Grenzüberschreitender Verkehr mit der Tschechischen Republik

Ich frage die Staatsregierung:

1. Wie beurteilt die Staatsregierung eine mögliche Wiederinbetriebnahme beziehungsweise Neuerrichtung der Eisenbahnstrecke von Bärnau über Tirschenreuth und Wiesau (Oberpfalz) nach Eger (CZ) zum Zwecke des Güter- und Personennahverkehrs?

a) im Abschnitt Bärnau ­ Tirschenreuth?

b) im Abschnitt Tirschenreuth ­ Wiesau?

c) im Abschnitt Wiesau ­ Waldsassen?

d) im Abschnitt Waldsassen ­ Eger?

2. Will die Staatsregierung Bestrebungen für ein grenzüberschreitendes Schienennetz zur Erschließung der regionalen Kurorte in Thüringen, Sachsen, der Tschechischen Republik und in Bayern unterstützen?

2. a) Wenn ja: Welche bayerischen Kurorte sollen in dieses Konzept mit einbezogen werden?

b) Wenn ja: Mit welchen Maßnahmen?

c) Wenn nein: Warum?

3. Sieht die Staatsregierung andere Möglichkeiten, die Stadt Waldsassen vom Durchgangsverkehr auf der Bundesstraße 299 zu entlasten, als durch die momentan favorisierte innerörtliche Trassierung auf dem ehemaligen Gleiskörper?

3. a) Wenn Ja: Welche?

b) Wenn Nein: Sind Alternativen geprüft worden?

c) Wenn Nein: Aus welchen Gründen sind Alternativen verworfen worden?

4. Ist die Möglichkeit geprüft worden, auf dem ehemaligen Gleiskörper sowohl eine Bahntrasse als auch eine innerörtliche Umgehungsstraße parallel zu errichten?

4. a) Wenn Ja: Aus welchen Gründen ist diese mögliche Alternative verworfen worden?

b) Wenn Nein: Warum?

c) Wenn Nein: Ist die Staatsregierung bereit, diese Alternative zu prüfen?

5. Hält die Staatsregierung den bestehenden ÖPNV im Landkreis Tirschenreuth und insbesondere den grenzüberschreitenden ÖPNV mit der Tschechischen Republik im Hinblick auf das Zusammenwachsen der Region und einer möglichen EU-Mitgliedschaft für ausreichend?

5. a) Wie sieht das derzeitige Angebot aus?

b) Wenn Nein: Welche Verbesserungen sind geplant?

c) Welche Vorschläge äußert die tschechische Seite?

6. Welche Verkehrsprojekte im Landkreis Tirschenreuth und im grenzüberschreitenden Verkehr möchte die Staatsregierung in der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogrammes berücksichtigen?

7. Welche Fördermittel, auch von der Europäischen Union, könnten für eine Verbesserung des ÖPNV im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen den Landkreisen Tirschenreuth und Eger (CZ), auch vor dem Hintergrund, dass die Städte Waldsassen und Eger gemeinsam ein Mittelzentrum bilden, in Frage kommen?

Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie

In Vertretung von Herrn Staatsminister Dr. Wiesheu, der sich zur Zeit im Ausland befindet, beantworte ich die schriftliche Anfrage im Einvernehmen mit der Obersten Baubehörde wie folgt:

Zu 1.: Die Staatsregierung beurteilt die Wiederinbetriebnahme bzw. Neuerrichtung der Eisenbahnstrecke von Bärnau über Tirschenreuth und Wiesau nach Eger sowohl zum Zwecke des Güter- als auch zum Zwecke des Personenverkehrs negativ. Sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr ist das zur Reaktivierung bzw. zum Neubau der Strecken erforderliche Verkehrsaufkommen bei weitem nicht vorhanden und auch nicht zu erwarten.

Dies ergibt sich aus dem Bericht der Bayerischen Eisenbahngesellschaft Voruntersuchung zur Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken vom August 1997. Darin hat die BEG ihre Ergebnisse zur Voruntersuchung einer möglichen Reaktivierung von Bahnstrecken für den Schienenpersonenverkehr zusammengestellt. Die Ergebnisse über die Untersuchung der Strecke Tirschenreuth ­ Wiesau ­ Waldsassen rechtfertigen keine weiteren Untersuchungen. In den Abschnitten Bärnau ­ Tirschenreuth und Waldsassen ­ Eger wurden erst gar keine Voruntersuchungen angestellt.

