Überregulierung in der Fisch- und Teichwirtschaft

Immer häufiger klagen Fischer und Teichwirte über eine zunehmende Flut von Regulierungen und einschränkenden Verordnungen in ihrem Wirtschaftsbereich. Es wird dabei darauf hingewiesen, dass Neuregelungen häufig nicht durch EU-Recht verursacht sind und Betriebe in Deutschland stärker eingeengt werden als in anderen Mitgliedstaaten der EU.

Die kritisierten Neuregelungen sind in den letzten Jahren in Kraft getreten. Das ist um so bemerkenswerter, als die Staatsregierung und die bis Herbst 1998 amtierende Bundesregierung den Abbau von Regulierungen immer als vorrangige politische Aufgabe bezeichnet haben.

In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung:

1. Trifft es zu, dass nach der Fischhygiene-Verordnung Süßwasserfische nicht nur soweit sie über den Handel gehen, sondern auch beim Verkauf durch den Erzeuger ab Teich oder Lebendbehälterung oder bei Abfischungen nur noch ausgenommen an den Endverbraucher abgegeben werden dürfen, obwohl viele Kunden unausgenommene Fische verlangen, hält die Staatsregierung diese Regelung für sinnvoll und ist sie bereit, sich für eine Änderung einzusetzen?

2. Trifft es zu, dass das in Frage 1 angesprochene Verbot des Verkaufs unausgenommener Fische nur in Deutschland gilt und aus anderen EU-Staaten aber unausgenommene Fische in Deutschland verkauft werden dürfen und sieht die Staatsregierung hier Handlungsbedarf wegen Wettbewerbsnachteilen einheimischer Fischereibetriebe?

3. Trifft es zu, dass nur in Deutschland für das Schlachten von Fischen (eine relativ einfach zu lernende Tätigkeit) ein Sachkundenachweis gefordert werden soll (bestehend z. B. aus einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Fischwirt oder drei Jahre Berufserfahrung) und wie beurteilt die Staatsregierung diese strengere deutsche Anforderung?

4. Trifft es zu, dass nur in Deutschland der Feuchttransport von Aalen verboten ist, obwohl die EU das nicht verlangt und die Fischereifachleute der Meinung sind, dass der Feuchttransport die beste Möglichkeit zum Transport von Kleinmengen von Aalen über kürzere Zeiträume ist und ist die Staatsregierung bereit, sich hier für Änderungen einzusetzen?

5. Trifft es zu, dass es nur in Deutschland Schlachtvorschriften für Aale gibt, die auch kleine Betriebe zur Anschaffung teurer elektrischer Tötungsmaschinen zwingen und hält die Staatsregierung diese Regelung für sinnvoll?

6. Trifft es zu, dass nur in Deutschland das Salz für ein Salzwasserbad gegen Hautparasiten bei Fischen mittels tierärztlichem Rezept von einer Apotheke bezogen werden muß, obwohl offenbar die EU auch die Verwendung von Salz aus dem Lebensmittelhandel zuläßt, und liegt hier nach Meinung der Staatsregierung eine unnötige Überregulierung vor?

Zu 1.: Das Ausnehmen von Fischen unverzüglich nach dem Fang, wie dies in der Fischhygiene-Verordnung vorgeschrieben ist, ist aus hygienischen Gründen sinnvoll. Dadurch kann verhindert werden, dass aus den Eingeweiden Verdauungsenzyme in die Muskulatur austreten und dort ihre eiweißabbauende Tätigkeit entfalten. Ferner wird dem Austreten von Keimen aus dem Verdauungstrakt begegnet, die zu einer Kontamination des Fischfleisches führen können.

Es ist nicht bekannt, dass viele Kunden nicht ausgenommene Fische verlangen. Die Änderungsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit, die der Bundesrat voraussichtlich am 30.04.1999 beschließen wird, sieht vor, dass nicht ausgenommene Fische nach dem Schlachten an Verbraucher abgegeben werden dürfen; das Schlachten wird als Töten von Fischen, ggf. unter Blutentzug ohne Ausnehmen der Leibeshöhle definiert. Durch die Änderungsverordnung wird dem Begehren des Fragestellers Rechnung getragen; ein Vorstoß der Staatsregierung erübrigt sich daher.

Zu 2.: In der Richtlinie 91/493/EWG ist für alle Mitgliedstaaten verbindlich festgelegt, dass das Ausnehmen von Fischen möglichst bald nach dem Fang oder der Anlandung erfolgen muß, wenn dies unter technischen und handelsrelevanten Gesichtspunkten möglich ist (Art. 3 Abs. 2). Diese Vorschrift ist als Rahmen für das innergemeinschaftliche Verbringen und den innerstaatlichen Handel mit nicht ausgenommenen Fischen anzusehen. Vor diesem EG-rechtlichen Hintergrund bestehen keine Wettbewerbsnachteile für die einheimischen Fischereibetriebe.

