Altenpflege

15. Wahlperiode Drucksache 15/916

06.05.

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann, Marianne Schieder, Karin Pranghofer, Dr. Linus Förster SPD über die Weiterbildung in den Berufen der Kranken- und Altenpflege (Pflegeweiterbildungsgesetz - A) Problem

Der gesamte Gesundheitsbereich in Deutschland ist derzeit vielfältigen Wandlungen unterworfen. Vor allem die Pflegeberufe als eine tragende Säule des Gesundheitswesens müssen sich unterschiedlichsten Veränderungen stellen. Dazu zählen die Zunahme chronischer Erkrankungen, von Multimorbiditäten und psychischer Erkrankungen ebenso wie der Fortschritt im pflegewissenschaftlichen und medizinischen Bereich. Vor diesem Hintergrund werden sich die zukünftigen Anforderungen an die Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Pflege weiter erhöhen.

Angesichts der demographischen Entwicklung wird der Bedarf an qualifizierten Kräften im Bereich der Gesundheitsversorgung und Pflege innerhalb der nächsten Jahre und Jahrzehnte zunehmen. Um weiterhin leistungsbereites und gut ausgebildetes Personal für diese verantwortungsvolle Arbeit gewinnen und halten zu können, ist es unabdingbar, die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern. Dies muss zum einen durch eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung erfolgen, die der wahren Bedeutung der Pflegeberufe für unser Gemeinwesen gerecht wird. Zum anderen gilt es, diese Bedeutung auch durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung zu würdigen. Als wesentliche Grundlage einer zukünftig stärkeren Leistungsorientierung in den tariflichen und außertariflichen Vergütungsstrukturen können die während der Berufstätigkeit erworbenen Qualifikationen im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen gelten.

Mit Blick auf die notwendige Weiterentwicklung des Berufsbildes sind neue Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie beispielsweise das Krankenpflege- und Altenpflegegesetz in der so genannten Experimentierklausel vorsehen, positiv zu bewerten, da sie richtungweisende Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung des Berufsbildes erwarten lassen. Um ihrer verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden, benötigen die Pflegekräfte jedoch nicht nur eine qualifizierte Ausbildung, sondern auch eine über die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse hinausgehende kontinuierliche Vertiefung, Spezialisierung und eine ständige Anpassung an neues Wissen und Können. Vor diesem Hintergrund wird die Fort- und Weiterbildung in den Pflegeberufen eine zunehmende Bedeutung gewinnen.

Die Weiterbildungslandschaft in den Pflegeberufen hat sich in den letzten Jahren sehr stark ­ leider auch sehr ungeordnet ­ ausgeweitet. Bei der Vielzahl von Weiterbildungsangeboten unterschiedlichster Träger mit unterschiedlichsten Qualitätsniveaus ist es nur schwer möglich, angebotene Abschlüsse hinsichtlich der Ergebnisqualität zu vergleichen. Dies gilt besonders auch für die Einrichtungen in der Altenpflege. Im Zusammenhang mit den politischen Bemühungen, die Rahmenbedingungen in der Altenpflege zu verbessern, müssen auch die Fort- und Weiterbildung auf den Prüfstand und Verbesserungen, wo notwendig, umgesetzt werden. Speziell für die Fort- und Weiterbildungen in der Altenpflege existieren in Bayern bis heute überhaupt Seite 2 Bayerischer Landtag 15. Wahlperiode Drucksache 15/916 keine einheitlichen Regelungen. Einheitliche Kriterien für die Fort- und Weiterbildung in der Pflege sind unabdingbar. Die Verbraucher müssen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit darüber erlangen können, was sie nach einer Qualifizierungsmaßnahme erwarten bzw. voraussetzen können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes unterliegen Rahmenbedingungen von Berufsausübungsregelungen (z. B. Erlaubnisse zur Führung von Berufsbezeichnungen sowie Vorschriften über das Prüfungsverfahren) einem gesetzlichen Regelungsvorbehalt. Während seit 1990 fast alle Bundesländer gesetzliche Weiterbildungsregelungen für die Pflegeberufe in Kraft gesetzt haben ­ zuletzt Sachsen in 2002 ­, in Thüringen eine Regelung angekündigt ist, bleibt der Freistaat Bayern das letzte Bundesland ohne irgendeine Form von staatlicher Regelung und Anerkennung. Dieser Mangel stellt eine strukturelle Schwächung der Weiterentwicklung der Pflegeberufe dar und widerspricht allen Bemühungen, die Attraktivität des Berufes zu steigern und dringend notwendige Nachwuchskräfte zur Berufswahl zu motivieren. Es widerspricht allen allgemein anerkannten Geboten der Förderung des lebenslangen Lernens, das auch in den Gesundheits- und Pflegeberufen notwendiger ist denn je. Es benachteiligt obendrein die bayerischen Pflegekräfte gegenüber ihren Kollegen aus allen anderen Bundesländern.

Verschiedene Initiativen für eine gesetzliche Weiterbildungsregelung von Seiten der Berufsvertretungen werden von der Staatsregierung regelmäßig abgelehnt. Dabei wird stets auf die in Bayern mögliche Orientierung an Empfehlungen zur Weiterbildung der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft (DKG) verwiesen. Eine Kontrolle über die Einhaltung dieser DKG-Empfehlungen, eine staatliche oder selbstverwaltete Legitimation der Empfehlungen existiert nicht. Für die immer wichtiger werdende ambulante Pflege ist die Deutsche Krankenhausgesellschaft so wenig zuständig und kompetent wie für die Altenpflege. Auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft, die Weiterbildungen nach den DKG-Empfehlungen lediglich formal bestätigt, plädiert mittlerweile ebenfalls für eine staatliche Anerkennung und Regelung der pflegerischen Weiterbildungen durch den Freistaat.

