Mit ihm möchte die CSU die mittelbare Medienbeteiligung politischer Parteien am Rundfunk verbieten

Plenarprotokoll 14/121 v. 09.07.2003 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 8971

­ Ich freue mich, dass ich zur Belebung der Debatte beitragen kann.

(Hofmann (CSU): Schaut mal, dass ihr über 20% kommt!)

­ Da Ihren Kollegen, Herr Dr. Söder, die Schadenfreude im Gesicht abzulesen war, kann ich nicht so falsch liegen.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Waschler (CSU))

Nun zum Bayerischen Mediengesetz. Mit ihm möchte die CSU die mittelbare Medienbeteiligung politischer Parteien am Rundfunk verbieten. Wir werden das Gesetz verfassungsgerichtlich überprüfen lassen. Die abstrakte Normenkontrollklage ist unterwegs.

Vor dem Hintergrund der gestrigen Debatte Bürokratieabbau ist festzustellen, dass dieser Gesetzentwurf Bürokratie aufbaut, den Mittelstand behindert und die Unternehmensfreiheit einschränkt. Ich wundere mich, dass am Vortag eine Debatte über Bürokratieabbau geführt wurde und heute mit einem Gesetzentwurf Bürokratie eingeführt wird.

Was mag denn wohl die Motivation in den Zeiten des Bürokratieabbaus und der Wirtschaftsflaute gewesen sein, ein Gesetz zu machen, das in grundgesetzlich geschützte Eigentumsrechte eingreift, bürokratisch ist, und neue Beschränkungen für Unternehmen aufbaut?

Ist es die Angst vor der Freiheit des Bayerischen Rundfunks oder des Rundfunks überhaupt?

Im Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur haben wir dazu eine hochklassige Anhörung durchgeführt. Sie wurde relativ zeitnah durchgeführt. Ich würde gerne, weil Herr Kollege Freiherr von Redwitz darauf eingegangen ist und ich nicht zu den gleichen Schlussfolgerungen komme, das eine oder andere ­ mit Erlaubnis des Präsidenten ­ wörtlich zitieren, damit man sich einen besseren Überblick verschaffen kann. Auf die Frage des Vorsitzenden Dr. Paul Wilhelm

Haben Sie eine Einflussnahme von Parteien über ihre mittelbaren Beteiligungen auf Rundfunkveranstalter oder das Programm feststellen können? sagte Herr Werner Jerono:

Ich bin Geschäftsführer der Funkhaushof In meinem Gesellschafterkreis gibt es eine mittelbare Beteiligung durch einen Zeitungsverlag. Ich habe auch 1997 Erfahrungen als Geschäftsführer in Coburg gemacht. Auch dort besteht ein solches Beteiligungsbild.

Ich sage ganz deutlich: Ich habe noch nie eine Einflussnahme irgendeiner Partei auf die tägliche Arbeit der Redaktionen... in einem solchen Unternehmen feststellen können. Es gibt überhaupt keine Einflussnahme ­ weder in der Berichterstattung noch an sonst irgendeinem Punkt.

(Freiherr von Redwitz (CSU): Das haben wir nie behauptet!)

­ Ich zitiere nur, was gefragt wurde und was er gesagt hat.

Herr Roland Bornemann, Justitiar der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien hat geantwortet:

Ich kann diese Aussage seitens der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien flankieren... Wir haben im Rahmen dieser Kontrollen nicht feststellen können, dass an den Standorten, die um Bayreuth zu ergänzen wären ­

Es geht um die Standorte, an denen die SPD über die Zeitungen am Hörfunk beteiligt ist.

... Einflussnahme von Parteien stattfindet. Im Übrigen finden wir im Bayerischen Rundfunk nach dem Bayerischen Mediengesetz nur marginale Beteiligungen auf den nachgeordneten Stufen, die ohnehin keine gravierenden Einflussmöglichkeiten eröffnen.

(Klinger (CSU): Der ist wahrnehmungsgestört!)

­ Sie waren doch gar nicht dabei, Herr Kollege.

Weiter im Zitat:

Nur an den drei Standorten Bayreuth, Coburg und Hof sind etwas größere Beteiligungshöhen festzustellen, sodass es sich dort lohnt, genauer hinzuschauen. Wir konnten bei der Programmbeobachtung nicht feststellen, dass die Programme einseitig politisch gefärbt gewesen wären.

...

