Werdenfels-Takt

Im Mai 1994 ist der Werdenfels-Takt im Nahverkehr der Bahn mit dem Stundentakt eingeführt worden. Nach mehr als fünf Jahren Erfahrung frage ich die Staatsregierung:

1. Entwicklung des Fahrgastaufkommens und Service:

Wie hat sich das Fahrgastaufkommen insgesamt und auf den jeweiligen Teilstrecken im Werdenfels-Takt seit der Einführung auch unter Berücksichtigung der einzelnen Wochentage und Tageszeiten entwickelt?

Wurden seit der Einführung des Werdenfels-Takts auf den einzelnen Teilstrecken Rationalisierungsmaßnahmen der DG AG im Hinblick auf Service und Sicherheit durchgeführt?

Gibt es Erfahrungen, wie sich Fahrgastaufkommen und Einnahmenentwicklung auf Strecken ohne Kundenbetreuer auswirkt?

2. Zukünftiges Angebot:

Wie wird aufgrund der nun fünfjährigen Erfahrungen der Fahrplan weiterentwickelt?

Stellen die vorgesehenen neuen Fahrzeuge (Triebwagen) im Hinblick auf Sitzplatzkapazität, Komfort und Mitnahmemöglichkeiten für Gepäck, Fahrräder und Ski eine deutliche Verbesserung gegenüber dem heutigen Fahrzeugmaterial dar und wann ist mit ihrem Einsatz zu rechnen?

Auf welchen Strecken und wann ist die Schaffung umsteigefreier Verbindungen durch ein Flügelungs-/Koppelungskonzept mit Triebwagen geplant?

3. Bahnhöfe:

Welche Wünsche der Kommunen und Landkreise für eine Reaktivierung, Neuerrichtung oder Verlegung von Bahnhöfen werden unter welchen Prämissen umgesetzt und wie sieht die Finanzierung dieser Maßnahmen außer durch GVFG-Mittel durch den Freistaat aus?

An welchen Bahnhöfen ist ein Ausbau der Infrastruktur geplant, sowohl im Hinblick als Schnittstelle mit anderen Verkehrsträgern, als auch im Hinblick auf eine fahrgastgerechte Anpassung der Bahnsteighöhen und Kundeninformation (Zugzielanzeiger u.ä.)?

Welches Serviceangebot wie Fahrkartenschalter, Reisebüro, Wetterschutz (DB-Pluspunkt o.ä.) wird DB Station & Service an welchen Bahnhöfen anbieten bzw. welches Engagement fordert der Freistaat von DB Station & Service ein?

4. Infrastruktur:

In welchem Maße beeinflussen die Ergebnisse der Streckenbereisung vom 02.08.1999 mit Herrn Staatssekretär Spitzner die Infrastrukturplanung und wie wird künftig verhindert, dass sich Verspätungen auf andere Züge übertragen und zu Anschlussverlusten führen?

Wird auf den Zweigstrecken Tutzing­Kochel, Weilheim­Schongau und Murnau­Oberammergau durch technische Maßnahmen und Verbesserungen (technische Sicherung von Bahnübergängen, Signaltechnik, Oberbau u.a.) eine spürbare Verkürzung der Reisezeiten realisiert?

Welches Zugangebot unter Berücksichtigung von Regional-, Fern-, Güter- und Sonderverkehren legt die DB Netz AG den Planungen für die Streckeninfrastruktur zugrunde?

5. Wie und unter welchen Voraussetzungen kann der regionale Güterverkehr auf der Scheine im aktiviert werden?

6. Welche Verbindungen im Fernverkehr werden auch im Hinblick auf das Konzept 21 der DB AG auf der Strecke München­Innsbruck angeboten?

7. Kann die Staatsregierung Einfluss nehmen auf die Preisforderungen, die DB Immobilien gegenüber Kommunen erhebt, die Umsteigeanlagen auf Bahngelände errichten wollen?

8. Verspätungen und Ausfälle

Mit welchen Maßnahmen versucht der Freistaat die umfangreichen Verspätungen auf der Haupt- und den Nebenstrecken und zahlreiche technische oder personelle Ausfälle zu verhindern?

Mit welchen Sanktionen bzw. Mittelkürzungen belegt der Freistaat Bayern die DB AG wegen der umfangreichen Verspätungen und Zugausfälle aus technischen Gründen im Bereich des Werdenfels-Takts?

