Fremdsprachenpolitik und Antwort der Kultusministerin

Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit der Sozialministerin wie folgt:

Frage 1. Gibt es bilinguale Kitas und wenn ja, wie viele und für welche Sprachen?

Tageseinrichtungen für Kinder mit bilingualem Angebot in Hessen werden statistisch nicht erfasst. Dem Hessischen Sozialministerium sind jedoch die in Anlage 1 aufgelisteten 30 Tageseinrichtungen mit bilingualem Angebot bekannt. Folgende Sprachen werden in Kombination mit Deutsch in den bilingual ausgerichteten Tageseinrichtungen für Kinder angeboten: Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Türkisch, Griechisch, Russisch, Niederländisch und Japanisch.

Frage 2. Gibt es andere fremdsprachliche Begegnungsprogramme in den Kitas?

Dem Hessischen Sozialministerium sind Beispiele von Trägern und einer Kreisvolkshochschule in Hessen bekannt, die ein mehrjährig erprobtes fremdsprachliches Kursangebot (Englisch) für Kinder im Kindergarten und Grundschulalter anbieten und die einen Einblick über fremdsprachliche Begegnungsprogramme in den Tageseinrichtungen geben (siehe Anlagen 2 bis 6). Allgemein ist festzustellen, dass sich Tageseinrichtungen für Kinder - auch im Hinblick auf die Diskussion und die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Hessen - verstärkt um die Vermittlung interkultureller Kompetenzen, insbesondere um Freude und Neugier an anderen Sprachen, Mehrsprachigkeit und Fremdheitskompetenz, bemühen.

Unterstützt werden diese Prozesse durch die Landesförderung für Tageseinrichtungen mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. 2006 hat die Landesregierung ca. 14,7 Mio. zur Unterstützung der Integration aufgebracht. Einrichtungen mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund hatten gegenüber dem Hessischen Sozialministerium einzelne Maßnahmen benannt, die im engeren Sinne "Begegnungen mit fremden Sprachen und Kulturen" beinhalten. Beispiele für solche Maßnahmen sind:

- Förderung der Kommunikation in der Gruppe durch zweisprachige oder fremdsprachliche Bilderbuchbetrachtungen in der Gesamtgruppe und in Kleingruppen,

- Herstellung von Bilderbüchern in verschiedenen Sprachen mit den Kindern und Eltern,

- Vorlesestunden von Eltern in ihrer Muttersprache und in Deutsch durch Erzieherinnen und Erzieher,

- Begrüßung und Verabschiedung der Kinder in ihrer Familiensprache und in Deutsch,

- Gegenseitige Vermittlung von Informationen über die Herkunftsländer der einzelnen Kinder über Spiele und Lieder,

- Organisation von multikulturellen - die Eltern einbeziehenden - Kindergartenfesten (z.B. mit Trachten, Tanz, Musik und Speisen aus verschiedenen Ländern),

- Einbeziehung der mehrsprachigen Eltern bei der Gestaltung des pädagogischen Angebotes und Einbeziehung in das Sprachförderkonzept.

Frage 3. Nach welchem Unterrichtsprinzip erfolgt der Fremdsprachenunterricht ab dem 3.

Schuljahr (Aufbauend, sequenziell oder nur in fremdsprachlicher Begegnungsform)?

Der derzeit noch gültige Rahmenplan für die Grundschule beschreibt die Ziele, die fachdidaktischen Grundsätze, die Themen und Inhalte sowie die Fertigkeitsbereiche des Fremdsprachenunterrichts.

Der Fremdsprachenunterricht in den Klassen 3 und 4 fügt sich dida ktisch und methodisch in das Konzept der Grundschule. Seine Prinzipien sind ganzheitliches Lernen, spielbetontes Lernen, Mündlichkeit, Einsprachigkeit, kommunikative Progression, methodische Vielfalt und Einbezug des fächerübergreifenden Ansatzes.

Frage 4. Welche Fremdsprachen werden zu welchen Anteilen im Grundschulunterricht ermittelt?

Der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule umfasst die Begegnung mit fremden Sprachen ab Jahrgangsstufe 1 und die Einführung in eine Fremdsprache ab Jahrgangsstufe 3.

Seit dem Schuljahr 2003/2004 wird der Fremdsprachenunterricht ab Klasse 3 flächendeckend an allen Grundschulen in Hessen erteilt. Im 3. und 4.

Schuljahr erhalten die Schülerinnen und Schüler zwei Wochenstunden Fremdsprachenunterricht.

Die Auswahl der Fremdsprache, die in der Grundschule einzuführen ist, trifft die Gesamtkonferenz der Schule.

Von den 1.170 Grundschulen haben sich ca. 50 Schulen für Französisch entschieden, alle anderen Grundschulen unterrichten ab der dritten Klasse Englisch.

Frage 5. Werden im Sekundarbereich I oder/und im Sekundarbereich II Nachbarsprachen angeboten und von welchem Schuljahr an?

In Hessen gibt es keinen Unterricht, in dem Nachbarsprachen unterrichtet werden, sondern lediglich den Fremdsprachenunterricht.

Frage 6. Wann wird an den weiterführenden Schulen eine 3. Fremdsprache fakultativ angeboten?