Ich kann die Einflussnahme nur für das Programm beurteilen, nicht für die Veranstalter. Wir können aufgrund der Programmbeobachtungen Feststellungen treffen.

Ansonsten können die Einflussnahmen auf die Veranstalter ebenfalls ­ so meine Meinung ­ pekuniärer Art sein. Budgetentscheidungen werden nach wirtschaftlicher Notwendigkeit und nicht nach parteipolitischen Gesichtspunkten getroffen.

Zu den wirtschaftlichen Auswertungen hat Herr Dr. Paesler, Geschäftsführer des Verbandes Bayerischer Zeitungsverleger e. V. ­ auch einer derjenigen, die nicht verdächtig sind, der SPD zu nahe zu stehen ­ sinngemäß gesagt, man sei froh, einen finanziell potenten und zuverlässigen Partner zu haben. Damit meinte er die DDVG, die eher widerwillig in Hof die Frankenpost zu 100% übernommen hat, und die den Anteil sofort wieder verkaufen würde, wenn es einen anderen Investor gäbe.

Herr Dr. Paesler sagte, die Verleger seien froh, einen verlässlichen Partner zu haben, der in diesen Zeiten die Verluste in den elektronischen Medien mittrage. Jede Veränderung auf dem Markt wirke destabilisierend, das heißt wirtschaftsschädigend.

Die Kernfrage der Anhörung war:

­ Steht das Gebot der vom Bundesverfassungsgericht postulierten Staatsferne und der Überparteilichkeit einer mittelbaren Beteiligung von Parteien am Rundfunk entgegen?

Prof. Badura, der Ihnen nicht unbekannt sein dürfte, antwortete:

Ein unmittelbar aus dem Grundgesetz ableitbares Verbot oder eine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Ausschluss derartiger Beteiligungen anzuordnen, besteht nicht.

Hier hat Kollege von Redwitz ähnlich zitiert.

Ich fasse die Rechtsauffassung von Herrn Prof. Badura unter der Überschrift Man kann, aber man muss nicht zusammen. Ich verweise auf die Ansicht von Herrn Prof. Dr. Martin Morlock, dem Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Parteienrecht und Parteienforschung. Er hat mit Hinweis auf die Eigentumsrechte des Grundgesetzes die Verfassungsmäßigkeit des vorliegenden Gesetzentwurfes angezweifelt.

Auch Professor Morlock gesteht dem Gesetzgeber einen Spielraum zu. Aber ­ ich zitiere ­: Eine Gefahr abzuwenden, die noch gar nicht sichtbar geworden ist, das darf er nicht, zumal, wie er sagte, die Fünf-Prozent-Bagatellgrenze völlig willkürlich sei. Die Medienkonzentrationskontrolle beginne bei 30%.

Ich fasse das Ergebnis der Anhörung zusammen: Drei Mal braucht es nicht; ein Mal muss nicht; und das fünfte Mal darf es nicht.

Dann muss man sich natürlich überlegen, was denn die Motivation für einen Gesetzentwurf sein mag, der einen Missstand beseitigen will, welcher definitiv nicht existiert.

Die drei Beteiligungen der SPD betragen über die Neue Presse Coburg 7,5% bei Radio 1, über die Frankenpost an der Grenzlandwelle Hof 9,6%, über den Nordbayerischen Kurier bei Radio Mainwelle 9,8%. Ich weiß zwar, dass einige von Ihnen der SPD nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnen, (Widerspruch bei der CSU) aber, so denke ich, in diesem Bereich ist die Einflussnahme wohl in der Größenordnung von Peanuts; um diesen Ausdruck in diesem Zusammenhang einmal zu gebrauchen.

Was mag also die wirkliche Motivation gewesen sein, die zwei Vorläuferanträge der CSU und diesen Gesetzentwurf zu machen? Ich glaube, da muss man bis an die verlorene Bundestagswahl zurückdenken. Da wurde eine breit angelegte Kampagne ins Leben gerufen. Das war der Untersuchungsausschuss Wahlbetrug, der kläglich gescheitert ist. Und das ging bis zu dem Versuch, das Parteiengesetz zu ändern, um die Medienbeteiligungen der SPD zu attackieren.

Wir haben über die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft einen Marktanteil von 1,9%. Das sind, heruntergerechnet, ungefähr 400000 Exemplare. Das hat auch das Landgericht festgestellt, welches es der Staatsregierung und der CSU verboten hat, zu behaupten, es handle sich um 10% von einer Gesamtauflage von zwei Millionen.

