Anerkennung der Deutsch-Ordens-Werke als Körperschaft des öffentlichen Rechts

Die Deutsch-Ordens-Werke wurden am 20.05.1998 als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Gemäß einer Meldung des Münchner Merkurs vom 26.07.1999 teilte der Geschäftsführer der Deutsch-Ordens-Werke, Werner Conrad, mit, dass der Wechsel der Rechtsform es ermöglichte, alte Finanzierungsverträge zu kündigen und neue extrem günstige Konditionen zu vereinbaren.

Daher fragen wir die Staatsregierung:

Wann und durch wen wurde das Anerkennungsverfahren für die Deutsch-Ordens-Werke als Körperschaft des öffentlichen Rechts eingeleitet, welche Gremien und Behörden wurden an diesem Verfahren beteiligt und wer hat über die Anerkennung entschieden?

Aufgrund welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Anerkennung der Deutsch-Ordens-Werke als Körperschaft des öffentlichen Rechts?

Nach welchen inhaltlichen Kriterien wurde über die Anerkennung entschieden und wo sind diese Kriterien festgelegt?

2. Welche Vorteile, insbesondere steuerliche und sonstige finanzielle Begünstigungen, folgen aus der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts für die Deutsch-Ordens-Werke?

Unterliegen die Deutsch-Ordens-Werke als Körperschaft des öffentlichen Rechts der Staatsaufsicht? Welche aufsichtlichen Befugnisse stehen der Aufsichtsbehörde zu?

Welche Kosten und Risiken entstehen für den Freistaat Bayern durch die Anerkennung der als Körperschaft des öffentlichen Rechts? Haftet der Freistaat Bayern für die Verbindlichkeiten der DOW?

4. Bestehen bei der Staatsregierung Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Anerkennung der Deutsch-Ordens-Werke?

5. Welchen rechtlichen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung, den Sonderstatus der Ordensgemeinschaften dem Status anderer Träger sozialer Einrichtungen bzw. der Wohlfahrtsverbände anzugleichen?

War der bayerische Ministerpräsident, selbst Mitglied im Deutschen Orden, an dem Anerkennungsverfahren der Deutsch-Ordens-Werke beteiligt und wenn ja, in welcher Form?

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für den Ministerpräsidenten aus der Mitgliedschaft im Deutschen Orden?

7. Nehmen Ministerialbeamte Funktionen bei den Deutsch-Ordens-Werken wahr und wenn ja, welche?

8. Welchen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung der Anerkennung von Körperschaften des öffentlichen Rechts?

Die schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

Vorbemerkung:

Die schriftliche Anfrage vom 5. Oktober 1999 knüpft an die Punkte 7 und 8 der schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Dr. Dürr, Kellner und Köhler vom 17. Februar 1999 (LTDrs. 14/695) betreffend Gründung einer privaten in Dillingen an. Auf die seinerzeitige mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus abgestimmte Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst wird Bezug genommen.

Zu 1.1:

Die in der schriftlichen Anfrage genannten Deutsch-Ordens-Werke haben weder einen Antrag gestellt noch wurde diesen Einrichtungen der Körperschaftsstatus verliehen.

Mit Schreiben vom 28. April 1997 hat der Deutsche Orden ­ Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem ­ Deutsche Provinz beim seinerzeitigen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst den Wunsch nach Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vorgetragen. Nach eingehender Prüfung wurde einem nachfolgenden förmlichen Antrag vom 25. März 1998 mit Urkunde des Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 20. Mai 1998 entsprochen. Beteiligt im Rahmen der Prüfung wurden das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit und der Erzbischof von München und Freising.

Zu 1.2:

Nach Art. 2 Abs. 2 des Bayerischen Konkordats mit dem Heiligen Stuhl vom 29. März 1924 bleiben den Orden und religiösen Kongregationen, die bisher die Rechte einer öffentlichen Körperschaft genossen haben, die bestehenden Rechte gewahrt. Die übrigen erlangen Rechtsfähigkeit oder die Rechte einer öffentlichen Körperschaft nach den für alle Bürger oder Gesellschaften geltenden gesetzlichen Bestimmungen. In Bayern wird hierbei entsprechend Art. 140 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) und Art. 143 der Bayerischen Verfassung (BV) auf die Regelungen betreffend die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften abgestellt, da die Orden und religiösen Kongregationen nach dem Willen des Konkordats am öffentlich-rechtlichen Status der verfaßten Römisch-Katholischen Kirche in Bayern teilhaben sollten. Diese jahrzehntelange Praxis hat sich bewährt.

Zu 1.3:

Entsprechend der unter 1.2 genannten verfassungsrechtlichen Grundlage ist für die Verleihung von Körperschaftsrechten an Orden essenzielle Voraussetzung, dass die betreffende Gemeinschaft durch ihre Verfassung die Gewähr der Dauer bietet. Unter Verfassung in diesem Sinne wird in analoger Anwendung der Regeln betreffend Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften der qualitative Gesamtzustand, nämlich die Summe der Lebensbedingungen verstanden, denen die Gemeinschaft unterworfen ist. Die einzelnen Kriterien, zu denen auch Konstitutionen, die geschichtliche Entwicklung, Angaben über Vermögensverhältnisse der Gemeinschaft, insbesondere über das Vermögen an Grund und Boden, die Person des jeweiligen gesetzlichen Vertreters, eine Stellungnahme des örtlich zuständigen Bischofs oder Bischofsvikars sowie Angaben über die Entwicklung des Mitgliederstands in den letzten Jahren, insbesondere über den Nachwuchs und die Altersstruktur der Mitglieder gehören, bilden die Grundlage für die Prüfung des Antrags auf Verleihung der Körperschaftsrechte. Im Rahmen der Gesamtschau aller Einzelfallumstände kann auch ein maßgebliches Kriterium sein, ob der Status des Ordens insgesamt dadurch ergänzt wird, dass eine reine Schwestergemeinschaft bereits den Körperschaftsstatus besitzt, wenn der neue Antrag von einem reinen Männerorden gestellt wird.

