Verschärfung bei Besuchsabläufen im hessischen Justizvollzug

Der Justizminister wird nicht müde, jede zusätzliche, mit hohem Personal- und Kostenaufwand durchgeführte Durchsuchungsaktion in einer Justizvollzugsanstalt als Erfolg zu bewerten, obwohl der hierbei betriebene Aufwand regelmäßig in einem krassen Missverhältnis zu den erzielten Ergebnissen steht. Es wurden stets weder Drogen, Waffen noch Handys gefunden.

Dennoch nimmt der Justizminister das Vorhandensein von Drogen, Waffen oder Handys offenbar zum Anlass zu planen, die bisherige Besuchspraxis in den hessischen Justizvollzugsanstalten verschärfen zu wollen.

Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Seit wann werden Gefangene im hessischen Justizvollzug sowohl vor einem Besuchstermin als auch danach vollständig entkleidet und durchsucht?

Vor den Besuchsterminen finden und fanden Durchsuchungen mit Entkleidung in keiner hessischen Justizvollzugsanstalt statt.

Nach Besuchsterminen werden Durchsuchungen Gefangener mit Entkleidung, bei der allerdings die Unterwäsche anbehalten werden darf, nur in den Justizvollzugsanstalten Butzbach, Kassel I, Schwalmstadt und Weiterstadt (alle Sicherheitsstufe I) vorgenommen. Nur wenn sich konkrete Verdachtsmomente ergeben, muss im Einzelfall auch die Unterwäsche abgelegt werden. Diese Verfahrensweise war aufgrund einer Empfehlung der Arbeitsgruppe "Einheitliches Strafvollzugskonzept" in ihrem Abschlussbericht vom April 2001 eingeführt worden.

Sie entspricht § 84 Abs. 3 StVollzG ("Der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass Gefangene bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchern und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt nach Abs. 2 zu durchsuchen sind."). Der Verweis auf Abs. 2 beinhaltet die mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung.

Frage 2. Ist dies in allen hessischen Justizvollzugsanstalten der Fall?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen.

Frage 3. Wer führt diese Durchsuchungen jeweils durch?

a) Wird dies von zusätzlichen Bediensten des AVD durchgeführt oder von den jeweils zuständigen Stationsbeamten?

b) Welche Handhabung ist für die JVA Hünfeld vorgesehen, in der die Besuchsbegleitung von Privatbeschäftigten durchgeführt werden soll?

Zu a:

Die Durchsuchungen mit Entkleidung nach den Besuchen werden generell von den für die Organisation der Besuche eingeteilten Bediensteten vorgenommen. Alle diese Kontrollpersonen sind Bedienstete des AVD. Generell ist die körperliche Durchsuchung Gefangener keine zusätzlich eingeführte Aufgabe, sondern gehört nach 84 StVollzG zu den grundlegenden Maßnahmen, die durchzuführen sind. Daher waren und sind hierzu auch keine zusätzlichen AVD-Beamten erforderlich. Dies gilt auch für körperliche Durchsuchungen Gefangener nach Besuchen.

Auch in der Justizvollzugsanstalt Hünfeld werden Durchsuchungen wie in allen anderen hessischen Justizvollzugsanstalten ausschließlich durch Vollzugspersonal durchgeführt. Private Kräfte werden lediglich für die Begleitung zu und von den Besuchsräumen eingesetzt.

Frage 4. Auf welche Weise wird sichergestellt, dass der zeitliche Aufwand, der zur Durchführung der vorgenannten körperlichen Untersuchungen erforderlich ist, die nach § 24 StVollzG festgelegte Besuchszeit nicht verkürzt?

Die für die Durchführung von Kontrollmaßnahmen erforderliche Zeit wurde noch nie und wird auch künftig nicht von der Besuchszeit abgezogen.

Frage 5. Welche Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen gibt es darüber hinaus in den hessischen Justizvollzugsanstalten und in welchen Fällen werden diese jeweils angewandt?

Im hessischen Justizvollzug gibt es optische, akustische und mechanische Überwachungsmaßnahmen. Der Regelbesuch, der als Gruppenbesuch stattfindet, wird grundsätzlich lediglich optisch überwacht. Eine optische und akustische Überwachung findet bei Einzelbesuchen statt, wenn dies aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt oder der Behandlung des Gefangenen geboten ist (§ 27 Abs. 1 S. 2 StVollzG). Als weitere differenzierende Maßnahme kann bei entsprechendem Anlass, z. B. positiver Urinkontrolle, Handyfund, Bargeldfund pp., für einen beschränkten Zeitraum Trennscheibenbesuch angeordnet werden.

Frage 6. Zu welchem Zeitpunkt beabsichtigt der Justizminister Besuchstische mit Trennscheiben im hessischen Strafvollzug einzuführen?

Die ergänzende Einführung von Besuchstischen mit Übergabesperren (aufgesetzte, ca. 35 cm hohe Trennscheiben auf den Tischen und Abtrennung unter der Tischplatte) ist ab Januar 2006 zwingend nur für die Justizvollzugsanstalten Butzbach, Kassel I, Schwalmstadt und Weiterstadt vorgesehen.

In den genannten Anstalten soll als Erweiterung der bereits bestehenden Besuchsformen für bestimmte Besucher der Einsatz von Tischen mit Übergabesperren zeitlich begrenzt ermöglicht werden. Es ist nicht daran gedacht, dies als generelle Regelung einzuführen, sondern auf unbekannte, neue Besucher zu beschränken.

In den übrigen Justizvollzugsanstalten liegt die Verwendung derartiger Tische im Ermessen der jeweiligen Anstaltsleitung.

Ergeben sich bei diesen Besuchen und den danach durchgeführten Kontrollen keine Auffälligkeiten, so kann nach der Absolvierung einer bestimmten Anzahl von Besuchen (in der Regel acht) der weitere Besuch an Tischen ohne Übergabesperren durchgeführt werden. Der besondere Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG wird dadurch gewahrt, dass bei Besuchern, die in einem engeren verwandtschaftlichen Verhältnis zu den Besuchten stehen, der Besuch grundsätzlich an Tischen ohne Übergabesperren durchzuführen ist.

Frage 7. Aus welchen Gründen sollen solche die Besuchskontakte erschwerenden Trennscheibentische eingeführt werden?

Durch die Besuchstische mit Übergabesperren soll das Risiko minimiert werden, dass verbotene Gegenstände, insbesondere Betäubungsmittel, übergeben werden.

Langjährige Erkenntnisse des Vollzuges, der Staatsanwaltschaften und der Polizei weisen auf die Übergabe verbotener Gegenstände beim Besuch als einen der Haupteinbringungswege hin. Um der damit verbundenen Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten entgegenzuwirken, aber auch um die Gesundheit der Gefangenen zu schützen, erscheint die mit den neuen Besuchstischen mögliche differenzierte Vorgehensweise als ein geeignetes Mittel. Sie dient nicht zuletzt auch der Behandlung der Gefangenen, da bei Verzicht auf diese Tische bzw. deren Nichteinführung in manchen Fällen Besuchsverbote oder Trennscheibenbesuche angeordnet werden müssten, die den betroffenen Gefangenen stärker belasten würden als die mit dem Einsatz der neuen Besuchstische verbundenen geringfügigen Einschränkungen.

Frage 8. Wird es künftig solche Trennscheibentische in allen hessischen Justizvollzugsanstalten geben?