Zu den einzelnen Strecken ist folgendes zu sagen:

In den Abschnitten Wiesau ­ Tirschenreuth und Wiesau ­ Mitterteich wird derzeit noch Güterverkehr angeboten. Diese Abschnitte gehören jedoch zu den Schwachlaststrecken, welche die DB AG in einer Konzernwirtschaftlichkeitsrechnung als insgesamt negativ beurteilt hat.

Zwischen Wiesau und Tirschenreuth wurde der Personenverkehr am 23. September 1989, zwischen Wiesau und Waldsassen am 30. Mai 1986 eingestellt.

Über Tirschenreuth bzw. Mitterteich hinaus ist an einen Neubau bzw. eine Reaktivierung nicht zu denken. Wegen geringer Nachfrage im Personen- und Güterverkehr wurden die Abschnitte Mitterteich ­ Waldsassen ­ Eger und Tirschenreuth ­ Bärnau in den letzten 25 Jahren schrittweise stillgelegt.

Der Lückenschluß zwischen Waldsassen und Eger trifft auf eine zu geringe Nachfrage. Denn wenige Kilometer weiter nördlich verläuft bereits die Bahnstrecke Marktredwitz ­ Eger.

Zu 2.: Die Staatsregierung begrüßt jede Maßnahme, die die Attraktivität der bayerischen Kurorte fördert, unabhängig davon, ob es sich um grenzüberschreitende Maßnahmen handelt.

Diesem Ziel kann auch eine Verbesserung der Verkehrsverbindungen (Schiene und Straße) dienen. Zur Steigerung des Erholungswerts können Maßnahmen zur Vermeidung von Individualverkehr von besonderem Interesse sein.

Von den hier gegenständlichen Bahnstrecken ist nur das in Entwicklung befindliche Sibyllenbad (Neualbenreuth) betroffen. Im Hinblick darauf, dass Kur- und Urlaubsgäste des Sibyllenbades wegen der besonderen Lage der Kureinrichtung auf den eigenen Pkw angewiesen sind, kommt aus tourismusfachlicher Sicht den genannten Bahnstrecken nur nachgeordnete Bedeutung zu.

Zur Erreichung der tschechischen Kurorte ist die Bahnstrecke Marktredwitz ­ Schirnding ­ Eger (Cheb) ausreichend und überdies besser geeignet als eine Bahnstrecke Wiesau ­ Waldsassen ­ Eger. Die Strecke über Schirnding ist als eingleisige, nicht elektrifizierte Hauptstrecke Teil der Fernverkehrsverbindung Nürnberg ­ Prag, bei der Überlegungen zum Ausbau angestellt werden. Die Strecke Wiesau ­ Waldsassen ­ Eger war demgegenüber eine eingleisige, nicht elektrifizierte Nebenbahn, die daher auch nach einem Lückenschluß weniger leistungsfähig und attraktiv wäre. Zur Erschließung der regionalen Kurorte in Thüringen und Sachsen können die genannten Bahnstrecken keinen nennenswerten Beitrag leisten.

Zu 3.

a) Die Staatsregierung sieht aufgrund der vorliegenden Ergebnisse einer Verkehrsuntersuchung und Umweltverträglichkeitsprüfung keine andere Möglichkeit zur Entlastung der Stadt Waldsassen vom Durchgangsverkehr.

b) Im Rahmen der Voruntersuchungen wurden für die Umgehung von Waldsassen alternative Trassenführungen sowohl südlich als auch nördlich des Ortes untersucht.

c) Die Südtrassen wurden vor allem wegen der geringen Verkehrswirksamkeit, der mehrfachen Gewässerkreuzungen und der damit verbundenen Eingriffe in wertvolle Naturräume verworfen.

Drei weitere Trassenalternativen, die den Ortsbereich von Waldsassen in unterschiedlicher Entfernung im Norden durch den Kappelwald umgehen würden, wurden zusammen mit der sogenannten Bahntrasse einer raumordnerischen Gesamtabwägung unterzogen. Hier hat sich hinsichtlich der Verkehrsentlastung des Ortskernes und der Umweltverträglichkeit eine eindeutige Präferenz zugunsten der Bahntrasse ergeben. Die Regierung der Oberpfalz hat deshalb in der landesplanerischen Beurteilung vom 07.02.1996 diese Trasse positiv beurteilt. Vorher hat sich auch die Bevölkerung von Waldsassen in einem Bürgerentscheid mehrheitlich für die Trassenführung der neuen Bundesstraße 299 auf der ehemaligen Bahnlinie ausgesprochen.

