Strukturwandel

Plenarprotokoll 14/46 v. 28.09.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 3151

Frau Peters (SPD): Gab es mittlerweile von Seiten der Staatsregierung Anfragen bzw. Verhandlungen mit der Bundesregierung über mögliche Vorfinanzierungen von Baumaßnahmen an Bundesautobahnen, insbesondere für die A94, nachdem mir wiederholt vom Bundesverkehrsministerium mitgeteilt wurde, dass im Einzelfall und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen neben der Mitfinanzierung auch die Vorfinanzierung durch das Land in Betracht komme?

Antwort der Staatsregierung: Nach bekannt werden der Absicht der Bundesregierung, die A31 (Emslandautobahn) durch das Land Niedersachsen bzw. die Region vor- bzw. kofinanzieren zu lassen, habe ich mich mit Schreiben vom 26.05.2000 an Herrn Bundesverkehrsminister Klimmt gewandt und ihm meine Rechtsauffassung hierzu mitgeteilt, die im Übrigen noch bis Ende 1999 vom Bundesverkehrsministerium selbst vertreten wurde. Nach meiner Meinung verstößt eine derartige Fremd- bzw. Drittfinanzierung gegen die strikte Zuständigkeitsregelung des Art. 104a Abs. 1 und 2 GG. Meine Auffassung wird bestätigt durch das Gutachten der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 10.08.2000.

Eine Antwort von Herrn Bundesminister Klimmt auf mein Schreiben vom Mai diesen Jahres steht immer noch aus, obwohl ich mit Schreiben vom 12.09.2000 die Antwort angemahnt habe und auch Herrn Verkehrsminister Klimmt wiederholt persönlich auf die noch ausstehende Antwort angesprochen habe.

Im Übrigen ist es nicht vertretbar, durch Vor- und Kofinanzierungen der Länder Versäumnisse der rot-grünen Bundesregierung zu kaschieren. Unsere Aufgabe ist es, den Staats- und Kommunalstraßenbau bestmöglich trotz engen Haushalts voranzutreiben und nicht unsere Haushaltsmittel für Bundesaufgaben auszugeben.

Frau Schopper (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wieviele Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen bzw. -Todesfälle wurden seit 1995 pro Jahr in Deutschland und davon in Bayern registriert und wieviele davon erkrankte Personen waren unter 40 Jahre?

Antwort der Staatsregierung: Für die Jahre 1995 bis 1999 wurden 82 Fälle an CJK in Bayern registriert. Eine ansteigende Tendenz ist im Bezug auf die Einzeljahre ab 1995 nicht feststellbar. Nach den hier vorliegenden Meldungen war eine Person unter 40 Jahre. Die registrierten Fälle umfassen sowohl Verdachtsdiagnosen auf Grund entsprechender klinischer Symptomatik als auch im Rahmen von Sektionen und feingeweblichen Untersuchungen gesicherte CJK-Erkrankungen.

Für Deutschland ergeben sich ausweislich der Berichte des Statistischen Bundesamtes zur Diagnose humane spongiforme Encephalopathie, die der gleichgesetzt werden kann, ab 1995 folgende Zahlenangaben: 1995: 46 gemeldete Fälle 1996: 69 gemeldete Fälle 1997: 97 gemeldete Fälle 1998: 66 gemeldete Fälle 1999: 80 gemeldete Fälle (gemäß fernmündlicher Auskunft, Bericht liegt noch nicht vor). Angaben über die Zahl der erkrankten Personen unter 40 Jahren für ganz Deutschland liegen uns nicht vor.

Bislang ist in Deutschland kein Fall einer nv-CJK diagnostiziert worden.

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo werden die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen seit 1995 registriert und wo und mit welcher Methode wurden die Erkrankungsfälle von Personen unter 40 Jahren auf Neue-Variante-Creutzfeldt-Jakob-Krankheiten (nv-CJK) untersucht?

Antwort der Staatsregierung: Die Erkrankungs- und Sterbefälle an Creutzfeldt-Jakob-Krankheit werden von den Gesundheitsämtern über die oberste Landesgesundheitsbehörde dem Robert-Koch-Institut berichtet und dort registriert. Eine weitere Erfassung erfolgt durch das Bayer. Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung sowie durch das Statistische Bundesamt. Gesetzliche Grundlage ist die Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 3 auf die humanen spongiformen Encephalopathien vom 1. Juli 1994

(BGBl I S.1455).

