Personalsituation im mittleren Justizdienst und Gerichtsvollzieherdienst

Ich frage die Staatsregierung:

1. Wie hat sich die Zahl der Gerichtsvollzieher seit 1993 verändert

a) landesweit

b) in den einzelnen OLG-Bezirken?

2. Welche neuen Aufgaben wurden dieser Laufbahn in dieser Zeit zusätzlich zugerechnet?

3. Wie bewertet die Staatsregierung den Personalbedarf in dieser Laufbahn für die nächsten Jahre aufgrund des gewachsenen Aufgabenumfanges?

4. Wie hat sich die Zahl der Stellen im mittleren Justizdienst (ohne Gerichtsvollzieher) seit 1994 verändert (landesweit und in den einzelnen OLG-Bezirken)

a) durch den Stellenabbau

b) durch die Abgabe von Personal an die Gerichtsvollzieherlaufbahn?

5. Durch welche Maßnahmen wurde bisher der Personalausfall und damit das gewachsene Arbeitsvolumen für die verbliebenen Bediensteten durch den Wechsel vom allgemeinen mittleren Justizdienst in den Gerichtsvollzieherdienst aufgefangen?

6. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, um die durch den Wechsel in den Gerichtsvollzieherdienst regelmäßig entstehenden Personallücken möglichst rasch auszugleichen und damit der sowieso schon bestehenden äußerst hohen Arbeitsbelastung in der allgemeinen Justizverwaltung entgegenzuwirken?

7.a) Trifft es zu, dass die Staatsregierung plant, den erhöhten Bedarf an Gerichtsvollziehern nicht nur wie bisher aus dem allgemeinen mittleren Justizdienst zu decken, sondern auch für Seiteneinsteiger zu öffnen (z.B. frühere Bundeswehrangehörige, Rechtsanwälte oder Notargehilfen)?

b) Wie vereinbart sich diese geplante Erhöhung von Planstellen durch Seiteneinsteiger mit dem gleichzeitigen Abbau von Planstellen im allgemeinen mittleren Justizdienst?

c) Ist die Staatsregierung nicht mehr der Auffassung, dass die beste Voraussetzung für die Sonderlaufbahn des Gerichtsvollziehers immer noch die allgemeine Ausbildung für den mittleren Justizdienst bildet?

8. Um wie viele Stellen müsste die Einstellungszahl für den mittleren Justizdienst erhöht werden, um sowohl dem Personalbedarf des allgemeinen mittleren Dienstes wie auch dem sich daraus rekrutierenden Personalbedarf für die Gerichtsvollzieherlaufbahn gerecht zu werden?

Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 10.04.

Zu 1.: Durch das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 1997 (2. Zwangsvollstreckungsnovelle; BGBl I 1997, 3039) wurde den Gerichtsvollziehern die Zuständigkeit für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung in den Fällen der §§ 807, 836 und 883 ZPO übertragen (§ 899 ZPO). Es handelt sich hierbei um folgende Anwendungsfälle:

­ Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung (§ 807 ZPO; sog. Offenbarungsversicherung)

­ Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Vorbereitung der Geltendmachung gepfändeter Forderungen (§ 836 ZPO)

­ Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bei Erfolglosigkeit der Herausgabevollstreckung.

Vor dem Inkrafttreten der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle war hierfür das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger) zuständig.

Zu 3.: Objektive Anhaltspunkte, auf deren Grundlage eine genaue Prognose über die Entwicklung des Personalbedarfs im bayerischen Gerichtsvollzieherdienst für die kommenden Jahre aufgestellt werden könnte, gibt es nicht. Allgemein ist zu erwarten, dass bei einer ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Zahl der Zwangsvollstreckungsaufträge und damit der Bedarf an Gerichtsvollziehern weiter zunehmen wird.

