Telezentren in Bayern

Die Staatsregierung hat vor etwa zwei Jahren angekündigt, eine Initiative zu starten zur Umsetzung von Telezentren in Bayern.

Angedacht waren ursprünglich einmal 40 Telezentren zu errichten.

Die Telezentren sind in der Tat eine wichtige und innovative Entwicklung, die für den ländlichen Raum sehr förderlich ist.

Mit den gesamten Möglichkeiten im Bereich Multimedia, Telematik und neue Kommunikationsformen ist es erstmals möglich, dass auch im ländlichen Raum vorhandene natürliche Strukturnachteile ausgeglichen werden.

Mit der Telematik können somit auch zukunftssichere Arbeitsplätze in den ländlichen Raum gebracht werden, die ansonsten aus natürlichen Umständen nur in den Ballungszentren entstehen könnten.

In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung:

1. Wie viele Telezentren, an welchen Standorten, wurden in Bayern bis jetzt bereits verwirklicht?

2. Wie hoch ist, bezogen auf die einzelnen Standorte, die Gesamtinvestitionssumme für die einzelnen Telezentren?

3. Wie hoch ist die Gesamtsumme, die veranschlagt werden muß, bezogen auf ein Jahr für ein Telezentrum an Ausgaben einschließlich der Investitionskosten, z. B. auch für Personalkosten, Schulungskurse und ähnlichem, aufgegliedert wiederum auf die einzelnen Standorte der Telezentren?

4. Wie viele Arbeitsplätze wurden konkret, ebenfalls aufgegliedert auf die einzelnen Standorte, bei den einzelnen Telezentren bereits geschaffen und wie viele könnten es im Endausbau werden?

5. In welchen Bereichen ergeben sich Arbeitsfelder bei den einzelnen Telezentren und wie unterscheiden sich diese?

6. Wie hoch ist die Gesamtauftragssumme, aufgegliedert auf die einzelnen Telezentren, aus dem privaten Bereich und dem öffentlichen Bereich wie Bund, Land, kommunale Einrichtungen?

7. Wie teilen sich die bei den einzelnen Telezentren anstehenden Gesamtkosten nach jetzigem Stand auf; auf Leistungen des Freistaates Bayern z. B. über die Privatisierungserlöse, Leistungen der Europäischen Union nach 5b oder anderen Strukturprogrammen, Leistungen der Kommunen oder Sparkassen und Privatgelder?

Im übrigen wird auf den Bericht des Herrn Staatsministers vor dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landtags zum Stand von top elf am 30.06.1999 hingewiesen.

Diese Frage bezieht sich auf die betrieblichen Daten der einzelnen Telezentren. Die Projekte können nicht im einzelnen unter Nennung der konkret geförderten Telezentren aufgeschlüsselt werden. Damit würden grundsätzlich schutzwürdige und schutzbedürftige betriebsbezogene Daten mitgeteilt, in deren Weitergabe an Dritte die Betroffenen weder ausdrücklich noch konkludent eingewilligt haben.

Die Abwägung zwischen den in Rede stehenden Belangen des Datenschutzes einerseits und den Interessen eines Abgeordneten an einer effektiven Kontrolle der Staatsregierung andererseits führt daher zu dem Ergebnis, dass den Belangen des Datenschutzes der Vorrang zu geben ist. Aufgrund des verfassungsrechtlich gewährten Datenschutzes können die Informationen nur in allgemeiner Form mitgeteilt werden.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass große Schwankungen auftreten können. Ausschlaggebend für den Investitionsbedarf sind vor allem die Geschäftsfelder, in denen das Telezentrum tätig wird. Die nach top elf förderungsfähigen Investitionskosten für den Aufbau und Betrieb des lokalen Informationssystems schwanken zwischen 0,25 Mio. DM und 1,8 Mio. DM.

Aus Datenschutzgründen können ebenfalls einzelbetriebliche Angaben nicht mitgeteilt werden. Zur Begründung wird auf die Beantwortung zu Frage 2. verwiesen.

Allgemein kann jedoch festgestellt werden, dass in der Startphase mit jährlichen Kosten für Personalaufwand, Abschreibungen und sonstigem betrieblichen Aufwand von rund 0,5 bis 1 Mio. DM zu rechnen ist.

