Trinkwasseraufbereitungsanlage der Stadt Aschaffenburg
Die Stadtwerke Aschaffenburg realisieren derzeit den Neubau einer Trinkwasseraufbereitungsanlage zur Versorgung der Stadt Aschaffenburg und anderer Gemeinden mit nitratarmen Trinkwasser. Das Projekt wird in Regie der Stadtwerke Aschaffenburg, als Eigenbetrieb der Stadt Aschaffenburg durchgeführt. Im Zusammenhang mit dem Neubau der Trinkwasseraufbereitungsanlage haben sich erhebliche und umfangreiche Mehrausgaben ergeben, die inzwischen fast zu einer Verdoppelung der Investitionskosten geführt haben.
Die Überdimensionierung der Anlage, Vertragsunstimmigkeiten und Widersprüche, Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung und bei der Planung, sowie der Verdacht der Korruption haben inzwischen zu zahlreichen Prüfungen und Stellungnahmen, (u.a. Prüfungsbericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes, Gutachten des Technologie-Zentrums Wasser, Karlsruhe, Stellungnahme des Projektsteuerers der Trinkwasseraufbereitungsanlage Seib Würzburg), zur Kündigung des Werkleiters, sowie zur Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg geführt.
In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung:
1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach allgemein oder im konkreten Fall beim Bau von Trinkwasseraufbereitungsanlagen, ähnlich wie bei Projekten von Kläranlagen und Kanalbau, wo besonders erschreckende kriminelle Maßnahmen zu Tage gefördert wurden, die Baumaßnahmen, bzw. die Baumaßnahme als korruptionsgefährdeter Bereich eingestuft werden sollte?
2. Sind der Staatsregierung Vergleichsfälle bekannt, bei denen im Bereich der bayerischen und bundesdeutschen Wasserwirtschaft beim Bau von Trinkwasseraufbereitungsanlagen vergleichbare Kostensteigerungen bei Projekten entstanden sind und welche Firmen, bzw. Büros waren daran beteiligt?
3. Ist der Staatsregierung bekannt, ob die am Bau der Trinkwasseraufbereitungsanlage in Aschaffenburg beteiligten Firmen und freiberuflich tätigen Büros zur Liste der von der Staatsbauverwaltung wegen einschlägigen Manipulationen ausgeschlossenen Unternehmen gehören?
4. Welche Abstimmungsgespräche hinsichtlich Planung, Anlagentechnik und Dimensionierung der Anlage wurden im Vorfeld der Planung zwischen Ministerien, den Wasserwirtschaftsbehörden, den Kommunalvertretungen und den planenden Büros, mit welchen Ergebnissen geführt?
5. Wird die Staatsregierung durch regelmäßige Berichte durch die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg über den Ermittlungsstand zum Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit der Strafanzeige informiert?
6. Wie würdigt die Staatsregierung juristisch die Ingenieurverträge des Ingenieurbüros Björnsen beratende Ingenieure Koblenz (BCE) mit der Stadt Aschaffenburg, insbesondere der vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband im Abschlußbericht und vom Projektsteuerer Seib, Würzburg vom 07.12.1998 genannten Vertragsunstimmigkeiten und Widersprüche und des Verdachts der Manipulation von Verträgen, u.a. a) ein Angebot, das u.a. Gegenstand des Ingenieurvertrages ist, ist nicht mehr auffindbar,
b) Angebotserstellung, Prüfung, Vertragsaufstellung und Unterschrift, wurden an einem Tag vollzogen?
7. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass aufgrund des fehlenden, aber als Gegenstand des Vertrages erklärte Honorarangebot vom 03.02.1994 die Gültigkeit des Vertrages in Frage stellt?
8. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass kein Anspruch auf Honorarvergütung besteht, wenn durch fehlerhafte Kostenberechnung und Überdimensionierung die gesammte Planung als mangelhaft und unbrauchbar zu bezeichnen ist, auch wenn diese technisch keine Mängel aufweisen?
