Dadurch wird überdeutlich dass die zuständige Behörde keine Pflanzenkläranlage will sondern nach Wegen sucht um sie zu

Plenarprotokoll 14/68 v. 27.06.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 4941

Ich habe mir das Zitat des Regierungsrates Huch vom Landratsamt in Mühldorf aufgeschrieben, das sehr deutlich macht, dass gar nicht der Wille besteht, die Pflanzenkläranlagen als gegenüber den zentralen Abwasseranlagen gleichwertige Anlagen zu bewerten. Der Satz lautet: Pflanzenkläranlagen seien nicht gewünscht, wenn ein Anschluss an eine zentrale Anlage ohne Probleme möglich sei. Dadurch könne man Probleme, die mit zentralen kleinen Anlagen verbunden seien, vermeiden.

Dadurch wird überdeutlich, dass die zuständige Behörde keine Pflanzenkläranlage will, sondern nach Wegen sucht, um sie zu verhindern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von vornherein wird unterstellt, dass die Pflanzenkläranlagen störanfällig wären und schlecht funktionieren würden. Das wird einfach unterstellt.

(Hoderlein (SPD): Das ist völlig unsachlich!)

Hier wird die Linie vertreten, dass der Kanalanschluss mit zentraler Kläranlage immer die bessere Alternative ist. Das ist sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht schlichtweg falsch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst das Umweltministerium zweifelt nicht mehr an der Funktionstüchtigkeit der Pflanzenkläranlagen. Es liegen genügend Untersuchungen über den ökologischen Wert dieser Anlagen vor, insbesondere was den Energieverbrauch, die Luftbelastung und den Reinigungsgrad des Wassers anbelangt. Das Landschaftsbild wird weniger beeinträchtigt, weil die Pflanzenkläranlagen als Biotop ausgestaltet werden können. Insbesondere in Bezug auf die Kosten schneiden die Pflanzenkläranlagen deutlich besser ab.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Mehrlich?

Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja.

Mehrlich (SPD): Frau Kollegin, würden Sie in diesem Zusammenhang die Kolleginnen und Kollegen der CSU bitte darauf hinweisen, dass die Gemeinderäte in aller Regel, wenn es um Wasser und Abwasser geht, den Empfehlungen der Wasserwirtschaftsämter folgen, und dass der Fraktionsvorsitzende der CSU, Herr Kollege Glück, vor einem Jahr im Münchner Merkur genau diesen Behörden vorgeworfen hat, sie würden die Anträge und den Willen des Bayerischen Landtags ausbremsen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Lode?

Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, weil mir sonst die Zeit davonläuft. Die Zwischenfrage von Herrn Kollegen Mehrlich war eher eine Zwischenintervention und Meinungsäußerung. Dazu ist keine Antwort erforderlich.

(Glück (CSU): Ein Missbrauch Ihrer Redezeit!)

­ Das war leider auf Kosten meiner Redezeit. Deswegen konnte der Kollege von der CSU-Fraktion jetzt keine Frage mehr stellen.

Lassen Sie mich zu den Kosten zurückkommen. Gerade wenn die Leitungswege weit sind und nur einige wenige Anwesen anzuschließend sind ­ das ist bei den vorliegenden Petitionen der Fall ­, schneiden die Pflanzenkläranlagen deutlich besser ab. Gerade auf dem Land entfallen bei zentralen Anlagen 70% der Kosten allein auf das Kanalnetz. Die Planungsbüros und die Behörden schrauben aber gerne die Kosten für die Pflanzenkläranlagen bei ihren Schätzungen unnötig in die Höhe, was auch hier der Fall war. Die Kontrolle und die Wartung ist in den meisten Fällen mit deutlich weniger Personalaufwand verbunden als angesetzt, und es werden zu große Flächen gefordert.