Zu 4. a) und b):

Nachdem der Bundesminister für Verkehr bereits im Jahr 1990 entschieden hat, dass der Bahnbetrieb auf dem stillgelegten Streckenabschnitt Waldsassen ­ Landesgrenze (Eger) nicht mehr aufgenommen wird, war die Prüfung einer Parallelführung beider Verkehrsträger nicht mehr veranlaßt.

Zu 4. c):

Im Ortsbereich vor Waldsassen scheidet eine Parallelführung von Straße und Schiene vor allem wegen der beengten Verhältnisse zwischen der vorhandenen Bebauung aus.

Zu 5.: Die Staatsregierung sieht das ÖPNV-Angebot im Landkreis Tirschenreuth als ausreichend an. Die Anhebung des Bedienungsstandards wäre vom Landkreis Tirschenreuth als Aufgabenträger für den allgemeinen ÖPNV zu initiieren.

a) Anfang der 90er Jahre bestanden vier Linienverkehre zwischen dem Landkreis Tirschenreuth und der Tschechischen Republik. Diese grenzüberschreitenden Linien wurden fast ausschließlich von tschechischen Staatsbürgern genutzt. Landkreisbürger und Feriengäste nutzen die vielfältigen Ausflugsverkehre der deutschen Verkehrsunternehmen.

Mittlerweile existiert nur noch eine grenzüberschreitende öffentliche Linie von Franzensbad über Eger ­ Waldsassen ­ Mitterteich nach Wiesau. Diese Linie wird Montag bis Freitag mit vier Fahrtenpaaren bedient. Samstag wird ein Fahrtenpaar angeboten.

b) Entfällt.

c) Vorschläge von tschechischer Seite zur Ausgestaltung des grenzüberschreitenden Linienverkehrs sind der Staatsregierung bisher nicht zugegangen.

Zu 6.: Im geltenden Landesentwicklungsprogramm vom 25.01.

1994 sind als verbindliche Ziele der vorrangige Ausbau der Schienenverbindungen von Regensburg nach Hof (­Plauen) und von Nürnberg über Marktredwitz und Schirnding in Richtung Eger ­ Pilsen ­ Prag enthalten. Beide Maßnahmen dienen auch der Verbesserung der Verkehrsanbindung des Landkreises Tirschenreuth.

Im Wege einer vorgezogenen Teilfortschreibung sollen auch Bundesfernstraßenprojekte, die für den Freistaat Bayern von hervorragender Bedeutung sind, als Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsprogramm verankert werden. Dazu gehört auch der Lückenschluß der Bundesautobahn A 93

Mitterteich ­ Hof (­ A 72), der den Verkehrsanschluß des Landkreises Tirschenreuth nach Norden wesentlich verbessern wird.

Bei den im geltenden Landesentwicklungsprogramm enthaltenen Eisenbahnprojekten und den in der Teilfortschreibung vorgesehenen Bundesfernstraßenprojekten handelt es sich um Vorhaben, die für den Freistaat Bayern von herausragender Bedeutung sind. Es wurde jedoch bewußt nur eine eng begrenzte Anzahl von Projekten ausgewählt, die für das gesamte Staatsgebiet oder größere Teile davon raumbedeutsam sind. Eine Vielzahl weiterer Projekte, insbesondere im Bundesfernstraßenbau, werden nicht weiter im Landesentwicklungsprogramm aufgeführt.

Für die Gesamtfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms wird ein Entwurf erst im Jahr 2000 vorliegen.

Zu 7.: Für eine Verbesserung des ÖPNV im grenzüberschreitenden Verkehr kommen Mittel der EU-Strukturfonds gemäß EFRE-Verordnung (EWG Nr. 2083/93) in Bayern nicht in Betracht.

Für planerische Maßnahmen, d.h. die Erstellung von Konzepten für einen grenzüberschreitenden ÖPNV im bayerischtschechischen Grenzraum, kommt eine Förderung nach der EU-Gemeinschaftsinitiative INTERREG in Betracht. Die Ausweisung von zwei Orten diesseits und jenseits der Grenze im Landesentwicklungsplan als gemeinsames Mittelzentrum ist hierfür nicht Voraussetzung.

Nachdem zwischen dem Landkreis Tirschenreuth und Eger (CZ) derzeit keine Eisenbahnstrecke besteht, auf der SPNVLeistungen erbracht werden, kommen Regionalisierungsmittel nicht in Betracht.

Allerdings wäre eine Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz grundsätzlich möglich. Ob allerdings die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, wie beispielsweise das dringende Erfordernis für das Vorhaben zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse (§ 3 GVFG), wäre im Einzelfall noch zu prüfen.