Telefonüberwachungsmaßnahmen nach §§ 100a ff. StPO

Die Zahl der angeordneten Telefonüberwachungen in Deutschland steigt weiterhin an. Dem Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz zufolge wurden im Jahr 2001 insgesamt 19.896 Anordnungen registriert, während für das Jahr 2002 ein Anstieg auf 21.874 Anordnungen zu verzeichnen ist. Die Zahl der Überwachungsmaßnahmen steigt von Jahr zu Jahr und hat sich seit 1995 fast verfünffacht.

Genaue Erkenntnisse über die einzelnen Maßnahmen, ihre Kosten und den konkreten Erfolg sind nicht bekannt, da es keine gesetzliche Berichtspflicht der Landesregierungen und der Bundesregierung gibt. Eine Untersuchung der Universität Bielefeld aus dem Dezember des vergangenen Jahres hat Schwachstellen im Bereich der richterlichen Anordnungen aufgezeigt. Darüber hinaus kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Benachrichtigungspflicht an die Beteiligten nur sehr unzureichend erfüllt wird. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die unlängst vorgelegte Untersuchung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht zur Telefonüberwachung.

Die Landesregierung wird ersucht, im Innenausschuss und im Rechtsausschuss über folgenden Gegenstand zu berichten:

1. Wie viele Telefonüberwachungsmaßnahmen sind in den Jahren 2000 bis 2002 in Hessen durchgeführt worden?

Wie viele Personen waren hiervon betroffen?

2. Aufgrund welcher Katalogtaten wurden die Überwachungen angeordnet?

3. Sind neuartige Schwierigkeiten bei der Überwachung von Mobiltelefonen aufgetreten?

Wenn ja, welche?

4. Wie bewertet die Landesregierung das Gutachten des Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Strafrecht über die "Rechtswirksamkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach den §§ 100a, 100b StPO und anderer verdeckter Maßnahmen"?

5. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Bundesjustizministerin, dass nicht in erster Linie der Gesetzgeber gefragt sei, sondern die Landesjustizverwaltungen stärker in die Pflicht genommen werden müssten, um für die Beachtung der rechtlichen Vorgaben, insbesondere der Benachrichtigungspflicht des Betroffenen, Sorge zu tragen?

6. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass das Gutachten

- nachhaltig die Notwendigkeit von Berichtspflichten unterstreicht,

- überzeugend nachweist, dass die richterliche Kontrolle bei der Anordnung und Durchführung von Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen im Sinne einer größeren Verantwortlichkeit verbessert werden muss,

- die besondere Bedeutung der Benachrichtigung der Betroffenen für eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angeordneten Überwachungsmaßnahmen aufzeigt und den Strafverfolgungsbehörden hierfür eindeutigere Vorgaben gesetzt werden müssen?

7. Wie bewertet die Landesregierung die Studie "Wirksamkeitsbedingungen von Richtervorbehalten bei Telefonüberwachungen" der Universität Bielefeld?

8. Hält die Landesregierung weitere Maßnahmen der Verfahrenssicherung bei der Anordnung von Telefonüberwachungen für geboten, wie z. B. die Verbesserung des Verfahrens der richterlichen Anordnung und die Berichterstattung an den Hessischen Landtag?

9. Führt die Landesregierung Gespräche mit den Bundesländern bzw. der Bundesregierung über Maßnahmen zur Verbesserung des Verfahrens der richterlichen Anordnung von Telefonüberwachungsmaßnahmen?

10. a) Hält die Landesregierung Rechtsänderungen auf Bundes- oder Landesebene für notwendig?

b) Bedarf es einer Anpassung der einschlägigen innerdienstlichen Richtlinien?

11. Hält die Landesregierung Veränderungen in personeller und organisatorischer Hinsicht im Bereich der Staatsanwaltschaften und Strafgerichte für geboten?