Erdgasversorgung in Bayern

Im Bereich der Erdgasversorgung als umweltfreundlichster fossiler Energieform besteht im Freistaat Bayern ein großer Nachholbedarf. Während im übrigen Bundesgebiet die Bedeutung von Erdgas für die Wärmeversorgung in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen und mittlerweile die Ölheizung als wichtigste Wärmequelle abgelöst hat, stagniert im Freistaat der Anteil von Erdgasheizungen an der Beheizungsstruktur. Liegen die Erdgas-Marktanteile im Wohnungsbestand im gesamten Bundesgebiet bei ca. 41 Prozent, so liegen sie in Bayern nur bei knapp 30 Prozent. Lediglich in Berlin liegt der Anteil von Erdgasheizungen noch unter dem bayerischen. Betrachtet man den Erdgas-Marktanteil bei Wohnungsneubauten, dann ergibt sich ein noch ernüchternderes Bild. Während im gesamten Bundesgebiet über 70 % der Wohnungsneubauten mit Erdgasheizungen ausgestattet sind, sind es in Bayern nur 50 %. Bayern bildet damit das Schlußlicht aller deutschen Flächenländer. Nur ca. 840 der insgesamt 2.051 Gemeinden Bayerns sind an das Erdgasnetz angeschlossen, was zur Folge hat, dass viele Neubauten für Erdgas nicht zu erreichen sind.

Ich frage deshalb die Staatsregierung:

1. Welche Maßnahmen wurden in den vergangenen Jahren aus dem Bayerischen Förderprogramm für den Bau von Erdgasleitungen (Einzelplan 07, Nr. 5.2) gefördert?

2. Wie sehen die Planungen und der Stand der bereits bewilligten Maßnahmen für die Förderung des Baus von Erdgasleitungen in den Jahren 1999/2000 aus (Verteilung auf die Regierungsbezirke, Gemeinden)?

3. Nach welchen Richtlinien erfolgt die Mittelvergabe aus dem Förderprogramm? Was sind die Voraussetzungen für eine Förderung?

4. Wird das Förderprogramm, und wenn ja, in welchem Umfang, auch in den Jahren nach dem Doppelhaushalt 1999/2000 aufgelegt?

5. Gibt es darüber hinaus weitere Planungen und Maßnahmen der Staatsregierung zur Herstellung einer besseren Erdgasversorgung der bayerischen Städte und Gemeinden?

Anwort des Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie vom 21.05.

1. Vorbemerkung:

In einem Flächenstaat wie Bayern sind dem Ausbau des Erdgasnetzes naturgemäß wirtschaftliche Grenzen gesetzt.

Während sich der Ausbau der Erdgasversorgung in den Ballungsräumen aufgrund der wirtschaftlichen Interessen der Versorgungsunternehmen ohne staatliche Förderung vollzieht, ist eine solche Entwicklung in den ländlicher strukturierten Räumen nicht ohne weiteres zu erwarten. Mit Hilfe der staatlichen Fördermittel für die Erdgaserschließung war es aber möglich, den Anteil des Erdgases am Primärenergieverbrauch vom Beginn der Förderung 1970 bis heute von 5 % auf 16 % zu verdreifachen.

Die mittlerweile über 840 angeschlossenen Gemeinden sind zwar zahlenmäßig weniger als die Hälfte aller bayerischen Gemeinden; sie repräsentieren jedoch immerhin rund 80 % der bayerischen Bevölkerung. Das ist für ein Flächenland, in dem leitungsgebundene Energiesysteme rascher an die Grenzen der Wirtschaftlichlkeit stoßen, ein beachtlicher Erschließungsgrad. Der Hinweis, dass in Bayern weniger Wohnungsneubauten mit Erdgas beheizt werden, beweist deshalb nicht etwa einen erdgaserschließungspolitischen Rückstand, sondern ist

­ unvermeidliche Konsequenz einer weitflächigen Struktur,

­ möglicherweise auch dadurch bedingt, dass in Bayern Wohnungsneubau auch in stärkerem Umfang in peripher gelegenen Regionen stattfindet als in anderen Ländern,

­ und nicht zuletzt auch vielfach das Ergebnis freier Entscheidungsmöglichkeiten der Verbraucher zwischen verschiedenen Energieträgern.