Zu 1.1: Die Entwicklung des Fahrgastaufkommens seit der Einführung des Werdenfels-Taktes ist auf den einzelnen Teilstrecken (München­Mittenwald, Tutzing­Kochel und Murnau­Oberammergau) unterschiedlich verlaufen. Insgesamt war im Zeitraum 1994 bis 1998 ein Anstieg der Fahrgastzahlen um 30 % zu verzeichnen. Dieser verteilt sich wie folgt auf die einzelnen Teilstrecken:

· München­Garmisch-Partenkirchen­Mittenwald: +29 %

· Tutzing­Kochel: +57 %

· Murnau­Oberammergau: + 6 %

Die Nachfragezuwächse waren vor allem an den Verkehrstagen Montag ­ Freitag zu verzeichnen. Die Zuwächse im Wochenendverkehr unterliegen zum Teil starken jährlichen und saisonalen Schwankungen. Einzelheiten können den beigefügten Grafiken von der DB Regio AG entnommen werden.

Zu 1.2: Der Fahrkartenschalter in Benediktbeuern wurde im Jahr 1996 geschlossen. Eine stattdessen im Bahnhof eingerichtete freie Verkaufsagentur (Reisebüro Alpina) hat trotz ausgeweiteter Öffnungszeiten wegen geringer Umsätze zum 1. Juli 1997 ebenfalls ihre Dienste eingestellt.

Zu 1.3: Auf den Strecken des Werdenfels-Taktes werden zur Zeit alle Züge durch Kundenbetreuer begleitet; insofern liegen keine Erfahrungen vor, zu welchen Folgen das Fehlen von Kundenbetreuern führt.

Zu 2.1: Das Fahrplanangebot im Werdenfelstakt soll nach den vorläufigen Planungen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) überarbeitet werden. Insbesondere in Tagesrandlagen muss das SPNV-Angebot ­ wie in anderen Landesteilen auch ­ auf seine Optimierungspotenziale hin mit dem Ziel eines ökologisch und ökonomisch sinnvollen Einsatzes der Mittel untersucht werden. Dabei wird auch zusammen mit der Deutschen Bahn AG untersucht werden, ob durch eine verbesserte Abstimmung von Fern- und Nahverkehr verkehrliche Vorteile erzielt werden können.

Entsprechende Planungen bedürfen der Abstimmung mit den verantwortlichen Stellen der Deutschen Bahn AG sowie den kommunalen Aufgabenträgern im ÖPNV und müssen von den zuständigen Gremien der BEG beschlossen werden. Präzise Fahrplanentwürfe bestehen noch nicht.

Zu 2.2: Der Einsatz von ET (Elektrotriebwagen) 425/426 mit leistungsfähiger Motorisierung ist nach derzeitigem Sachstand zum Fahrplanwechsel 2001 möglich; das setzt allerdings voraus, dass die Schienenfahrzeugindustrie bis dorthin die bislang noch bestehenden technischen Probleme an den neuen Fahrzeugen in den Griff bekommt und die Auslieferung anlaufen kann.

Die ET-Familie verkörpert ein völlig neues Fahrzeugkonzept für den S-Bahn- und Regionalverkehr. Es sind leichte und komfortable Gliederzüge mit durchgängig begehbaren Wagenkästen. Die Sitzplatzkapazitäten sind in den Nebenverkehrszeiten, gemessen am heutigen Fahrgastaufkommen, ausreichend, nicht jedoch in der Hauptverkehrszeit (HVZ), im Berufs- und Schülerverkehr. Nach derzeitigem Planungsstand wird es auch künftig unabdingbar sein, in der HVZ lokbespannte Züge einzusetzen.

Der ET 425 verfügt über 206 Sitzplätze, (davon 24 in der

1. Klasse) und 228 Stehplätze. Der ET 426 verfügt über 100

Sitzplätze, (davon 12 in der 1. Klasse) und 112 Stehplätze.

Die Innenausstattung ähnelt dem Standard der S-Bahn-Innenausstattung der neuen ET 423 mit Freiflächen für Fahrräder, Skier und sonstiges Gepäck. Der Wagenboden hat eine Höhe von 80 cm über Schienenoberkante (SO), die Einstiege haben eine Feststufe mit 60 cm über SO.