Zu 3.: Das Schlachten von Fischen wird in der EG-Schlachtrichtlinie (93/111/EG) nur in allgemeiner Form angesprochen.

Konkrete Regelungen zur Sachkunde bzw. zu den Schlachtmethoden (vgl. Ziffer 5) sind nur im nationalen Recht (Tierschutzgesetz, Tierschutz- Schlachtverordnung) enthalten.

Die Verpflichtung, einen Sachkundenachweis für das Schlachten von Fischen zu erbringen, betrifft nach § 4 Abs. 1a des Tierschutzgesetzes nur Personen, die diese Tätigkeit regelmäßig berufs- oder gewerbsmäßig ausüben. Bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes im Jahre 1998 hatte sich Bayern im Vermittlungsausschuß erfolgreich dafür eingesetzt, den Kreis der sachkundepflichtigen Personen zu reduzieren. Dem ist in § 4 Abs. 1a Satz 3 des Tierschutzgesetzes Rechnung getragen. Werden danach Fische in Anwesenheit einer Aufsichtsperson geschlachtet, genügt es, wenn diese den Sachkundenachweis erbringt.

In einer bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes, die derzeit von Bund und Ländern vorbereitet wird, ist nach dem jetzigen Beratungsstand vorgesehen, dass folgende Qualifikationen als Sachkundenachweis gelten:

­ Ausbildung zum Fischwirt

­ Ausbildung zum Fischfachverkäufer

­ Besitzer eines gültigen Fischereischeins

­ unbeanstandete Ausübung der Tätigkeit über einen angemessenen Zeitraum

­ Fachkundegespräch bei der Behörde.

Die Staatsregierung geht davon aus, dass mit den vorgesehenen Regelungen den Anforderungen des Tierschutzes genügt wird, ohne die Fisch- und Teichwirtschaft nennenswert zu belasten.

Zu 4.: Durch die Erste Verordnung zur Änderung der Tierschutzverordnung vom 23.02.1999 (BGBl I S. 188) ist der Feuchttransport von Aalen generell zugelassen worden. Auf Antrag Bayerns hatte sich der Bundesrat für diese Regelung ausgesprochen.

Zu 5.: Auch bei Fischen gilt die Verpflichtung des Tierschutzgesetzes, dass die Tiere vor der Schlachtung zu betäuben sind, um ihnen vermeidbare Schmerzen und Leiden zu ersparen. Bei den meisten Fischarten reicht ein Kopfschlag zur Betäubung aus, nicht jedoch beim Aal mit seiner spezifischen Anatomie.

Beim Schlachten von Aalen in größerer Anzahl ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand nur die Elektrobetäubung im Wasserbad akzeptabel, was entsprechende Anlagen voraussetzt. Die weniger aufwendige mechanische Betäubung und Tötung der Tiere durch Genickstich (Durchtrennen der Wirbelsäule und sofortiges Herausnehmen des Herzens und der Eingeweide) lässt sich aus technischen Gründen nur beim Schlachten geringer Stückzahlen durchführen. Denn wegen der äußeren Schleimschicht der Aale ist ein sicheres Fixieren vor dem Ansetzen des Genickstichs schwierig und zeitaufwendig. Zur Abgrenzung beider Betäubungsverfahren sieht die Tierschutz-Schlachtverordnung vor (§ 13 Abs. 5), daß beim gewerbsmäßigen Schlachten von Aalen die Elektrobetäubung zu verwenden ist. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass kleinere Betriebe, die zwar gewerblich tätig sind, aber nur geringe Stückzahlen schlachten, eine Anlage für die Elektrobetäubung anschaffen müssen. Bei der voraussichtlich noch in diesem Jahr anstehenden nächsten Änderung der Tierschutz-Schlachtverordnung wird sich Bayern dafür einsetzen, dass die Verpflichtung zur Verwendung der Elektrobetäubung nicht von der Gewerbsmäßigkeit, sondern von der Anzahl der zu betäubenden Aale abhängig gemacht wird.

Zu 6.: Kochsalz, das zur Behandlung von Hautparasiten bei Fischen bestimmt ist, ist ein sog. fiktives Arzneimittel. Es ist als solches nicht zulassungs-, verschreibungs- oder apothekenpflichtig und kann daher auch aus dem Lebensmittelhandel bezogen werden. Eine unnötige Überregulierung liegt somit nicht vor.

Aus Gründen des Tierschutzes müssen bei der Behandlung von Süßwasserfischen mit Kochsalz die von den wissenschaftlichen Sachverständigen empfohlenen Konzentrationen und die Verweildauer der Fische im Salzbad beachtet werden.