Steuergutschriften in den Jahren 97/98)?

Wie hoch sind die dem Staat durch Steuerabschreibung entgangenen Steuereinnahmen?

3. In welchem Umfang wurden aus den Medienfonds Investitionen in bayerische Filmprojekte oder Produktionsstätten getätigt?

In welchem Verhältnis steht das Gesamtvolumen der Medienfonds zur staatlichen Filmförderung in Bayern?

Unterliegen die Projekte, die aus den Medienfonds gefördert werden, Kriterien, die Qualität und Vielfalt berücksichtigen?

4. Glaubt die Staatsregierung nicht, dass es im Sinne des Haushaltsgrundsatzes von Wahrheit und Klarheit geboten wäre, statt Steuersparmodelle anzubieten und auf Steuereinnahmen zu verzichten, mit diesen Steuergeldern die staatliche Filmförderung zu stärken?

5. Was hält die Staatsregierung von der Anregung des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten, daß die Fondseinlagen nur dann von der Steuer abgesetzt werden können, wenn die damit finanzierten Filme unter das deutsche Filmförderungsgesetz fallen?

6. Was hält die Staatsregierung von der Äußerung des Staatsministers Huber, die Rendite muss über den Markt kommen und nicht über das Ausnutzen von steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten?

7. Wie verträgt sich das Resümee der Süddeutschen Zeitung Bayern finanziert Hollywood mit der Absichtserklärung von Staatsminister Faltlhauser vom 24.6.1998: Amerika produziert, Europa konsumiert und finanziert. Wir müssen im Filmbereich wieder mehr Wertschöpfung nach Europa holen?

8. Welche konkreten Ziele verfolgt die Staatsregierung in der zu errichtenden Arbeitsgruppe der Länder, die bundesweit verbindliche Maßstäbe für die steuerliche Behandlung von Film- und Fernsehfonds festlegen soll?

Antwort der Bayerischen Staatskanzlei

Die schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dürr beantworte ich in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsminister der Finanzen wie folgt:

Zu 1.: Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem in der schriftlichen Anfrage beschriebenen Medienfonds um den Fonds der MFP Munich Film Partners & Co. I. Produktions KG handelt. Aus dem Fondsprospekt, der im Dezember 1998 herausgegeben wurde, ergibt sich, dass der Fonds als Filmproduktions-Fonds für internationale Kinoproduktionen von der Fondsverwaltung Allgemeine Leasing Unternehmensgruppe KGAL, Grünwald, betreut wird. Der Fonds hat ein Gesamtvolumen von 239 Mio. DM. Gemäß dem Fondsprospekt sind 2 Kinoproduktionen geplant. Eventuell können Fernsehproduktionen hinzukommen. Mit der Durchführung der Herstellung der Kinofilme hat die Fondsgesellschaft die Paramount Pictures Corporation ­ ein mittelbares Tochterunternehmen der Viacom Inc., New York ­ beauftragt. Bei der Fondsgesellschaft handelt es sich um ein privatrechtliches Unternehmen im Bereich der Film- und Fernsehproduktion. Eine Förderung von audiovisuellen Projekten im Sinne der Filmförderung von Bund bzw. Ländern findet durch den Fonds nicht statt. Nach Auskunft der Bavaria Film ist neben diesem Fonds gemeinsam von der Bavaria Film und Paramount ein Entwicklungsfonds geplant, der ausschließlich für Film- und Fernsehproduktionen in Deutschland und Bayern zur Verfügung stehen soll.

Zu 1.1:

Aus dem Fondsprospekt kann hierzu folgendes entnommen werden: Persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter der Fondsgesellschaft ist die MFP Munich Filmpartners Grünwald, die berechtigt ist, sich an anderen Gesellschaften zu beteiligen und weitere Komplementärfunktionen zu übernehmen. An dem persönlich haftenden Gesellschafter der Fondsgesellschaft ist die Bavaria Film München, mit 24,5 % beteiligt. Des weiteren sind am persönlich haftenden Gesellschafter die PCC Filmmanagement München, mit 24,5 % sowie die KG Allgemeine Leasing & Co., Grünwald, mit 51 % beteiligt. Zusammen mit der PCC Filmmanagement ist die Bavaria Film für die Steuerung der Produktion und den weltweiten Vertrieb der Produktionen verantwortlich.

Zu 1.2:

Die Zahl der bei den bayerischen Finanzämtem steuerlich geführten Medienfonds und die Höhe des Investitionsvolumens können nicht mitgeteilt werden, weil hierüber spezielle Anschreibungen nicht geführt werden. Eine flächendeckende Erhebung über die vorliegenden Fälle würde einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Im Interesse einer exakten Feststellung müßten alle 106 zuständigen Finanzämter und Außenstellen befragt werden, was zu Lasten der laufenden Tätigkeit der Finanzämter ginge. Innerhalb der Finanzämter und Außenstellen wären zudem mehrere Stellen betroffen.