Zu 2.3: Verbesserungen im Angebot umsteigefreier Verbindungen gegenüber heute können nur realisiert werden, wenn in Tutzing, Murnau und Garmisch-Partenkirchen gekuppelt und geflügelt werden könnte. Hierzu bedarf es jedoch einiger Anpassungen im infrastrukturellen und signaltechnischen Bereich, deren Finanzierung derzeit noch nicht abschließend geklärt ist. Ein entsprechendes Projekt im Rahmen der Vorhaben nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz ist angemeldet und wird derzeit von der DB AG geprüft. Auch die technischen Probleme bei den Fahrzeugen im Zusammenhang mit einem Kuppel-Flügel-Konzept müssen vor Realisierung solcher Konzepte vollständig geklärt sein.

Der Einsatz von Kuppel-/Flügelungstechnik auf der Strecke Weilheim ­ Schongau in Richtung aus bzw. zur Hauptstrecke München ­ Garmisch-Partenkirchen mit ET 425/426 ist nicht möglich, da die Strecke Weilheim ­ Schongau nicht elektrifiziert ist und nur von Dieselfahrzeugen bedient werden kann.

Zu 3.: Kommunale Wünsche zur Einrichtung neuer Halte werden von der BEG zunächst im Hinblick auf ihre verkehrliche Bedeutung sowie die fahrplantechnische Machbarkeit geprüft.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass auch die Aufgabenträger für den allgemeinen ÖPNV bereit sind, die Anpassung der Buslinienführung und der Busfahrpläne entsprechend dem Schienenfahrplan zu koordinieren.

Bei aussichtsreichem Fahrgastpotenzial und vertretbarem baulichen Aufwand für die Einrichtung eines neuen Haltes wird dessen Errichtung von der BEG als Besteller der SPNVLeistungen in die Wege geleitet und an die DB Regio AG herangetragen. Um die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme sicherzustellen, ist schließlich ein Finanzierungskonzept notwendig, welches neben einer möglichen GVFG-Förderung auch Eigenanteile von DB Station&Service sowie Beiträge von kommunaler Seite erfordern kann.

Voraussetzung für die Einrichtung neuer Haltepunkte ist neben der verkehrlichen Bedeutung sowie der finanziellen Machbarkeit auch, dass die Reisegeschwindigkeit keine nennenswerten Einbußen erleidet. Die Attraktivität der Schiene wird maßgeblich durch das im Vergleich zum Individualverkehr erzielbare Tempo bestimmt. Da das Werdenfels-Gebiet durch die BAB A 95 sehr gut erschlossen ist, spielt diese Frage hier eine besondere Rolle.

Zu 3.1: Der BEG liegen aus dem Bereich des Werdenfels-Taktes folgende konkrete Reaktivierungswünsche bzw. Wünsche zur Neueinrichtung von Haltestellen vor: Weilheim-Trifthof bzw. Weilheim-Süd

Die Initiative für diese Neueinrichtung ging vom Betriebsrat der lokalen Niederlassung der Deutschen Telekom AG aus.

Der Landkreis Weilheim-Schongau unterstützt dieses Vorhaben. Mit Schreiben der BEG vom 8. Dezember 1999 wurde diese Haltestelle für ein Projekt nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz in Zusammenhang mit dem Projekt (siehe oben) angemeldet, das zur Zeit von der DB AG geprüft wird. Die Potenzialanalyse soll im Rahmen eines umfassenden Gutachtens für die unter 2.1 beschriebenen Angebotsplanungen im Werdenfels-Takt nachgeholt werden.

Schongau-Krankenhaus Grundlage ist ein Schreiben der Stadt Schongau vom 18. August 1998 mit der Bitte um Kurzstudie zu den Potenzialen.

Anlässlich eines persönlichen Besuchs von Herrn Bürgermeister Dr. Zeller bei der BEG am 5. Mai 1999 wurde der Wunsch nochmals bekräftigt und die Zusage gegeben, bislang noch fehlende Daten über Herkunft der Besucher und Patienten des Krankenhauses zu übermitteln. Die neu einzurichtende Haltestelle liegt auf der Strecke Schongau ­ Landsberg, auf der derzeit nur Güterverkehr abgewickelt wird. Die Grundstücksflächen für die Haltestelle gehören der Stadt Schongau. Sobald die Daten vorliegen, wird die BEG eine Potenzialprognose erstellen und eine verkehrliche Bewertung vorlegen.