Antwort des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 16. 06. 1999
Die schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern und dem Staatsministerium der Justiz wie folgt:
Vorbemerkung:
Die Trinkwasseraufbereitungsanlage der Stadt Aschaffenburg wurde im Auftrag der Stadtwerke Aschaffenburg (Eigenbetrieb der Stadt Aschaffenburg) von privaten Ingenieurbüros bzw. Baufirmen geplant und gebaut. Eine Prüfung der Anlage in baufachlicher Hinsicht durch die Wasserwirtschaftsverwaltung war nicht veranlaßt, da für die Maßnahme keine Zuwendungen des Freistaates Bayern gemäß den Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Maßnahmen gewährt wurden. Behörden des Freistaates Bayern (Wasserwirtschaft und Gesundheit) waren in Planung und Ausführung der Trinkwasseraufbereitungsanlage nur so weit eingebunden, als deren Belange und Aufgaben als amtlicher Sachverständiger bzw. Träger öffentlicher Belange z.B. wegen der Situierung der Anlage innerhalb des Wasserschutzgebietes berührt waren. Dazu fanden während der Planungsphase und der Baudurchführung in unregelmäßigen Abständen Besprechungen statt.
Zu 1.: Nein.
Zu 2.: Nein.
Kostenentwicklungen bei wasserwirtschaftlichen Baumaßnahmen der Kommunen werden den Wasserwirtschaftsbehörden nur bekannt, wenn diese Maßnahmen mit Mitteln des Freistaates Bayern gefördert werden.
Bei den wenigen großtechnischen Trinkwasseraufbereitungsanlagen in Bayern, deren Bau auch schon längere Zeit zurückliegt und die staatlich gefördert worden sind, sind erhebliche Kostensteigerungen nicht aufgetreten.
Zu 3.: Die Gemeinsame Bekanntmachung der Staatskanzlei und der Staatsministerien zum Ausschluß von öffentlichen Aufträgen nach § 5 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und § 6 des Arbeitnehmerentsendegesetzes gilt nur für staatliche Vergabestellen. Den kommunalen Auftraggebern wurde empfohlen, danach zu verfahren. Nach der Liste der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern (Stand 01.02.1999) zur Überwachung des Vergabewesens im Sinne obiger Bekanntmachung sind die bei der Trinkwasseraufbereitungsanlage Aschaffenburg mit großem Auftragsvolumen beteiligten Büros und Firmen nicht unter den einschlägig genannten Auftragnehmern geführt.
Wegen der Vielzahl weiterer Büros und Firmen, die an der Planung und am Bau der Aufbereitungsanlage mit unterschiedlichen Auftragsvoluminas beteiligt waren, wurde eine nachträgliche Überprüfung aller Auftragnehmer wegen des damit verbundenen erheblichen Verwaltungsaufwands jedoch nicht durchgeführt.
Zu 4.: Mit den Vertretern der bayer. Wasserwirtschaftsverwaltung und des staatlichen Gesundheitsamtes wurden spezielle Fragen der Trinkwasseraufbereitung (wie z. B. Denitrifikationsverfahren, Abwasser- und Reststoffentsorgung, Desinfektion, Standortoptimierung für die Aufbereitungsanlage) erörtert.
Zu 5.: Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg führt im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben Trinkwasseraufbereitungsanlage der Stadt Aschaffenburg ein Ermittlungsverfahren, über das dem Staatsministerium der Justiz berichtet wird.
Zu 6: Die hier erhobenen Vorwürfe sind Vertragsangelegenheiten zwischen den Auftragnehmern und den Stadtwerken Aschaffenburg als Auftraggeber. Im Hinblick auf den Manipulationsverdacht ist die Klärung der Angelegenheit Aufgabe der bereits eingeschalteten Staatsanwaltschaft Aschaffenburg.
Zu 7: Für die Auslegung bzw. Gültigkeit von abgeschlossenen Verträgen sind im Streitfall die Zivilgerichte zuständig.
Zu 8: Zur Klärung der Honorarvergütung sind im Streitfall die Zivilgerichte zuständig.