Bei dem erreichten Ausbaustand des bayerischen Erdgaserschließungsnetzes bedeutet die weitere Erschließung der noch ungünstiger strukturierten Gebiete einen zunehmenden, zum Teil extrem hohen Kostenaufwand, der staatliche Zuschüsse in nicht mehr vertretbarer Höhe erfordern würde.

Die Staatsregierung hat daher Ende 1993 auch auf ausdrücklichen und einvernehmlichen Wunsch des Bayerischen Landtags ein Erdgas-Resterschließungskonzept entwickelt, nach dessen Abschluß die Förderung der regionalen Erdgaserschließung beendet werden sollte. Der weitere Ausbau des regionalen Erdgasnetzes wird dann auch in Bayern, wie in den anderen Ländern, in der alleinigen wirtschaftlichen Verantwortung der Unternehmen erfolgen müssen. Dies wird begünstigt durch die Aufhebung des bisherigen Gebietsschutzes und den dadurch eröffneten Wettbewerb um neue Versorgungen.

Letztlich kann die Tatsache, dass aus wirtschaftlichen Gründen nicht jede Gemeinde an das Erdgasnetz angeschlossen werden kann, ebensowenig kritisiert werden, wie die Tatsache, dass nicht jeder Bürger, ja nicht einmal jede Gemeinde, die Möglichkeit eines Gasanschlusses nutzt. Denn auch die Versorgung mit anderen Energien kann sich für bestimmte Verbraucher oder Regionen als vorteilhaft erweisen. Dies gilt auch für das leichte Heizöl, das nicht nur in weniger dicht besiedelten Gebieten besondere Verteilungskostenvorteile gegenüber dem Erdgas hat, sondern das heute aufgrund seiner verbesserten Qualität und bei Einsatz mit modernen Heizgeräten auch als durchaus umweltfreundliche Energie anzusehen ist.

2. Zu den Fragen im einzelnen

Zu 1.: Im Rahmen der Förderung des Baus von Erdgasleitungen wurden bisher 186 Bewilligungsbescheide für mehr als 230

Leitungsbaumaßnahmen erteilt. Die bewilligten Zuschüsse und zinsverbilligten Darlehen betragen rund 350 Mio. DM.

Die Projekte im einzelnen sind aus der beiliegenden Übersichtzu entnehmen.

Zu 2.: Der Stand der im Rahmen des Doppelhaushalts 1999/2000 bereits bewilligten Leitungsbauprojekte stellt sich wie folgt dar:

Von Drucklegung wird Abstand genommen.

Regierungsbezirk Oberbayern Erdgasleitungen nach Eggstätt (in Bau), Seeon-Seebruck (fertiggestellt), Gstadt a. Chiemsee (fertiggestellt) und Breitbrunn a. Chiemsee (in Planung) Regierungsbezirk Unterfranken Erdgasleitung von Mömbris nach Schöllkrippen (in Planung) Regierungsbezirk Schwaben Erdgasleitung von Sonthofen nach Oberstdorf (im Bau) Erdgasleitung Oy-Simmerberg nach Füssen (in Bau)

Zu 3. Die Bewilligung der Fördermittel erfolgt im Rahmen der Vorschriften der Art. 23, 44 Darüber hinaus muß das geplante Leitungsbauprojekt in der Prioritätenliste des Erdgas-Resterschließungskonzepts enthalten sein.

Zu 4.: Das Förderprogramm wird nach dem Doppelhaushalt 1999/2000 eingestellt.

Im Dezember 1993 wurde dem Landtag auftragsgemäß das Erdgas-Resterschließungskonzept vorgelegt. Es dokumentiert den Willen des Landtags und der Staatsregierung, die Förderung nach Abwicklung dieses Konzepts einzustellen.

Der durch die bisherige jahrzehntelange Förderung erreichte Grad der Erdgaserschließung rechtfertigt diese Entscheidung.

Der Ministerrat hat außerdem am 5. November 1996 dem Ergebnis der Überprüfimg der Förderprogramme des zugestimmt, wonach unter anderem die Förderung der Erdgaserschließung nach Abwicklung des Prioritätenkatalogs des Resterschließungskonzepts eingestellt wird.

Zu 5. Es bleibt abzuwarten, inwieweit mit dem jetzt möglichen Wettbewerb zwischen den Gasversorgungsunternehmen der Ausbau der Erdgasversorgung auch ohne staatliche Hilfe weitergeführt wird.