Konkrete Aussagen zur Anzahl der durch top elf entstehenden Arbeitsplätze sind derzeit nicht sinnvoll. Denn im Zuge des Projektes top elf entstehen nicht nur Arbeitsplätze bei den Telezentren. Vielmehr werden auch Stellen bei Partnerfirmen geschaffen. Darüber hinaus werden durch das Projekt auch gefährdete Arbeitsplätze erhalten. Deshalb kann die Zahl der durch top elf entstehenden Arbeitsplätze nicht eindeutig beziffert werden.

Um neue Arbeitsplätze durch die Telematik zu schaffen, bedarf es eines Umstrukturierungsprozesses bei den Unternehmen. Aus diesem Grunde werden im Rahmen von top-elf Beratungen bei kleinen und mittleren Unternehmen über die Einsatzmöglichkeiten und den Nutzen von Teledienstleistungen durchgeführt. Darüber hinaus wird versucht, daß Stellen durch die lokalen Bildungsmaßnahmen mit den zugehörigen Praktika und Unternehmensprojekten entstehen.

Durch die im Rahmen von top elf durchgeführten Beratungen und die Praktika werden bei den Unternehmen Informationsdefizite abgebaut, die Akzeptanz für die Telematik erhöht und die für die Schaffung von Arbeitsplätzen notwendigen firmeninternen Umdenkungsprozesse initiiert. Das Projekt top elf leitet also den Prozeß zur Schaffung von Arbeitsplätzen ein. Die Ergebnisse dieses Prozesses (Arbeitsplätze) werden erst mit Verzögerung sichtbar werden.

Das mögliche Spektrum der Arbeitsfelder von Telezentren ist in der beiliegenden top-elf-Broschüre Geschäftsfelder von Telezentren aufgeführt, die im Auftrag des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erstellt und allen Landräten in Bayern zur Verfügung gestellt wurde.

Die Broschüre ist auch im Internet unter http://www.topelf.de/info/materialien/infomat.htm abrufbar.

Der Schwerpunkt der geschäftlichen Aktivitäten der in Betrieb gegangenen Telezentren liegt im Bereich der Qualifizierung der Bevölkerung im Umgang mit dem Internet und in neuen Medienberufen. Zunehmende wirtschaftliche Bedeutung erlangt das Geschäftsfeld der Teledienstleistungen. Für das lokale Informationssystem, das auf die umfassende Information aller Bürger im ländlichen Raum abzielt, sind erste vielversprechende Ansätze gegeben.

Beispielhaft für die geschäftlichen Aktivitäten im Bereich der Fortbildung sind die Telezentren Allgäu und Neustadt bei Coburg anzuführen.

Das Telezentrum Allgäu hat bereits rund 300 Bäuerinnen und Bauern geschult. Aus den dabei erworbenen Kenntnissen sind die Internet-Arbeitskreise Urlaub auf dem Bauernhof (http://www.uab.direkt.de) und Direktvermarktung (http://www.bergbauern.de) entstanden. Die Schulungsteilnehmer können jetzt über ihre Produkte und Dienstleistungen zukunftsweisend im Internet informieren und Geschäfte online tätigen.

Das Telezentrum in Neustadt bei Coburg hat eine länderübergreifende Qualifizierungsmaßnahme für Arbeitslose aus Bayern und Thüringen durchgeführt. Dabei wurden 19 Bewerber zum Projektberater Multimedia-Telematik ausgebildet. Die Teilnehmer sind bereits überwiegend entweder höher qualifiziert in ihre alten Berufe zurück vermittelt worden oder arbeiten nun als Festangestellte in den Bereichen Netzwerke und Multimedia für Rundfunk bzw. Internet, bei verschiedenen Firmen oder im Telezentrum. Die hohe Vermittlungsquote von 70 Prozent der Teilnehmer dieses Lehrganges zeigt, dass die Lehrgangsinhalte exakt auf den Bedarf des Arbeitsmarktes zugeschnitten sind.

Insgesamt wurden von den top-elf-Telezentren bislang mehr als 5000 Menschen aus dem ländlichen Raum qualifiziert.

Telezentren tragen damit auch zur Weiterentwicklung unseres Bildungswesens in Richtung lebenslanges Lernen bei, das zum entscheidenden Faktor im Wettbewerb der Nationen werden dürfte.