Eine letztlich sichere Methode zur Feststellung einer CJK liegt in einer Gewebsuntersuchung durch ein hierauf spezialisiertes Neuropathologisches Institut. Eine derartige Untersuchung setzt grundsätzlich die Obduktion des Verstorbenen voraus. Diese Obduktion ist aus rechtlichen Gründen nur mit Zustimmung der Angehörigen möglich. Dies bedeutet, dass in einem Teil der Fälle keine Obduktion und somit keine sichere Untersuchungsmethode zur Feststellung einer CJK zur Anwendung kommt. Dies gilt unabhängig vom Alter der Personen. So erfolgte nach den vorliegenden Unterlagen bei der einzigen Patientin, die in Bayern im erfragten Zeitraum im Alter von unter 40 Jahren verstarb, keine Obduktion.

Für nv-CJK sprechen verschiedene klinische Besonderheiten im Krankheitsverlauf, die jedoch keine gesicherte Abgrenzung gegenüber der klassischen Variante von CJK zulassen. Hierzu zählen beispielsweise das Fehlen von EEG-Veränderungen, das psychiatrische Krankheitsbild und ein etwa doppelt so langer Krankheitsverlauf.

Die Bayerische Staatsregierung ist seit Jahren bestrebt, bei Verstorbenen, die Symptome einer aufweisen, eine Obduktion und die damit verbundene Möglichkeit feingeweblicher Untersuchungen zur Sicherung der Diagnose CJK und zur Abgrenzung von der neuen Variante zu erwirken. So sind die Gesundheitsämter gehalten, im Gespräch mit den Angehörigen auf die Einwilligung einer Obduktion hinzuwirken. Ferner trägt der Freistaat Bayern die im Rahmen der Obduktion zusätzlich anfallenden Kosten für den Transport der Leiche.

Frau Radermacher (SPD): Wie wird nach dem Ausstieg der katholischen Kirche der gesetzlich vorgegebene flächendeckende Anspruch eines pluralen Angebotes für die Schwangerschaftskonfliktberatung in Unterfranken sichergestellt und welche Beratungsstellen wird es aus Sicht der Staatsregierung in Zukunft in Unterfranken geben?

Antwort der Staatsregierung: In Unterfranken wurden von Donum vitae Bayern, Frauen beraten e.V. und Pro Familia Anträge auf staatliche Anerkennung bzw. öffentliche Förderung bei der zuständigen Regierung von Unterfranken gestellt. Die Regierung wird in den nächsten Wochen über die Anträge entscheiden. Sie wird der erforderlichen Pluralität des Beratungsangebotes Rechnung tragen.

Wahnschaffe (SPD): Warum wurde dem neu gegründeten Verein Donum vitae in Regensburg kurz nach seiner Gründung die Anerkennung als Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen im Sinne des § 9 Schwangerschaftskonfliktgesetz gewährt und eine staatliche Förderung in Aussicht gestellt, während dem Ortsverband Regensburg von Pro Familia bis heute eine solche Förderung von Seiten des Freistaats Bayern verwehrt wird, obwohl die Staatsregierung durch Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 03.02.2000 verpflichtet wurde, für die anerkannte Beratungsstelle von Pro Familia einen Einzugsbereich festzulegen und die gesetzliche Förderung zu bewilligen?

Antwort der Staatsregierung: Für die staatliche Anerkennung von Schwangerenberatungsstellen und die Festlegung der Einzugsbereiche sind nach dem Bayerischen Schwangerenberatungsgesetz die Regierungen zuständig. Nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung als Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen i.S. des § 8 Schwangerschaftskonfliktgesetz, Art. 12 Bayerisches Schwangerenberatungsgesetz vorgelegen haben, hat die Regierung der Oberpfalz die Anerkennung für die Schwangerenberatungsstelle von Donum vitae in Regensburg ausgesprochen.

Der Antrag von Pro Familia Ortsverband Regensburg e.V. auf Festlegung eines Einzugsbereiches und öffentlich Förderung wurde von der Regierung der Oberpfalz bereits am 08.07.1999 mangels Bedarfs abgelehnt. Ein dagegen erhobenes Klageverfahren ist derzeit in zweiter Instanz abhängig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dem Antrag des Freistaates Bayern auf Zulassung der Berufung am 31. Mai 2000 stattgegeben. Das Urteil bleibt abzuwarten.

Dr. Heinz Köhler (SPD): Nachdem der Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen, Dr. Werner Schnappauf, kürzlich ein Programm für die grenznahen Regionen in Höhe von 4 Milliarden DM gefordert hat, frage ich die Staatsregierung, ob sie diese Ansicht teilt, wie der finanzielle Spielraum im EU-Haushalt für ein solches Programm aussieht und inwieweit diese Forderung mit der bisherigen Position der Staatsregierung in Einklang steht, Förderprogramme der EU abzulehnen, weil damit der deutsche und bayerische Finanzbeitrag erhöht wird?