Zu 2.: Konkrete Aussagen über die steuerlichen Auswirkungen im Einzelfall können nicht gemacht werden. Die Fälle sind im einzelnen nicht bekannt und zudem stünde einer Offenlegung das Steuergeheimnis entgegen. Ganz allgemein stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Filme gehören, da die Überlassung von Rechten im Vordergrund steht, zu den immateriellen Wirtschaftsgütern (wie Erfindungen, Patente usw.). Werden immaterielle Wirtschaftsgüter selbst hergestellt und sind sie Anlagevermögen des herstellenden Betriebs, sind die Herstellungskosten nach handels- und steuerrechtlichen Vorschriften nicht (durch Abschreibung) auf die Nutzungsdauer zu verteilen, sondern im Jahr ihrer Entstehung als sofort abzugsfähiger Aufwand zu behandeln (Aktivierungsverbot). Der Gesetzgeber hat sich für diese Sachbehandlung vorwiegend aus Praktikabilitätsgründen entschieden. Die Feststellung, was zum Herstellungsvorgang bzw. zu den Herstellungskosten für ein Recht innerhalb des Betriebs zählt, ist nicht immer einfach zu treffen. Außerdem sprechen auch Gründe des Gläubigerschutzes für diese Regelung. Da ein selbst hergestelltes immaterielles Wirtschaftsgut keinen am Markt festgestellten Preis hat, bestünde die Gefahr eines überhöhten Vermögensausweises.

Ist ein Medienfonds Hersteller eines Films (Filmproduzent), der durch Lizenzvergabe auf Zeit verwertet wird, tritt das Aktivierungsverbot wie bei allen anderen selbst hergestellten immateriellen Anlagegütern kraft Gesetzes ein. Dies führt in den Herstellungsjahren zu Verlusten, die durch die späteren Verwertungserlöse ausgeglichen werden. Damit die Verluste steuerlich berücksichtigt werden können, muss jedoch unter Anlegung eines objektiven Maßstabs ein positiver Gesamtsaldo zu erwarten sein (zur Gewinnerzielungsabsicht vgl. auch Antwort zu 6.). Beteiligen sich an einem solchen Medienfonds Gesellschafter, die nur beschränkt (bis zur Höhe ihrer Einlage) haften, können diese die auf sie entfallenden (Anfangs-)Verluste nur bis zur Höhe ihrer Einlage mit anderen (positiven) Einkünften ausgleichen oder im Wege des Verlustrücktrags oder -vortrags als Sonderausgaben geltend machen. Bei diesen Regelungen zur eingeschränkten Verlustberücksichtigung handelt es sich um Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, die auf alle beschränkt haftenden Anleger anzuwenden sind, unabhängig davon, aus welcher Tätigkeit oder Vermögensanlage die Verluste herrühren.

Zu 2.1:

Da spezielle Anschreibungen zu Medienfonds nicht geführt werden (vgl. Antwort zu 1.2), können auch die Auswirkungen auf das Steueraufkommen nicht beziffert werden.

Zu 3.: Der Staatsregierung liegt auch außerhalb des steuerlichen Bereichs keine statistische Erfassung der in Bayern ansässigen privaten Medienfonds vor. Daher können auch zu dem Gesamtumfang von Investitionen solcher Medienfonds in bayerische Filmprojekte oder Produktionsstätten keine Angaben gemacht werden. Von Medienveranstaltungen und Veröffentlichungen ist bekannt, dass die Deinböck KG, Deutsche Immobilienfonds-Verwaltung, München, sowie die Nova Media & Co.KG, München, Beteiligungen zu Filmfonds anbietet. Nova Media-Produktionen werden auch am Medienstandort Bayern hergestellt.

Zu 3.1:

Nachdem das Gesamtvolumen von in Bayern ansässigen Medienfonds nicht bekannt ist, können keine Angaben zum Verhältnis von Medienfonds zur staatlichen Filmförderung in Bayern gemacht werden.

Zu 3.2:

Bei den in der Anfrage angesprochenen Medienfonds handelt es sich um privatwirtschaftliche Film- und Fernsehproduktionsunternehmen. Wie bereits in der Antwort zu 1. ausgeführt, verfolgen die Medienfonds keinen Förderzweck.

Vielfach sind jedoch in solchen privaten Medienfonds in den Beteiligungsvereinbarungen inhaltliche Anforderungen an die zu produzierenden Filme festgelegt. So wird beispielsweise in dem Prospekt der MFP Munich Filmpartners darauf hingewiesen, dass Film- und Fernsehproduktionen ausgewählt wurden, die den mit der Freigabe ab 16 Jahren vergleichbaren internationalen Jugendschutzbestimmungen für Kino und Fernsehen genügen.

