Verkehrssicherheit am Sonderlandeplatz Jesenwang

Der in privater Hand befindliche Sonderlandeplatz Jesenwang im Landkreis Fürstenfeldbruck hat in den vergangenen Jahren immer wieder Anlaß zu Bürgerbeschwerden gegeben.

Die Landeschwelle im Westen der relativ kurzen Start- und Landebahn befindet sich anscheinend so nahe am Flugplatzrand, dass laut Angaben von verschiedenen Bürgern die unmittelbar am Bahnende vorbeiführende, per Lichtzeichenanlage geregelte Ortsverbindungsstraße zwischen Jesenwang und Adelshofen häufiger in einer Höhe von nur 1 m überflogen wird. Zudem werde der öffentliche Straßengrund teilweise von wendenden Flugzeugen mitbenutzt.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Ist die Bedienung einer Lichtzeichenanlage zur Regelung des öffentlichen Straßenverkehrs im Bereich eines privaten Sonderlandeplatzes durch das Tower-Personal zulässig und wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage?

2. Reicht bei einem ausschließlich nach Sichtflugregeln betriebenen Landeplatz eine einzelne Person aus, um Boden und Luftraum zu beobachten, den gesamten Flugverkehr zu regeln und zusätzlich mit ausreichender Sicherheitsgarantie den Straßenverkehr per Ampelschaltung zu regeln?

3. Wer haftet für den Fall, dass es wegen einer fehlerhaften Schaltung der Lichtzeichenanlage zu einem Zusammenstoß zwischen Verkehrsteilnehmern der Straße und einem Flugzeug kommt?

4. Ist es zulässig bzw. verantwortbar, dass die Start- und Landebahn des privaten Landeplatzes und die öffentliche Straße nahtlos ineinander übergehen und dass I.A. nicht nur der asphaltierte Trennstreifen sondern auch die Fahrbahn der Ortsverbindungsstraße mitbenutzt werden?

5. Gibt es Vorschriften, die erlauben, dass die Start- und Landebahn unmittelbar an der Grenze des Jesenwanger Flugplatzes beginnt und wenn ja, ist dies auch dann zulässig, wenn die Landeschwelle sehr nahe am westlichen Ende der Start- und Landebahn liegt und wenn zugleich in diesem Bereich eine öffentliche Straße ohne Abstand direkt am Flugplatzgelände entlangführt?

6. Ist der Verzicht auf eine Einzäunung des Sonderlandeplatzes auch dort zulässig, wo der öffentliche Straßengrund ohne Trenngrün und ohne sonstige erkennbare Grenzen in die beginnende Start- und Landebahn übergeht?

7. Ist der Staatsregierung bekannt, dass es in den vergangenen Jahren bei einer Frequenz von durchschnittlich 30.000 Starts und Landungen pro Jahr wiederholt wegen mangelhafter Ampelschaltungen zu Beinahezusammenstößen gekommen ist und dass deshalb mehrfach betroffene Bürger Anzeige erstattet haben?

8. Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung ggf. zu ergreifen, um den Sonderlandeplatz Jesenwang künftig für den Flug- und Straßenverkehr sicherer zu gestalten?

Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie

Im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1.: Die Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf hat mit Schreiben vom 01.02.1983 als zuständige Straßenverkehrsbehörde aufgrund der §§ 44 und 45 vom 16.11.1970 in der seinerzeit geltenden Fassung in verkehrsrechtliche Anordnung betreffend Verkehrsregelung am Landeplatz Jesenwang erlassen.

In dieser verkehrsrechtlichen Anordnung ist u.a. festgelegt, daß

­ der Verkehr auf der Gemeindeverbindungsstraße durch eine Lichtzeichenanlage geregelt wird,

­ die Lichtzeichenanlage ausschließlich vom verantwortlichen Flugleiter in Betrieb gesetzt wird,

­ in beiden Fahrtrichtungen im Bereich der Start- und Landebahn (S/L-Bahn) die zulässige Höchstgeschwindigkeit 60 km/h beträgt, und

­ vor der Lichtzeichenanlage die Zeichen 131 Lichtzeichenanlage und Zeichen 144 Flugbetrieb aufzustellen sind.

In Ziffer 9 der luftrechtlichen Genehmigung nach § 6 für den Sonderlandeplatz Jesenwang durch die Regierung von Oberbayern vom 20.02.1984 ist vorgeschrieben, daß die Lichtzeichenanlage vom Kontrollturm gem. Nr. 9 der verkehrsrechtlichen Anordnung zu bedienen ist.

Die Regierung von Oberbayern hat in Ergänzung der verkehrsrechtlichen Anordnung der VG Mammendorf vom 01.02.1983 mit Schreiben vom 07.05.1999 eine weitere verkehrsrechtliche Anordnung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 auf der Grundlage des § 45 i. V. m. § 52 Abs. 1 erlassen. Danach hat der jeweilige Flugleiter des Sonderlandeplatzes Jesenwang die Ampelanlage für die Gemeindeverbindungsstraße in folgenden Situationen ohne eigene Entscheidung, also insoweit automatisch, auf rot zu schalten:

­ Vor dem Start eines Luftfahrzeuges: Beim Einrollen in die Startbahn,

­ vor der Landung eines Luftfahrzeuges: Unmittelbar nach Eindrehen in den Endanflug.

