Hochwasser der Wertach in Augsburg an Pfingsten

In der Nacht zum Pfingstsonntag überschwemmte die Wertach in Augsburg die Schafweidsiedlung und insbesondere große Bereiche der Stadtteile in Göggingen und Pfersee-Süd. Über 1000 Häuser sollen geschädigt worden sein.

Zur Ursachenforschung ist es wichtig, die Hochwasserlagen der Wertach valide miteinander zu vergleichen.

1. Wieviel Kubikmeter pro Sekunde flossen im Bereich Augsburg durch die Wertach:

a) am Freitag, 21. Mai 1999,

b) am Samstag, 22. Mai 1999,

c) am Sonntag, 23. Mai 1999?

2. Waren diese Wassermassen Jahrhundertereignisse oder wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten schon mal vergleichsweise große Wassermassen registriert? Wenn ja, wann und jeweils wieviel?

3. Wurde mit der Wertach-Staustufenkette oberhalb Augsburgs versucht, die Hochwasserspitze zu dämpfen?

Wenn ja, was wurde gemacht? Wenn nein, wer ist für diese Unterlassung verantwortlich?

4. Sind an der Wertach auch Überschwemmungsgebiete (z.B. Wiesen oder Auwälder) vorgesehen, in die Hochwasserspitzen geleitet werden können?

5. Sind aus heutiger Sicht auch im Bereich der Wertach Räume für eine kontrollierte, eine hochwasserdämpfende Flutung durch Bebauung vernichtet worden? Wenn ja, welche Bereiche sind dies?

6. Ist geplant, auch an der Wertach wieder mehr natürliche Überschwemmungsgebiete zu schaffen, sodaß Hochwasser im Bereich des dichtbesiedelten Augsburg nicht mehr so katastrophale Folgen haben werden?

Antwort des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 19. 07. 1999

Zu 1.: Am Pegel Augsburg/Oberhausen der Wertach wurden folgende maximale Abflüsse ermittelt:

a) am 21. Mai 1999 gegen 24.00 Uhr bei einem Wasserstand von 371 cm etwa 261 m3/s

b) am 22. Mai 1999 gegen 16.40 Uhr bei einem Wasserstand von 512 cm etwa 431 m3/s

c) am 23. Mai 1999 gegen 5.20 Uhr bei einem Wasserstand von 505 cm etwa 423 m3/s.

Wie nach jedem größeren Hochwasser müssen diese Werte durch aktuelle Querschnittsaufnahmen des Gewässerprofils noch überprüft werden.

Zu 2.: Das zwischen dem 21. und 23. Mai 1999 aufgetretene Hochwasser der Wertach war das bisher höchste gemessene mit einer ­ bezogen auf den Pegel Augsburg/Oberhausen ­ statistischen Wiederkehr von etwa 100 Jahren.

Weitere große Hochwasser an der Wertach waren zwischen dem 10. und 13. Juni 1965 und dem 10. und 12. August 1970 aufgetreten. Am nächsten oberhalb von Augsburg gelegenen Pegel Türkheim/Wertach waren an maximalen Abflüssen am 11. Juni 1965 292 m3/s und am 10. August 1970 319 m3/s gemessen worden.

Am 22. Mai 1999 wurde am Pegel Türkheim ein Spitzenabfluß von 368 m3/s gemessen.

Der Pegel Augsburg/Oberhausen ist erst seit 1985 mit einem Datenschreiber ausgerüstet.

Zu 3.: Nein. Die Flußkraftwerke in der Wertach sind aufgrund der relativ kleinen Stauräume weder baulich noch betrieblich in der Lage, ablaufende Hochwasser nennenswert zurückzuhalten.

Im Grüntensee am Oberlauf der Wertach können dagegen Hochwasser in größerem Umfang zurückgehalten und damit Abflußspitzen verringert werden. Dies ist erfolgt.

Zu 4.: Nein.

Zu 5.: Die Korrektion der Wertach im vergangenen Jahrhundert verfolgte u. a. das Ziel, Produktionsflächen für die Landwirtschaft zu gewinnen und Siedlungen vor Hochwasser zu schützen.

Mit der nachfolgenden landwirtschaftlichen Nutzung und Besiedlung der vor Hochwasser besser geschützten Talräume im gesamten Wertachtal wurden auch Räume in Anspruch genommen, die früher für den Hochwasserrückhalt zur Verfügung standen.

Zu 6.: Im nicht staugeregelten Bereich ist daran gedacht, durch Deichrückverlegungen und Vorlandabtrag mehr natürliche Überschwemmungsfläche zu schaffen. Im Bereich der staugeregelten Wertach ist aufgrund der heutigen Raumnutzung und der nach dem Wertachausbau sowie der Wasserkraftnutzung gegenüber natürlichen Verhältnissen völlig veränderten Gewässermorphologie praktisch keine Möglichkeit gegeben, natürliche Retentionsräume in nennenswertem Umfang zurückzugewinnen.

Der Hochwasserschutz für Augsburg muss daher im wesentlichen durch Deichbauten entlang der Wertach sichergestellt werden. Jedoch wird auch dort, wo ein Grunderwerb möglich ist, versucht, bestehende oder auch neu zu bauende Deiche möglichst weit von der Wertach abzurücken, um zusätzlichen Raum für den Fluß zu gewinnen. Dieses Ziel verfolgt das derzeit in Arbeit befindliche Projekt Wertach Vital südlich von Augsburg.