So versucht man gezielt, mit Desinformationen eine Gefahr für die Pressefreiheit zu konstruieren, eine Gefahr, die nicht existiert. Das tut dem Medienstandort Bayern nicht gut.

(Widerspruch von Staatsminister Huber (Staatskanzlei))

­ Lieber Herr Staatsminister Huber, wenn Sie die Parteipolitik aus Ihrer Medienpolitik herausnähmen, hätten wir nicht nur mit Leo Kirch zu arbeiten, sondern dann hätten wir eine blühendere Medienlandschaft im Freistaat Bayern.

(Beifall bei der SPD) Aber warum ist das alles denn passiert? Das alles geschah, um von der Niederlage des Ministerpräsidenten abzulenken. Alle waren schuld: Die Medien waren schuld; die fünf neuen Länder waren schuld; die Nordlichter waren schuld; Frau Merkel war schuld; sogar Frau Christiansen, die Herrn Stoiber zum Stottern verführt hatte, war schuld. Alle waren schuld, nur nicht der Kandidat selber.

Die Auswirkungen der Kampagne haben in Hessen begonnen. Ich wundere mich, dass man dem Ministerpräsidenten Koch jetzt auch in Bayern nachläuft. Der hat nämlich ein zugegebenermaßen handwerklich ungeschickteres Gesetz in Hessen gemacht. Ich denke, es ist überhaupt nicht notwendig, diese Kampagne über Bayern, Niedersachsen und überall, wo die CDU-geführten Bundesländer jetzt sind, fortzusetzen.

Sie missbrauchen die Mehrheit hier im Parlament, um diese parteipolitisch motivierte Kampagne von CDU und CSU zu unterstützen. Sie nehmen in Kauf, dass mittelständischen Unternehmen geschadet wird, dass die Glaubwürdigkeit des Parlaments leidet, dass zusätzlich Regularien und Bürokratie aufgebaut werden und ­ ich wiederhole mich ­ dass der Bayerische Landtag missbraucht wird, und zwar von einer Partei, in der es einen Herrn Scharnagl gibt, der im ZDF-Fernsehrat saß und gleichzeitig gut bezahlte Beraterverträge bei Herrn Kirch hatte. Von dieser Partei brauchen wir keine Belehrung, wie Medienpolitik gemacht wird.

(Beifall bei der SPD)

Auch Herr Kollege Spaenle kann herkommen und sagen: Das stimmt nicht. Darauf bin ich gespannt.

Es ist Tatsache, dass zu der Zeit, wo Scharnagl im ZDFFernsehrat saß. (Zurufe von der CSU) Plenarprotokoll 14/121 v. 09.07.2003 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 8973

­ Nein, er war im ZDF-Fernsehrat und hatte gleichzeitig Beraterverträge bei Herrn Kirch. Es geht um eine Partei, die sich der Nähe zu Berlusconi rühmt. Wir haben erlebt, was passiert: Wenn die Berichterstattung aus dem Europäischen Parlament gefragt ist, dann wird der Sender Cinque ­ Fünf ­ eben wegen technischer Probleme abgeschaltet. Das ist die Katastrophe. Davor gilt es in der Medienpolitik zu warnen. Da geht es nicht um vier oder fünf oder sechs Beteiligungen der SPD. Wir brauchen also keine Belehrungen. Wir brauchen etwas mehr Liberalitas Bavariae, die uns vor solchen Entwicklungen schützt.

(Beifall bei der SPD) Präsident Böhm: Jetzt hat Herr Dr. Runge das Wort.

Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte an und für sich vor, in aller gegebenen Kürze und Nüchternheit unsere Einschätzung und unsere Positionen zum vorliegenden Gesetzentwurf vorzutragen. Nur veranlassen mich die letzten Worte von Herrn von Redwitz, jetzt von diesem Vorhaben abzugehen.

Herr von Redwitz, wir haben es gar nicht so ganz nachvollziehen können, was Sie gesagt haben. Sie haben von Glaubwürdigkeit gesprochen, dann von den GRÜNEN und ihrer Nähe zu Nicht-Regierungsorganisationen, und dann sagten Sie etwas irgendwie kryptisch, wir stellten den Parlamentarismus und andere Dinge in Frage. Falls wir Sie so richtig verstanden haben sollten, weisen wir das in aller Schärfe und mit aller Heftigkeit zurück.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Selbstverständlich haben Sie Recht, wenn Sie auf unsere Nähe zu Nicht-Regierungsorganisationen zu sprechen kommen. Die gibt es aber im Übrigen genauso bei Ihnen. Aber ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass wir den Parlamentarismus hier in Frage stellten.