Die dritte Fremdsprache beginnt im 9-jährigen gymnasialen Bildungsgang und in den integrierten Gesamtschulen in der Jahrgangsstufe 9, im 8-jährigen gymnasialen Bildungsgang in der Jahrgangsstufe 8.

Frage 7. In welchen Sprachen wird bilingualer Fachunterricht in der Sek. I angeboten und in welchem Umfang?

Es gibt deutsch-englischen, deutsch-französischen und deutsch-italienischen bilingualen Unterricht. Bezogen auf die bilingualen Züge nach § 19 der Verordnung zur Ausgestaltung der Bildungsgänge und Schulformen der Grundstufe und der Mittelstufe sind es im gymnasialen Bildungsgang 44 deutsch-englische und elf deutsch-französische Züge sowie ein deutschitalienischer Zug. Im Realschulbildungsgang sind es 26 deutsch-englische und zwei deutsch-französische bilinguale Züge.

Daneben gibt es zahlreiche bilinguale Angebote, die statistisch nicht erfasst werden.

Frage 8. Gibt es in der gymnasialen Oberstufe eine Belegpflicht für ein bilinguales Sachfach oder wird dieses erwogen?

Es gibt in der gymnasialen Oberstufe - ebenso wie in der Mittelstufe - keine Belegverpflichtung für bilingualen Unterricht, doch bietet eine Vielzahl von Schulen entsprechende Kurse an. Zu erwähnen ist, dass an fünf Schulen gleichzeitig das Abitur und das französische Baccalaurèat und an einer neben dem Abitur die italienische Maturita erworben werden kann.

Frage 9. Wird für Schüler nicht deutscher Muttersprache ein Angebot in der Herkunftssprache anstelle einer Fremdsprache gemacht?

a) Wenn ja, in welcher Schulart?

b) Welche Abschlüsse sind in dieser Herkunftsprache möglich?

c) Für welche Sprachen gibt es ggf. diese Angebote und welchen Umfang haben sie?

d) An welchen Bildungsgängen?

Für Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Herkunftssprache existieren Angebote im Unterricht in der Herkunftssprache als zweite Fremdsprache bzw. bei Wechsel der Sprachenfolge nach § 11 der Verordnung zum Schul besuch von Schülerinnen und Schülern nicht deutscher Herkunftssprache vom 9. April 2003.

Zu a: Unterricht in der Herkunftssprache wird als zweite Fremdsprache im Bildungsgang Hauptschule, Realschule und Gymnasium sowie der integrierten Gesamtschule angeboten, sofern die personellen und organisatorischen Voraussetzungen gegeben sind. Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe 8, die nicht über die für den Unterricht erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift verfügen und die unmittelbar vor der Aufnahme keine deutsche Schule besucht haben, haben auf Antrag die Möglichkeit des Wechsels der Sprachenfolge. Als erste oder zweite Fremdsprache kann die Sprache des Herkunftslandes oder Russisch gewählt werden, sofern die personellen und organisatorischen Voraussetzungen gegeben sind.

Zu b:

Sofern die zweite Fremdsprache angeboten wird, sind in der Regel Abschlüsse gemäß den Bestimmungen der Verordnung zur Ausgestaltung der Bildungsgänge und Schulformen der Grundstufe (Primarstufe) und der Mittelstufe (Sekundarstufe I) und Abschlussprüfungen in der Mittelstufe (VO BGM) und der Verordnung über die Bildungsgänge und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe und dem beruflichen Gymnasium möglich, mit der Maßgabe, dass bei einem erfolgten Wechsel der Sprachenfolge beim qualifizierenden Hauptschulabschluss das Prüfungsfach Englisch durch die gewählte Fremdsprache ersetzt wird.

Zu c:

Der Unterricht in der Herkunftssprache wird als zweite Fremdsprache in Griechisch, Italienisch, Spanisch und Türkisch sowie in Polnisch und Russisch bei Wechsel der Sprachenfolge angeboten.

Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Herkunftssprache im Unterricht in der Herkunftssprache als zweite Fremdsprache verteilte sich dabei im Schuljahr 2005/2006 wie folgt auf die Herkunftssprachen in den Jahrgängen 1 bis 10 in Hessen:

Auf die Antwort zu Frage 9 a wird verwiesen.

Frage 10. Gibt es bilinguale Angebote an berufsbildenden Schulen?

Seit dem Schuljahr 2002/ 2003 hat das berufliche Gymnasium der FriedrichList-Schule in Kassel in der Fachrichtung Wirtschaft einen bilingualen Zweig. In den Fächern Wirtschaftslehre, Politik, Geschichte, Mathematik, Naturwissenschaften (teilweise) und in Sport werden die Schüler dieser Klasse bis hin zum Abitur in englischer Sprache unterrichtet. Als weitere Fremdsprachen können die Schüler Spanisch oder Französisch wählen.

Seit Februar 2005 gibt es darüber hinaus bilinguale Kurse an der Modellschule Obersberg (doppelqualifizierend). Interessierte Schülerinnen und Schüler haben seitdem die Möglichkeit, in den Fächern Geschichte sowie Politik und Wirtschaft (PoWi) "zweisprachig" unterrichtet zu werden.