Antwort der Staatsregierung: Kommissar Verheugen hat auf der Europaministerkonferenz in Schlangenbad am 29.5. 2000 mit Blick auf die bevorstehende Erweiterung der EU ein Aktionsprogramm zur Unterstützung der Grenzregionen in Aussicht gestellt und die betroffenen deutschen Länder eingeladen, entsprechende Anregungen zu machen.

Die Europaminister der Freistaaten Bayern und Sachsen sowie der Länder Berlin, Brandenburg, und Mecklenburg-Vorpommern haben sich darauf in einem gemeinsamen Schreiben an Kommissar Verheugen gewandt, in dem die wirtschaftliche Sondersituation der Grenzregionen näher dargestellt und eine Reihe von Vorschlägen für ein Sonderprogramm zugunsten der Grenzregionen unterbreitet werden.

Nach Ansicht aller betroffenen Länder sollte das Aktionsprogramm für die grenznahen Räume insbesondere die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, die Förderung der Wirtschaft, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der Arbeitsmärkte, aber auch die soziale und kulturelle Vorbereitung der Bevölkerung zum Gegenstand haben.

Die genannten Länder weisen in ihrem Schreiben ferner darauf hin, dass der notwendige Strukturwandel in den Grenzregionen im Rahmen der bisher bestehenden Programme der EU weder strukturell noch finanziell umsetzbar ist. Erforderlich ist vielmehr eine spezifische regionale Flankierungsstrategie, die deutlich vor der Erweiterung wirksam und für die Dauer der Sonderbelastungen fortgeführt wird. Die Umsetzung einer solchen Strategie bedarf eines eigenständigen zusätzlichen Programms, dessen Größenordnung sich an der Ausstattung des Sonderprogramms zur Vorbereitung der Süderweiterung der EU orientieren sollte. Aussagen über die Finanzierung des Aktionsprogramms bleiben der Kommission vorbehalten Hartenstein (fraktionslos): Welche Rechtsfolgerungen ergeben sich aus der in einem Eilverfahren getroffenen rechtskräftigen Entscheidung des 21. Senats des Oberverwaltungsgerichtes Münster, einem Landwirt aus Verbraucherschutzgründen die Verwertung von Raps, der neben einem Versuchsfeld mit gentechnisch veränderten Pflanzen derselben Art aufwuchs, zu untersagen, und welche Konsequenzen sind daraus zu Schutz der bayerischen Bauern zu ziehen, die auf den Einsatz gentechnisch veränderter Saat verzichten möchten?

Antwort der Staatsregierung: Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hat in einem Eilverfahren eine Anordnung der Bezirksregierung Arnsberg durch Beschluss vom 31. August bestätigt und damit einen gegenteiligen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen aufgehoben.

Plenarprotokoll 14/46 v. 28.09.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 3153

Grund der Anordnung der Bezirksregierung Arnsberg war die Tatsache, dass ein Landwirt unmittelbar neben einer Freisetzungsfläche mit gentechnisch veränderten Raps auf seinen Flächen gentechnisch nicht veränderten Raps angebaut hatte. Die Bezirksregierung ging davon aus, dass eine Einkreuzung der gentechnisch veränderten Rapspflanzen in die gentechnisch nicht veränderten Pflanzenbestände eintreten könnte und eine Veräußerung der daraus gewonnenen Samenernte eintreten könnte und eine Veräußerung der daraus gewonnenen Samenernte ­ als ein in Verkehr Bringen (§ 14 Nr. 1

­ genehmigungspflichtig sei.

Die auf § 26 Abs. 1 gestützte Anordnung betraf:

­ Die Untersagung des in einem Abstand von 50

Metern zur Freisetzungsfläche geernteten und keimungsfähigen Saatgutes in den Verkehr zu bringen,

­ das betreffende Erntegut innerhalb von 3 Tagen nach der Ernte keimungsunfähig zu machen und

­ die Erntearbeiten 3 Werktage vor ihrer Durchführung anzuzeigen.

Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren, das nach den dem Staatsministerium vorliegenden Informationen der Landwirt betreiben will, ist noch offen.

Aus dem Beschluss des OVG können keine Rechtsfolgerungen gezogen werden, da sich dieser zum einen konkret nur auf eine bestimmte Fallkonstellation bezieht.

Zum anderen hat das OVG ausdrücklich in seinem Beschluss darauf hingewiesen, eine summarische Prüfung vorgenommen zu haben und die Frage, inwieweit das Erntegut des Landwirts gentechnisch veränderte Organismen enthalte, für die eine Genehmigung für das in Verkehr Bringen notwendig sei, einer weiteren Klärung und Vertiefung im noch durchzuführenden Hauptsachverfahren vorbehalten bleiben müsse.

Erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache können in fundierter Weise etwaige Folgerungen geprüft werden.