Diese verkehrsrechtlichen Anordnungen beruhen sowohl auf Straßenverkehrs- als auch auf Luftverkehrsrecht.

Die Situation am Sonderlandeplatz Jesenwang ist mit der eines Bahnübergangs vergleichbar, nur mit dem Unterschied, daß hier anstelle des Schienenverkehrs der Luftverkehr den Straßenverkehr kreuzt. Die Schaltung der Lichtzeichenanlage durch den Flugleiter ist dabei vergleichbar der Bedienung einer Schrankenanlage durch einen Bahnwärter in Hinblick auf die Verkehrssicherungspflicht.

Zu 2.: An Flugplätzen, an denen nur nach Sichtflugregeln geflogen werden kann, wie z. B. am Sonderlandeplatz Jesenwang, darf keine Verkehrslenkung des Flugplatzverkehrs durch den Flugleiter durchgeführt werden. Eine Verkehrslenkung findet nur innerhalb einer Kontrollzone, z. B. eines Verkehrsflughafens mit Instrumentenflugverkehr, statt.

An Flugplätzen ohne Verkehrslenkung ist der Flugleiter nur befugt, dem Luftfahrzeugführer die erforderlichen Start- und Landeinformationen zu übermitteln. Die jahrzehntelange Erfahrung hat gezeigt, dass am Sonderlandeplatz Jesenwang die Information der Luftfahrzeugführer über Funk und die Schaltung der Ampelanlage von einer Person bewältigt werden können.

Zu 3.: Gemäß § 33 haftet der Halter des Luftfahrzeuges, wenn beim Betrieb eines Luftfahrzeuges durch Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird (Halterhaftung). Daneben haften der Luftfahrzeugführer und der Flugplatzhalter nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, soweit sie ein Verschulden trifft.

Ferner ist eine Haftung von Halter, Fahrer und Versicherer von Kraftfahrzeugen denkbar (§§ 7, 18 § 3

Zu 4.: Der 30 m lange und asphaltierte Streifen der S/L-Bahn des Sonderlandeplatzes Jesenwang liegt zwischen der Gemeindeverbindungsstraße und der S/L-Bahn. Dieser Streifen darf zum Start, aber nicht zur Landung von Luftfahrzeugen benutzt werden. Die Benutzung der Straßenfahrbahn durch Luftfahrzeuge ist nicht erlaubt. Die Flugleitung ist vom zuständigen Luftamt Südbayern angehalten, darauf zu achten, daß Luftfahrzeugführer diesen Bereich nicht berollen, obwohl hiervon aufgrund der Ampelschaltung keine Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr ausgehen würde.

Zu 5.: Wie in Nr. 4 dargestellt, begint die S/L-Bahn nicht unmittelbar an der öffentlichen Straße, sondern an der 30 m nach Osten versetzten Landeschwelle. Im übrigen entspricht der Sonderlandeplatz den Richtlinien für die Genehmigung der Anlage und des Betriebs von Landeplätzen für Flugzeuge des Bundesministers für Verkehr vom 25.09.1968, er muß aber bereits nahe an den Mindestanforderungen betrieben werden.

Zu 6.: Gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung ist keine Einfriedung von Flugplatzgeländen vorgeschrieben. Das Betreten des Flugplatzgeländes kann auch durch entsprechende Hinweisschilder verhindert werden.

Am Sonderlandeplatz Jesenwang verhindert neben der Ampelregelung ein Zaun auf der östlichen Straßenseite das Betreten des Flugplatzgeländes. Ein Zaun an der Stelle, wo der öffentliche Straßengrund ohne Trenngrün in den Streifen der S/L-Bahn übergeht, wäre ein gefährliches Luftfahrthindernis.

Zu 7.: Die Bürgervereinigung Fluglärm e.V. hat in der Vergangenheit bei der Polizei eine Reihe von Anzeigen wegen angeblicher fehlerhafter Ampelschaltung erstattet. In den letzten Jahren wurde von der Polizei ­ soweit noch ersichtlich ­ nur eine Anzeige weiterverfolgt. Dieses Verfahren endete mit einem Freispruch des Flugplatzhalters.

Zu 8.: Die Regierung von Oberbayern ist beauftragt, die Verkehrssicherheit am Sonderlandeplatz Jesenwang zu wahren. Darüber hinaus wäre längerfristig eine Verlegung der Straße anzustreben. Da es sich um eine Gemeindeverbindungsstraße handelt, muss die Initiative hierzu von den beteiligten Gemeinden ausgehen. Die Staatsregierung kann eine wohlwollende Prüfung der Fördermöglichkeiten in Aussicht stellen.