Hechendorf

Ein Antragsschreiben vom Landratsamt Garmisch-Partenkirchen liegt vor. Nach Einschätzung der BEG ist die Wiedereröffnung frühestens nach 2002 realisierbar, soweit die Fahrgastpotenziale ausreichend sind und die Finanzierung geklärt ist. Am 8. Dezember 1999 wurde auch der Halt Hechendorf für das angemeldet (siehe Weilheim-Trifthof bzw.Weilheim-Süd). Farchant Hierfür liegt ebenfalls ein Antragsschreiben vom Landratsamt Garmisch-Partenkirchen vor. Nachdem die Potenzialabschätzung mit über 500 täglichen Ein- und Aussteigern aus verkehrlicher Sicht positiv ausgefallen ist, verfolgt die BEG in Zusammenarbeit mit DB Regio und DB Station&Service die Einrichtung des Haltes. Die Wiedereröffnung ist frühestens 2001 realisierbar unter der Prämisse, dass die Finanzierung geklärt werden kann. Nächster Schritt ist zunächst die Erstellung einer verkehrlichen Aufgabenstellung durch DB Regio, die anschließend Grundlage für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von DB Station&Service wird.

Kainzenbad, Kaltenbrunn (KBS 960 München­Mittenwald) und Am Hausberg (KBS 976 Garmisch-Partenkirchen­ Kempten)

Die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen und das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen haben hier ebenfalls entsprechende Anträge auf Einrichtung eines Haltepunkts gestellt. Es liegen jedoch bislang noch keine belastbaren Zahlen und Daten zu den Potenzialen und einer möglichen Einbindung in den Bayern-Takt vor. Die BEG wertet derzeit erste Materialien aus.

Zu 3.2: Die DB Station&Service AG ist nach eigener Aussage bemüht, an allen Verkehrsstationen fahrgastgerechte Bahnsteighöhen zu realisieren sowie eine optimale Kundeninformation (Lautsprecher, Zuganzeiger) anzustreben, soweit diese finanziell und personell rechenbar sind. Aufgrund von über 500 aktiven Stationen im südbayerischen Bereich könne die Bahn dieses Ziel nur schrittweise realisieren. Dabei sei DB Station & Service im Sinne ihrer Kunden als Unternehmen gehalten, nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu handeln. Nach den Worten von DB Station&Service ist sie deshalb bei der Umsetzung angedachter Baumaßnahmen sehr stark auf Baukostenzuschüsse Dritter angewiesen.

Der betriebswirtschaftliche Ansatz von DB Station&Service bewährt sich nach Auffassung meines Hauses in der Praxis nicht uneingeschränkt. Insbesondere die Tatsache, dass Lautsprecher und Zuganzeiger offensichtlich nicht zur Basisausstattung von Haltepunkten zählen, ist unbefriedigend und nach meiner Auffassung mit den Ansprüchen eines modernen Dienstleistungsunternehmens nicht vereinbar. Wir werden deshalb den Kontakt mit den Verantwortlichen der Bahn suchen, um auf eine fahrgastorientiertere Einstellung hinzuwirken. Um einen Überblick über den derzeitigen Ausstattungsstandard an den jeweiligen Stationen erhalten zu können, strebt die BEG darüber hinaus eine umfassende Erhebung der aktuellen Situation an den ca. 1000 Stationen in Bayern an. Auf dessen Grundlage sollen dann entsprechende Ausstattungsstandards erarbeitet und geeignete Programme zur Verbesserung des Wartekomforts sowie der Zugänglichkeit an den Stationen aufgestellt werden.

DB Station&Service plant derzeit folgende infrastrukturelle Maßnahmen im Bereich des Werdenfels-Taktes:

· Maßnahmen im Rahmen des sog. Schnittstellenprogrammes sind vorgesehen an den Bahnhöfen Garmisch-Partenkirchen, Hohenpeißenberg, Huglfing, Kochel, Mittenwald, Murnau, Peißenberg-Nord, Peiting-Nord, Peiting-Ost, Penzberg, Schongau, Staltach, Uffing und Weilheim.

· Bahnsteigum- bzw. -neubauten sind vorgesehen im Rahmen des Baues eines elektronischen Stellwerkes in Garmisch-Partenkirchen an den Bahnhöfen Eschenlohe (Neubau Bahnsteig), Oberau (Neubau Bahnsteig), (Rückbau des Bahnsteiges am Gleis 6/7) und Mittenwald (Neubau einer Bahnsteigunterführung mit behindertengerechter Anbindung an die Bahnsteige).