Zu 4.: a) Im mittleren Justizdienst (ohne Gerichtsvollzieherlaufbahn) wurden ­ ausgehend von einem Bestand von 2743 Stellen im Haushaltsjahr 1994 ­ im Jahr 1995 19 Stellen, im Jahr 1997 22 Stellen und im Jahr 1999 42 Stellen abgebaut. Für das neue Insolvenzrecht (2. Zwangsvollstreckungsnovelle) wurden im Gegenzug in den Haushaltsjahren 1999 und 2000 je 15 neue Stellen für mittlere Justizbeamte ausgebracht.

Rund die Hälfte des Stellenabbaus hatte der Oberlandesgerichtsbezirk München zu erbringen. Der Rest verteilte sich zu etwa 30 % auf den Oberlandesgerichtsbezirk Nürnberg und zu etwa 20 % auf den Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg.B. durch die Einführung sog. Serviceeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften, und durch den Einsatz einer fortschrittlichen EDV ausgeglichen. Bei den Grundbuchämtern konnten beispielsweise durch den Einsatz des DV-Programms SOLUM-STAR Rationalisierungsgewinne erzielt werden.

Zu 6::

Im Rahmen der Stellenplanverhandlungen zum Doppelhaushalt 2001/2002 werden zusätzliche Stellen für den mittleren Justizdienst beantragt, die zweckgebunden für solche Beamte eingesetzt werden, die sich in der Gerichtsvollzieherausbildung befinden oder diese abgeschlossen haben, aber noch nicht zu Gerichtsvollziehern ernannt werden konnten.

Im Übrigen wird alles daran gesetzt, durch weitere organisatorische Verbesserungen eine Entlastung der Bediensteten im mittleren Justizdienst und Schreibdienst zu erzielen.

Zu 7.: a) Vorgesehen ist die maßvolle Öffnung der Gerichtsvollzieherlaufbahn für bewährte Justizangestellte und für externe Seiteneinsteiger, die mindestens einen mittleren Schulabschluss aufweisen und sich mehrere Jahre in einem dem mittleren Justizdienst vergleichbaren Beruf bewährt haben.

b) Die Öffnung der Gerichtsvollzieherlaufbahn ist erforderlich, da aus dem mittleren Justizdienst teilweise nicht genügend hinreichend qualifizierte Bewerber für die Gerichtsvollzieherausbildung zur Verfügung stehen. Die Zulassung eines gewissen Kontingents an externen Bewerbern wird mittelbar auch zur personellen Entlastung des mittleren Justizdienstes und Schreibdienstes beitragen.

c) Die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der Beamten des mittleren Justizdienstes werden durch die maßvolle Öffnung der Gerichtsvollzieherlaufbahn nicht beeinträchtigt. Die Öffnung erfolgt nur, solange und soweit ein besonderer Bedarf an Gerichtsvollziehern festgestellt wird, der sich aus dem mittleren Justizdienst nicht ausreichend decken lässt. Auch künftig wird der mittlere Justizdienst das primäre und hauptsächliche Potenzial für die Gewinnung der Gerichtsvollzieher darstellen.

Zu 8.: Die bisherigen Methoden der Personalbedarfsermittlung werden derzeit bundesweit überprüft. Daher lässt sich der Personalbedarf im mittleren Justizdienst nicht konkret beziffern. Unabhängig hiervon setzt das Staatsministerium der Justiz alles daran, das für die Bewältigung neuer Aufgaben und zusätzlicher Belastungen erforderliche Personal bereitstellen zu können. So wird die Einstellung von Nachwuchskräften für den mittleren Justizdienst von 43 Justizsekretäranwärtern im Jahr 1999 auf bayernweit 55 Anwärter im laufenden Jahr ausgeweitet. Ich gehe davon aus, dass mit diesen Nachwuchskräften der Ersatzbedarf für altersbedingte und sonstige Abgänge aus dem mittleren Justizdienst sowie für die zur Gerichtsvollzieherausbildung zugelassenen Beamten gedeckt werden kann.