Die zehn Quadratmeter pro Einwohner sind nicht erforderlich. Das Landesamt für Wasserwirtschaft hat schon vier Quadratmeter in einem Schreiben für ausreichend erachtet. Die Forderung von zehn Quadratmetern ist völlig überzogen. Es mag sein, dass in Gebieten, in denen im Winter ein sehr strenger Frost herrscht, größere Flächen als die vier Quadratmeter benötigt werden. Es geht jedoch nicht an, dass über das ganze Land die sture Vorgabe von zehn Quadratmetern pro Einwohner gemacht wird. Man kann keine Abwägung erkennen, und die Entscheidung ist nicht sachgerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Lassen Sie mich zu dem bürgerschaftlichen Engagement kommen. Gerade Sie von der CSU und insbesondere Herr Glück fordern die Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements. Im vorliegenden Fall haben wir engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich mit der Sache auseinandergesetzt haben. Der Gemeinderat hat ein meines Erachtens zulässiges Bürgerbegehren für unzulässig erklärt. Leider wurde das Bürgerbegehren nicht auf dem Klagewege durchgesetzt.

Es handelt sich bei der Schilfkläranlage um eine kostengünstige Lösung. Der Landtag hat die Möglichkeit, die Staatsregierung aufzufordern, seine Vorgaben bezüglich der Pflanzenkläranlagen zu überdenken und zu ändern und die Eschlbacher Anlage zu genehmigen. Die Petenten können unterstützt werden, indem die Gemeinde Schönberg aufgefordert wird, ihre Entscheidung zu überdenken und statt des zentralen ein dezentrales Abwasserkonzept umzusetzen. Deshalb sind wir dafür, die Petitionen der Staatsregierung zur Berücksichtigung, zumindest aber zur Würdigung zu überweisen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächster Redner hat Herr Staatsminister Dr. Schnappauf das Wort.

Staatsminister Dr. Schnappauf (Umweltministerium): Frau Präsidentin, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich kurz fassen, weil ich mich auf die Ausführungen von Herrn Kollegen Reisinger beziehen kann, der das Wichtigste bereits ausgeführt hat. Ich will in der gebotenen Kürze noch einmal deutlich machen, dass die Wasserwirtschaftsverwaltung und ich ganz persönlich hinter dem Antrag stehen, der auf Initiative des Fraktionsvorsitzenden Alois Glück und weiteren Kollegen 1995/96 beschlossen worden ist. Ich kann nicht ausschließen, dass in der Vergangenheit ein Sachbearbeiter vor Ort da und dort gegenüber Pflanzenkläranlagen eine gewisse Zurückhaltung hatte.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich weiß selbst aus meiner kommunalen Tätigkeit, dass bei einem solchen Umsteuern da und dort der zuständige Sachbearbeiter nicht sofort von der bisherigen Kläranlagentechnologie auf Schilfkläranlagen überzugehen bereit war. Ich kann aber heute sagen, dass die Wasserwirtschaftsverwaltung in Bayern und das Umweltministerium ­ Herr Kollege Reisinger hat Bezug auf unsere Internetpräsentation genommen ­ umgesteuert haben.

Ich möchte es folgendermaßen zusammenfassen: Für die Wasserwirtschaftsverwaltung in Bayern sind alle Technologien grundsätzlich gleichwertig. Das bedeutet, dass Pflanzenkläranlagen nicht besser und nicht schlechter als andere Technologien behandelt werden.

Entscheidend ist, dass sie die Aufgabe erfüllen. Entscheidend ist auch, dass sie die Aufgaben wirtschaftlich erfüllen, wenn öffentliche Fördermittel beantragt werden.

Wir haben zwischenzeitlich in die neue RZWas sogar die Förderung der Variantenplanung aufgenommen. Wir bezahlen also zwei alternative Planungen, sodass sowohl eine herkömmliche Technologie als auch eine alternative Anlage, zum Beispiel eine Pflanzenkläranlage, geplant und kostenmäßig durchgerechnet werden kann.

(Zuruf des Abgeordneten Mehrlich (SPD))

Wir gehen an das Thema nicht mit einer vorgefassten Meinung oder einer ideologischen Grundhaltung heran.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ganz neu!)

Es wird vielmehr jeder Einzelfall geprüft. Jeder Einzelfall wird individuell beurteilt. Dezentrale Anlagen sollen dann zugelassen werden ­ so ist die Intention des Beschlusses damals gewesen ­, wenn sie wirtschaftlich sind.

Daran hat sich die Wasserwirtschaftsverwaltung zu halten, und sie hält sich daran. Ich lege großen Wert darauf, dass das vor Ort so umgesetzt wird, wie es die Intention des Landtagsbeschlusses war.

(Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wird es aber nicht!) Lassen Sie mich einige Zahlen nennen. Seit 1996 haben wir in Bayern über 260 kleine kommunale Kläranlagen und fast 10000 vollbiologische Kleinkläranlagen. Das heißt, dass sich in diesem kurzen Zeitraum auf diesem Gebiet sehr viel in die gewünschte Richtung bewegt hat.

Ich will für die in Rede stehende Kommune Schönberg noch einmal sagen, dass dort von insgesamt 58 Ortsteilen 38, also zwei Drittel, nicht an die gemeindliche Kläranlage angeschlossen sind, sondern separat entsorgt werden. Auch das spricht eine deutliche Sprache.

Auf die Zwischenfrage von Herrn Kollegen Dr. Kempfler möchte ich antworten, dass wir in Bayern eine klare Aufgabenzuordnung haben. Wir wenden uns ganz entschieden gegen die Liberalisierungsbemühungen der Europäischen Union, die Garantenstellung der öffentlichen Hände in Frage zu stellen.

(Hoderlein (SPD): Wir alle!)

Wir wollen, anders als die Europäische Union ­ die Position der Bundesregierung ist noch nicht eindeutig geklärt ­, die öffentlich rechtliche Garantenstellung für die Aufgaben der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung beibehalten.

(Mehrlich (SPD): Wann kommt Ihr Bericht?)

Das heißt aber auch, dass die Gemeinden ihre Verantwortung wahrnehmen müssen und auch können, wie es Herr Kollege Dr. Kempfler in seiner Frage angesprochen hat. Das heißt, dass nicht neben der Zuständigkeit der Gemeinde jeder Ortsteil und jede bürgerschaftliche Gemeinschaft machen kann, was sie will. Letzten Endes muss die Gemeinde die Gesamtverantwortung dafür tragen, dass die Qualitätsmerkmale und die Grenzwerte eingehalten werden. Das muss in der gemeindlichen Hand bleiben. Wenn die Kommune wie im vorliegenden Fall den Anschluss an die zentrale Anlage will, ­ und wie mir gesagt wurde, liegen die Ortsteile Eschlbach und Hanging in Sichtweite der zentralen Kläranlage ­, dann wird der Gemeinderat gute Gründe gehabt haben, eine solche Entscheidung gefasst zu haben.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Volkmann?

Staatsminister Dr. Schnappauf (Umweltministerium): Frau Präsidentin, ich bin mit meinen Ausführungen fast am Ende. Deshalb möchte ich jetzt keine Zwischenfragen mehr gestatten. Ich bitte dafür um Verständnis.

(Beifall bei der CSU)

Ich will zum Ausdruck bringen, dass wir die Rechtslage zu respektieren haben. Das heißt, das ist eine Pflichtaufgabe der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis. Wir haben den politischen Willen der Kommune zu respektieren. Insofern können wir nicht feststellen, dass die Gemeinde fehlerhafte Beschlüsse gefasst hat. Es besteht daher auch keine Veranlassung, in die kommunale Planungshoheit einzugreifen. Es besteht auch keine Veranlassung, Herr Kollege Dr. Kempfler, wie Sie Plenarprotokoll 14/68 v. 27.06.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 4943 bei den Ausführungen von Frau Tausendfreund nachgefragt haben, für eine Duldung oder eine nachträgliche Genehmigung. Ich möchte mich Kollegen Reisinger ausdrücklich anschließen und darum bitten, dem Votum des Berichterstatters zu folgen und die Angelegenheit für erledigt zu erklären.

(Beifall bei der CSU) Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit hat beschlossen, die Eingaben gemäß § 84 Nummer 4 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären. Wer dem Votum des Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. ­ Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? ­ Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? ­ Nein. Dann ist dem Votum des Ausschusses entsprochen worden.

Außerhalb der Tagesordnung gebe ich folgende Ausschussumbesetzungen von Seiten der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN gemäß § 24 Absatz 2 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag bekannt. Anstelle von Herrn Kollegen Johann Schammann wird Herr Kollege Dr. Josef Dürr Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Sein Sitz im Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur wird von Frau Kollegin Münzel übernommen. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Außerdem gebe ich bekannt, dass eine Reihe von Anträgen für erledigt erklärt wurde. Im einzelnen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Aufstellung. (siehe Anlage 8)

Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis. Ich schließe die Sitzung.

(Schluß: 17.23 Uhr)