Das Problem ist ein ganz anderes. Probleme sind die Kommissionen, sind die Pakte, wo die Parlamente vor die Frage gestellt werden: Vogel friss oder stirb! Und das Problem in Bayern ist noch einmal ein anderes. Hier macht die Staatsregierung die Politik, nicht der Landtag.

Das liegt an Ihnen, an der Landtagsmehrheit. Vielleicht sind Sie auch ein bisschen sauer, dass es uns GRÜNEN gelungen ist, Sie wenigstens partiell aus Ihrer Lethargie herauszubewegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Jetzt zum Gesetzentwurf der Staatsregierung. Dieser Gesetzentwurf ist im Grunde ein Mischmasch, ein buntes Potpourri, in dem ganz verschiedene Anliegen, ganz verschiedene Gegenstände versteckt sind. Dies erklärt auch das durchaus unterschiedliche Abstimmungsverhalten der Mitglieder unserer Fraktion in den einzelnen Ausschüssen. Es wurde danach abgestimmt, unter welchen Schwerpunkten die Dinge von den betroffenen Abgeordneten in dem jeweiligen Ausschuss gesehen worden sind.

Erster Punkt ist der Jugendmedienschutz. Darüber haben wir unlängst hier im Plenum diskutiert. Wir haben dem Staatsvertrag damals zugestimmt. Wir haben die dazu eingesetzte Kommission begrüßt, auf der anderen Seite aber auch auf die Probleme und die Ungereimtheiten hingewiesen, die es beispielsweise weiterhin im Internet geben wird.

Der nächste Punkt, der mit diesem Gesetzentwurf erschlagen werden soll, ist die Medienbeteiligung der SPD. Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: An und für sich sehen wir das, was hierzu in dem Gesetzentwurf steckt, relativ leidenschaftslos. Auf der anderen Seite müssen wir schon klar sagen: Wenn wir uns anschauen, woher hier die Vorwürfe und Einwürfe kommen, dann müssen wir feststellen, dass es Heuchelei und Scheinheiligkeit sind. Denn die Nähe der CSU und der Staatsregierung zu ganz wesentlichen Medien gerade hier in Bayern stellt für Sie überhaupt kein Problem dar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Söder, Sie haben letztes Mal im Ausschuss bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs den schönen Begriff von der Legitimationszwickmühle geprägt. Ich glaube, die SPD-Freunde werden mit dieser Zwickmühle durchaus umzugehen wissen, wenn es für sie eine ist, während für die CSU diese Zwickmühle umgekehrt nicht existent zu sein scheint.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der dritte Punkt, den ich aus diesem Gesetzentwurf herauspicken möchte, ist die schöne Geschichte mit dem deutschen bzw. bayerischen Liedgut. Mittlerweile ist in dem federführenden Hochschulausschuss dazu etwas anderes herausgekommen. Ich habe mir bei den Ausschussberatungen auf einen Einwurf einer SPD-Kollegin, man müsse dies den Rundfunkräten überlassen, den Hinweis auf die Beratungsresistenz der Intendanten und der Programmverantwortlichen erlaubt, die wir immer wieder anzutreffen haben. Wir sagen, dass zumindest der Anstoß seitens der Staatskanzlei hier kein Fehler war. Seitdem tut sich ja auch einiges in der Diskussion.

Vierter Punkt ­ und damit will ich es bewenden lassen: § 1 Punkt 1 Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes, dabei geht es um die Digitalisierung. Letztlich ist es eine Ermächtigung für die Öffentlich-Rechtlichen, in dem Fall konkret für den Bayerischen Rundfunk, schneller Analog abzuschalten und digital auszustrahlen. Es geht um digital-terrestrisch im Gegensatz zum Satelliten und zum Kabel. Dazu zwei Gesichtspunkte kursorisch in Stichworten: Es geht einmal um die Diskussion über Elektrosmog, die uns bewegt und alle bewegen sollte.

Es ist durchaus so, dass Sender, wenn digital-terrestrisch ausgestrahlt wird, mit einer niedrigeren Leistung fahren können, als es analog der Fall wäre. Nachdem aber geplant ist, dabei mit ganz vielen Programmen herauszugehen, wird das mit Sicherheit überkompensiert werden.