Entschieden wurde nach diesen Kriterien.

Zu 2.: Zunächst ist mit der Verleihung des Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts die Erlangung der Rechtsfähigkeit verbunden. Die Ordensgemeinschaft kann damit beispielsweise als solche in das Grundbuch eingetragen werden. Ferner bietet der Körperschaftsstatus eine größere Flexibilität bei der Ausgestaltung der rechtlichen Strukturen innerhalb des Ordens und wird damit der verfassungsrechtlich verbürgten Religionsfreiheit und Art. 2 Abs. 1 des Bayerischen Konkordats in höherem Maße gerecht als andere Gesellschaftsformen. Darüber hinaus können verschiedene Rechte, die den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV und Art. 143 BV zukommen ­ soweit möglich ­, sinngemäß auf öffentlich-rechtlich korporierte Ordensgemeinschaften übertragen werden. Nicht dazu gehören ­ aus der Natur der Sache her ­ etwa das Recht zur Erhebung von Kirchensteuern oder das Parochialrecht. Hingegen sind bestimmte Gebührenbefreiungen möglich, sofern dies ausdrücklich in dem konkret anzuwendenden Gesetz vorgesehen ist. Die Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist zum Teil abweichend von der Besteuerung privatrechtlich organisierter Gebilde geregelt. Die Abweichungen sind unterschiedlichster Art und ergeben sich aus dem jeweils anzuwendenden Steuergesetz. Es lässt sich nur anhand der konkreten Details im Einzelfall feststellen, ob sich eine Abweichung ergibt und ob diese von Vorteil ist. Eine katalogmäßige Erfassung aller Vorteile besteht nicht.

Zu 3.1:

Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist der Deutsche Orden, Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem ­ Deutsche Provinz ­ ein mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteter Personenverband. Im Gegensatz zu anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Universitäten) handelt es sich bei den Religionsgemeinschaften und den Ordensgemeinschaften, die den Status einer öffentlichrechtlichen Körperschaft besitzen, nicht um Teile der mittelbaren Staatsverwaltung, die unter staatlicher Aufsicht Staatsaufgaben wahrnehmen, sondern um ein Gegenstück zum staatlichen Wirkungskreis. Wie bei den als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften insgesamt ist der Körperschaftsstatus bei öffentlich-rechtlich korporierten Ordensgemeinschaften lediglich als ein Bündel besonderer Rechte zu sehen, nicht als Mittel zur Eingliederung der kirchlichen Einrichtung in die (mittelbare) Staatsverwaltung.

Aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 GG, Art. BV), Art. 2 Abs. 1 des Bayerischen Konkordats und entsprechend Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV sowie Art. 142 BV folgt, dass jede Ordensgemeinschaft ihre Angelegenheiten selbständig ordnet und verwaltet. Gleichwohl sind jede Änderung der Verfassungen und jeder Wechsel der Person des gesetzlichen Vertreters dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus anzuzeigen, damit das Fortbestehen der für die Verleihung des Körperschaftsstatus essenziellen Voraussetzungen ­ die oben zu Frage 1 skizziert wurden ­ beurteilt werden kann. Liegen essenzielle Voraussetzungen nicht mehr vor, kann dies zum Widerruf des Verleihungsbescheides führen.

Zu 3.2: Kosten können mittelbar durch Einnahmeverluste bei Steuern oder Gebühren entstehen. Sie sind konkret nicht bezifferbar. Da keine Staatsaufsicht über die kirchlichen Einrichtungen besteht, sind auch keine Risiken für den Staat erkennbar. Der Freistaat Bayern haftet für die Verbindlichkeiten des Deutschen Orden ­ Brüder vom Deutschen Haus St.

Mariens in Jerusalem ­ Deutsche Provinz ebensowenig wie für die Verbindlichkeiten der (öffentlich-rechtlich korporierten) Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.

Zu 4.: Nicht den Deutsch-Ordens-Werken, sondern dem Deutschen Orden, Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem ­ Deutsche Provinz ­ wurde der Körperschaftsstatus in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verliehen. Die Staatsregierung hat keine Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Verleihung.

Zu 5.: Wie mit der Antwort zu Frage 1.2 ausgeführt, besteht ein gewachsenes verfassungsrechtliches Gefüge, in das die Ordensgemeinschaften eingebettet sind. Hinsichtlich des bewährten Staatskirchenrechts besteht kein Änderungsbedarf.

Zu 6.1: Ministerpräsident Dr. Stoiber hat die Anerkennung der Brüderprovinz des Deutschen Ordens als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Zusammenhang mit der Sitzverlagerung von Frankfurt nach Bayern wegen des großen sozialen Engagements des Ordens befürwortet. Er war jedoch nicht am formellen Anerkennungsverfahren, das vom damaligen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst durchgeführt wurde, beteiligt.

Zu 6.2:

Nach dem Statut für die Familiaren haben sich die Laienmitglieder des Deutschen Ordens zum christlichen Glauben zu bekennen, für die Verbreitung einer christlichen Gesinnung einzusetzen und sich in christlicher Nächstenliebe zu betätigen.

Zu 7.: Nein.

Zu 8.: Die genannten Rechtsgrundlagen für die Anerkennung von Orden als Körperschaft des öffentlichen Rechts sind verfassungsmäßig. Ein Handlungsbedarf auf Änderung ist derzeit nicht erkennbar.