Von den Geschäftstätigkeiten im Bereich Teledienstleistungen werden die des Bavaria Telecentrums im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen und das Telezentrum in Stamsried im Landkreis Cham im folgenden kurz erläutert.

Das Bavaria Telecentrum im Haus im Moos im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen erarbeitet mit seinen Partnern Oracle und SUN die Anwendung Unternehmensbefragungen im Netz. Durch den Einsatz von Hochleistungsrechnern mit den entsprechenden Datenbanken werden hier im Rahmen des sog. Ifo-Konjunktur-tests monatlich Umfragen via Internet bei etwa 7000 Unternehmen durchgeführt, die Ergebnisse sofort ausgewertet und bekanntgegeben.

Ausgehend vom Telezentrum in Stamsried im Landkreis Cham entsteht in Ostbayern eines der größten telematischen Netzwerke im medizinischen Bereich in Deutschland. Das Telezentrum errichtet die Infrastruktur für diese medizinische Kommunikationsplattform. Ziel ist die Vernetzung von Krankenhäusern, Ärzten und Apotheken mit Hilfe von Videoconferencing Systemen. Durch das Telezentrum in Stamsried werden auch sämtliche Gemeinden im Landkreis vernetzt.

Für ein lokales Informationssystem bietet das Telezentrum in Neustadt bei Coburg gute Ansätze. Im dort erstellten Internetangebot können Bürger per Mausklick (http://www.telezentrum.net) auf dem zentralen Marktplatz alle für den Landkreis wichtigen Informationen über Stadt und Land, Branchen, Dienstleistungen, Nachrichten und Veranstaltungen abrufen.

Informationen zu den Arbeitsfeldern von top-elf-Telezentren können auch auf den Webseiten der Telezentren im Internet und auf dem top-elf-Server unter http://www.top-elf.de abgerufen werden.

Angaben zur Gesamtauftragssumme liegen dem Staatsministerium nicht vor.

Aus Datenschutzgründen kann diese Frage auf einzelne Telezentren bezogen nicht beantwortet werden. Zur Begründung wird auf die Beantwortung zu Frage 2. verwiesen.

Insgesamt betrachtet stellt sich die Finanzierung von top elf folgendermaßen dar:

a) Landesmittel aus Privatisierungserlösen

Von den im Operationellen Programm vorgesehenen 15 Mio. DM Landesmitteln stehen für die Errichtung von Telezentren nach Abzug der grundstockskonformen Anlage in Höhe von 2 Mio. DM, der telematischen Schulprojekte im Bereich des in Höhe von 2,458 Mio. DM und des medizinischen Telematikprojektes HCPP aus dem Bereich des in Höhe von 0,823 Mio. DM für das Landwirtschaftsministerium 9,719 Mio. DM zur Bewilligung zur Verfügung, einschließlich der 1,343 Mio. DM für die medizinischen Telematikprojekte NOAH, ENDOTEL und das Pilotprojekt Telemedizin in Ostbayern. Davon sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt 8,254 Mio. DM bewilligt und 3,116 Mio. DM ausgegeben.

b) EU-Mittel

Ohne die für die Qualifizierungsmaßnahmen zu erwartenden ESF-Mittel (7,5 Mio. DM) stehen voraussichtlich 17,815 Mio. DM EU-Mittel zur Verfügung (13,394 Mio. DM EAGFL, 4,421 Mio. DM EFRE). Davon sind derzeit 11,134 Mio. DM bewilligt und 4,93 Mio. DM ausbezahlt.

Mit berücksichtigt sind dabei die Telematikprojekte HCPP und Kerschensteiner sowie das Future Online Social School Project der Fachoberschule Kulmbach.

c) Bundesmittel

Zur Finanzierung der Unterhaltsleistungen und Lehrgangskosten von Arbeitslosen im Rahmen von SGB IIIQualifizierungsmaßnahmen wird mit etwa 11 Mio. DM an Bundesmitteln für die insgesamt 20 vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen (davon eine abgeschlossen, vier in Durchführung und 15 in Planung) gerechnet.

d) Sonstige nationale Mittel (Kofinanzierungsmittel)

Etwa 7 Mio. DM werden voraussichtlich bereitgestellt, wobei rund 5,3 Mio. DM schon zugesichert sind.

e) Umfang der Privatfinanzierung

Bislang wurden Finanzierungsmittel in Höhe von ca. 4,5 Mio. DM bereitgestellt.