Jugendstrafanstalt

Männern, bei weiblichen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.

§ 49

Lichtbildausweise

Die Anstalt kann Gefange ne verpflichten, einen Lichtbildausweis mit sich zu führen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Der Ausweis ist bei der Entlassung oder der Verlegung in eine andere Anstalt einzuziehen und zu vernichten.

§ 50

Festnahmerecht Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf deren Veranlassung hin festgenommen und in die Anstalt zurückgeführt werden.

§ 51

Besondere Sicherungsmaßnahmen:

(1) Gegen Gefangene können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach deren Verhalten oder aufgrund des seelischen Zustandes in erhöhtem Maße Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.

(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,

2. die Beobachtung der Gefangenen, auch durch technische Hilfsmittel,

3. die Absonderung von anderen Gefangenen,

4. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,

5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und

6. die Fesselung.

(3) Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1 und 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine sonstige erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht abgewehrt werden kann.

(4) Auch bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung zulässig, wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr besteht.

(5) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden.

(6) Eine dauerhafte Beobachtung nach Abs. 2 Nr. 2 unter Verwendung technischer Hilfsmittel ist nur zulässig, wenn und solange dies zur Abwendung der Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstverletzung erforderlich ist. Eine Abdunklung zur Nachtzeit ist zu gewährleisten. Das Schamgefühl ist soweit wie möglich zu schonen.

(7) Die unausgesetzte Absonderung von Gefangenen (Einzelhaft) ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in ihrer Person liegen, unerlässlich ist.

Die Einzelhaft darf ununterbrochen nicht mehr als eine Woche andauern.

Einzelhaft von mehr als vier Wochen im Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Die Frist nach Satz 2 und 3 wird nicht dadurch unterbrochen, dass der Gefangene am Gottesdienst oder an der Freistunde teilnimmt.

Während des Vollzugs der Einzelhaft sind die Gefangenen in besonderem Maße zu betreuen.

§ 52

Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, ärztliche Überwachung:

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Bei Gefahr im Verzuge können auch andere Bedienstete der Anstalt diese Maß26 nahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der Anstaltsleitung ist unverzüglich einzuholen.

(2) Vor der Anordnung ist eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes einzuholen, wenn Gefangene ärztlich behandelt oder beobachtet werden oder wenn ihr seelischer Zustand Anlass der Maßnahme ist. Ist dies wegen Gefahr im Verzuge nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt. Wenn Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird, ist eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes spätestens nach drei Tagen und danach in angemessenen Abständen einzuholen.

(3) Sind Gefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt (§ 51 Abs. 2 Nr. 5 und 6), werden sie dauerhaft überwacht (§ 51 Abs. 6 und Abs. 2 Nr. 2) oder ist Einzelhaft angeordnet (§ 51 Abs. 7), so sucht sie der ärztliche Dienst unverzüglich und danach in der Regel täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports.

(4) Die besonderen Sicherungsmaßnahmen sind den Gefangenen zu erläutern. Die Anordnung und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen Dienstes sind zu dokumentieren.

§ 53

Ersatz von Aufwendungen:

(1) Die Gefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung, Verletzung anderer Personen oder Beschädigung fremder Sachen verursacht haben. Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(2) Für die in Abs. 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch der den Mindestbetrag übersteigende Teil des Hausgeldes in Anspruch genommen werden.

(3) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Abs. 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch das Erziehungsziel gefährdet würde.

Elfter Abschnitt Unmittelbarer Zwang

§ 54

Unmittelbarer Zwang:

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.

Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln. Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.

(2) Vollzugsbedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen oder wenn sie sich unbefugt im Anstaltsbereich aufhalten. Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.

(3) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

(4) Unmittelbarer Zwang ist von Vollzugsbediensteten anzuwenden, wenn dieser von Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet wird.

Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn durch die Anwendung des unmittelbaren Zwangs die Menschenwürde verletzt oder eine Straftat began gen würde oder die Anordnung nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist. Wird in den Fällen des Satz 2 eine Anordnung trotzdem befolgt, so trifft die Vollzugsbediensteten eine Verantwortung nur, wenn sie die Rechtswidrigkeit der Maßnahme erkannt haben oder diese nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich war. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben Vollzugsbedienstete den Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. § 71 Abs. 2 des Hessischen Beamtengesetzes ist nicht anzuwenden.

(5) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

Zwölfter Abschnitt Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen

§ 55

Erzieherische Maßnahmen, Konfliktregelung Verstoßen Gefangene gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind diese Pflichtverletzungen unverzüglich erzieherisch aufzuarbeiten. Dabei können erzieherische Maßnahmen oder Maßnahmen zur Konfliktregelung ergriffen werden. Als erzieherische Maßnahmen können den Gefangenen insbesondere Handlungsanweisungen erteilt und Verpflichtungen auferlegt werden, die geeignet sind, die Einsicht in das Fehlverhalten und die Notwendigkeit einer Verhaltensänderung zu wecken und zu stärken. Als Maßnahmen der Konfliktregelung kommen insbesondere eine Entschuldigung, Schadensbeseitigung oder Schadenswiedergutmachung in Betracht. Es sollen nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in einem engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.

§ 56

Disziplinarmaßnahmen:

(1) Disziplinarmaßnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn Maßnahmen nach § 55 nicht ausreichen, um den Gefangenen die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens zu verdeutlichen. Zu berücksichtigen ist ferner eine aus demselben Anlass angeordnete besondere Sicherungsmaßnahme. Von Disziplinarmaßnahmen wird abgesehen, wenn es genügt, die Gefangenen zu verwarnen.

(2) Eine Disziplinarmaßnahme kann angeordnet werden, wenn Gefangene rechtswidrig und schuldhaft

1. andere Personen mündlich oder tätlich angreifen,

2. Lebensmittel, Einrichtungen der Jugendstrafanstalt und Gegenstände oder Eigentum anderer Personen mutwillig zerstören oder beschädigen,

3. gegen Strafgesetze verstoßen oder eine Ordnungswidrigkeit begehen,

4. die aufgrund des Förderplans zugewiesenen Tätigkeiten nach § 29 Abs. 2 nicht ausüben,

5. unerlaubt Gegenstände in die Anstalt einbringen, sich daran beteiligen oder solche Gegenstände besitzen,

6. entweichen oder zu entweichen versuchen,

7. in sonstiger Weise wiederholt oder schwerwiegend gegen die Hausordnung verstoßen oder das Zusammenleben in der Anstalt stören.

(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind

1. der Verweis,

2. der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu vier Wochen,

3. die Beschränkung oder der Entzug des Hörfunk- oder Fernsehempfangs bis zu vier Wochen,