Zu 4.: Wie bereits in der Antwort zu 2. ausgeführt, folgt die steuerliche Behandlung der Medienfonds aus der allgemeinen Regelung des Handels- und Steuerrechts zu immateriellen Wirtschaftsgütern. Spezielle steuerliche Förderinstrumente, wie Sonderabschreibungen oder Investitionszulagen, gibt es für Medienfonds nicht.

Zu 5.: Der Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten hat sich gegen den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 gewandt, wonach auch Filmproduktionsunternehmen unter die künftigen Verlustabzugsbeschränkungen durch Einordnung der Filmeinkünfte in die Einkünfte aus sog. passiver Tätigkeit fallen würden. Hilfsweise hat er angeregt, dass zumindest Produktionen von deutschen bzw. europäischen Produzenten, die die Voraussetzungen des Filmförderungsgesetzes (§§ 16, 17) erfüllen, als aktive Tätigkeit gewertet werden.

Die Staatsregierung lehnt den Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 als in Zielsetzung und Ausgestaltung grundsätzlich verfehlt ab. Die Bundesregierung hat inzwischen mitgeteilt, dass es zu der vorgesehenen Aufteilung in aktive und passive Einkünfte nicht mehr kommen werde. Die Anregung des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten ist damit hinfällig geworden.

Zu 6.: Die Äußerung zielt auf das im Einkommensteuergesetz verankerte Erfordernis der Einkünfte-/Gewinnerzielungsabsicht ab, wonach Verluste steuerlich nur berücksichtigt werden dürfen, wenn nach objektiven Maßstäben zu erwarten ist, daß eine Tätigkeit oder Vermögensanlage auf Dauer ein positives Ergebnis erbringt. Die Rendite (sog. Totalgewinn oder -überschuß) muss sich hierbei unter Außerachtlassung eventueller steuerlicher Vorteile ergeben. Wie bei allen steuerlich relevanten Tätigkeiten und Vermögensnutzungen ist auch bei Medienfonds Voraussetzung für die Berücksichtigung anfänglicher Verluste, dass Gewinnerzielungsabsicht besteht. Dieses Kriterium ist auch Gegenstand eingehender Prüfung durch die Finanzämter.

Zu 7.: Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser hat in seiner Regierungserklärung zur Medienpolitik am 24. Juni 1998 im Landtag die dominierende Marktposition von amerikanischen Filmund Fernsehproduktionsunternehmen sowie von amerikanischen Vertriebsunternehmen in Europa angesprochen.

Herr Staatsminister Faltlhauser hat daher in der Regierungserklärung eine Medienoffensive Bayern angekündigt, bei der mit verschiedenen Maßnahmen in allen Bereichen der audiovisuellen Produktion in Bayern Anstöße gegeben werden sollen.

Im Zusammenhang mit der Darstellung verschiedener Möglichkeiten, die Film- und Fernsehproduktion in Bayern zu stärken, hat Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser auch die Auflage von privaten Medienfonds in Bayern angesprochen. Dabei wurde auf die Zusammenarbeit von deutschen Produktionsfirmen mit amerikanischen Unternehmen und den damit verbundenen Know-How-Transfer hingewiesen.

Der Markt für Film- und Fernsehproduktionen hat sich inzwischen zu einem Weltmarkt entwickelt. Neben regionalen, nationalen und europäischen Finanzierungsinstrumenten im Medienbereich kommt es für europäische und damit auch bayerische Produktionsunternehmen besonders auf die Kooperation mit großen US-Studios an, um auf dem Markt bestehen zu können. Bei den letztgenannten Gemeinschaftsprojekten wird die Produktionstätigkeit sowohl in den USA als auch an den entsprechenden Standorten in Europa durchgeführt. Nach Angaben der Bavaria Film werden beispielsweise Rahmen des Fonds der MFP Munich Film Partners ca. 10 % des Fondsvolumens für das Projektmanagement in Bayern ausgegeben. Diese Art von Projekten darf nicht nur aus dem Blickwinkel der steuerlichen Vorteile betrachtet werden. Auch die Einnahmen der Medienfonds müssen in Deutschland versteuert werden.

Eine Abschottung gegenüber amerikanischen Produktionsfirmen und deren Aktivitäten in Europa würde der Entwicklung einer international wettbewerbsfähigen Produktionslandschaft in Bayern und in Deutschland entgegenstehen.

Zu 8.: Die von Bayern initiierte Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundes und der Länder hat die Aufgabe, auf der Grundlage des geltenden Steuerrechts eine allgemeine Verwaltungsanweisung zu den ertragsteuerlichen Fragen bei Film- und Fernsehfonds zu erarbeiten. Den Finanzämtern sollen einheitliche Auslegungsmaßstäbe an die Hand gegeben werden.