B. Lösung:

Mit dem Gesetzentwurf wird die Weiterbildung in den Pflegeberufen grundsätzlich staatlich anerkannt und damit aufgewertet. Mit dem Gesetzentwurf werden Anforderungen und Mindeststandards an die Durchführung von Weiterbildungslehrgängen und deren Anerkennung geregelt. Es wird die Ermächtigung zum Erlass von Weiterbildungs- und Prüfungsordnungen für die einzelnen Weiterbildungsbereiche geschaffen.

C) Alternativen Keine D) Kosten

Für die Anerkennung der Weiterbildungseinrichtungen und Urkundenerstellung ist ein Verwaltungsaufwand erforderlich, der mit dem vorhandenen Personal leistbar ist. Mehrkosten sind in geringer, nicht näher benennbarer Höhe bei der Mitwirkung der Berufsvertreter der Kranken- und Altenpflege zu erwarten.

Bayerischer Landtag

15. Wahlperiode Drucksache 15/916

06.05.

Gesetzentwurf über die Weiterbildung in den Berufen der Krankenund Altenpflege (Pflegeweiterbildungsgesetz - Art. 1

Anwendungsbereich und Zielsetzung:

(1) Dieses Gesetz regelt die Weiterbildung in den Berufen der Alten- und Krankenpflege.

Weiterbildung im Sinne dieses Gesetzes ist die Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer Berufsausbildung in einem gesetzlich geregelten Beruf der Kranken- und Altenpflege nach Abs. 3. 2

Sie dient der Ergänzung, Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in dem erlernten Beruf. 3

Die Weiterbildung vermittelt fachbezogen, funktionsbezogen oder auf spezielle Versorgungsbereiche bezogen theoretisches Wissen und praktische Fertigkeiten. 4

Sie soll die Berufsqualifikation erhöhen und dazu befähigen, Aufgaben in speziellen Bereichen des Gesundheits- und Sozialwesens wahrzunehmen.

(3) Berufe der Kranken- und Altenpflege im Sinne dieses Gesetzes sind Berufe nach

1. dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S 1442), § 1 Abs. 1 und 2,

2. dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 893), § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 2,

3. dem Gesetz über die Berufe in der Altenpflege vom 17. November 2000 (BGBl I S. 1513),

4. dem Gesetz über den Schutz der Berufsbezeichnungen in der Altenpflege und der Familienpflege (Alten- und Familienpflegegesetz ­ vom 8. Dezember 1993, GVBl S. 856, Art. 1 Satz 1 Nr. 1,

5. landesrechtlichen Regelungen, die den Bestimmungen nach Nr. 4 vergleichbar sind.

Art. 2

Weiterbildungsbezeichnung und Anerkennung

Wer eine Weiterbildung im Sinne des Artikels 1 erfolgreich abgeschlossen hat, ist nach Maßgabe dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen berechtigt, neben der Berufsbezeichnung die Weiterbildungsbezeichnung zu führen, die auf besondere Kenntnisse in einem bestimmten Bereich innerhalb des Berufes (Weiterbildungsbereich) hinweist. 2

Mehrere Weiterbildungsbezeichnungen dürfen nebeneinander geführt werden.

(2) Die Erlaubnis zum Führen einer Weiterbildungsbezeichnung nach Abs. 1 wird von der zuständigen Behörde auf Antrag Personen erteilt, die nachweisen, dass sie

1. eine Erlaubnis besitzen, die sie zum Führen der Berufsbezeichnung eines Berufes der Kranken- oder Altenpflege nach Art. 1 Abs. 3 berechtigt,

2. die vorgeschriebene Weiterbildung abgeschlossen und die vorgeschriebene Prüfung bestanden haben.

(3) Die Erlaubnis nach Abs. 2 soll von der zuständigen Behörde widerrufen werden, wenn

1. die Erlaubnis zur Führung der in Abs. 2 Nr. 1 genannten Berufsbezeichnungen entzogen oder

2. die Voraussetzungen zur Teilnahme an einer Weiterbildung nicht vorgelegen haben oder nachträglich weggefallen sind oder

3. die Weiterbildungsprüfung nachträglich für nicht bestanden erklärt wird.

Weiterbildungsbezeichnungen, die in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland aufgrund vergleichbarer gesetzlicher Regelungen erworben wurden, dürfen in Bayern geführt werden. 2

Über die Vergleichbarkeit entscheidet die zuständige Behörde.

(5) Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die eine Weiterbildungsbezeichnung für Berufe der Kranken- oder Altenpflege führen, die nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften gegenseitig anerkannt wird, erhalten auf Antrag eine Erlaubnis nach Abs. 1.

Art. 3

Durchführung der Weiterbildung:

(1) Die Weiterbildung ist nach diesem Gesetz und nach den aufgrund dieses Gesetzes zu erlassenden Weiterbildungsund Prüfungsordnungen durchzuführen.

(2) Die Weiterbildung wird an staatlich anerkannten Weiterbildungseinrichtungen in berufsbegleitenden Lehrgängen oder in Lehrgängen in Vollzeit- oder Teilzeit-Unterricht durchgeführt.

Unterbrechungen der Weiterbildung durch Krankheit, Mutterschutz oder aus sonstigen besonderen Gründen können auf Antrag auf die Dauer des Lehrgangs angerechnet werden. 2

Das Ausbildungsziel darf jedoch nicht gefährdet werden.